Entscheidungsstichwort (Thema)
Einmalzahlung. Auszubildende. Mitarbeiterbegriff
Orientierungssatz
1. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auch dann zu gewähren, wenn die Fristversäumnis von einem professionellen privaten Zustellunternehmen verschuldet wird.
2. In den AVR wird der Begriff “Mitarbeiter” in unterschiedlichem Sinne verwendet.
3. Abschnitt XIV der Anlage 1 der AVR, der die Weihnachtszuwendung regelt, enthält einen weiten Mitarbeiterbegriff, der Auszubildende ausdrücklich umfasst.
4. Abschnitt IIIa der Anlage 1 der AVR hingegen, der Einmalzahlungen für die Jahre 2006, 2007 und 2008 regelt, will diese nur solchen “Mitarbeitern” zukommen lassen, die in einem Dienstverhältnis stehen. Auszubildende gehören nicht dazu. Dies ergibt die Auslegung der Regelungen.
Normenkette
ZPO § 233
Verfahrensgang
Tenor
1. Der Beklagten wird wegen Versäumung der Revisionsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
2. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 7. August 2008 – 5 Sa 513/08 – aufgehoben.
3. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 28. Februar 2008 – 1 Ca 82/08 – wird zurückgewiesen.
4. Die Beklagte hat die Kosten der Wiedereinsetzung, die Klägerin hat die Kosten des Berufungs- und die übrigen Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Rz. 1
Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin als Auszubildende nach den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (im Folgenden: AVR) eine Einmalzahlung für die Jahre 2006 und 2007, hilfsweise eine Weihnachtszuwendung für das Jahr 2007 zusteht.
Rz. 2
Die Klägerin wurde ab dem 1. Oktober 2005 von der Beklagten, die die Katholische Zentralschule für Kranken- und Kinderkrankenpflege betreibt, als Schülerin für den Beruf der examinierten Gesundheits- und Krankenpflegerin ausgebildet. Der Ausbildungsvertrag vom 23. August 2005, der eine dreijährige Ausbildung vorsieht, enthält ua. folgende Regelungen:
“§ 4 Durchführung der Ausbildung
(1) Für das Ausbildungsverhältnis gelten die gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere das Krankenpflegegesetz und die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Berufe in der Krankenpflege in ihrer jeweils geltenden Fassung. Außerdem gelten die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) in ihrer jeweils geltenden Fassung. Der Schülerin ist Gelegenheit zur Einsicht in die AVR gegeben.
…
§ 6 Vergütung
Während der Ausbildungszeit erhält die Schülerin eine Ausbildungsvergütung, deren Höhe sich nach Anlage 7 Buchstabe B II § 1 AVR richtet. Sie beträgt zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses:
im ersten Ausbildungsjahr |
EUR 729,06 |
im zweiten Ausbildungsjahr |
EUR 788,57 |
im dritten Ausbildungsjahr |
EUR 884,44” |
Rz. 3
Abgesehen von § 8, der festlegt, durch welche Einrichtung die Zahlung erfolgt, enthält der Ausbildungsvertrag keine weiteren Vorschriften zur Vergütung, insbesondere ist weder eine Einmalzahlung noch eine Weihnachtszuwendung darin geregelt.
Rz. 4
Die AVR enthalten für Ausbildungsverhältnisse in der Anlage 7 für Schülerinnen und Schüler an Kranken- und Kinderkrankenpflegeschulen unter Abschnitt B II in der hier maßgeblichen, bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung auszugsweise folgende Regelungen:
“§ 1 Ausbildungsvergütung
(a) Die Schülerin/der Schüler erhält monatlich eine Ausbildungshilfe. Sie beträgt
ab 1. November 2004 |
|
im ersten Ausbildungsjahr |
729,06 EUR, |
im zweiten Ausbildungsjahr |
788,57 EUR, |
im dritten Ausbildungsjahr |
884,44 EUR. |
…
(c) Für die Berechnung und Auszahlung der Bezüge gilt Abschnitt X der Anlage 1 zu den AVR entsprechend.
…
Anmerkung:
Die Erhöhung des Entgelts/der Ausbildungsvergütung/des Unterhaltszuschusses zum 1. Januar 1999 wird nicht angewendet auf einen Arzt/eine Ärztin bzw. eine Schülerin/einen Schüler bzw. einen Praktikanten bzw. einen Auszubildenden, der vor dem 1. April 1999 aus eigenem Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausscheidet. …
§ 11 Sonstige Bestimmungen
(a) Soweit in dieser Ordnung und in den gesetzlichen Regelungen für die Schülerin/den Schüler keine besonderen Vorschriften vorgesehen sind, finden die Vorschriften für Mitarbeiter in den AVR sinngemäß Anwendung.
…”
Rz. 5
Die in Anlage 1 der AVR enthaltene Vergütungsregelung regelt wie folgt unter Abschnitt IIIa Einmalzahlungen:
“IIIa Einmalzahlung für die Jahre 2006, 2007 und 2008
(a) Die Mitarbeiter, die nicht dem Geltungsbereich des § 2a des Allgemeinen Teils der AVR unterfallen, erhalten für die Jahre 2006 und 2007 eine Einmalzahlung in Höhe von insgesamt 450 Euro, die mit den Bezügen für den Monat Dezember 2007 ausgezahlt wird.
Die Mitarbeiter, die nicht dem Geltungsbereich des § 2a des Allgemeinen Teils der AVR unterfallen, erhalten für das Jahr 2008 eine weitere Einmalzahlung in Höhe von 450 Euro, die mit den Bezügen für den Monat Dezember 2008 ausgezahlt wird.
(b) Durch Dienstvereinbarung können für den Fälligkeitstermin der Einmalzahlungen andere Zeitpunkte, die vor dem 31.12.2008 liegen müssen, vereinbart werden.
(c) Durch Dienstvereinbarung kann nach Information der Mitarbeitervertretung die Kürzung oder Streichung der Einmalzahlung vereinbart werden. Dabei hat der Dienstgeber die Mitarbeitervertretung in Schriftform über die wirtschaftliche und finanzielle Lage der Einrichtung so umfassend zu informieren, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt wird. Bestehen für die Einrichtung oder den Träger nach den Vorschriften des Handels- oder Steuerrechts Rechnungs-, Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten, sind der Jahresabschluss nach den jeweils maßgeblichen Gliederungsvorschriften sowie der Anhang und, sofern zu erstellen, der Lagebericht vorzulegen. Ist die Einrichtung eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, sind der auf die Einrichtung bezogene Teil des Verwaltungshaushalts und der Jahresrechnung vorzulegen. Der Text dieser Dienstvereinbarung ist der zuständigen Unterkommission unter Mitteilung der Anzahl der betroffenen Mitarbeiter zur Kenntnisnahme vorzulegen.
(d) Soweit für Mitarbeiter zum Fälligkeitstermin nach Absatz a der Beschluss einer Unterkommission gilt, kann der Anspruch auf Einmalzahlungen ganz oder teilweise auch ohne Verpflichtung zur Vorlage der nach Absatz c Sätze 2 und 3 genannten Unterlagen für die Laufzeit des Beschlusses der Unterkommission durch Dienstvereinbarung ausgeschlossen werden.
(e) Ein Anspruch auf die Zahlungen nach Absatz a besteht, wenn der Mitarbeiter an mindestens einem Tag des jeweiligen Fälligkeitsmonats Anspruch auf Dienstbezüge (Vergütung, Urlaubsvergütung oder Krankenbezüge) hat; dies gilt auch für Kalendermonate, in denen nur wegen der Höhe der Barleistungen des Sozialversicherungsträgers Krankengeldzuschuss nicht bezahlt wird. Die jeweiligen Zahlungen werden auch geleistet, wenn die Mitarbeiterin wegen der Beschäftigungsverbote nach § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes in dem jeweiligen Fälligkeitsmonat keine Bezüge erhalten hat.
(f) Teilzeitbeschäftigte erhalten den jeweiligen Teilbetrag der Einmalzahlungen, die dem Verhältnis der mit ihnen vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit zu der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eines entsprechenden Vollbeschäftigten entspricht. Maßgebend sind die jeweiligen Verhältnisse zum Fälligkeitszeitpunkt nach Absatz a.
(g) Die Einmalzahlungen sind bei der Bemessung sonstiger Leistungen nicht zu berücksichtigen.”
Rz. 6
Im Jahre 2008 wurde in Anlage 1 der AVR ein Abschnitt IIIb eingefügt, der ua. folgenden Inhalt hat:
“IIIb Einmalzahlung für das Jahr 2009
(a) Die Mitarbeiter, die nicht dem Geltungsbereich der Anlage 7 zu den AVR unterfallen, erhalten für das Jahr 2009 eine Einmalzahlung in Höhe von 225,00 Euro, die mit den Bezügen für den Monat Januar 2009 ausgezahlt wird.
…”
Rz. 7
Zur Weihnachtszuwendung finden sich in der Anlage 1 der AVR unter Abschnitt XIV ua. folgende Bestimmungen:
“XIV Weihnachtszuwendung
(a) Anspruchsvoraussetzungen
Der Mitarbeiter erhält in jedem Kalenderjahr eine Weihnachtszuwendung, wenn er
1. am 1. Dezember des laufenden Kalenderjahres im Dienst- oder Ausbildungsverhältnis (Buchst. A bis E der Anlage 7 zu den AVR) steht und
2. seit dem 1. Oktober ununterbrochen in einem Dienst- oder Ausbildungsverhältnis im Geltungsbereich der AVR oder in einem anderen Tätigkeitsbereich der katholischen Kirche gestanden hat oder im laufenden Kalenderjahr insgesamt sechs Monate bei demselben Dienstgeber in einem Dienst- oder Ausbildungsverhältnis gestanden hat oder steht und
3. nicht in der Zeit vor dem 31. März des folgenden Kalenderjahres aus seinem Verschulden oder auf eigenen Wunsch aus dem am 1. Dezember bestehenden Dienst- oder Ausbildungsverhältnis ausscheidet, es sei denn, dass er im unmittelbaren Anschluss daran in ein Dienst- oder Ausbildungsverhältnis im Geltungsbereich der AVR oder in einem anderen Tätigkeitsbereich der katholischen Kirche eintritt.
…”
Rz. 8
Im Jahr 2007 schloss die Beklagte mit den Mitarbeitervertretungen ihrer Einrichtungen eine Dienstvereinbarung, die ua. das Folgende regelt:
Ҥ 1
Antrag an die Arbeitsrechtliche Kommission (Unterkommission II)
Aufgrund der finanziellen und betriebswirtschaftlichen Lage, die ausführlich zwischen Dienstgeber und MAV erörtert wurde, stellt der Dienstgeber mit Antrag vom 31.08.2007 einen begründeten Antrag an die Arbeitsrechtliche Kommission (Unterkommission II) (siehe Anlage – ausführliche Antragsunterlagen) mit folgenden Regelungen:
1. Für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der K… GmbH (ohne Tochtergesellschaften), … wird in Abweichung von Abschnitt XIV der Anlage 1 zu den AVR im Jahr 2007 keine Weihnachtszuwendung ausgezahlt.
2. Die Einmalzahlung für die Jahre 2006 und 2007 gemäß Abschnitt IIIa der Anlage 1 der AVR in Höhe von 450,00 Euro wird im November 2007 und die Einmalzahlung für das Jahr 2008 in Höhe von 450,00 Euro wird im April 2008 an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gezahlt.
…”
Rz. 9
Auf diesen Antrag hin fasste die dafür zuständige Unterkommission II am 22./23. Oktober 2007 einen Beschluss, der ua. folgende Regelungen enthält:
“1. Für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der K… GmbH, … wird in Abweichung von Abschnitt XIV der Anlage 1 zu den AVR im Kalenderjahr 2007 keine Weihnachtszuwendung gezahlt.
2. Die Änderung tritt am 23.10.2007 in Kraft. Die Laufzeit des Beschlusses endet am 31.12.2010.
…”
Rz. 10
Nachdem die Klägerin im November 2007 die Einmalzahlung für die Jahre 2006 und 2007 in Höhe von insgesamt 450,00 Euro nicht erhalten hatte, forderte sie die Beklagte mit Schreiben vom 7. Dezember 2007 erfolglos zur Zahlung auf und hat die diesbezügliche Klage im Februar 2008 um einen auf Zahlung der Weihnachtszuwendung für das Jahr 2007 gerichteten Hilfsantrag erweitert.
Rz. 11
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass sie auch als Auszubildende Anspruch auf die Einmalzahlung für die Jahre 2006 und 2007 in Höhe von insgesamt 450,00 Euro nach Abschnitt IIIa der Anlage 1 zu den AVR iVm. der getroffenen Dienstvereinbarung habe. Sie falle unter den darin verwendeten Begriff des “Mitarbeiters”. Die Anlage 7 der AVR treffe keine abschließende Regelung der Vergütung für Auszubildende, sie verweise in § 11 sogar ausdrücklich auf die übrigen Bestimmungen. Das Vorziehen der Fälligkeit der Einmalzahlung durch die Dienstvereinbarung um einen Monat habe als Kompensation für die Streichung der Weihnachtszuwendung dienen sollen, so dass der erweiterte Mitarbeiterbegriff des Abschnitts XIV der Anlage 1 der AVR auch bei der Einmalzahlung zugrunde zu legen sei. Andernfalls entstünden unbillige Ergebnisse. Es sei gewollt gewesen, allen Mitarbeitern die Einmalzahlung zukommen zu lassen. Auch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz folge der Anspruch. Die mit den übrigen Mitarbeitern vergleichbaren Auszubildenden seien ohne sachlichen Grund von dem Ausgleich unterbliebener linearer Vergütungssteigerungen durch die Einmalzahlung ausgenommen worden. Hilfsweise, für den Fall, dass der Klägerin die Einmalzahlung nicht zustehe, habe sie einen Anspruch auf Zahlung der Weihnachtszuwendung für das Jahr 2007 gemäß Abschnitt XIV der Anlage 1 zu den AVR. Gehe man nämlich davon aus, dass sie nicht unter den Begriff des “Mitarbeiters” falle, werde sie von der Streichung der Weihnachtszuwendung durch den Beschluss der Unterkommission II nicht erfasst.
Rz. 12
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 450,00 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2007 zu zahlen;
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 726,48 Euro brutto Weihnachtszuwendung zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Dezember 2007 zu zahlen.
Rz. 13
Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass sich ein Anspruch auf die Einmalzahlung weder unmittelbar aus der Dienstvereinbarung noch aus Abschnitt IIIa der Anlage 1 zu den AVR ergebe. Als Auszubildende falle die Klägerin nicht unter den Begriff des “Mitarbeiters” im Sinne von Abschnitt IIIa der Anlage 1. Voraussetzung für den Anspruch auf eine Einmalzahlung sei ein Anspruch auf Dienstbezüge, den Auszubildende nicht hätten. Für Auszubildende gelte im Bereich der Vergütung mit der Anlage 7 der AVR ein eigenes abschließendes Regelungswerk. Auch der Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht verletzt. Auszubildende seien nur dann mit Mitarbeitern vergleichbar, wenn dies ausdrücklich durch die AVR angeordnet sei. Die Gerichte könnten insoweit nicht korrigierend in das Mandat der Arbeitsrechtlichen Kommission eingreifen. Die in Abschnitt IIIb der Anlage 1 erfolgte Klarstellung für das Jahr 2009 bestätige die Auffassung der Beklagten. Diese nehme nunmehr ausdrücklich diejenigen aus, die unter die Anlage 7 fielen. Auch ein Anspruch auf die hilfsweise geltend gemachte Weihnachtszuwendung gemäß Abschnitt XIV der Anlage 1 bestehe nicht. Ausdrücklich gelte dort ein erweiterter Mitarbeiterbegriff, auch Auszubildende seien grundsätzlich anspruchsberechtigt. Der Anspruch sei allerdings für alle Berechtigten und damit auch für die Klägerin durch den Beschluss der Unterkommission II wirksam ausgeschlossen worden.
Rz. 14
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und dem Hauptantrag entsprochen. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, während die Klägerin die Zurückweisung der Revision begehrt. Die Revisionsbegründung der Beklagten ist am 22. Dezember 2008 und damit nach Ablauf der bis zum 19. Dezember 2008 verlängerten Revisionsbegründungsfrist eingegangen. Auf einen entsprechenden gerichtlichen Hinweis hat die Beklagte am 19. Januar 2009 wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Entscheidungsgründe
Rz. 15
Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet.
Rz. 16
A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Auslegung der AVR ergebe, dass die Klägerin einen Anspruch auf die von ihr begehrte Einmalzahlung in Höhe von 450,00 Euro brutto auf der Grundlage von Abschnitt IIIa der Anlage 1 der AVR habe. Der Wortlaut sei zwar nicht eindeutig, für die Klägerin spreche aber die Systematik. So zeige Abschnitt XIV der Anlage 1, dass auch Auszubildende als “Mitarbeiter” und die Ausbildungsvergütung als “Dienstbezüge” bezeichnet würden. Die konkrete, nur auf eine bestimmte Gruppe beschränkte Ausnahmeregelung in Abschnitt IIIa Abs. a der Anlage 1 (“Mitarbeiter, die nicht dem Geltungsbereich des § 2a des Allgemeinen Teils der AVR unterfallen”) spreche ebenfalls dafür, dass die Einmalzahlung allen anderen, also auch Auszubildenden, zustehe. Die Erstreckung der Zahlung auf die Gruppe der Auszubildenden entspreche ferner ihrem Sinn und Zweck. Auch bei den Auszubildenden habe das Bedürfnis bestanden, unterbliebene lineare Vergütungserhöhungen zu kompensieren. Dieses Ergebnis werde durch die Änderung der Ausnahmeregelung für die Einmalzahlung für das Jahr 2009, die Auszubildende nunmehr ausdrücklich ausnehme, und die in diesem Zusammenhang erfolgte Erhöhung der Ausbildungsvergütung unterstrichen. Die vorgenommene Auslegung führe zu einer vernünftigen und sachgerechten Lösung, die eine Doppelbelastung der Auszubildenden, die ansonsten durch die gleichzeitige Streichung der Weihnachtszuwendung eintrete, vermeide. Im Übrigen spreche viel dafür, dass es gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße, die Auszubildenden von der Einmalzahlung auszunehmen. Diene die Ausbildungsvergütung großteils Entlohnungszwecken, sei nicht ersichtlich, weshalb bei den Auszubildenden die unterbliebene lineare Erhöhung ihrer Vergütung anders als bei den anderen Mitarbeitern nicht durch eine Einmalzahlung zu kompensieren sei.
Rz. 17
B. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.
Rz. 18
I. Die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist steht der Zulässigkeit der Revision nicht entgegen, denn der Beklagten ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 233 ZPO zu gewähren.
Rz. 19
1. Das Wiedereinsetzungsgesuch ist zulässig, insbesondere wurde form- und fristgerecht ein den inhaltlichen Anforderungen genügender Antrag gestellt und die versäumte Prozesshandlung rechtzeitig nachgeholt (vgl. § 234 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, § 236 ZPO).
Rz. 20
2. Der Wiedereinsetzungsantrag ist auch begründet. Die Beklagte und der ihr nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnende Prozessbevollmächtigte waren ohne ihr Verschulden im Sinne des § 233 ZPO verhindert, die Revisionsbegründungsfrist nach § 74 Abs. 1 ArbGG einzuhalten. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat glaubhaft gemacht, den korrekt adressierten, die Revisionsbegründung enthaltenden Brief so rechtzeitig dem beauftragten Briefdienstleister übergeben zu haben (am 12. Dezember 2008), dass dieser bei normaler Postlaufzeit vor Fristablauf (am 19. Dezember 2008) beim Revisionsgericht eingegangen wäre (vgl. dazu BAG 7. Juni 2000 – 10 AZR 419/99 –; 5. Mai 1995 – 4 AZR 258/95 (A) – AP ZPO 1977 § 233 Nr. 38 = EzA ZPO § 233 Nr. 30). Wird wie hier der Brief eine Woche vor Fristablauf an ein professionelles privates Zustellunternehmen, das bundesweit Briefzustellungen anbietet, zur Zustellung innerhalb Deutschlands übergeben, darf der Absender davon ausgehen, dass die Frist gewahrt werden kann, jedenfalls wenn derartige Zustellungen unter Heranziehung desselben Unternehmens, wie ergänzend glaubhaft gemacht wurde, in der Vergangenheit innerhalb der üblichen Postlaufzeiten erfolgten und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dies im konkreten Fall ausnahmsweise nicht so sein wird (zu privaten Kurierdiensten vgl. BVerfG 4. April 2000 – 1 BvR 199/00 – AP ZPO 1977 § 233 Nr. 67 = EzA ZPO § 233 Nr. 44; BGH 23. Januar 2008 – XII ZB 155/07 – NJW-RR 2008, 930). Die nach rechtzeitiger Übergabe des Briefes an das Zustellunternehmen auf dem Übermittlungsweg eingetretenen Verzögerungen sind unverschuldet. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten war auch nicht gehalten, sich bei Gericht nach dem rechtzeitigen Eingang der Rechtsmittelbegründung zu erkundigen (vgl. BAG 23. Februar 2005 – 10 AZR 413/04 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 271 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 118). Dasselbe gälte auch, wenn das Schreiben, wie die Klägerin geltend macht, erst am 16. Dezember 2008 dem privaten Zustellunternehmen übergeben worden wäre.
Rz. 21
II. Die Revision ist auch begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts und zur Wiederherstellung des klageabweisenden Urteils des Arbeitsgerichts.
Rz. 22
1. Der Hauptantrag der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat als Auszubildende keinen Anspruch auf die von ihr begehrte Einmalzahlung. Ein solcher ergibt sich weder aus den vertraglich in Bezug genommenen AVR noch aus der Dienstvereinbarung zwischen der Beklagten und der zuständigen Mitarbeitervertretung bzw. einem etwaigen entsprechenden Beschluss der Unterkommission II noch unter Gleichbehandlungsaspekten.
Rz. 23
a) Die Klägerin hat keinen vertraglichen Anspruch auf eine Einmalzahlung für die Jahre 2006 und 2007 in Höhe von insgesamt 450,00 Euro brutto gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 des Ausbildungsvertrags iVm. Abschnitt IIIa Abs. a Satz 1 der Anlage 1 zu den AVR.
Rz. 24
aa) Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht zunächst davon aus, dass die Regelungen der AVR auf das Ausbildungsverhältnis aufgrund der Bezugnahmeklausel in § 4 Abs. 1 Satz 2 des Ausbildungsvertrags Anwendung finden können.
Rz. 25
(1) Da auf dem sog. Dritten Weg zustande gekommene kirchliche Arbeitsrechtsregelungen wie die AVR nicht als Tarifverträge anzusehen sind, kann sich ihre Anwendbarkeit nicht kraft normativer Wirkung, sondern nur kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme ergeben (st. Rspr., vgl. etwa BAG 26. Oktober 2006 – 6 AZR 307/06 – BAGE 120, 55; 11. Oktober 2006 – 4 AZR 354/05 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 203 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 11). Eine solche Klausel – in dynamischer Ausgestaltung – enthält § 4 Abs. 1 Satz 2 des Ausbildungsvertrags.
Rz. 26
(2) Der Senat kann dahinstehen lassen, unter welchen Voraussetzungen eine in einem Formularvertrag gestellte dynamische Bezugnahmeklausel auf ein von einer Arbeitsrechtlichen Kommission geschaffenes kirchliches Regelungswerk, bei der es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB handelt, einer Kontrolle nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB standhält (in einer vergleichbaren Konstellation bejahend: BAG 10. Dezember 2008 – 4 AZR 801/07 – AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 10; vgl. auch BAG 24. März 2009 – 9 AZR 983/07 – AP BUrlG § 7 Nr. 39 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 15; außerhalb des kirchlichen Bereichs verneinend für eine dynamische Inbezugnahme eines einseitigen vom Arbeitgeber selbst geschaffenen Regelungswerks: BAG 11. Februar 2009 – 10 AZR 222/08 – EzA BGB 2002 § 308 Nr. 9). Denn selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass dies nicht der Fall ist – etwa mit der Begründung, dass das in der Dynamik des § 4 Abs. 1 Satz 2 des Ausbildungsvertrags angelegte Vertragsänderungsrecht nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam ist, sollte die änderungsberechtigte Kommission nicht “Dritter” im Sinne von § 317 Abs. 1 BGB, sondern der Beklagten als Verwenderin der Klausel zuzurechnen sein – könnte sich die Beklagte nicht zu ihren Gunsten mit der Argumentation, die Einmalzahlung sei mangels wirksamer dynamischer Inbezugnahme der AVR nicht geschuldet, auf die Unwirksamkeit ihrer eigenen Klausel berufen (st. Rspr., vgl. etwa BAG 28. März 2007 – 10 AZR 261/06 – AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 21; 28. Juni 2006 – 10 AZR 407/05 – AP HGB § 74 Nr. 80 = EzA HGB § 74 Nr. 68). Eine etwaige Unwirksamkeit einer Bezugnahmeklausel nach §§ 305 ff. BGB kann nicht zum Ausschluss eines in dem in Bezug genommenen Regelungswerk verankerten Anspruchs von Arbeitnehmern oder Auszubildenden zugunsten der Verwenderin führen.
Rz. 27
bb) Allerdings liegen die Voraussetzungen für einen Anspruch auf die begehrte Einmalzahlung gemäß Abschnitt IIIa Abs. a Satz 1 der Anlage 1 zu den AVR nicht vor. Als Auszubildende gehört die Klägerin nicht zum Kreis der anspruchsberechtigten “Mitarbeiter”.
Rz. 28
(1) Auch wenn die AVR nicht als Tarifvertrag anzusehen sind, erfolgt die Auslegung einer derartigen kirchlichen Arbeitsrechtsregelung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nach den gleichen Grundsätzen, wie sie für die Tarifauslegung maßgeblich sind (vgl. etwa BAG 17. Juli 2008 – 6 AZR 635/07 – AP AVR Caritasverband Anlage 1 Nr. 4; 23. September 2004 – 6 AZR 430/03 – AP AVR Caritasverband § 1a Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 4; 14. Januar 2004 – 10 AZR 188/03 – AP AVR Caritasverband Anlage 1 Nr. 3 = EzBAT BAT F2 §§ 22, 23 Heimzulage Nr. 8). Danach ist vom Wortlaut der AVR auszugehen. Dabei ist der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen, ohne am Wortlaut zu haften. Der wirkliche Wille der Richtliniengeber und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Bestimmungen ist mit zu berücksichtigen, soweit sie in den Vorschriften der AVR ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den systematischen Zusammenhang der AVR ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien wie die praktische Anwendung der AVR und deren Entstehungsgeschichte ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Auslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (st. Rspr., vgl. etwa BAG 17. Juli 2008 – 6 AZR 635/07 – AP AVR Caritasverband Anlage 1 Nr. 4). Die Auslegung der AVR durch das Berufungsgericht ist in der Revisionsinstanz – wie auch die Auslegung von Tarifverträgen – in vollem Umfang zu überprüfen.
Rz. 29
(2) Dieser Überprüfung halten die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts nicht stand. Die Auslegung der AVR ergibt, dass die Klägerin als Auszubildende nicht “Mitarbeiter” im Sinne des Abschnitts IIIa Abs. a Satz 1 der Anlage 1 zu den AVR ist.
Rz. 30
(a) Zuzustimmen ist dem Landesarbeitsgericht zunächst darin, dass der Wortlaut nicht eindeutig ist. Der allgemeine Sprachgebrauch schließt es nicht aus, einen Auszubildenden als “Mitarbeiter” zu bezeichnen. Auch der Regelungsgeber verwendet den Begriff des “Mitarbeiters” in den AVR in unterschiedlicher Bedeutung. Teils wird ein “weiter Mitarbeiterbegriff” unter Einschluss der Auszubildenden verwendet, so etwa in Abschnitt XIV der Anlage 1, wo davon die Rede ist, dass der “Mitarbeiter … eine Weihnachtszuwendung erhält, wenn er … in einem Dienst- oder Ausbildungsverhältnis (Buchst. A bis E der Anlage 7 zu den AVR) steht”. Gleiches gilt etwa für § 1 Abs. 3 der Anlage 16 und für § 2 iVm. § 3 Abs. e AT AVR. Auch das Mitarbeitervertretungsrecht der katholischen Kirche geht gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 der jeweiligen Mitarbeitervertretungsordnung (im Folgenden: MAVO) von einem “weiten Mitarbeiterbegriff” unter Einbeziehung der Auszubildenden aus. An anderer Stelle in den AVR wird hingegen ausdrücklich zwischen Mitarbeitern auf der einen Seite und Schülern bzw. Auszubildenden auf der anderen Seite differenziert. Dies geschieht beispielsweise mehrfach in der die Ausbildungsverhältnisse regelnden Anlage 7 (zB in B II § 2 Abs. a, § 3 Abs. a Satz 1, § 11 Abs. a; C II § 3 Abs. a Satz 1, § 11 Abs. a; D § 1 Abs. b Satz 2 und Anmerkung 1; E § 6 Abs. 2 Satz 2 und Anmerkung Nr. 2 zu Abschnitt E), wo etwa für Schüler, Praktikanten und andere Auszubildende die sinngemäße Geltung von Vorschriften für Mitarbeiter angeordnet wird. Dies wäre sinnlos, wenn diese ohnehin unter den Mitarbeiterbegriff fielen. Auch § 1 der Anlage 8, § 1 Abs. 1 der Anlage 9 und § 1 Abs. 1 der Anlage 14 (“Mitarbeiter und der/die zu seiner/ihrer Ausbildung Beschäftigte/Beschäftigten”) gehen beispielsweise von einem “engen Mitarbeiterbegriff” aus. Lässt eine Bestimmung der AVR ihrem Wortlaut nach nicht erkennen, welcher Mitarbeiterbegriff ihr zugrunde liegt, muss auf andere Auslegungskriterien zurückgegriffen werden.
Rz. 31
(b) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts folgt aus der Systematik der AVR nicht, dass Abschnitt IIIa Abs. a Satz 1 der Anlage 1 der “weite Mitarbeiterbegriff” zugrunde liegt. Die Regelungssystematik verlangt vielmehr, dieser Bestimmung den “engen Mitarbeiterbegriff” zugrunde zu legen.
Rz. 32
(aa) Die AVR enthalten in Anlage 7 (“Ausbildungsverhältnisse”) Spezialregelungen für die verschiedenen Arten von Ausbildungsverhältnissen, unter anderem unter Abschnitt B II für die in den §§ 9 – 18a Krankenpflegegesetz (im Folgenden: KrPflG) geregelten Ausbildungsverhältnisse von Schülerinnen und Schülern an einer Krankenpflege- und Kinderkrankenpflegeschule. Nach der Konzeption der AVR sind auf Ausbildungsverhältnisse ausschließlich die speziellen Bestimmungen der Anlage 7 anzuwenden, soweit nicht dort oder an anderer Stelle in den AVR Abweichendes geregelt ist. Dies gilt sowohl in Bezug auf den AT AVR als auch die übrigen Anlagen. Deutlich wird dies an § 3 Abs. e AT AVR, nach dem die AVR nicht für Mitarbeiter gelten, die für einen fest umgrenzten Zeitraum zu ihrer Ausbildung beschäftigt werden, sofern nicht Anlage 7 zu den AVR anzuwenden ist. Der die Einmalzahlung regelnde Abschnitt IIIa der Anlage 1 könnte daher nur dann auf Ausbildungsverhältnisse angewandt werden, wenn Anlage 7 darauf verwiese oder die Geltung dieses Abschnitts für Ausbildungsverhältnisse an anderer Stelle ausdrücklich angeordnet wäre. Weder das eine noch das andere ist der Fall.
Rz. 33
(bb) Anders als der die Weihnachtszuwendung regelnde Abschnitt XIV der Anlage 1, in dem mehrfach ausdrücklich klargestellt ist, dass er sich auf Dienst- und Ausbildungsverhältnisse bezieht, ordnet dies Abschnitt IIIa der Anlage 1 gerade nicht an. Anlage 7 verweist auch nicht auf Abschnitt IIIa der Anlage 1. Eine ausdrückliche Bezugnahme, wie sie im Abschnitt B II der Anlage 7 etwa § 1 Abs. c für die Berechnung und Auszahlung der Ausbildungsvergütung enthält, indem dort ausdrücklich auf Abschnitt X der Anlage 1 verwiesen wird, existiert hinsichtlich des Abschnitts IIIa der Anlage 1 nicht. Solche ausdrücklichen Klarstellungen oder Verweisungen zeigen, dass dem Regelungsgeber bewusst war, dass die Bestimmungen der Anlage 1 nicht selbstverständlich auf Auszubildende anzuwenden sind. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass der Regelungsgeber jeweils Sonderregelungen für erforderlich hielt, soweit er bestimmte außerhalb der Anlage 7 befindliche Regelungen der AVR auf die Gruppe der Auszubildenden erstrecken wollte (so zB auch in B II § 3 Abs. b, d, § 5 Abs. 3, § 7 Satz 1 der Anlage 7). Daraus wird deutlich, dass deren Einbeziehung die Ausnahme ist und regelmäßig, wenn diese – wie in Abschnitt IIIa der Anlage 1 – keine Erwähnung finden bzw. keine Verweisung existiert, nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie unter die jeweiligen, außerhalb der Anlage 7 befindlichen Vorschriften fallen.
Rz. 34
(cc) Auch die allgemeine Verweisung in Abschnitt B II § 11 Abs. a der Anlage 7 führt nicht zur Anwendbarkeit des Abschnitts IIIa der Anlage 1 auf Auszubildende. Nach dieser Bestimmung finden die Vorschriften für Mitarbeiter in den AVR sinngemäß Anwendung, soweit in dieser Ordnung – gemeint ist damit der Abschnitt B II, wie der diesen Abschnitt einleitende Satz zeigt – für die Schülerin bzw. den Schüler keine besonderen Vorschriften vorgesehen sind. Dies ist jedoch der Fall. Hinsichtlich der Grundvergütung, zu der die Einmalzahlung als pauschalierte Vergütungserhöhung gehört, sind in § 1 (“Ausbildungsvergütung”) des Abschnitts B II der Anlage 7 besondere Vorschriften vorgesehen, die einen Rückgriff auf Abschnitt IIIa der Anlage 1 verbieten.
Rz. 35
(dd) Die Einmalzahlung nach Abschnitt IIIa der Anlage 1 ist eine pauschalierte Vergütungserhöhung. Auf diesen Inhalt ist der Begriff der Einmalzahlung zwar nicht beschränkt, sondern er umfasst auch eine davon zu unterscheidende Sonderzahlung. Im Einzelfall ist daher durch Auslegung zu ermitteln, welcher Bedeutungsgehalt ihm zukommt (st. Rspr., vgl. etwa BAG 1. März 2006 – 5 AZR 540/05 – AP TVG § 4 Übertarifl. Lohn u. Tariflohnerhöhung Nr. 40 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 47). Die Einmalzahlung tritt – wovon die Parteien übereinstimmend ausgehen – an die Stelle unterbliebener linearer Vergütungserhöhungen in den in Abschnitt IIIa genannten Jahren. Deutlich wird dies zum einen an der systematischen Stellung des Abschnitts IIIa der Anlage 1, der zwischen den Abschnitten III und IV eingeordnet ist, die beide die Grundvergütung regeln. Zum anderen zeigt sich dies auch daran, dass Abschnitt IIIa Abs. a die Mitarbeiter, die dem Geltungsbereich des § 2a AT AVR unterfallen, also diejenigen des Regelungsgebiets Ost, von dem Anspruch auf Zahlung einer Einmalzahlung ausnimmt, da diese eine lineare Anhebung ihrer Vergütung erhielten.
Rz. 36
(ee) Für die Grundvergütung einschließlich ihrer Erhöhung sieht § 1 des Abschnitts B II der Anlage 7 besondere Vorschriften für die Auszubildenden vor. Neben der Tatsache, dass die lineare Erhöhung der Ausbildungsvergütung zum 1. Januar 2008 um monatlich 70,00 Euro in § 1 des Abschnitts B II der Anlage 7 in der ab diesem Zeitpunkt geltenden Fassung geregelt wurde, zeigen auch die Anmerkungen zu § 1 sämtlicher Abschnitte der Anlage 7 und die Anmerkung zu Abschnitt E der Anlage 7, dass der Richtliniengeber die Erhöhung der Vergütung von Auszubildenden unmittelbar in der Anlage 7 zu regeln pflegt. In letztgenannter Anmerkung heißt es unter Nr. 2 etwa, dass bei Nichterreichen des Zieles zu Nr. 1, mehr Ausbildungsverhältnisse zu begründen, nachträglich eine Ausgleichszahlung an die Auszubildenden geleistet wird, und zwar für das Jahr 1996 in Höhe von 25 vH der einem vergleichbaren Mitarbeiter zustehenden Einmalzahlung, für das Jahr 1997 im Umfang der linearen Anhebung der Vergütungen in Höhe von 1,3 vH. Hätte der Auszubildende ohnehin Anspruch auf diese Einmalzahlung gehabt, hätte es einer solchen Regelung nicht bedurft.
Rz. 37
Im Übrigen wäre es mit der eine lineare Vergütungserhöhung ersetzenden Funktion dieser Zahlung nicht in Einklang zu bringen, wenn die Klägerin die Leistung neben der ihr im Jahre 2008 gewährten linearen Erhöhung erhielte, abgesehen davon, dass es eher ungewöhnlich erscheint, dass Auszubildenden eine Einmalzahlung in gleicher Höhe zugebilligt wird wie allen übrigen Arbeitnehmern, deren Vergütung ungleich höher liegt.
Rz. 38
(ff) Dass der Anspruch auf eine Einmalzahlung, wie sich aus Abschnitt IIIa Abs. e Satz 1 der Anlage 1 ergibt, einen “Anspruch auf Dienstbezüge (Vergütung, Urlaubsvergütung und Krankenbezüge)” voraussetzt, stützt entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts diesen Auslegungsbefund. “Dienstbezüge” bestehen nach Abschnitt II der Anlage 1 aus der Grundvergütung (Abschnitt III und IV), dem Ortszuschlag (Abschnitt V) und den sonstigen Zulagen (Abschnitt VIII). Auszubildende haben keinen Anspruch auf eine Grundvergütung und einen Ortszuschlag nach diesen Abschnitten, auf sonstige Zulagen nur, soweit in Abschnitt B II § 3 Abs. b Buchst. aa der Anlage 7 darauf verwiesen wird. Verlangt der Anspruch auf eine Einmalzahlung, dass ein Anspruch auf “Dienstbezüge” besteht, spricht dies dagegen, dass Auszubildende Anspruchsinhaber sind.
Rz. 39
(gg) Soweit das Landesarbeitsgericht annimmt, für die Auffassung der Klägerin spreche, dass in Abschnitt IIIa Abs. a der Anlage 1 Mitarbeiter, die unter den Geltungsbereich des § 2a des Allgemeinen Teils der AVR fallen (Regelungsgebiet Ost), von dem Anspruch ausdrücklich ausgenommen sind, was bei Auszubildenden nicht der Fall sei, ist dem nicht zu folgen. Fallen die Auszubildenden, wie aus der Systematik deutlich wird, von vornherein nicht unter den Mitarbeiterbegriff im Sinne dieses Abschnitts, bestand – anders als dies bei den Mitarbeitern des Regelungsgebiets Ost der Fall ist – für den Regelungsgeber kein Bedürfnis, diese ausdrücklich auszunehmen. Dies hätte nur der Klarstellung dienen können. Das Fehlen einer klarstellenden Regelung kann aber nicht dahingehend interpretiert werden, dass die Regelung im Sinne der von der Klägerin favorisierten Auslegung verstanden werden müsste.
Rz. 40
(hh) Der Umkehrschluss des Landesarbeitsgerichts, die Regelung der Einmalzahlung für das Jahr 2009 in dem auf einen Beschluss der Arbeitsrechtlichen Kommission im Jahr 2008 neu in die Anlage 1 zu den AVR eingefügten Abschnitt IIIb, die die Auszubildenden nunmehr ausdrücklich ausnimmt, belege, dass die bis zum Jahre 2008 geltende Fassung die Auszubildenden einschließe, ist nicht zwingend. Die Beklagte verweist zu Recht darauf, dass damit auch eine bloße Klarstellung für die Zukunft in das Regelungswerk aufgenommen worden sein kann, ohne dass daraus Rückschlüsse für den Regelungsgehalt der Vorjahre gezogen werden können. Zum Zeitpunkt des Beschlusses über die Regelung der Einmalzahlung für das Jahr 2009 lag eine solche Klarstellung nahe, da der vorliegende Rechtsstreit bereits in der Berufungsinstanz anhängig und die Rechtslage für die Vorjahre zwischen Mitarbeiter- und Dienstgeberseite schon damals umstritten war (vgl. Beyer/Papenheim Arbeitsrecht der Caritas Stand April 2009 Bd. 2 Anlage 1 – Abschnitt IIIa Einmalzahlungen Rn. 7).
Rz. 41
(c) Sinn und Zweck der Einmalzahlung ergeben ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür, den Zahlungsanspruch auf die Auszubildenden zu erstrecken. Die Einmalzahlung als pauschalierte Vergütungserhöhung soll dazu dienen, unterbliebene lineare Vergütungserhöhungen zu kompensieren. Dass der Regelungsgeber dieses Ziel auch für die Auszubildenden verfolgt hat, hat in den AVR keinen Niederschlag gefunden. Aus der Systematik folgt vielmehr der Wille des Regelungsgebers, die Einmalzahlung nur “Mitarbeitern im engeren Sinne”, nicht aber Auszubildenden zuzubilligen. Ob ein anderes Verständnis zweckmäßig gewesen wäre, hat die Arbeitsgerichtsbarkeit nicht zu beurteilen.
Rz. 42
(d) Da sich aus dem systematischen Gesamtzusammenhang der Bestimmungen der AVR ein eindeutiges Auslegungsergebnis ergibt, bedarf es keines Rückgriffs auf weitere Auslegungskriterien, wie sie das Landesarbeitsgericht abschließend mit seiner Prüfung, welche Auslegung zu einer vernünftigen und sachgerechten Lösung führt, herangezogen hat.
Rz. 43
(3) Sollte es sich bei den Regelungen in Abschnitt IIIa der Anlage 1 zu den AVR um Allgemeine Geschäftsbedingungen handeln, könnte dies zu keinem anderen Auslegungsergebnis führen.
Rz. 44
(a) Bei der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden, kraft Bezugnahmeklausel einseitig vom Arbeitgeber gestellten Fassung der AVR handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB (vgl. BAG 10. Dezember 2008 – 4 AZR 801/07 – AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 10; 17. November 2005 – 6 AZR 160/05 – AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 7). Keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen stellen nach Auffassung des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts hingegen spätere Änderungen der AVR dar, die durch eine Arbeitsrechtliche Kommission beschlossen werden, wenn diese dem Arbeitgeber nicht zuzurechnen ist, sondern diese als “Dritter” im Sinne von § 317 Abs. 1 BGB tätig wird (vgl. BAG 10. Dezember 2008 – 4 AZR 801/07 – aaO). Gemessen daran wäre der nach Vertragsschluss Ende des Jahres 2006 eingefügte Abschnitt IIIa der Anlage 1 einer Prüfung anhand der §§ 305 ff. BGB dann von vornherein entzogen, wenn die hier tätig gewordene Arbeitsrechtliche Kommission “Dritter” wäre.
Rz. 45
(b) Ob dies der Fall ist, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn §§ 305 ff. BGB Anwendung fänden, verbliebe es bei dem gefundenen Auslegungsergebnis. Auf die in § 305c Abs. 2 BGB verankerte Unklarheitenregel, wonach Zweifel bei der Auslegung zulasten des Verwenders gehen, kann nur zurückgegriffen werden, wenn nach Ausschöpfung der anerkannten Auslegungsmethoden – zu denen die systematische Auslegung gehört – nicht behebbare Zweifel bleiben (vgl. BAG 24. März 2009 – 9 AZR 983/07 – AP BUrlG § 7 Nr. 39 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 15). Die Anwendung der Unklarheitenregel setzt voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen “erhebliche Zweifel” an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (vgl. BAG 10. Dezember 2008 – 10 AZR 1/08 – AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Dies ist hier aber aus den genannten Gründen nicht der Fall, aus der Systematik lässt sich ein eindeutiges Auslegungsergebnis gewinnen.
Rz. 46
b) Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 1 Nr. 2 der zwischen der Beklagten und der zuständigen Mitarbeitervertretung im Jahre 2007 geschlossenen Dienstvereinbarung oder einem etwaigen dementsprechenden Beschluss der Arbeitsrechtlichen Kommission (Unterkommission II), so dass sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht deshalb als aus anderen Gründen im Ergebnis zutreffend erweist.
Rz. 47
aa) In § 1 der Dienstvereinbarung wird lediglich vereinbart, einen Antrag an die Arbeitsrechtliche Kommission (Unterkommission II) zu stellen, damit diese bestimmte Regelungen beschließt, darunter unter Nr. 2 die Regelung, dass die Einmalzahlung für die Jahre 2006 und 2007 gemäß Abschnitt IIIa der Anlage 1 der AVR in Höhe von 450,00 Euro schon im November 2007 an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gezahlt wird. Unmittelbare Rechte der Beschäftigten werden durch die Antragstellung an die Kommission nicht begründet. Schon deshalb ist § 1 Nr. 2 der Dienstvereinbarung als solcher keine taugliche Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin.
Rz. 48
bb) Es kann offenbleiben, ob die Unterkommission II einen dem Antrag in § 1 Nr. 2 der Dienstvereinbarung entsprechenden Beschluss gefasst hat. In dem vorgelegten Beschluss vom 22./23. Oktober 2007 findet sich ein solcher nicht. Selbst wenn aber ein der Antragsformulierung entsprechender Beschluss erfolgt sein sollte, könnte die Klägerin ihr Begehren hierauf nicht stützen. Denn dieser würde sich ausschließlich auf die von Abschnitt IIIa der Anlage 1 erfassten Mitarbeiter beziehen. Zwar heißt es im Antrag, dass die Einmalzahlung an “alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter” gezahlt wird, gleichwohl wird damit der Kreis der Anspruchsinhaber nicht erweitert. Die Bestimmung knüpft ausdrücklich an Abschnitt IIIa der Anlage 1 an (“gemäß Abschnitt IIIa der Anlage 1”), so dass davon ausgegangen werden muss, dass damit “alle” Mitarbeiter im Sinne dieses Abschnitts gemeint sind, nicht aber davon, dass dort der “weite Mitarbeiterbegriff” zugrunde gelegt wird. Mit dem Antrag in § 1 Nr. 2 der Dienstvereinbarung soll ersichtlich von der Öffnungsklausel in Abschnitt IIIa Abs. b der Anlage 1 Gebrauch gemacht werden, die es erlaubt, abweichende Fälligkeitstermine für die Einmalzahlungen festzulegen. Die Fälligkeit der Einmalzahlung für die Jahre 2006 und 2007 soll – vor dem Hintergrund der Streichung der am 1. Dezember 2007 fälligen Weihnachtszuwendung – von Dezember 2007 auf November 2007 vorverlegt werden, die Fälligkeit für die Einmalzahlung für das Jahr 2008 von Dezember 2008 auf April 2008. Für die Annahme, dass durch die beantragte Regelung – ohne Öffnungsklausel diesbezüglich – gleichzeitig der Kreis der Berechtigten auf die Gruppe der Auszubildenden hätte ausgedehnt werden sollen, bedürfte es deutlicherer Anhaltspunkte.
Rz. 49
c) Schließlich kann die Klägerin die Einmalzahlung für die Jahre 2006 und 2007 auch nicht unter Gleichbehandlungsaspekten verlangen. Ein Anspruch lässt sich weder aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten, noch daraus, dass die Nichteinbeziehung von Auszubildenden in Abschnitt IIIa Abs. a der Anlage 1 zu den AVR gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz (Art. 3 GG) verstieße. Die Klägerin ist als Auszubildende nicht in einer vergleichbaren Lage mit den Mitarbeitern, die in einem Dienstverhältnis stehen.
Rz. 50
aa) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleich zu behandeln. Damit verbietet er nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb der Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Eine Differenzierung ist sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt (st. Rspr., vgl. etwa BAG 27. November 2008 – 6 AZR 856/07 –; 15. April 2008 – 1 AZR 65/07 – AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 133 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 15; 14. März 2007 – 5 AZR 420/06 – BAGE 122, 1). Hingegen verstößt es nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn der Arbeitgeber auf sachgerecht gebildete Gruppen von Arbeitnehmern unterschiedliche Vergütungsgrundsätze oder Entgeltsysteme anwendet (vgl. BAG 1. April 2009 – 10 AZR 353/08 – DB 2009, 2494; 18. Juni 1997 – 5 AZR 208/96 –).
Rz. 51
(1) Es kann offenbleiben, ob auf dem sog. Dritten Weg zustande gekommene Beschlüsse einer Arbeitsrechtlichen Kommission – hier die Einfügung des Abschnitts IIIa der Anlage 1 – wie eine vom einzelnen Arbeitgeber selbst gesetzte Regelung überhaupt am allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu messen sind (offenlassend auch BAG 8. Juni 2005 – 4 AZR 417/04 –).
Rz. 52
(2) Jedenfalls scheitert eine Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes daran, dass sich die Gruppe der Auszubildenden hinsichtlich der Vergütung schon nicht in einer vergleichbaren Lage mit den übrigen, in einem Dienstverhältnis stehenden Beschäftigten befindet. Anders als die Vergütung dieser Gruppe, die ausschließlich als Gegenleistung für die erbrachte Arbeit bezahlt wird, hat die Ausbildungsvergütung, sei es nach § 17 BBiG, sei es – wie hier – nach § 12 KrPflG – drei Funktionen: Sie soll den Auszubildenden und seine unterhaltsverpflichteten Eltern bei der Lebenshaltung finanziell unterstützen, die Heranbildung eines ausreichenden Nachwuchses an qualifizierten Fachkräften gewährleisten und die Leistungen des Auszubildenden in gewissem Umfang “entlohnen” (st. Rspr., vgl. etwa BAG 19. Februar 2008 – 9 AZR 1091/06 – mwN, AP BBiG § 17 Nr. 8 = EzA BBiG § 10 Nr. 14). Hierauf basieren unterschiedlich ausgestaltete Vergütungssysteme für die Auszubildenden einerseits und die übrigen Beschäftigten andererseits, auch in den AVR. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Rz. 53
bb) Auch aus dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) kann die Klägerin keinen Anspruch herleiten. Es kann dahinstehen, ob Art. 3 Abs. 1 GG auf von der Arbeitsrechtlichen Kommission geschaffene Regelungen unmittelbar anwendbar ist (offenlassend BAG 8. Juni 2005 – 4 AZR 417/04 –), jedenfalls verstößt die Nichteinbeziehung von Auszubildenden in den Kreis der Anspruchsinhaber gemäß Abschnitt IIIa der Anlage 1 zu den AVR nicht gegen diese grundgesetzliche Norm. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, obwohl zwischen beiden Personengruppen keine Unterschiede solcher Art und solchen Gewichts bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (st. Rspr., vgl. etwa BAG 26. September 2007 – 10 AZR 511/06 – BAGE 124, 133; 2. August 2006 – 10 AZR 572/05 – EzA BetrVG 2001 § 75 Nr. 3).
Rz. 54
2. Hinsichtlich des damit mangels Erfolgs des Hauptantrags zur Prüfung anfallenden Hilfsantrags bleibt die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts ebenfalls ohne Erfolg. Die Gruppen sind im Hinblick auf die Vergütung aber nicht vergleichbar.
Rz. 55
a) Der Hilfsantrag der Klägerin ist Gegenstand des Revisionsverfahrens. Hat das Landesarbeitsgericht einem Hauptantrag entsprochen und deshalb einen klägerischen Hilfsantrag nicht beschieden, wird dieser allein durch die Rechtsmitteleinlegung der Gegenseite Gegenstand des Revisionsverfahrens (BAG 24. November 2004 – 10 AZR 169/04 – BAGE 113, 21).
Rz. 56
b) Der Hilfsantrag ist nicht begründet. Die Klägerin macht geltend, sie werde als Auszubildende nicht von dem Streichungsbeschluss der Unterkommission II erfasst, weil sie nicht unter den Mitarbeiterbegriff im Sinne dieses Beschlusses falle. Das Arbeitsgericht ist dem mit zutreffender Begründung nicht gefolgt. Die Klägerin fällt unter den Mitarbeiterbegriff des Streichungsbeschlusses, da sie auch unter den Mitarbeiterbegriff des die Weihnachtszuwendung regelnden Abschnitts XIV der Anlage 1 fällt. Dort wird ausdrücklich der “weite Mitarbeiterbegriff” unter Einschluss der Auszubildenden benutzt, so dass auch die daran anknüpfende Streichung der Weihnachtszuwendung Auszubildende erfasst.
Unterschriften
Dr. Freitag, Marquardt, Brühler, Schlegel, A. Effenberger
Fundstellen