Entscheidungsstichwort (Thema)
Auflösende Bedingung. Bewilligung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf unbestimmte Dauer. Rücknahme des Rentenantrags. Erwerbsminderung
Leitsatz (amtlich)
Das Arbeitsverhältnis wird trotz Zustellung des Rentenbescheids nicht nach § 33 Abs. 2 Satz 1 TV-L beendet, wenn der Arbeitnehmer innerhalb der Frist des § 84 SGG Widerspruch gegen den Rentenbescheid einlegt und den Arbeitgeber hierüber alsbald unterrichtet, er den Rentenantrag vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG zurücknimmt oder einschränkt und dem Arbeitgeber dies innerhalb der Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG mitteilt.
Orientierungssatz
1. Die in § 33 Abs. 2 TV-L geregelte auflösende Bedingung, wonach das Arbeitsverhältnis bei Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung auf unbestimmte Dauer durch den Rentenversicherungsträger endet, ist durch einen sonstigen Sachgrund iSv. § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG gerechtfertigt. Dies beruht darauf, dass der Arbeitnehmer voraussichtlich dauerhaft seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht mehr erbringen kann, er durch die Stellung eines Rentenantrags den Eintritt der auflösenden Bedingung herbeigeführt hat, er durch einen voraussichtlich dauerhaften Rentenbezug abgesichert ist und dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnet werden soll, den Arbeitsplatz neu zu besetzen.
2. Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten rechtfertigt erst die sozialrechtliche Dispositionsbefugnis des Arbeitnehmers den Auflösungstatbestand ohne Kündigung. Die Anknüpfung des Beendigungstatbestands an eine nur auf Antrag zu gewährende Rentenleistung wahrt das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht des Arbeitnehmers, in eigener Verantwortung über die Fortführung der von ihm gewählten Tätigkeit zu entscheiden. Daher sind Änderungen im Antragsverhalten eines Arbeitnehmers auch nach der Zustellung eines Rentenbescheids unter bestimmten Voraussetzungen zu berücksichtigen.
- Das Arbeitsverhältnis wird trotz Zustellung des Rentenbescheids nicht nach § 33 Abs. 2 Satz 1 TV-L beendet, wenn der Arbeitnehmer seinen Rentenantrag vor Ablauf der Widerspruchsfrist des § 84 SGG zurücknimmt oder einschränkt und den Arbeitgeber davon alsbald unterrichtet.
- Legt der Arbeitnehmer innerhalb der Frist des § 84 SGG Widerspruch gegen den Rentenbescheid ein und unterrichtet er den Arbeitgeber hierüber alsbald, tritt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 33 Abs. 2 Satz 1 TV-L auch dann nicht ein, wenn der Arbeitnehmer den Rentenantrag nach Ablauf der Widerspruchsfrist, aber vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG zurücknimmt oder einschränkt und den Arbeitgeber innerhalb der Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG davon in Kenntnis setzt.
- Legt der Arbeitnehmer jedoch gegen den Rentenbescheid nicht innerhalb der Frist des § 84 SGG Widerspruch ein, bleibt es bei der im Tarifvertrag angeordneten Rechtsfolge, auch wenn der Rentenanspruch später wegfällt.
Normenkette
TV-L § 33 Abs. 2-3; TzBfG § 14 Abs. 1, § 15 Abs. 2, §§ 17, 21; KSchG §§ 6-7; BGB §§ 133, 157, 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2; SGB VI § 43 Abs. 1 S. 2, § 100 Abs. 3; SGB X § 48; SGG § 84; GG Art. 12 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. Juli 2013 – 4 Sa 1783/12 – wird zurückgewiesen.
Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Beendigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses nach § 33 Abs. 2 TV-L aufgrund der Bewilligung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Die mit einem Grad der Behinderung von 50 als schwerbehindert anerkannte Klägerin ist bei dem beklagten Land seit dem 1. August 1991 als Angestellte beschäftigt. Aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für das beklagte Land jeweils geltenden Fassung. Seit dem 1. November 2006 findet auf das Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vom 12. Oktober 2006 Anwendung.
§ 33 TV-L regelt die „Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündi-gung”. Diese Bestimmung lautet, soweit hier von Bedeutung:
„(2) Das Arbeitsverhältnis endet ferner mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid eines Rentenversicherungsträgers (Rentenbescheid) zugestellt wird, wonach die/der Beschäftigte voll oder teilweise erwerbsgemindert ist. Die/Der Beschäftigte hat den Arbeitgeber von der Zustellung des Rentenbescheids unverzüglich zu unterrichten. Beginnt die Rente erst nach der Zustellung des Rentenbescheids, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des dem Rentenbeginn vorangehenden Tages. Liegt im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine nach § 92 SGB IX erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes noch nicht vor, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Tages der Zustellung des Zustimmungsbescheids des Integrationsamtes. Das Arbeitsverhältnis endet nicht, wenn nach dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers eine Rente auf Zeit gewährt wird. In diesem Fall ruht das Arbeitsverhältnis für den Zeitraum, für den eine Rente auf Zeit gewährt wird.
(3) Im Falle teilweiser Erwerbsminderung endet beziehungsweise ruht das Arbeitsverhältnis nicht, wenn der Beschäftigte nach seinem vom Rentenversicherungsträger festgestellten Leistungsvermögen auf seinem bisherigen oder einem anderen geeigneten und freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden könnte, soweit dringende dienstliche beziehungsweise betriebliche Gründe nicht entgegenstehen, und der Beschäftigte innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheids seine Weiterbeschäftigung schriftlich beantragt.”
Mit Bescheid vom 27. März 2012 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Bund der Klägerin auf ihren Antrag vom 3. November 2011 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. In dem Rentenbescheid heißt es auszugsweise:
„Die Rente wird ab 01.12.2011 (Rentenbeginn) nicht gezahlt. Der Anspruch besteht längstens bis zum 31.10.2031 (Monat des Erreichens der Regelaltersgrenze).”
Der Rentenbescheid enthält ferner den Hinweis, dass die Rente von dem Monat an gezahlt wird, zu dessen Beginn die Hinzuverdienstgrenzen nicht mehr überschritten sind. Ferner ist darauf hingewiesen, dass die Rentenbewilligung unter dem Vorbehalt einer späteren Überprüfung der Erwerbsminderung steht.
Die Klägerin informierte das beklagte Land mit Schreiben vom 15. April 2012 über den Rentenbescheid. Sie legte mit Schreiben vom 23. April 2012, das der Deutschen Rentenversicherung Bund am selben Tag zuging, gegen den Rentenbescheid Widerspruch ein. Mit weiterem Schreiben vom 23. April 2012, das dem beklagten Land am 25. April 2012 zuging, beantragte die Klägerin vergeblich ihre Weiterbeschäftigung. Das Integrationsamt stimmte der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin mit Bescheid vom 16. Mai 2012 gemäß § 92 SBG IX zu. Nach Erhalt dieses Zustimmungsbescheids unterrichtete das beklagte Land die Klägerin mit Schreiben vom 31. Mai 2012 darüber, dass ihr Arbeitsverhältnis aufgrund der Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Dauer zwei Wochen nach Zugang dieses Schreibens enden werde. Dieses Schreiben ging der Klägerin am 1. Juni 2012 zu. Daraufhin teilte die Klägerin der Deutschen Rentenversicherung Bund mit Schreiben vom 1. Juni 2012 mit, sie ziehe ihren Rentenantrag vom 3. November 2011 zurück. Auf Nachfrage der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 14. Juni 2012, ob sie auf die bereits festgestellte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung verzichten oder nur die Feststellung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht weiterverfolgen wolle, erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 25. Juni 2012, sie habe gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Rentengewährung Klage erhoben. Da sie ohne Rente nicht leben könne, wenn das Arbeitsverhältnis beendet sei, bitte sie um Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des Arbeitsgerichts. Mit Schreiben vom 11. Juli 2012 stimmte die Deutsche Rentenversicherung Bund dem Ruhen des Verfahrens zu. Die Klägerin teilte der Deutschen Rentenversicherung Bund mit Schreiben vom 19. Oktober 2012 mit, sie nehme den Rentenantrag in vollem Umfang zurück. Mit Schreiben vom 5. November 2012 bestätigte die Deutsche Rentenversicherung Bund den Eingang des Schreibens vom 19. Oktober 2012 und wies darauf hin, dass die Klägerin aus dem Rentenantrag keine Ansprüche mehr herleiten könne. Die Deutsche Rentenversicherung Bund nahm den Rentenbescheid vom 27. März 2012 mit Bescheid vom 16. November 2012 zurück. In diesem Bescheid heißt es:
Der Bescheid vom 27.3.2012 über die Anerkennung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wird auf Grund Ihres Schreibens vom 19.10.2012, mit dem Sie Ihren Rentenantrag vom 3.11.2011 zurückgenommen haben, ab Rentenbeginn zurückgenommen.
Die Rücknahme des Rentenantrages ist zulässig, da der Rentenbescheid nicht bindend geworden ist und Ihr Gestaltungrecht vor der Antragstellung nicht eingeschränkt wurde.
…”
Mit ihrer am 26. April 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem beklagten Land am 4. Mai 2012 zugestellten Klage hat die Klägerin zunächst die Feststellung des Fortbestands ihres Arbeitsverhältnisses begehrt und vorgetragen, sie habe gegen den Rentenbescheid Widerspruch eingelegt. Mit der am 14. Juni 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem beklagten Land am 18. Juni 2012 zugestellten Klageerweiterung hat sie sich gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund Bedingungseintritts gewandt und mitgeteilt, sie habe ihren Rentenantrag zurückgenommen. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die auflösende Bedingung sei nicht eingetreten, da die Rente nur befristet und unter dem Vorbehalt der späteren Überprüfung der Rentenberechtigung bewilligt worden sei und sie ihren Rentenantrag am 1. Juni 2012 zurückgenommen habe. Außerdem stehe ihr Weiterbeschäftigungsverlangen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entgegen. Jedenfalls sei das beklagte Land verpflichtet, sie wiedereinzustellen, da sie ihren Rentenantrag zeitnah zurückgenommen habe.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund einer auflösenden Bedingung innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Schreibens des beklagten Landes vom 31. Mai 2012 zum 15. Juni 2012 geendet hat;
hilfsweise für den Fall der Abweisung des Antrags zu 1.,
- das beklagte Land zu verurteilen, die Klägerin zu den Bedingungen des Arbeitsvertrags vom 1. August 1991 in der aktuellen Fassung bei derzeitiger Vergütungsgruppe Vb, mithin derzeit 3.100,34 Euro brutto, ab dem 1. Dezember 2012 wiedereinzustellen;
- das beklagte Land zu verurteilen, die Klägerin bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits über den Klageantrag zu 1., hilfsweise den Klageantrag zu 2., mit dem Inhalt des Arbeitsvertrags vom 1. August 1991 weiterzubeschäftigen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis habe aufgrund der Gewährung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 TV-L am 15. Juni 2012 geendet. An der Bewilligung dieser Erwerbsminderungsrente müsse sich die Klägerin festhalten lassen, weil sie den Rentenantrag erst im Oktober 2012 zurückgenommen habe. Ein Arbeitgeber dürfe nach Ablauf der Widerspruchsfrist und einer zusätzlichen Frist von wenigen Tagen für die Übermittlung der Mitteilung über die Änderung des Rentenantrags auf die Bestandskraft des Rentenbescheids vertrauen. Über die Möglichkeit des Weiterbeschäftigungsverlangens hinaus bedürfe die sozialrechtliche Dispositionsbefugnis des Arbeitnehmers nach Ablauf der Widerspruchsfrist keines weitergehenden Schutzes.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat dem Bedingungskontrollantrag und dem Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung stattgegeben. Mit seiner Revision begehrt das beklagte Land die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision des beklagten Landes ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Bewilligung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung geendet hat. Die Hilfsanträge fallen dem Senat nicht zur Entscheidung an.
I. Der Bedingungskontrollantrag ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht nach § 33 Abs. 2 Satz 1 TV-L aufgrund der Zustellung des Bescheids der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 27. März 2012 über die Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung am 15. Juni 2012 geendet.
1. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die in § 33 Abs. 2 Satz 1 TV-L geregelte auflösende Bedingung nicht nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam und als eingetreten gilt. Die Klägerin hat rechtzeitig innerhalb der Dreiwochenfrist der §§ 21, 17 Satz 1 und Satz 3, § 15 Abs. 2 TzBfG Bedingungskontrollklage erhoben.
a) Die Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG ist auch dann einzuhalten, wenn nicht die Wirksamkeit der auflösenden Bedingung, sondern deren tatsächlicher Eintritt geklärt werden soll. Ob die auflösende Bedingung eingetreten ist, hängt in der Regel von der Auslegung der tariflichen oder einzelvertraglichen Bedingungsabrede ab. Die Frage des Eintritts der auflösenden Bedingung ist deswegen häufig nahezu unlösbar mit der Beurteilung der Rechtswirksamkeit der Bedingungsabrede verknüpft. So kann nach ständiger Rechtsprechung des Senats bei auflösenden Bedingungen, die an eine Rentengewährung wegen Erwerbsminderung anknüpfen, vor allem aus verfassungsrechtlichen Gründen eine einschränkende Auslegung geboten sein. Sie dient der Wirksamkeit der Bedingungsabrede. Die Wirksamkeit der Bedingung korrespondiert mit ihren Voraussetzungen. Die Auslegung und die Prüfung der Wirksamkeit tariflicher auflösender Bedingungen sind ineinander verschränkt. Die Auslegung der Bedingungsabrede ist maßgeblich dafür, ob die Bedingung eingetreten ist. Wegen des fast untrennbaren Zusammenhangs der Wirksamkeit und des Eintritts der auflösenden Bedingung sind beide Fragen Gegenstand der Bedingungskontrollklage (st. Rspr. seit BAG 6. April 2011 – 7 AZR 704/09 – Rn. 18 ff., BAGE 137, 292; 10. Oktober 2012 – 7 AZR 602/11 – Rn. 12 f.; 23. Juli 2014 – 7 AZR 771/12 – Rn. 18, BAGE 148, 357; 14. Januar 2015 – 7 AZR 880/13 – Rn. 13).
b) Die dreiwöchige Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG beginnt bei Bedingungskontrollklagen grundsätzlich mit dem Tag, an dem die auflösende Bedingung eingetreten ist. Da aber nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG der auflösend bedingte Arbeitsvertrag frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt der Bedingung endet, wird in den Fällen, in denen die Bedingung bereits vor Ablauf der Zweiwochenfrist eingetreten ist, die Klagefrist gemäß §§ 21, 17 Satz 1 und Satz 3, § 15 Abs. 2 TzBfG erst mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund des Eintritts der Bedingung beendet, in Lauf gesetzt (st. Rspr. seit BAG 6. April 2011 – 7 AZR 704/09 – Rn. 22, BAGE 137, 292; 10. Oktober 2012 – 7 AZR 602/11 – Rn. 14; 23. Juli 2014 – 7 AZR 771/12 – Rn. 19, BAGE 148, 357; 14. Januar 2015 – 7 AZR 880/13 – Rn. 14).
c) Danach begann die Klagefrist mit Zugang der Beendigungsmitteilung des beklagten Landes vom 31. Mai 2012 bei der Klägerin am 1. Juni 2012 und endete nach Ablauf von drei Wochen am 22. Juni 2012 (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB). Die Klägerin hat die Klage mit Schriftsatz vom 14. Juni 2012, der am selben Tag beim Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 18. Juni 2012 zugestellt worden ist, um den Bedingungskontrollantrag erweitert und geltend gemacht, die auflösende Bedingung sei nicht eingetreten.
2. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend erkannt, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund des Eintritts einer auflösenden Bedingung gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 TV-L geendet hat.
a) Nach § 33 Abs. 2 Satz 1 TV-L endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid eines Rentenversicherungsträgers (Rentenbescheid) zugestellt wird, wonach die/der Beschäftigte voll oder teilweise erwerbsgemindert ist. Das Arbeitsverhältnis endet nach § 33 Abs. 2 Satz 5 TV-L nicht, wenn nach dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers eine Rente auf Zeit gewährt wird. Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 6 TV-L ruht in diesem Fall das Arbeitsverhältnis für den Zeitraum der Rentengewährung.
b) Die tarifliche Regelung über die auflösende Bedingung in § 33 Abs. 2 Satz 1 TV-L ist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG sachlich gerechtfertigt.
aa) Tarifliche Bestimmungen, die zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eintritt einer auflösenden Bedingung führen, müssen den Anforderungen der arbeitsrechtlichen Befristungskontrolle genügen. Sie sind dazu nach Möglichkeit gesetzes- und verfassungskonform und damit ggf. geltungserhaltend auszulegen (vgl. BAG 23. Februar 2000 – 7 AZR 891/98 – zu B II 1 b bb der Gründe). Der Sachgrund des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ist zwar in dem Sachgrundkatalog des § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG nicht genannt. Die Aufzählung ist jedoch nur beispielhaft und soll weder andere von der Rechtsprechung bisher anerkannte noch weitere Gründe für Befristungen oder auflösende Bedingungen ausschließen (BAG 15. März 2006 – 7 AZR 332/05 – Rn. 23, BAGE 117, 255).
bb) Eine auflösende Bedingung für den Fall einer vom Rentenversicherungsträger festgestellten unbefristeten Erwerbsminderung beruht auf der Annahme der Tarifvertragsparteien, der Arbeitnehmer werde im Falle der Erwerbsminderung künftig die arbeitsvertraglich geschuldeten Leistungen nicht mehr erbringen können. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Arbeitnehmer, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine daran anknüpfende auflösende Bedingung dient einerseits dem Schutz des Arbeitnehmers, der aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, seine bisherige Tätigkeit zu verrichten und bei dem bei einer Fortsetzung der Tätigkeit die Gefahr einer weiteren Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes besteht. Andererseits soll dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers Rechnung getragen werden, sich von einem Arbeitnehmer trennen zu können, der gesundheitsbedingt nicht mehr in der Lage ist, seine nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Leistung zu erbringen. Diese berechtigten Interessen beider Arbeitsvertragsparteien sind grundsätzlich geeignet, einen sachlichen Grund iSd. § 14 Abs. 1 TzBfG für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung abzugeben (vgl. BAG 15. März 2006 – 7 AZR 332/05 – Rn. 22, BAGE 117, 255; 1. Dezember 2004 – 7 AZR 135/04 – zu I 4 a aa der Gründe mwN, BAGE 113, 64).
cc) Die verminderte Erwerbsfähigkeit stellt allein allerdings keinen ausreichenden Sachgrund für die auflösende Bedingung dar. Erst die Einbindung der Interessen des Arbeitnehmers durch die Anknüpfung an die rentenrechtliche Versorgung rechtfertigt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung. Eine Tarifvorschrift, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Fall der unbefristeten vollen oder teilweisen Erwerbsminderung als sachlich gerechtfertigt ansieht, verlangt zu ihrer Wirksamkeit, dass das Arbeitsverhältnis nur bei einem voraussichtlich dauerhaften Rentenbezug enden soll (vgl. BAG 15. März 2006 – 7 AZR 332/05 – Rn. 22, BAGE 117, 255; 1. Dezember 2004 – 7 AZR 135/04 – zu I 4 a aa der Gründe mwN, BAGE 113, 64). Eine Rentenbewilligung, die zu keiner rentenrechtlichen Absicherung auf unbestimmte Dauer führt, ist als Auflösungstatbestand ungeeignet (BAG 14. Januar 2015 – 7 AZR 880/13 – Rn. 30; 23. Juli 2014 – 7 AZR 771/12 – Rn. 58, BAGE 148, 357). Dementsprechend bestimmt § 33 Abs. 2 Satz 5 und Satz 6 TV-L, dass das Arbeitsverhältnis nicht endet, sondern nur für die Dauer der Rentengewährung ruht, wenn nach dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers eine Rente auf Zeit gewährt wird.
c) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin mit dem am 30. März 2012 zugestellten Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 27. März 2012 eine unbefristete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung iSv. § 33 Abs. 2 Satz 1 TV-L bewilligt wurde. Der Klägerin wurde keine Rente auf Zeit gewährt.
aa) Es handelt sich nicht deshalb um eine Rente auf Zeit, weil die Rente bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze am 31. Oktober 2031 bewilligt wurde. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI wird die Erwerbsminderungsrente bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze bewilligt. Ab diesem Zeitpunkt erhält der Arbeitnehmer Altersrente, so dass dauerhaft eine rentenrechtliche Absicherung gewährleistet ist. Die in § 43 Abs. 2 SGB VI vorgesehene Änderung der Rentenart macht die Erwerbsminderungsrente nicht zur einer Rente auf Zeit iSv. § 33 Abs. 2 Satz 5 TV-L (vgl. BAG 14. Januar 2015 – 7 AZR 880/13 – Rn. 31 zu § 33 Abs. 2 TVöD; 10. Oktober 2012 – 7 AZR 602/11 – Rn. 19 zu § 36 Abs. 2 TV-BA).
bb) Auch die im Rentenbescheid erwähnte Möglichkeit einer späteren Überprüfung der Rentenberechtigung ändert nichts daran, dass die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung unbefristet bewilligt wurde. Hierbei handelt es sich lediglich um einen Hinweis auf die gesetzliche Regelung des § 100 Abs. 3 SGB VI iVm. § 48 SGB X (vgl. hierzu ausführlich BAG 14. Januar 2015 – 7 AZR 880/13 – Rn. 32).
d) Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die Rechtsfolgen der auflösenden Bedingung nicht eingetreten sind, da die Klägerin gegen den Rentenbescheid innerhalb der Frist des § 84 SGG Widerspruch eingelegt, das beklagte Land alsbald hierüber informiert, den Rentenantrag noch vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurückgenommen und das beklagte Land davon innerhalb der Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG in Kenntnis gesetzt hat.
aa) Veränderungen im Antragsverhalten eines Arbeitnehmers können auch nach Zustellung des Rentenbescheids von Bedeutung sein. § 33 Abs. 2 TV-L stellt seinem Wortlaut nach zwar allein auf die Zustellung des Rentenbescheids ab. Der Wortlaut enthält jedoch keine Maßgaben für spätere Dispositionen des Arbeitnehmers über seinen Rentenantrag. Die Vorschrift ist daher einer weiteren Auslegung zugänglich (vgl. BAG 10. Oktober 2012 – 7 AZR 602/11 – Rn. 21 zur wortgleichen Regelung in § 36 Abs. 2 Satz 1 TV-BA). Aus dem tariflichen Zusammenhang ist erkennbar, dass die Tarifvertragsparteien die Beendigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich nicht nur an das Vorliegen der objektiven Voraussetzungen für den Bezug von Rente am Ende des Arbeitsverhältnisses geknüpft haben, sondern auch davon ausgegangen sind, dass der seinen Arbeitsplatz verlierende Arbeitnehmer tatsächlich auf Dauer Rentenleistungen erhält (vgl. BAG 10. Oktober 2012 – 7 AZR 602/11 – Rn. 22; vgl. auch BAG 23. Juni 2004 – 7 AZR 440/03 – zu II 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 111, 148; 3. September 2003 – 7 AZR 661/02 – zu I 1 a und b der Gründe, BAGE 107, 241; 23. Februar 2000 – 7 AZR 906/98 – zu 2 a und b der Gründe, BAGE 94, 7; 11. März 1998 – 7 AZR 101/97 – zu 2 b der Gründe). Dies setzt einen Rentenantrag des Arbeitnehmers voraus. Auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten rechtfertigt erst die sozialrechtliche Dispositionsbefugnis des Arbeitnehmers den Auflösungstatbestand ohne Kündigung. Die Anknüpfung des Beendigungstatbestands an eine nur auf Antrag zu gewährende Rentenleistung wahrt das in Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht des Arbeitnehmers, in eigener Verantwortung über die Fortführung der von ihm gewählten Tätigkeit zu entscheiden (vgl. BVerfG 24. April 1991 – 1 BvR 1341/90 – zu C III 1 der Gründe, BVerfGE 84, 133). Daher sind Veränderungen im Antragsverhalten eines Arbeitnehmers unter bestimmten Voraussetzungen zu berücksichtigen.
bb) Nach der Rechtsprechung des Senats wird das Arbeitsverhältnis trotz Zustellung eines Rentenbescheids nicht beendet, wenn der Arbeitnehmer von seiner sozialrechtlichen Dispositionsbefugnis Gebrauch macht und seinen Rentenantrag vor Ablauf der Widerspruchsfrist des § 84 SGG zurücknimmt oder einschränkt und den Arbeitgeber davon alsbald unterrichtet (vgl. BAG 14. Januar 2015 – 7 AZR 880/13 – Rn. 34; 23. Juli 2014 – 7 AZR 771/12 – Rn. 59, BAGE 148, 357; 10. Oktober 2012 – 7 AZR 602/11 – Rn. 23; 23. Juni 2004 – 7 AZR 440/03 – zu II 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 111, 148; 3. September 2003 – 7 AZR 661/02 – zu I 1 c aa der Gründe, BAGE 107, 241; 23. Februar 2000 – 7 AZR 906/98 – zu 2 der Gründe, BAGE 94, 7; 11. März 1998 – 7 AZR 101/97 – zu 2 der Gründe). Lässt der Arbeitnehmer die Widerspruchsfrist hingegen ungenutzt verstreichen, bleibt es bei der in der Tarifbestimmung angeordneten Rechtsfolge (BAG 23. Juni 2004 – 7 AZR 440/03 – zu II 1 b bb (1) der Gründe, aaO; 3. September 2003 – 7 AZR 661/02 – zu I 1 der Gründe, aaO). Der etwaige spätere Wegfall der Rente führt dann grundsätzlich nicht dazu, dass das Arbeitsverhältnis nicht endet oder wieder auflebt. Die Tarifvorschrift dient nicht nur dem Schutz des Arbeitnehmers vor Überbeanspruchung. Sie will auch dem rechtlichen Interesse des Arbeitgebers Rechnung tragen, sich von einem Arbeitnehmer zu trennen, der dauerhaft gesundheitsbedingt nicht in der Lage ist, seine vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Der Arbeitgeber muss die Möglichkeit haben, nach der Mitteilung über die Rentenbewilligung wegen Erwerbsminderung auf Dauer entsprechende Personaldispositionen, zB durch Neueinstellungen, vorzunehmen. Der Eintritt der Rechtsfolgen des Rentenbescheids kann daher nur bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft des Rentenbescheids und ggf. bis zum Ablauf einer kurzen Mitteilungsfrist ungeklärt bleiben. Danach darf der Arbeitgeber auf die Bestandskraft des Rentenbescheids vertrauen (vgl. zu § 59 Abs. 1 BAT und § 59 Abs. 1 BAT-O BAG 23. Juni 2004 – 7 AZR 440/03 – zu II 1 b bb (1) der Gründe, aaO und 3. September 2003 – 7 AZR 661/02 – zu I 1 c bb der Gründe, aaO).
cc) Legt der Arbeitnehmer innerhalb der Frist des § 84 SGG Widerspruch gegen den Rentenbescheid ein und nimmt er den Rentenantrag erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist zurück oder schränkt ihn ein, verhindert dies die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der auflösenden Bedingung nur dann, wenn die Rücknahme oder Einschränkung des Rentenantrags noch vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt und der Arbeitnehmer den Arbeitgeber innerhalb der Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG hiervon in Kenntnis setzt. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann der Arbeitnehmer den Eintritt der Rechtsfolgen des § 33 Abs. 2 TV-L nicht durch eine fristgerechte Bedingungskontrollklage und die Rücknahme des Rentenantrags bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz verhindern. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, das berechtigte Interesse des Arbeitgebers an Rechtssicherheit und seine Dispositionsfreiheit seien dadurch hinreichend geschützt, dass der Arbeitnehmer die Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG einhalten und die Rücknahme des Rentenantrags nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 6 Satz 1 KSchG grundsätzlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz in den Prozess einführen müsse. Dabei hat das Landesarbeitsgericht nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Arbeitnehmer der durch die Zustellung des Rentenbescheids und den Ablauf der Zweiwochenfrist des § 15 Abs. 2 TzBfG ggf. herbeigeführten Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Rücknahme des Rentenantrags nachträglich die Grundlage entziehen könnte mit der Folge, dass das bereits beendete Arbeitsverhältnis rückwirkend wieder aufleben würde. Dies würde dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers an Rechtssicherheit nicht gerecht. Das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Interesse des Arbeitnehmers an einem effektiven Bestandsschutz rechtfertigt es nicht, den Eintritt der Rechtsfolgen der auflösenden Bedingung nach Ablauf der Widerspruchsfrist über den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus ungeklärt zu lassen. Ein effektiver Bestandsschutz ist vielmehr bereits dann gewährleistet, wenn der Arbeitnehmer, der gegen den Rentenbescheid fristgerecht Widerspruch eingelegt und den Arbeitgeber darüber alsbald informiert hat, die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses auch nach Ablauf der Widerspruchsfrist noch bis zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Rücknahme oder Einschränkung seines Rentenantrags verhindern kann, sofern er den Arbeitgeber innerhalb der Frist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG hierüber unterrichtet. Damit ist auch dem Interesse des Arbeitgebers, baldmöglichst Klarheit darüber zu erlangen, ob das Arbeitsverhältnis fortbesteht oder ob er über den Arbeitsplatz disponieren kann, ausreichend Rechnung getragen.
(1) Zur Gewährleistung eines effektiven Bestandsschutzes ist es ausreichend, eine Änderung im Antragsverhalten nur bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 15 Abs. 2 TzBfG zu berücksichtigen.
(a) Zur effektiven Wahrnehmung der sozialrechtlichen Dispositionsbefugnis muss der Arbeitnehmer wissen, welche Rechtsfolgen von einem Rentenbescheid auf sein Arbeitsverhältnis ausgehen. Dies ist erst mit dem Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sichergestellt. Da das für die auflösende Bedingung in §§ 21, 14 Abs. 4 TzBfG vorgesehene Schriftformerfordernis und die mit ihm verbundene Warnfunktion bei Anwendung eines insgesamt in Bezug genommenen Tarifvertrags nicht eingreift, muss der Arbeitnehmer typischerweise nicht schon aufgrund des Zugangs des Rentenbescheids gewärtigen, dass sein Arbeitsverhältnis endet. Insbesondere im Fall der teilweisen Erwerbsminderung muss sich dem Arbeitnehmer eine Verknüpfung zwischen den sozialrechtlichen Folgen der Rentenbewilligung und dem Bestand des Arbeitsverhältnisses nicht aufdrängen. Der Rentenbescheid selbst zeigt dem Arbeitnehmer nur die sozialrechtlichen Folgen, nicht jedoch die Konsequenzen für sein Arbeitsverhältnis auf (vgl. BAG 23. Juli 2014 – 7 AZR 771/12 – Rn. 66, BAGE 148, 357). Dementsprechend hat der Senat zur zweiwöchigen Frist für das Weiterbeschäftigungsverlangen nach § 33 Abs. 3 TV-L entschieden, dass diese Frist erst mit dem Zugang der Mitteilung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis ende aufgrund des Rentenbescheids, in Lauf gesetzt wird (vgl. BAG 23. Juli 2014 – 7 AZR 771/12 – Rn. 65, aaO).
(b) Die Dispositionsbefugnis über den Rentenanspruch und damit über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bleibt dem Arbeitnehmer in dem gebotenen Umfang erhalten, wenn er die Möglichkeit hat, bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 15 Abs. 2 TzBfG eine Entscheidung über die Aufrechterhaltung oder Rücknahme des Rentenantrags zu treffen und die gebotenen Erklärungen gegenüber dem Rentenversicherungsträger abzugeben. Damit steht ihm zumindest eine Frist von zwei Wochen nach Zugang der Mitteilung des Arbeitgebers über den Eintritt der auflösenden Bedingung zur Verfügung. Der Zeitraum von zwei Wochen ist auch unter Beachtung der verfassungsrechtlich geschützten Bestandsschutzinteressen für den Arbeitnehmer nicht unangemessen kurz. Diesen Zeitraum hält der Gesetzgeber für ausreichend, um es dem Arbeitnehmer im Falle des Eintritts einer auflösenden Bedingung zu ermöglichen, sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses einzustellen und sich insbesondere um einen anderen Arbeitsplatz zu bemühen (BT-Drs. 14/4374 S. 20). Es ist dem Arbeitnehmer daher auch zumutbar, innerhalb dieser Frist zu entscheiden, ob er seinen Rentenantrag zurücknimmt oder nicht, zumal der Arbeitnehmer bei einem von ihm selbst gestellten Rentenantrag von einem bewilligenden Bescheid nicht überrascht wird (vgl. zur Frist für das Weiterbeschäftigungsverlangen BAG 23. Juli 2014 – 7 AZR 771/12 – Rn. 70, BAGE 148, 357).
(2) Dem Planungs- und Dispositionsinteresse des Arbeitgebers wird hierdurch ausreichend Rechnung getragen, sofern er von dem Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG über die Rücknahme oder Einschränkung des Rentenantrags unterrichtet wird.
Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse daran, alsbald nach dem Beendigungszeitpunkt auf Dauer entsprechende Personaldispositionen, zB durch Neueinstellungen, treffen zu können. Er muss daher jedenfalls dann auf die Bestandskraft des Rentenbescheids als Grundlage für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vertrauen können, wenn er nicht bis zum Ablauf der Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG über die Rücknahme oder Einschränkung des Rentenantrags unterrichtet wird (vgl. BAG 9. Juni 2011 – 2 AZR 703/09 – Rn. 22 zur Obliegenheit des schwerbehinderten Arbeitnehmers, den Arbeitgeber über seine Schwerbehinderung zu unterrichten). Bis zum Ablauf der Klagefrist für die Bedingungskontrollklage kann der Arbeitgeber nicht ohne weiteres darauf vertrauen, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Zustellung des Rentenbescheids enden wird, so dass er in der Regel keine endgültigen Dispositionen über den Arbeitsplatz treffen wird. Ist der Arbeitnehmer nach dem Rentenbescheid teilweise erwerbsgemindert, wird der Arbeitgeber schon deshalb vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht über den Arbeitsplatz disponieren, weil er bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit einem Weiterbeschäftigungsverlangen nach § 33 Abs. 3 TV-L rechnen muss. Deshalb werden die Interessen des Arbeitgebers ausreichend gewahrt, wenn er bis zum Ablauf der Klagefrist über eine Rücknahme oder Einschränkung des Rentenantrags unterrichtet wird.
dd) Danach sind die Rechtsfolgen der auflösenden Bedingung des § 33 Abs. 2 Satz 1 TV-L im Streitfall nicht eingetreten.
(1) Die Klägerin hat gegen den Rentenbescheid fristgerecht Widerspruch eingelegt. Nach § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG ist der Widerspruch binnen eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben wurde, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stelle einzureichen, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Der Rentenbescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund wurde der Klägerin am 30. März 2012 zugestellt. Das Widerspruchsschreiben der Klägerin ging der Deutschen Rentenversicherung Bund innerhalb der Widerspruchsfrist am 23. April 2012 zu.
(2) Das beklagte Land war alsbald nach Ablauf der Widerspruchsfrist über den Widerspruch informiert. Die Klägerin hat das beklagte Land mit der Klageschrift über ihren Widerspruch gegen den Rentenbescheid unterrichtet. Die Klageschrift wurde dem beklagten Land am 4. Mai 2012 zugestellt.
(3) Die Klägerin hat ihren Rentenantrag noch vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurückgenommen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hätte gemäß §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Beendigungsmitteilung des beklagten Landes, somit am 15. Juni 2012 geendet. Die Klägerin hatte der Deutschen Rentenversicherung Bund mit Schreiben vom 1. Juni 2012 mitgeteilt, sie ziehe ihren Rentenantrag zurück. Dieses Schreiben lag der Deutschen Rentenversicherung Bund spätestens am 14. Juni 2012 vor. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe ihren Rentenantrag mit Schreiben vom 1. Juni 2012 zurückgenommen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
(a) Das Schreiben vom 1. Juni 2012 enthält eine gegenüber einer Behörde abzugebende Erklärung. Deren Auslegung obliegt in erster Linie den Tatsachengerichten. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) verletzt, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat (vgl. BVerwG 21. Juli 2010 – 4 B 73.09 – Rn. 6).
(b) Dieser eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung hält die Auslegung des Landesarbeitsgerichts stand.
(aa) Die Klägerin hat im Schreiben vom 1. Juni 2012 erklärt, sie ziehe ihren Rentenantrag vom 3. November 2011 zurück. Die Rücknahmeerklärung bezieht sich eindeutig auf den Rentenantrag vom 3. November 2011. Aufgrund dieser genauen Bezeichnung konnte die Erklärung nur als Rücknahme des Rentenantrags und nicht als Rücknahme des Widerspruchs gegen den Rentenbescheid verstanden werden. Für die Anfrage der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 14. Juni 2012, ob die Klägerin ihren Rentenantrag oder ihren Widerspruch zurücknehmen wolle, bestand daher kein Raum (vgl. BSG 12. Dezember 2011 – B 13 R 29/11 R – Rn. 54, BSGE 110, 8 zur Pflicht des Sozialversicherungsträgers, bei nicht eindeutigem Begehren auf eine Klärung durch den Antragsteller hinzuwirken). Die Erklärungen im Schreiben vom 25. Juni 2012 konnten sich auf die Rücknahme des Rentenantrags nicht mehr auswirken, da sich der Rentenbescheid mit Antragsrücknahme erledigt und er seine Wirksamkeit verloren hatte (vgl. BAG 11. März 1998 – 7 AZR 101/97 – zu 2 c der Gründe; BSG 12. Dezember 2011 – B 13 R 29/11 R – Rn. 55, aaO; 9. August 1995 – 13 RJ 43/94 – BSGE 76, 218). Eine Rücknahme des Rentenantrags ist nicht widerruflich.
(bb) Der Annahme, die Klägerin habe den Rentenantrag bereits mit Schreiben vom 1. Juni 2012 zurückgenommen, steht nicht entgegen, dass die Rücknahme des Rentenantrags im Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 16. November 2012 auf den 19. Oktober 2012 datiert ist. Die Gerichte aller Rechtszweige sind zwar an das Bestehen und den Inhalt von wirksamen Verwaltungsakten, selbst wenn sie rechtswidrig sein sollten, gebunden, soweit ihnen nicht die Kontrollkompetenz eingeräumt ist (sog. Tatbestandswirkung von Verwaltungsakten). Diese Bindung entfällt nur, wenn der Verwaltungsakt nichtig ist (BAG 16. April 2015 – 6 AZR 71/14 – Rn. 29; 10. Oktober 2012 – 7 AZR 602/11 – Rn. 30). Die Tatbestandswirkung eines Verwaltungsakts wird jedoch durch den Regelungsgehalt begrenzt (BVerwG 11. Dezember 2014 – 3 C 6.13 – Rn. 18, BVerwGE 151, 129). Sie erfasst nur die in dem Verwaltungsakt getroffene Regelung, nicht aber die in ihm enthaltenen weiteren tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen. Das Datum der Rücknahme des Rentenantrags gehört nicht zu dem von der Tatbestandswirkung umfassten Regelungsgehalt.
(4) Die Klägerin hat das beklagte Land noch vor dem Ablauf der Klagefrist über die Rücknahme des Rentenantrags unterrichtet. Das Landesarbeitsgericht hat zwar angenommen, die Klägerin habe die Rücknahme des Rentenantrags erst zweitinstanzlich in das Verfahren eingeführt. Dabei hat das Landesarbeitsgericht jedoch offensichtlich übersehen, dass die Klägerin bereits im Schriftsatz vom 14. Juni 2012 ausgeführt hatte, sie habe zwischenzeitlich den Antrag auf Rente im Widerspruchsverfahren zurückgezogen. Dieser Schriftsatz ist dem beklagten Land vor dem Ablauf der Klagefrist am 18. Juni 2012 zugestellt worden.
II. Die Hilfsanträge fallen dem Senat nicht zur Entscheidung an.
1. Der auf Wiedereinstellung gerichtete Hilfsantrag zu 2. ist nur für den Fall des Unterliegens mit dem Bedingungskontrollantrag gestellt. Diese Bedingung ist nicht eingetreten.
2. Der Antrag zu 3., mit dem die Klägerin ihre vorläufige Weiterbeschäftigung verlangt, fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an, da der Rechtsstreit mit der Entscheidung des Senats über den Bedingungskontrollantrag rechtskräftig abgeschlossen ist.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Gräfl, Niemann, M. Rennpferdt, Vorbau, Jacobi
Fundstellen
Haufe-Index 9520539 |
BAGE 2017, 1 |
BB 2016, 1716 |
DB 2016, 2063 |
DB 2016, 6 |