Entscheidungsstichwort (Thema)
Einbau von Fenstern als bauliche Leistung
Leitsatz (amtlich)
Ein Betrieb, der ausschließlich von Drittfirmen hergestellte genormte Fenster in Alt- und Neubauten einsetzt, indem er kleinere Fenster komplett, also mit bereits eingesetzter Scheibe, einbaut und bei größeren Fenstern zunächst den Rahmen einsetzt und sodann die Scheibe einfügt, ist nicht als Betrieb des Glaserhandwerks vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV ausgenommen.
Normenkette
TVG § 1 Tarifverträge: Bau; Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 12. November 1986 i.d.F. vom 6. Januar 1989 und vom 22. Dezember 1989 § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Urteil vom 28.09.1992; Aktenzeichen 16 Sa 265/92) |
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 22.10.1991; Aktenzeichen 8 Ca 2509/90) |
Tenor
- Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 28. September 1992 – 16 Sa 265/92 – aufgehoben.
- Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 22. Oktober 1991 – 8 Ca 2509/90 – wird zurückgewiesen.
- Der Beklagte trägt auch die Kosten der Berufung und der Revision.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte im Klagezeitraum einen Betrieb des Baugewerbes im Sinne der Sozialkassentarifverträge unterhalten hat und daher zur Auskunftserteilung verpflichtet ist.
Die Klägerin ist die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG (ZVK). Diese ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Sie nimmt den Beklagten nach Maßgabe der Sozialkassentarifverträge für den Zeitraum von Januar 1989 bis August 1990 auf Auskunftserteilung über die Zahl der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer, deren Bruttolohnsumme und die entsprechende Höhe der Sozialkassenbeiträge sowie für den Zeitraum April 1988 bis August 1990 auf Auskunftserteilung über die Zahl der insgesamt und der mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 20 Stunden beschäftigten Angestellten, deren Bruttogehaltssumme und die Höhe der Vorruhestands- und Zusatzversorgungskassenbeiträge und für den Fall der Nichterteilung der begehrten Auskünfte auf Zahlung einer Entschädigung in Anspruch.
Der Beklagte unterhielt von Juni 1984 bis August 1990 einen Betrieb, der von Drittunternehmern hergestellte genormte Fenster in Alt- und Neubauten einbaute. Dabei wurden kleinere Fenster, bei denen das Glas bereits von der Herstellerfirma in den Rahmen eingefügt worden war, in kompletter Form eingebaut; bei größeren Fenstern wurden zunächst die Rahmen eingesetzt und sodann die Scheiben eingefügt. Die Gewerbeanmeldung im Juni 1984 erfolgte mit der Tätigkeit “Holz- und Bautenschutz, Schutzanstriche”; sie wurde 1986 in “Holz- und Bautenschutz sowie Einbau von DIN-Fenstern” und 1990 in “Vertrieb von Fenstern aller Art sowie Beratung hinsichtlich der Installation von Fenstern” geändert. Der Beklagte wurde nicht zur Winterbauförderung herangezogen.
Nach dem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe sind alle baugewerblichen Arbeitgeber zur Auskunftserteilung verpflichtet. Zum Geltungsbereich enthält § 1 des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 12. November 1986 in der Fassung vom 6. Januar 1989 und vom 22. Dezember 1989 – soweit hier von Interesse – folgende Regelungen:
Ҥ 1 Geltungsbereich
Räumlicher Geltungsbereich:
…
Betrieblicher Geltungsbereich:
Betriebe des Baugewerbes. Das sind alle Betriebe, die unter einen der nachfolgenden Abschnitte I bis IV fallen.
Abschnitt I
Betriebe, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeit geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich Bauten aller Art erstellen.
Abschnitt II
Betriebe, die, soweit nicht bereits unter Abschnitt I erfaßt, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die – mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen – der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.
Abschnitt III
Betriebe, die, soweit nicht bereits unter Abschnitt I oder II erfaßt, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung – mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen – gewerblich sonstige bauliche Leistungen erbringen.
…
Abschnitt V
Zu den in den Abschnitten I bis III genannten Betrieben gehören z.B. diejenigen, in denen Arbeiten der nachstehend aufgeführten Art ausgeführt werden:
Abschnitt VI
Betriebe, soweit in ihnen die unter den Abschnitten I bis V genannten Leistungen überwiegend erbracht werden, fallen grundsätzlich als Ganzes unter diesen Tarifvertrag. …
…
Abschnitt VII
Nicht erfaßt werden Betriebe,
…”
Die ZVK ist der Auffassung, der Betrieb des Beklagten werde vom Geltungsbereich des VTV erfaßt, da das Einbauen von Fenstern eine bauliche Leistung im tariflichen Sinne sei, so daß der Beklagte zur Auskunftserteilung verpflichtet sei. Bei der betrieblichen Tätigkeit des Beklagten handele es sich um Trocken- und Montagebauarbeiten im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 36 VTV bzw. um Fertigbauarbeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 12 VTV.
Die ZVK hat beantragt:
den Beklagten zu verurteilen,
dem Kläger auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen,
wieviel Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung über die Rentenversicherung der Arbeiter (RVO) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten
Januar 1989 bis August 1990
in dem Betrieb des Beklagten beschäftigt wurden, sowie in welcher Höhe die lohnsteuerpflichtige Bruttolohnsumme insgesamt für diese Arbeitnehmer und die Beiträge für die Sozialkassen der Bauwirtschaft in den genannten Monaten angefallen sind,
wieviel Angestellte insgesamt und wieviel Angestellte, deren regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit mindestens 20 Stunden beträgt, in den Monaten
April 1988 bis August 1990
in dem Betrieb des Beklagten beschäftigt wurden, welche Bruttogehaltssumme (ab 01.01.1987) und in welcher Höhe Vorruhestands- sowie Zusatzversorgungsbeiträge für die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG in den genannten Monaten angefallen sind,
für den Fall, daß diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung erfüllt wird, an den Kläger folgende Entschädigung zu zahlen:
zu Nr. 1.1 |
12.000,00 DM |
zu Nr. 1.2 |
6.670,00 DM |
Gesamtbetrag |
18.670,00 DM |
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat geltend gemacht, seine betriebliche Tätigkeit sei eine solche des Glaserhandwerks, so daß die Bautarifverträge nicht zur Anwendung kämen. 70 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit entfielen darauf, bei größeren Fenstern zunächst die Rahmen einzusetzen und sodann das Glas in den Rahmen einzufügen. Außerdem bestreitet er die Höhe der Entschädigungssumme, weil in seinem Kleinbetrieb mit nur einem gewerblichen Arbeitnehmer und der stundenweise mitarbeitenden Ehefrau branchenübliche Durchschnittswerte nicht herangezogen werden könnten.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Beklagten die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt die ZVK die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils; der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des landesarbeitsgerichtlichen Urteils und zur Zurückweisung der Berufung des Beklagten gegen das klagestattgebende Ersturteil. Die ZVK kann die mit der Klage geltend gemachten Auskünfte verlangen, weil der Betrieb des Beklagten vom Geltungsbereich des VTV erfaßt wird.
I. Das Landesarbeitsgericht hat den Auskunftsanspruch der ZVK verneint und dazu ausgeführt, der Betrieb des Beklagten werde nicht vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfaßt, so daß § 27 VTV als Anspruchsgrundlage für den Auskunftsanspruch nicht in Betracht komme. Die betriebliche Tätigkeit des Beklagten im Klagezeitraum unterfalle zwar mit dem Einbau komplett hergestellter, aus Rahmen und Scheibe bestehender Fenster der Nr. 36 in § 1 Abs. 2 Abschnitt V VTV, da es sich dabei um Montagebauarbeiten handele und diese Arbeiten außerdem der unmittelbaren Herstellung des Gebäudes dienten (§ 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV); auch das Einbauen von Fensterrahmen und das anschließende Einsetzen der Scheiben in die Rahmen falle jedenfalls unter § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV, der alle Arbeiten erfasse, die, wenn auch nur auf einem kleinen oder speziellen Gebiet der Erstellung, Instandhaltung, Instandsetzung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken zu dienen bestimmt seien. Der Betrieb des Beklagten sei jedoch als Betrieb des Glaserhandwerks nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 3 VTV anzusehen und daher ausdrücklich vom Geltungsbereich des VTV ausgenommen. Der Einbau von Fenstern in Gebäuden und sonstigen Bauwerken gehöre nach Berufskunde und Berufsrecht auch dann zum Glaserhandwerk, wenn es sich um komplettierte Fenster, bestehend aus Rahmen und bereits eingesetzter Glasscheibe handele. Damit lägen Teiltätigkeiten des Glaserhandwerks vor, die arbeitszeitlich überwiegend ausgeführt würden.
Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts vermag der Senat nicht zu folgen.
II. Die ZVK hat den Auskunftsanspruch nach § 27 VTV in der maßgeblichen Fassung. Der Betrieb des Beklagten ist als Betrieb des Baugewerbes anzusehen und auch nicht vom Geltungsbereich des VTV ausgenommen. Der Beklagte ist daher zur Erteilung der begehrten Auskünfte verpflichtet.
1. Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht zunächst davon ausgegangen, der Einbau von Fenstern – sowohl soweit sie bereits komplett sind (also mit Scheiben), als auch der Einbau größerer Fensterrahmen und deren anschließende Verglasung – werde von den in § 1 VTV aufgezählten baulichen Tätigkeiten erfaßt. Dabei kommt sowohl § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 36 VTV wie auch § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 12 VTV in Betracht, soweit bereits komplett hergestellte, aus Rahmen und Scheibe bestehende Fenster eingebaut werden, als auch § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV, soweit dort alle Arbeiten erfaßt werden, die der Erstellung des Bauwerks dienen. Es hat weiter zutreffend angenommen, daß der Beklagte nach den allgemeinverbindlichen Verfahrenstarifverträgen für die Sozialkassen des Baugewerbes zur Auskunftserteilung verpflichtet ist, wenn sein Betrieb vom fachlichen bzw. betrieblichen Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge erfaßt wird. Dabei geht das Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon aus, daß es entscheidend auf die arbeitszeitlich überwiegende Tätigkeit der Arbeitnehmer ankommt (BAGE 56, 227, 230 = AP Nr. 88 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG Urteil vom 25. Oktober 1989 – 4 AZR 182/89 – AP Nr. 123 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau) und unter den betrieblichen Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge diejenigen Betriebe fallen, in denen überwiegend im Abschnitt V von § 1 Abs. 2 VTV konkret genannte Beispielstätigkeiten ausgeführt werden, ohne daß dann noch die allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis III zu prüfen sind (BAGE 45, 11 = AP Nr. 60 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAGE 64, 81 = AP Nr. 125 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).
2.a) Zu Recht legt das Landesarbeitsgericht zugrunde, daß nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII des VTV Betriebe, auch wenn sie unter die Merkmale der vorangehenden Abschnitte des § 1 Abs. 2 fallen, von dessen fachlichem bzw. betrieblichem Geltungsbereich ausdrücklich ausgenommen werden (BAG Urteil vom 28. September 1988 – 4 AZR 352/88 – AP Nr. 96 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; Urteil vom 13. März 1991 – 4 AZR 436/90 – AP Nr. 139 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Dem Landesarbeitsgericht kann aber nicht gefolgt werden, soweit es ausgeführt hat, der Betrieb des Beklagten sei nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 3 VTV als Betrieb des Glaserhandwerks vom Geltungsbereich des VTV ausgenommen, so daß eine Anspruchsgrundlage für die mit der Klage begehrten Auskünfte nicht gegeben sei.
Dabei ist nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 561 Abs. 2 ZPO) als ausschließliche Tätigkeit des Betriebs des Beklagten der Einbau genormter Fenster in Neu- und Altbauten zugrunde zu legen, die von Drittunternehmen hergestellt worden sind. Der Einbau vollzog sich dabei in der Weise, daß kleinere Fenster, in denen das Glas bereits von der Herstellerfirma in den Rahmen eingefügt worden war, in dieser kompletten Form eingebaut, bei größeren Fenstern zunächst der Rahmen eingebaut und sodann die Scheibe eingesetzt wurde.
b) Diese Tätigkeiten können sowohl von Baubetrieben wie auch von anderen Gewerbebetrieben durchgeführt werden. So sind nach der Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderungen im praktischen und im fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Tischler-Handwerk vom 7. September 1987 (BGBl. 1987, Teil I, S. 2138) dem Tischler-Handwerk u.a. zuzurechnen die Herstellung und der Einbau von Bauteilen aus Holz, …, insbesondere von … Fenstern, Fenster- und Türelementen. Nach der Verordnung über die Berufsausbildung zum Glaser/zur Glaserin vom 18. Dezember 1985 (BGBl. 1985, Teil I, S. 2534) ist Gegenstand der Berufsausbildung zum Glaser/zur Glaserin u.a. das Einbauen montagefertiger Teile und Erzeugnisse (§ 3 Abs. 1 Nr. 15). Nach der Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderungen im praktischen Teil und im fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Glaserhandwerk vom 9. Dezember 1975 (BGBl. 1975, Teil I, S. 3012) ist dem Glaserhandwerk u.a. zuzuordnen die Herstellung und der Einbau von Verglasungen, Fenster-, Fenstertür-Elementen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2) … Die Tätigkeit des Glasers besteht u.a. im Herstellen von Fenstern und Einbauen der Bauteile durch Befestigen, Wärmedämmen und Abdichten der Anschlußpunkte (Blätter zur Berufskunde 1-II C 301 S. 2). Nach der Fünften Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft vom 17. Dezember 1984 (BGBl. 1984, Teil I, S. 1599 – Ausbildungsrahmenplan für den Ausbaufacharbeiter Abschnitt G. Schwerpunkt Trockenbauarbeiten) umfaßt die betriebliche Ausbildung zum Ausbaufacharbeiter mit dem Schwerpunkt Trockenbauarbeiten an zu vermittelnden Fertigkeiten und Kenntnissen u.a. das Einsetzen von Fenstern … einschließlich ihrer Verglasung unter Beachtung der im Trockenbau gegebenen Funktionen (Schall-, Feuer- und Wärmedämmung).
3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die im Betrieb des Beklagten durchgeführten Tätigkeiten des Einbaus zum Teil kompletter Fenster sowie zum Teil zunächst der Fensterrahmen und des anschließenden Einsetzens der Glasscheiben nicht Betrieben des Glaserhandwerks i.S. von § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 3 VTV zuzuordnen; der Betrieb des Beklagten, dessen Tätigkeiten das Berufungsgericht mit Recht auch als bauliche Leistungen angesehen hat, ist daher nicht vom Geltungsbereich des VTV ausgenommen.
a) Die im Betrieb des Beklagten durchgeführten Arbeiten stellen zumindest auch bauliche Leistungen im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 12 bzw. 36 oder § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV dar, daneben können sie aber auch zum Tischler- oder Glaserhandwerk gehören. Der Betrieb des Beklagten ist aber weder ein Betrieb des Tischler- noch des Glaserhandwerks.
Wie der Senat (Urteil vom 7. April 1993 – 10 AZR 618/90 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen) zur Abgrenzung von Betrieben des Baugewerbes zu Betrieben des Maler- und Lackiererhandwerks entschieden hat, ist ein Betrieb, der ausschließlich eine Tätigkeit verrichtet, die auch zum Berufsbild des Maler- und Lackiererhandwerks gehört, nicht allein schon deswegen ein Betrieb des Maler- und Lackiererhandwerks. Ein Betrieb des Maler- und Lackiererhandwerks müßte zumindest auch die typischen Tätigkeiten dieses Handwerks ausführen. Der Senat hat dazu ausgeführt, es gebe eine Vielzahl einzelner Tätigkeiten, die von Betrieben unterschiedlichster Gewerbezweige in gleicher Weise ausgeführt würden und zum Berufsbild des jeweiligen Gewerbezweigs gehörten. Die Zuordnung eines Betriebes zu einem bestimmten Gewerbezweig setze jedoch voraus, daß in dem Betrieb auch die typischerweise in diesem Gewerbe verrichteten Arbeiten ausgeführt würden.
Nach diesen Grundsätzen liegt kein Betrieb des Glaserhandwerks vor. Im Betrieb des Beklagten werden keine typischen Glaserarbeiten durchgeführt. Außerdem ist weder der Beklagte gelernter Glaser noch werden gelernte Glaser beschäftigt.
Dabei können auch die Grundsätze herangezogen werden, die das Bundesarbeitsgericht zur Zuordnung der Tätigkeiten der Flachdachisolierer zum Dachdeckerhandwerk entwickelt hat. Danach können Flachdachabdichtungsarbeiten, die sowohl dem Dachdeckerhandwerk wie auch den baulichen Tätigkeiten zuzuordnen sind, dann dem Dachdeckerhandwerk zugerechnet werden, wenn darüber hinaus in dem Betrieb in nicht unerheblichem Umfang Arbeiten durchgeführt werden, die ausschließlich dem Dachdeckerhandwerk vorbehalten sind, oder wenn die Flachdachabdichtungsarbeiten in nicht unerheblichem Umfang von gelernten Dachdeckern bzw. unter der unmittelbaren Aufsicht eines Fachmanns des Dachdeckerhandwerks ausgeführt werden (BAG Urteil vom 14. September 1988 – 4 AZR 218/88 – n.v.). Auch nach diesen Grundsätzen liegt ein Betrieb des Glaserhandwerks nicht vor. Darauf, ob die Tätigkeiten handwerklich ausgeführt werden, kommt es somit nicht an.
Aus den gleichen Erwägungen ist auch das Vorliegen eines Tischlerbetriebes zu verneinen.
Ist der Betrieb des Beklagten damit nicht vom Geltungsbereich des VTV ausgenommen, ist der Beklagte zur Erteilung der geforderten Auskünfte nach § 27 VTV verpflichtet. Die für den Fall der Nichterfüllung der Auskunftsverpflichtung begehrte Entschädigung kann die ZVK nach § 61 Abs. 2 ArbGG verlangen. Sie hat dabei der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Rechnung getragen, wonach die Entschädigungssumme in der Regel um 80 % des zu erwartenden Zahlungsanspruchs betragen darf (BAG Urteil vom 26. April 1989 – 4 AZR 49/89 – AP Nr. 110 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Auf die Revision der ZVK ist daher das klageabweisende Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das klagestattgebende Ersturteil zurückzuweisen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits hat nach § 91 Abs. 1 ZPO der Beklagte zu tragen.
Unterschriften
Matthes, Hauck, Böck, Kähler, Harnack
Fundstellen
Haufe-Index 856632 |
BB 1994, 1084 |
NZA 1995, 137 |