Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung. Verringerung der Arbeitszeit. Betrieblicher Ablehnungsgrund. Konkretisierung durch Tarifvertragsparteien
Orientierungssatz
- Die Tarifvertragsparteien können auf Grund der ihnen grundgesetzlich gewährleisteten Tarifautonomie Ansprüche der Arbeitnehmer auf befristete Verringerung der Arbeitszeit begründen. Sie sind frei, die Voraussetzungen und die Reihenfolge festzulegen, nach denen Anträgen auf befristete Änderung der Arbeitszeit stattzugeben ist. Sie können auch die Zahl der zur Verfügung stehenden Teilzeitarbeitsplätze bestimmen.
- Die Tarifvertragsparteien sind nach § 8 Abs. 4 Satz 3 TzBfG berechtigt, die betrieblichen Gründe, die den Arbeitgeber zur Ablehnung eines Verringerungsantrags nach § 8 TzBfG berechtigen, durch Tarifvertrag festzulegen. Sie sind nicht befugt, vom Gesetz abweichende Voraussetzungen zu vereinbaren.
- Die Vereinbarung einer Quote von Teilzeitarbeitsplätzen ist eine zulässige Konkretisierung iSd. Gesetzes.
- Die Sperrfrist des § 8 Abs. 6 TzBfG tritt dann nicht ein, wenn der Arbeitgeber den Antrag des Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit wegen der Erfüllung der tariflichen Quote durch befristete Teilzeitarbeitsverträge abgelehnt hat.
Normenkette
GG Art. 9 Abs. 3; TzBfG § 8 Abs. 4 S. 3, § 22 Abs. 1; BGB § 305 ff.
Verfahrensgang
Tenor
Die Anschlussrevision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 14. Dezember 2005 – 12 Sa 1195/05 – wird zurückgewiesen.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 14. Dezember 2005 – 12 Sa 1195/05 – aufgehoben, soweit es der Klage stattgegeben hat. Insoweit wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 6. Juli 2005 – 8 Ca 2441/05 – zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Dauer der Arbeitszeit.
Die Klägerin ist bei dem beklagten Luftfahrtunternehmen seit Januar 1998 als Flugbegleiterin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis sind die für die Beklagte geltenden Tarifverträge anzuwenden.
Der Manteltarifvertrag Deutsche BA vom 22. Mai 2001 (MTV) enthält in Abschnitt IV Regelungen zur Teilzeit und Befristung. Nach § 30 Abs. 1 Buchst. c MTV “Formen der Teilzeit” ist für Flugbegleiter außerhalb von Elternzeit eine Teilzeittätigkeit mit 50 % oder 75 % der Vollzeitbeschäftigung möglich. Mindestens die Hälfte aller Teilzeitstellen ist nach § 30 Abs. 2 MTV mit Teilzeitbeschäftigten mit 75 % der Vollbeschäftigung zu besetzen. § 31 MTV regelt die “Vergabe von Teilzeitbeschäftigung”. Sie richtet sich nach § 31 Abs. 2 MTV nach der jeweils geltenden Senioritätsliste; maßgeblich ist das Eintrittsdatum, bei gleicher Seniorität das höhere Lebensalter. Nach § 31 Abs. 3 MTV ist die Beklagte verpflichtet, 30 % aller Stellen mit Teilzeitkräften zu besetzen. Hiervon sind 5 % für Teilzeitbeschäftigung in Elternzeit ständig reserviert; überschreitet die Zahl der Arbeitnehmer in Elternteilzeit die Quote von 5 %, mindert dies die Quote von 25 % der anderen Teilzeitstellen nicht. In § 31 Abs. 4 Unterabs. 2 MTV ist bestimmt, dass ab dem Jahr 2003 Teilzeitstellen nur noch befristet vergeben werden. Die Befristungsdauer beträgt nach § 31 Abs. 5 MTV in allen Fällen ein Jahr. Befristete Teilzeitstellen können gem. § 31 Abs. 5 MTV auf fristgerecht und stichtagsbezogen (dazu § 32 MTV) gestellten Antrag verlängert werden, wenn keine Ablehnungsgründe iSv. § 33 MTV vorliegen. Zu den Ablehnungsgründen gehört nach § 33 Abs. 1 Buchst. b MTV die Erfüllung der Quote. Unter der Überschrift “Betriebliche Versagungsgründe i.S.v. § 8 Abs. 4 TzBfG” heißt es in § 35 MTV wie folgt:
“ (1) Die Parteien sind sich darüber einig, dass das in diesem Tarifvertrag geregelte Teilzeitmodell die betrieblichen Möglichkeiten hinsichtlich Organisation, Arbeitsablauf und Sicherheit im Betrieb ausschöpft. Weitere Teilzeitstellen verursachen insbesondere unverhältnismäßige Kosten und führen zu wesentlichen Beeinträchtigungen von Organisation, Arbeitsablauf und Sicherheit im Betrieb der DBA. Sie können daher aus betrieblichen Gründen abgelehnt werden, wenn die jeweilige Quote gemäß § 31 Abs. 3 in Verbindung mit § 31 Abs. 4 erfüllt ist oder Teilzeit zu anderen Bedingungen als den in diesem Vertrag vereinbarten beantragt wird.
(2) Arbeitnehmer, die Teilzeitbeschäftigung aufgrund des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge ohne Erfüllung der Voraussetzungen nach diesem Tarifvertrag durchsetzen, sind auf die Teilzeitquote von 25 % (§ 31 Abs. 3 in Verbindung mit § 31 Abs. 4) anzurechnen.”
In der “Betriebsvereinbarung Nr. 18 Teilzeitbeschäftigung für das Kabinenpersonal” (BV Nr. 18) vom 12. Dezember 2001 haben die Betriebsparteien ua. die in Betracht kommenden Verteilungsmodelle festgelegt.
Die Klägerin arbeitete zunächst in Vollzeit. Nach der Geburt ihres Kindes nahm sie bis zum 29. Februar 2004 Elternzeit. Im Februar 2004 vereinbarten die Parteien auf Antrag der Klägerin für die Zeit vom 1. April 2004 bis 31. März 2005 eine Tätigkeit mit der Hälfte der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit, zu leisten nach dem Modell 2 (Parttimetage vom 11. bis 20. eines Monats).
Im November 2004 beantragte die Klägerin erfolglos die befristete Fortführung ihrer Teilzeitbeschäftigung; im Februar 2005 machte sie die Unwirksamkeit der Befristung der Arbeitszeitregelung geltend und stellte mit Schreiben vom 11. April 2005 vorsorglich einen Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG für die Zeit ab 15. Juli 2005. Die Arbeitszeit sollte nach dem Modell 2 verteilt werden. Auch diesen Antrag lehnte die Beklagte unter Hinweis darauf ab, die Teilzeitquote sei zum Vergabezeitzeitpunkt April 2005 bereits ausgeschöpft. Die Klägerin wurde auf den nächsten Bewerbungsstichtag 30. November 2005 verwiesen.
Mit ihrer am 11. April 2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht, die befristete Verringerung der Teilzeittätigkeit sei mangels eines sachlichen Grundes unwirksam. Auch tarifliche Befristungsnormen bedürften eines Sachgrundes. Daran fehle es. Die tariflich festgelegten Ablehnungsgründe seien weder sachgerecht noch ausgewogen. Die Verteilungsgerechtigkeit werde durch das Senioritätsprinzip nicht sichergestellt. Die ausschließliche Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit sei mit dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 GG) nicht vereinbar. Eine Vollzeitbeschäftigung sei ihr wegen der Kindesbetreuung nicht möglich. Zumindest habe die Klägerin einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG. Im Manteltarifvertrag seien die betrieblichen Ablehnungsgründe für die Teilzeitbeschäftigung in unzulässiger Weise ausgestaltet worden. Mit der Befugnis der Tarifvertragsparteien nach § 8 TzBfG, betriebliche Ablehnungsgründe festzulegen, sei nur die Konkretisierung dieser Gründe zulässig, nicht die Kontingentierung auf eine Teilzeitquote, noch die Befristung der Teilzeitgewährung. Die generelle Kontingentierung stelle keine Konkretisierung eines Ablehnungsgrundes dar, sondern führe zu einem generellen Ausschluss des Anspruchs auf Verringerung der Arbeitszeit.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien als Teilzeitarbeitsverhältnis mit einem Umfang von 50 % eines Vollzeitarbeitsverhältnisses gemäß dem Modell 2 (Parttimetage vom 11. bis 20. Tag des Monats) unbefristet über den 31. März 2005 hinaus fortbesteht;
2. die Beklagte zu verurteilen, sie in Teilzeit auf einer 50 %-Teilzeitstelle im Rahmen des Modells 2 (Parttimetage vom 11. bis 20. Tag des Monats) zu beschäftigen;
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, einer Herabsetzung ihrer Arbeitszeit auf 50 % einer Vollzeitstelle bei einer Verteilung der Arbeitszeit gemäß dem bei der Beklagten bestehenden Modell 2 (Parttimetage vom 11. bis 20. Tag des Monats) zuzustimmen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert. Unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin im Übrigen hat es die Beklagte auf den Hilfsantrag verurteilt, einer Herabsetzung der Arbeitszeit der Klägerin auf 50 % bei bestimmter Verteilung der Arbeitszeit zuzustimmen. Mit ihrer Anschlussrevision verfolgt die Klägerin weiterhin die gestellten Hauptanträge, während die Beklagte die Abweisung der Klage insgesamt erreichen will.
Entscheidungsgründe
Die Anschlussrevision der Klägerin ist ohne Erfolg. Auf die Revision der Beklagten ist das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Vereinbarung einer verringerten Arbeitszeit begehrt. Die Klage ist insgesamt unbegründet.
A. Die Anschlussrevision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Befristung der vereinbarten Teilzeitbeschäftigung keinen rechtlichen Bedenken unterliegt. Der auf den unbefristeten Fortbestand der Teilzeitbeschäftigung über den 31. März 2005 hinaus gerichtete Feststellungsantrag ist deshalb unbegründet; der auf Prozessbeschäftigung gerichtete Leistungsantrag ist in der Revision nicht angefallen.
I. Ein Rechtsgrund, weshalb das Arbeitsverhältnis der Parteien als Teilzeitarbeitsverhältnis mit einem Umfang von 50 % eines Vollzeitarbeitsverhältnisses gemäß dem Modell 2 unbefristet über den 31. März 2005 hinaus fortbestehen soll, besteht nicht. Die Vereinbarung der Parteien, die Arbeitszeit der Klägerin für die Zeit vom 1. April 2004 bis 31. März 2005 auf 50 % einer Vollzeitbeschäftigung zu verringern, ist wirksam. Mit dem vereinbarten Endzeitpunkt wurde das Arbeitsverhältnis entsprechend der ursprünglichen Vereinbarung der Parteien als Vollzeitarbeitsverhältnis fortgesetzt.
1. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Befristung einer Arbeitsvertragsbedingung nicht nach §§ 14 ff. TzBfG zu überprüfen ist. Das Gesetz erfasst lediglich Befristungen und auflösende Bedingungen des gesamten Arbeitsverhältnisses (BAG 14. Januar 2004 – 7 AZR 213/03 – BAGE 109, 167, 173). Hier haben die Parteien nicht das Arbeitsverhältnis insgesamt befristet, sondern die vertraglich geschuldete Arbeitszeit für die Dauer eines Jahres herabgesetzt.
2. Die Parteien haben die vorübergehende Teilzeitbeschäftigung auf der Grundlage der §§ 30 ff. MTV vereinbart und damit von der tariflich möglichen Umwandlung ihres Vollzeitarbeitsverhältnisses in ein Teilzeitarbeitsverhältnis Gebrauch gemacht. Diese tarifliche Teilzeitbeschäftigung ist nach der ausdrücklichen Regelung des § 31 Abs. 5 MTV auf ein Jahr beschränkt. Mit ihrer Abrede, die Arbeitszeit der Klägerin vom 1. April 2004 bis 31. März 2005 auf 50 % einer Vollzeitbeschäftigung festzulegen, haben die Parteien keine eigenständige individuelle Befristungsabrede getroffen, sondern von einer tariflichen Regelung Gebrauch gemacht. Sie unterliegt keiner Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB. Es bedarf auch nicht der Überprüfung, ob die Befristungsklausel eine Allgemeine Geschäftsbedingung ist, die nach § 307 Abs. 1 BGB dann unwirksam wäre, wenn sie die Klägerin entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligte (vgl. BAG 27. Juli 2005 – 7 AZR 486/04 – AP BGB § 307 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 5, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Tarifverträge sind nach § 310 Abs. 4 BGB von der richterlichen Inhaltskontrolle ausgenommen.
3. Die Befristungsabrede ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die tarifliche Regelung aus anderen Gründen keinen Bestand hätte.
a) Die Herausnahme von Tarifverträgen aus dem Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB beruht auf der den Tarifvertragsparteien grundgesetzlich gewährleisteten Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 GG), die Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder durch Normen (§ 1 Abs. 1 TVG) zu regeln. Der Gesetzgeber unterstellt, dass sie angesichts der gegenläufigen Interessen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber einen insgesamt angemessenen Ausgleich herstellen. Den Gerichten ist deshalb die Prüfung entzogen, ob eine Tarifregelung insgesamt zweckmäßig, billig und im Einzelfall die “gerechteste” Lösung ist. Es verbleibt (lediglich) die Überprüfung, ob die Regelung mit zwingendem Gesetzes- und Richterrecht sowie Wertentscheidungen des Grundgesetzes, insbesondere dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, vereinbar ist. Diesen Anforderungen ist genügt.
Die befristete Herabsetzung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit ist gesetzlich nicht untersagt. Zwingend sind lediglich die gesetzlichen Vorschriften über den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit (§ 8 TzBfG, § 15 Abs. 7 BErzGG, § 81 Abs. 5 SGB IX). In deren Anwendungsbereich greift § 35 Abs. 1 MTV nicht ein. Die Befristung betrifft den in § 30 MTV tariflich begründeten Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit. Die gesetzlich begründeten Verringerungsansprüche hindern die Tarifvertragsparteien nicht, hiervon abgekoppelt einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit zu begründen und den Inhalt dieses Anspruchs im Einzelnen auszugestalten. Ob das von der Klägerin angegriffene Senioritätsprinzip die “gerechteste, billigste oder zweckmäßigste” Lösung ist, um den Nachfragebedarf der Arbeitnehmer an Teilzeitbeschäftigung zu befriedigen, ist deshalb der richterlichen Kontrolle entzogen.
b) Die Klägerin übersieht, dass die von ihr angenommene Unwirksamkeit der tariflichen Befristungsregelung die Wirksamkeit der Befristung ihres Teilzeitarbeitsvertrags unberührt ließe. Die Beklagte wäre dann allenfalls verpflichtet, Vertragsanträge von Mitarbeitern auf vorübergehende Verringerung der Arbeitszeit nach anderen Merkmalen als der Seniorität anzunehmen.
B. Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat derzeit keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Verringerung der Arbeitszeit.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte berufe sich ohne Erfolg darauf, dass die tariflich bestimmte Quote der Teilzeitbeschäftigten zur Zeit der Antragstellung der Klägerin im April 2005 bereits erschöpft gewesen sei und deshalb für die Klägerin kein freier Teilzeitarbeitsplatz zur Verfügung gestanden habe. Die Kombination von Befristung und Kontingentierung gehe über die den Tarifvertragsparteien in § 8 Abs. 4 TzBfG eingeräumte Befugnis zur Normierung von Ablehnungsgründen hinaus.
II. Dem stimmt der Senat nicht zu. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Verringerung ihrer Arbeitszeit. Die Beklagte hat den Verringerungsantrag zu Recht aus betrieblichen Gründen abgelehnt.
1. Nach § 8 TzBfG hat der Arbeitnehmer unter den dort näher bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Zustimmung des Arbeitgebers zu einer vom Arbeitnehmer beantragten Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit und zur Verteilung der verbleibenden Arbeitszeit.
a) Die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen für die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 8 TzBfG lagen zum Zeitpunkt des Änderungsverlangens der Klägerin am 11. April 2005 vor. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestand länger als sechs Monate (§ 8 Abs. 1 TzBfG), die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer (§ 8 Abs. 7 TzBfG). Die Klägerin hat den Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit fristgerecht iSd. § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG gestellt, nämlich am 11. April 2005 zum 15. Juli 2005. Sie hat auch den Umfang der gewünschten Verringerung mitgeteilt. Die Beklagte hat das Verringerungsbegehren der Klägerin noch im April 2005 schriftlich abgelehnt. Damit ist die regelmäßige Wochenarbeitszeit der Klägerin nicht von Gesetzes wegen verringert worden (§ 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG).
b) Die Beklagte hat den Antrag der Klägerin abgelehnt, weil zu dem von der Klägerin gewünschten Beginn die im Tarifvertrag bestimmte Quote an Teilzeitarbeitsplätzen ausgeschöpft war. Dieser Ablehnungsgrund lag nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts tatsächlich vor. Er greift auch rechtlich durch.
aa) Ein betrieblicher Ablehnungsgrund liegt ua. dann vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Ob ein solcher Grund vorliegt, bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Ablehnung durch den Arbeitgeber (BAG 18. Februar 2003 – 9 AZR 356/02 – BAGE 105, 133).
bb) Nach § 8 Abs. 4 Satz 3 TzBfG können die Ablehnungsgründe durch Tarifvertrag festgelegt werden (§ 8 Abs. 4 Satz 3 TzBfG). Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelung über die Ablehnungsgründe vereinbaren (§ 8 Abs. 4 Satz 4 TzBfG). Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist davon auszugehen, dass die für die Beklagte geltenden Tarifverträge zumindest auf Grund betrieblicher Übung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden sind.
cc) Die Öffnungsklausel ermächtigt die Tarifvertragsparteien, Gründe für die Ablehnung der Verringerung der Arbeitszeit zu konkretisieren. Dadurch wird ihnen ermöglicht, den spezifischen Anforderungen des jeweiligen Wirtschaftszweiges Rechnung zu tragen (vgl. BT-Drucks. 14/4374 S. 17). Die tarifliche Festlegung kann auch in einem Haustarifvertrag erfolgen. Nach § 2 Abs. 1 TVG ist der einzelne Arbeitgeber Tarifvertragspartei. Die Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien ist nicht unbegrenzt. § 8 Abs. 4 Satz 3 TzBfG gestattet nicht, über das Gesetz hinausgehende, weitere Voraussetzungen für die Geltendmachung von Verringerungsansprüchen aufzustellen. Insoweit bleibt es bei § 22 Abs. 1 TzBfG, der abweichende Regelungen zu Ungunsten des Arbeitnehmers untersagt.
dd) Die Tarifvertragsparteien haben mit den Regelungen zur Teilzeitarbeit ihren Gestaltungsspielraum nicht überschritten.
(1) Der Senat hat bereits entschieden, dass die Festlegung einer Quote von Teilzeitarbeitsplätzen im Verhältnis zu Vollzeitarbeitsplätzen die Konkretisierung eines entgegenstehenden betrieblichen Grundes nach § 8 Abs. 4 Satz 3 TzBfG darstellen kann (Senat 27. April 2004 – 9 AZR 522/03 – BAGE 110, 232). Daran ist festzuhalten.
Die in § 31 Abs. 3 MTV festgelegte Verpflichtung der Beklagten, 30 vH aller Stellen mit Teilzeitkräften zu besetzen, bringt das Anliegen der Tarifvertragsparteien zum Ausdruck, der Arbeitgeberin die Einsatzplanung des fliegerischen Personals zu erleichtern und im Interesse eines geordneten Flugbetriebs seinen Einsatz zu gewährleisten (vgl. auch Senat 15. August 2006 – 9 AZR 30/06 –). Die ausdrückliche Festlegung der Tarifvertragsparteien in § 35 Abs. 1 MTV, dass das im Tarifvertrag geregelte Teilzeitmodell die betrieblichen Möglichkeiten hinsichtlich Organisation, Arbeitsablauf und Sicherheit im Betrieb ausschöpfe, ist von den Gerichten für Arbeitssachen zu respektieren.
(2) Eine unzulässige Überschreitung der den Tarifvertragsparteien durch §§ 8, 22 TzBfG gezogenen Grenzen liegt nicht darin, dass Teilzeitarbeitsverträge nach § 31 Abs. 5 MTV “in allen Fällen” auf ein Jahr befristet sind und nach § 32 MTV der “Einstieg” in eine Teilzeitbeschäftigung nur zu den dort im Einzelnen genannten Zeitpunkten möglich ist. Die Regelungen beziehen sich nicht auf Verringerungsansprüche nach § 8 TzBfG.
Dieses Verständnis legt schon der Grundsatz nahe, dass Tarifvertragsparteien nur wirksame Tarifnormen vereinbaren wollen. Bestätigt wird dies durch § 35 Abs. 2 MTV. Danach sind Arbeitnehmer, die eine Teilzeitbeschäftigung auf Grund des TzBfG ohne Erfüllung der tariflichen Voraussetzungen durchsetzen, auf die Teilzeitquote anzurechnen. Die Vorschrift geht über eine bloße Anrechnungsklausel hinaus. Sie macht deutlich, dass der Anspruch nach § 8 TzBfG nicht berührt werden soll. Die Richtigkeit dieser Auslegung wird durch den unterschiedlichen Inhalt des tarifvertraglich begründeten Teilzeitanspruchs und des gesetzlichen Verringerungsanspruchs unterstrichen. Einen Anspruch auf eine oft erwünschte lediglich vorübergehende Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit sieht das Gesetz nicht vor.
2. Darf die Beklagte danach einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit wegen Erfüllung der Quote ablehnen, ergibt sich aus der Kombination von Befristung und Kontingentierung gleichwohl im Hinblick auf § 8 Abs. 6 TzBfG eine Einschränkung. Nach dieser Vorschrift tritt nach einer berechtigten Ablehnung eine Sperrfrist von zwei Jahren ein, ehe der Arbeitnehmer erneut eine Verringerung der Arbeitszeit beanspruchen kann. Die tarifliche Regelung kann damit faktisch zu einer Beeinträchtigung des Anspruchs aus § 8 TzBfG führen. Die Sperrfrist wird durch den tariflichen Ablehnungsgrund nicht ausgelöst.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Unterschriften
Düwell, Böck, Reinecke, Furche, Faltyn
Fundstellen
Haufe-Index 1722748 |
BB 2007, 1001 |
DB 2007, 2155 |