Entscheidungsstichwort (Thema)
Freistellungsrecht des Arbeitgebers. Berufsausübungsfreiheit. Tarifautonomie
Leitsatz (amtlich)
§ 8 a Abs. 7 Satz 1 TV Vorruhestand, wonach der Südwestrundfunk einen Arbeitnehmer, der das 57. Lebensjahr vollendet hat und dessen Arbeitsplatz in der Zeit vom 1. Oktober 1998 bis 31. Dezember 2000 wegfällt, von der Arbeitspflicht freistellen kann, begründet ein einseitiges Suspensierungsrecht der Rundfunkanstalt.
Die Regelung greift in die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers (Art. 12 Abs. 1 GG) ein. Sie ist jedoch gerechtfertigt, weil sie Wertentscheidungen des Kündigungsschutzes berücksichtigt.
Orientierungssatz
1. Nach § 8 a Abs. 7 Satz 1 TV Vorruhestand kann der Südwestrundfunk einen Arbeitnehmer, der das 57. Lebensjahr vollendet und dessen Arbeitsplatz in der Zeit vom 1. Oktober 1998 bis 31. Dezember 2000 wegfällt, von der Arbeitspflicht freistellen. Diese Regelung begründet ein einseitiges Suspensierungsrecht der Rundfunkanstalt.
2. Diese Regelung ist rechtswirksam. Sie ist hinreichend bestimmt, weil die Voraussetzungen des Freistellungsrechts in der Norm selbst geregelt sind.
3. Die tarifliche Regelung begegnet keinen durchgreifenden Bedenken wegen des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit des betroffenen Arbeitnehmers (Art. 12 Abs. 1 GG). Der Südwestrundfunk hat für die Zeit bis 31. Dezember 2000 auf betriebsbedingte Kündigung verzichtet. Er hat insoweit eine „Gegenleistung” erbracht.
4. Die Freistellungsvoraussetzungen entsprechen den betrieblichen Gründen, die nach § 1 KSchG eine ordentliche Kündigung sozial rechtfertigen können. Indem die Tarifvertragsparteien die Vorschrift als „Kann-Bestimmung” ausgestaltet haben, ist dem Arbeitgeber aufgegeben, über eine Freistellung nach billigem Ermessen zu entscheiden.
5. Als bei der Zusammenlegung des Südwestfunks mit einer anderen Rundfunkanstalt Doppelstrukturen abgebaut wurden, hatte der Arbeitgeber bei der Besetzung der geringeren Anzahl der neu eingerichteten Leitungsstellen soziale Gesichtspunkte bei der Ausübung des Auswahlermessens angemessen zu berücksichtigen.
Normenkette
GG Art. 12; Tarifvertrag über eine Vorruhestandsregelung beim Südwestrundfunk vom 20. Juli 1998 (TV Vorruhestand) § 8a
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 2. August 2000 – 12 Sa 61/99 – aufgehoben und der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht – auch zur Entscheidung über die Kosten der Revision – zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Beschäftigung.
Der am 21. März 1937 geborene Kläger wurde zum 1. Oktober 1969 von dem Südwestfunk Baden-Baden als Betriebsingenieur eingestellt. Er ist nicht tarifgebunden. Mit Wirkung zum 1. Januar 1980 wurde ihm die Leitung der Abteilung „Allgemeine Senderbetriebstechnik” übertragen; er wurde in die Vergütungsgruppe XII der allgemeinen Vergütungstabelle eingruppiert. Außerdem war der Kläger Stellvertreter des Leiters der Hauptabteilung „Sendertechnik”. In § 2 des Arbeitsvertrags vom 22. Mai 1980 ist bestimmt, der für den Südwestfunk geltende Tarifvertrag sei Bestandteil des Arbeitsvertrags. Im Falle der Kündigung des Tarifvertrags bleibe dessen Inhalt bis zu einer neuen Abmachung oder bis zur Auflösung des Einzel-Arbeitsverhältnisses weiter gültig. Das monatliche Bruttogehalt des Klägers betrug zuletzt rd. 13.000,00 DM.
Nach § 41 Abs. 1 Satz 4 des Staatsvertrags über den Südwestrundfunk vom 31. Mai 1997 wurden der Südwestfunk (SWF) und der Süddeutsche Rundfunk (SDR) aufgelöst. Gesamtrechtsnachfolger ist der Beklagte. Aus diesem Grund schloß der während der Gründungs- und Überleitungsphase rechtsfähige Beklagte (§ 41 Abs. 1 Satz 2 des Staatsvertrags) mit der IG Medien, der Deutschen Angestellten – Gewerkschaft, der Deutschen Orchestervereinigung e.V. in der DAG und dem Deutschen Journalisten-Verband e.V. mit Wirkung zum 1. Oktober 1998 mehrere Tarifverträge. Nach TZ 253.11 des Manteltarifvertrags für den Südwestrundfunk (MTV SWR) vom 31. Juli 1998 können Arbeitnehmer nach einer Betriebszugehörigkeit von zehn Jahren regelmäßig nur noch aus wichtigem Grund gekündigt werden. Das Arbeitsverhältnis endet nach TZ 257 MTV SWR mit Ablauf des Monats, in dem das 65. Lebensjahr vollendet wird. Der Südwestfunk hatte sich im Zusammenhang mit dem Abschluß des Gehaltstarifvertrags vom 31. August 1996 in Art. V. verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2000 keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen. Eine solche Verpflichtung war auch der Süddeutsche Rundfunk eingegangen. Nach TZ 831.2 MTV SWR gilt der Kündigungsverzicht auch für den Beklagten.
Außerdem wurde der Vergütungstarifvertrag zur Gehaltsstruktur (TV Gehaltsstruktur) vom 31. Juli 1998 geschlossen. Nach dem Vergütungstarifvertrag (Überleitungstarifvertrag) vom 31. Juli 1998 richten sich die Tätigkeitsbezeichnungen grundsätzlich nach der in Anlage 2 zum TV Gehaltsstruktur aufgeführten Tätigkeitsbezeichnungen; ein Anspruch auf die bisherige Tätigkeitsbezeichnung besteht nicht. Im übrigen erfolgt die Überleitung grundsätzlich in die ranggleiche Vergütungsgruppe. Der Kläger wurde zum 1. Oktober 1998 in die seiner bisherigen Vergütungsgruppe XII entsprechende Vergütungsgruppe 14 übergeleitet. Es handelt sich um die jeweils höchste Tarifgruppe. Beide setzen voraus „Leiten einer großen und/oder besonders wichtigen Abteilung”.
Der Beklagte vereinbarte ferner mit den Gewerkschaften den Tarifvertrag über eine Vorruhestandsregelung vom 20. Juli 1998 (TV Vorruhestand). Er gilt nach § 2 für Arbeitnehmer, auf die der für den Beklagten geltende Manteltarifvertrag anzuwenden ist, und die die Voraussetzungen für einen Versorgungsanspruch nach der Versorgungsordnung des ehemaligen Süddeutschen Rundfunks oder des ehemaligen Südwestfunks erfüllen. In § 2 Abs. 3 ist dem Beklagten das Recht eingeräumt, in begründeten Einzelfällen Anträge auf Vorruhestandsbezüge ganz oder teilweise abzulehnen. Der Antragsteller kann sich dann an den Vorruhestandsausschuß wenden.
§ 3 lautet:
„1. Der Vorruhestand wird frühestens 30 Kalendermonate vor dem Zeitpunkt gewährt, zu dem der Anspruch auf gesetzliche Rente ohne Abschläge bzw. befreiende Lebensversicherung besteht. Auf Wunsch der Arbeitnehmer kann der Vorruhestand auch frühestens 30 Kalendermonate vor einem Zeitpunkt gewährt werden, zu dem der Anspruch auf vorzeitige gesetzliche Rente unter Berücksichtigung der in SGB VI vorgesehenen Rentenabschläge besteht, jedoch nicht vor Vollendung eines Lebensalters von 57 Jahren und sechs Monaten.
2. Der Vorruhestand ist vom Arbeitnehmer schriftlich – spätestens drei Monate vor Beginn – zu beantragen.
3. Das Arbeitsverhältnis endet – abweichend von den Bestimmungen der TZ. 257 und 258 des MTV – mit Beginn des Monats, für den die Vorruhestandsbezüge erstmals gezahlt werden.
…
6. Die Vorruhestandsbezüge werden längstens für die Dauer von 30 Monaten gezahlt.”
§ 4 betrifft die Höhe der Vorruhestandsbezüge (70 % des ruhegeldfähigen Einkommens) und Nebenleistungen, § 5 die Anrechnung von sonstigen Einkommen und § 6 die Anrechnung der Vorruhestandszeit mit der Hälfte als ruhegeldfähige Dienstzeit. § 8 regelt die Mittelbereitstellung und Rechnungslegung. § 8 a bestimmt unter der Überschrift „Vorgezogener Vorruhestand”:
- „Mit dem vorgezogenen Vorruhestand sollen die sich aus dem Prozeß der Neugründung des Südwestrundfunks ergebenden Folgerungen wie Abbau von Doppelstrukturen, Erreichung eines Zielstellenplans sozialverträglich flankiert werden.
- Die vorgezogenen Vorruhestandsbezüge werden frühestens 24 Kalendermonate vor dem Zeitpunkt gewährt, zu dem frühestens Vorruhestandsbezüge beantragt sind und gewährt werden können.
- Der Südwestrundfunk hat das Recht, in Einzelfällen Anträge auf vorgezogene Vorruhestandsbezüge ganz oder teilweise abzulehnen. § 2 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend.
- Anträge auf Zahlung von vorgezogenen Vorruhestandsbezügen müssen sich auf einen Zahlungsbeginn zwischen dem 01.10.1998 und dem 31.12.2000 beziehen.
- Der vorgezogene Vorruhestand wird ausschließlich durch Betriebsmittel des Südwestrundfunks finanziert. Soweit er in den Vorruhestand einmündet, erfolgt die Finanzierung nach § 8.
- Die Höhe der vorgezogenen Vorruhestandsbezüge beträgt 70 v.H. des ruhegeldfähigen Einkommens nach der Versorgungsordnung. Im übrigen gelten die für den Vorruhestand vereinbarten Regelungen dieses Tarifvertrages entsprechend.
- Wenn im Zeitraum nach Abs. 4 der bisherige Arbeitsplatz des Arbeitnehmers wegfällt und der Arbeitnehmer das 57. Lebensjahr vollendet hat, kann der Südwestrundfunk ihm mit einer Frist von 3 Monaten von der Arbeitsverpflichtung freistellen. In diesem Fall werden 75 % der bisherigen Vergütung solange fortentrichtet, bis die Voraussetzungen zur Inanspruchnahme des Vorruhestands gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 vorliegen.”
§ 9 enthält Bestimmungen zum Vorruhestandsausschuß, § 10 den vom Beklagten zu erteilenden Vorruhestandsbescheid und § 11 die Verpflichtung des Beklagten zur Besetzung von mindestens 25 % der durch Vorruhestand freiwerdenden Planstellen. Im Dezember 2000 haben die Tarifvertragsparteien § 8 a TV Vorruhestand verhandelt. Die Neufassung ist zum 1. Januar 2001 in Kraft getreten. § 8 a Abs. 7 TV Vorruhestand ist ersatzlos gestrichen.
Der Beklagte führte zum 1. Oktober 1998 die bis dahin bei beiden Sendern bestehenden sendertechnischen Hauptabteilungen mit insgesamt neun Abteilungen zu einer Hauptabteilung „Programmverbreitung” zusammen. Ihr wurden drei Abteilungen zugeordnet, nämlich 1. Betriebsaufgaben/Netzbetrieb, 2. Technische Planung und Projektmanagement und 3. Frequenz- und Versorgungsplanung. Die bisher von der vom Kläger geleiteten Abteilung „Allgemeine Senderbetriebstechnik” wahrgenommenen Aufgaben wurden im wesentlichen auf die Abteilungen Betriebsaufgaben/Netzbetrieb und Technische Planung und Projektmanagement verlagert. Der Kläger hatte sich im Sommer 1998 auf die Leiterstellen dieser beiden Abteilungen beworben; seine Bewerbung blieb unberücksichtigt.
Anfang Oktober 1998 teilte der Beklagte dem Kläger mit, er sei der Abteilung „Technische Planungen und Projektmanagement” fachlich zugeordnet. Der Kläger hat diese Mitteilung als Änderungskündigung verstanden und Klage vor dem Arbeitsgericht auf Feststellung erhoben, die Änderungskündigung sei unwirksam. Verhandlungen der Parteien über die vom Kläger künftig wahrzunehmenden Aufgaben – der Beklagte bot die Leitung einer vierköpfigen Projektgruppe (Aufgabenstellung: Integration und Ergänzung der Fernwirksysteme) bei Fortzahlung der bisherigen Vergütung an – und über die Inanspruchnahme von Vorruhestand blieben ohne Erfolg.
Der Beklagte stellte den Kläger daraufhin im April 1999 schriftlich mit Wirkung zum 1. August 1999 unter Berufung auf § 8 a Abs. 7 TV Vorruhestand von weiterer Arbeitsleistung frei und teilte ihm mit, er werde ihm 75 % der bisherigen Vergütung solange fortentrichten, bis die Voraussetzungen zur Inanspruchnahme des Vorruhestandes nach § 3 Abs. 1 Satz 1 TV Vorruhestand vorlägen. Mit Schreiben vom 24. August 1999 wiederholte er die Freistellungserklärung zum 1. Dezember 1999 unter Angabe der für die Besetzung der Abteilungsleiterstellen maßgeblichen Gründe. Seit Mitte August 1999 wird der Kläger vom Beklagten nicht mehr beschäftigt.
Der Kläger hat die zunächst verfügte Änderung seines Aufgabengebietes und die dann erfolgte Freistellung für rechtsunwirksam gehalten und zuletzt beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger eine der Vergütungsgruppe 14 des Manteltarifvertrages für den Südwestrundfunk entsprechende Tätigkeit mit den wesentlichen Tätigkeitsmerkmalen
- Stellvertretung des Hauptabteilungsleiters,
- Auswahl und Führung von Mitarbeitern,
- Budgetverantwortung,
- fachbezogene Vertretung des Beklagten gegenüber Dritten mit der Tätigkeitsbezeichnung „Abteilungsleiter”
zuzuweisen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Landesarbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten verurteilt, den Kläger als Abteilungsleiter gemäß der Vergütungsgruppe 14 des Manteltarifvertrags für den Südwestrundfunk mit den Aufgaben Auswahl und Führung von Mitarbeitern, Verantwortung für das ihm zugewiesene Budget und fachbezogener Vertretung des Beklagten gegenüber Dritten zu beschäftigen.
Hiergegen richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision des Beklagten, der weiterhin die Abweisung der Klage verfolgt. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen mit der Maßgabe, daß die Beschäftigungspflicht des Beklagten festgestellt wird.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
A. I. Der nunmehr in der Revision gestellte Feststellungsantrag ist nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Er ist gerichtet auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses, nämlich auf den Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf vertragsgerechte Beschäftigung. Für diesen Antrag besteht das erforderliche rechtlich geschützte Interesse; er ist nicht ausschließlich vergangenheitsbezogen (vgl. hierzu BAG 3. März 1999 – 5 AZR 275/98 – AP ZPO § 256 1977 Nr. 53 = EzA ZPO § 256 Nr. 50 mwN). Mit dem Urteil sollen die Berechtigung der Freistellung des Klägers und die davon abhängigen Entgeltansprüche geklärt werden.
II. Der vom Kläger in der Revisionsinstanz vorgenommene Wechsel von der Leistungsklage zur Feststellungsklage ist zulässig; eine Änderung der tatsächlichen Grundlage des Klagevorbringens ist damit nicht verbunden (vgl. BGH 28. Februar 1991 – I ZR 94/89 – NJW-RR 1991, 1136; BAG 3. September 1986 – 4 AZR 355/85 – BAGE 53, 8). Hier wird mit der Umstellung insbesondere dem Umstand Rechnung getragen, daß der Beklagte nicht rückwirkend zur Beschäftigung des Klägers verurteilt werden kann. Ein aufrechterhaltener Leistungsantrag zielte nämlich auf eine rechtlich unmögliche Leistung, die zur Unbegründetheit der Klage führen würde (vgl. BAG 13. Juni 1985 – 2 AZR 410/84 – AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 19 = EzA BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 10; s. auch die st. Rspr. des Siebten Senats zum Wiedereinstellungsanspruch 23. Februar 2000 – 7 AZR 891/98 – AP MTL II § 62 Nr. 1 = EzA TVG § 4 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 1 mwN).
B. In der Sache hat die Revision des Beklagten Erfolg.
I. Das Bundesarbeitsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß der Arbeitnehmer im unangefochten bestehenden Arbeitsverhältnis einen Anspruch gegen den Arbeitgeber hat, entsprechend seinem Arbeitsvertrag auch wirklich vom Arbeitgeber beschäftigt zu werden (vgl. BAG – GS 1/84 – 27. Februar 1985 BAGE 48, 122). Der Arbeitgeber ist nicht nur Schuldner der vereinbarten Vergütung, sondern er hat den Arbeitnehmer auch vertragsgerecht zu beschäftigen.
Der Beschäftigungsanspruch entfällt, wenn dem Arbeitgeber die tatsächliche Entgegennahme der Arbeitsleistung nicht möglich ist (vgl. BAG 4. September 1985 – 5 AZR 90/84 – nv.; 18. März 1999 – 8 AZR 344/98 – ZTR 1999, 516). Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist nicht zu entscheiden. Der Beklagte macht nicht geltend, die Beschäftigung des Klägers als Abteilungsleiter sei ihm objektiv unmöglich.
II. Nach dem Vorbringen des Beklagten kann der Beschäftigungsanspruch auf Grund der Freistellung des Klägers nach § 8 a Abs. 7 TV Vorruhestand entfallen sein.
1. Das Landesarbeitsgericht hat offen gelassen, ob auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die für den Beklagten geltenden Tarifverträge anzuwenden sind. Das ist entgegen der Auffassung des Klägers zu bejahen.
a) Nach § 2 des Arbeitsvertrags ist „der für den Südwestfunk geltende Tarifvertrag” Bestandteil des Arbeitsvertrags. Die Vorschrift enthält damit keine ausdrückliche sog. Jeweiligkeitsklausel. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann bei fehlender Angabe einer konkret nach Datum festgelegten Fassung des in Bezug genommenen Tarifvertrags regelmäßig angenommen werden, der Tarifvertrag solle in der jeweiligen Fassung gelten (vgl. BAG 20. März 1991 – 4 AZR 455/90 – BAGE 67, 330 = AP TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 20 mit insoweit zustimmender Anm. Hanau/Kania). Hier gilt nichts anderes. Der Arbeitsvertrag ist ersichtlich ein Formularvertrag, den der SWF verwendet hat, um die Arbeitsverhältnisse einheitlich auf der Grundlage des von ihm als Tarifvertragspartei (§ 2 Abs. 1 TVG) geschlossenen Haustarifvertrags zu regeln. Eine solche Bezugnahme dient der Gleichstellung der nicht organisierten und organisierten Beschäftigten (vgl. BAG 28. Juni 2001 – 6 AZR 114/00 – EzA TVG § 4 Beschäftigungssicherung Nr. 7). Sie erfaßt als sog. dynamische Verweisung regelmäßig sämtliche Tarifverträge, auch wenn in dem Arbeitsvertragstext nur von „dem” Tarifvertrag die Rede ist (vgl. Gamillscheg Kollektives Arbeitsrecht Bd. I S 737). Bestätigt wird dieses Verständnis durch Satz 2 der Bezugnahmeklausel. Wenn es dort heißt, der Inhalt des Tarifvertrags bleibe im Fall seiner Kündigung bis zu einer neuen Abmachung gültig, ist damit gemeint, die „neue Abmachung” solle an die Stelle des bisherigen Tarifvertrags treten.
b) Nach § 41 Abs. 1 Satz 4 des Staatsvertrags sind die Arbeitsverhältnisse der bei dem Südwestfunk Baden-Baden (SWF) bestehenden Arbeitsverhältnisse auf den Beklagten als Gesamtrechtsnachfolger mit Wirkung zum 1. Oktober 1998 übergegangen. Damit besteht das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zu den Bedingungen fort, wie sie für das Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem SWF gegolten haben. Eine solche Gesamtrechtsnachfolge erfaßt auch § 2 des Arbeitsvertrags und führt mithin zur Anwendung der für den Beklagten geltenden Tarifverträge (vgl. Senat 8. Mai 2001 – 9 AZR 95/00 – AP BGB § 613 a Nr. 219 = EzA BGB § 613 a Nr. 198).
c) Die Anwendung von § 8 a Abs. 7 TV Vorruhestand ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht deshalb ausgeschlossen, weil er eine überraschende und von ihm nicht vorhersehbare Regelung enthält. Im Schrifttum wird angenommen, dynamische Verweisungen erfaßten solche Änderungen nicht (Löwisch NZA 1985, 170; Oetker in: Wiedemann TVG 6. Aufl. § 3 Rn. 247; Löwisch/Rieble TVG § 3 Rn. 127; aA Etzel NZA 1987 Beilage 1, 19; Gamillscheg Kollektives Arbeitsrecht Bd. I S 737; Kania NZA 2000 Beilage 3 S 45). Auch wenn ein Schutz der Arbeitsvertragsparteien vor schlechterdings nicht voraussehbaren oder billigerweise nicht erwarteter Klauseln grundsätzlich zu bejahen ist (vgl. hierzu BAG 28. Juni 2001 – 6 AZR 114/00 – aaO), kann das nur für einen Verbandstarifvertrag gelten, nicht aber für einen Haustarifvertrag. Bei einem Haustarifvertrag kann der nicht organisierte Arbeitnehmer nicht erwarten, der Arbeitgeber werde ihn hinsichtlich der von ihm selbst als Tarifvertragspartei vereinbarten Tarifklauseln anders oder besser als die nach § 3 Abs. 1 TVG tarifgebundenen Arbeitnehmer behandeln, auf deren Arbeitsverhältnisse nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG die Inhaltsnormen des Tarifvertrags unmittelbar und zwingend anzuwenden sind.
2. Der danach für das Arbeitsverhältnis der Parteien maßgebliche § 8 a Abs. 7 TV Vorruhestand berechtigt den Beklagten unter den in der Vorschrift näher bestimmten Voraussetzungen zur Freistellung von Arbeitnehmern auch gegen deren Willen.
a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, nach der gesamten Konzeption des Vorruhestandstarifvertrags werde auch für eine danach mögliche einseitige Freistellung des Arbeitnehmers vorausgesetzt, daß der Arbeitnehmer mit seinem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis wegen Inanspruchnahme des Vorruhestandes überhaupt einverstanden sei.
b) Diese Auslegung ist revisionsrechtlich voll überprüfbar. Der Senat stimmt ihr nicht zu.
aa) Der Begriff Freistellung hat entgegen der Meinung des Beklagten keinen allgemein gültigen Inhalt. Üblicherweise wird er zwar für die vom Arbeitgeber einseitig verfügten Arbeitsbefreiung verwendet. Er wird aber auch im Zusammenhang mit Aufhebungsverträgen gebraucht und kennzeichnet dann den einvernehmlichen Wegfall der Arbeitspflicht iS. eines Erlaßvertrages nach § 397 BGB (vgl. Senat 9. Juni 1998 – 9 AZR 43/97 – BAGE 89, 91). Gesetzliche Ansprüche auf Freistellung haben etwa der Betriebsrat nach § 38 BetrVG oder Jugendliche nach §§ 9, 10 JArbSchG. Mit welchem Inhalt der Begriff „Freistellung” zu verstehen ist, läßt sich deshalb nur aus dem Zusammenhang der jeweiligen Vorschrift ermitteln.
bb) Danach begründet § 8 a Abs. 7 TV Vorruhestand ein einseitiges Suspendierungsrecht des Beklagten.
(1) In Satz 1 wird allein ein Recht des Beklagten angesprochen: Er kann den Arbeitnehmer freistellen. Dessen Einvernehmen ist nicht erforderlich. Bestätigt wird dieses Verständnis durch die sonst im Tarifvertrag benutzte Wortwahl. So gebrauchen die Tarifvertragsparteien für den auf Antrag des Arbeitnehmers erfolgenden Vorruhestand den Begriff „gewähren”. Auch der vorgezogene Vorruhestand, den der Arbeitnehmer nach § 8 a Abs. 2 TV Vorruhestand beantragt hat, wird „gewährt”. Wenn die Tarifvertragsparteien statt dessen in § 8 a Abs. 7 TV Vorruhestand von „freistellen” sprechen, so grenzen sie diese Form der Arbeitsbefreiung von der im übrigen nach dem Tarifvertrag nur einvernehmlichen Gewährung von Vorruhestand und vorgezogenem Vorruhestand ab.
(2) Hierfür spricht außerdem der Umstand, daß die Tarifvertragsparteien die Voraussetzungen geregelt haben, unter denen der Beklagte Arbeitnehmer freistellen darf. Das wäre nicht erforderlich, wenn die Tarifvertragsparteien nur die Selbstverständlichkeit geregelt hätten, daß die Parteien außerhalb der durch Gesetz oder Tarifvertrag bestehenden Bindungen frei sind, den Inhalt ihres Arbeitsvertrags zu bestimmen. Die Befugnis des Arbeitgebers zur „Freistellung” wird deshalb an die Erfüllung der im Tarifvertrag genannten Merkmale gebunden, nämlich an den in Abs. 4 genannten Zeitraum, in dem der bisherige Arbeitsplatz des Arbeitnehmers weggefallen sein muß und persönlich an die Altersgrenze des Arbeitnehmers von mindestens 57 Jahren. Hätten die Tarifvertragsparteien das Recht des Beklagten zur einseitigen Freistellung des in § 8 a TV Vorruhestand geregelten „vorgezogenen Vorruhestand” zusätzlich von der freiwilligen Inanspruchnahme des Vorruhestandes abhängig machen wollen, hätte nichts näher gelegen, als dies ausdrücklich in der Norm festzuschreiben. Das ist unterblieben.
(3) Die Tarifvertragsparteien haben in § 8 a Abs. 7 TV Vorruhestand nicht auf die vorangestellten Absätze 2 bis 4 Bezug genommen, wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat, sondern nur auf den „Zeitraum nach Abs. 4”, also auf die Zeit vom 1. Oktober 1998 bis 31. Dezember 2000. Das macht auch Sinn. Nach § 8 a Abs. 1 TV Vorruhestand soll der vorgezogene Vorruhestand die Folgen der Neugründung des Beklagten sozialverträglich flankieren. Dementsprechend beginnt er mit dem Tag der Überleitung der Arbeitsverhältnisse auf den Beklagten und knüpft damit an die bereits vorbereiteten und zum 1. Oktober 1998 umgesetzten Maßnahmen zum Abbau der Doppelstrukturen an, die zwangsläufig zum Wegfall bisheriger Arbeitsplätze führen mußten. Er endet mit dem Datum, zu dem der vom Beklagten erklärte Kündigungsverzicht ausläuft. Das läßt nur den Schluß zu, daß dem Beklagten mit dem Freistellungsrecht für diese Übergangszeit ein Instrument zur Personalsteuerung an die Hand gegeben worden ist. Der Kündigungsverzicht sollte, wie der Beklagte zutreffend geltend macht, durch die Freistellungsmöglichkeit kompensiert werden.
(4) Das Landesarbeitsgericht hat seine abweichende Auffassung auf § 8 a Abs. 7 Satz 2 TV Vorruhestand gestützt. Wenn es dort heiße, bei Freistellung würden 75 % der bisherigen Vergütung solange fortentrichtet, bis die Voraussetzungen zur Inanspruchnahme des Vorruhestands gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 vorlägen, setze das zwingend voraus, daß der Arbeitnehmer überhaupt Vorruhestand beantragt habe. Diese Schlußfolgerung ist unzutreffend. Sie ergibt sich nicht aus der in Bezug genommenen Bestimmung.
§ 8 a Abs. 7 Satz 2 TV Vorruhestand betrifft bereits nach seinem Wortlaut nicht die Voraussetzungen der Freistellung. Das macht die Formulierung „in diesem Fall” deutlich. Sie knüpft an eine nach Satz 1 erfolgte Freistellung an. Satz 2 regelt dementsprechend die Rechtsfolgen, die sich für den Arbeitnehmer aus der Freistellung hinsichtlich seiner Entgeltansprüche ergeben, nämlich die Fortzahlung von 75 % der bisherigen Vergütung. Begrenzt wird diese Entgeltpflicht durch den in § 3 Abs. 1 Satz 1 TV Vorruhestand geregelten frühesten Beginn des „gewährten” Vorruhestands. In Bezug genommen ist also nur das Datum, zu dem der Vorruhestand beginnt. Hat der freigestellte Arbeitnehmer Vorruhestand beantragt, setzen mit dem vereinbarten Beginn des Vorruhestandes die nach dem Tarifvertrag vom Beklagten geschuldeten Vorruhestandsbezüge ein. Hat der Arbeitnehmer dagegen – wie hier der Kläger – keinen Vorruhestand beantragt, kann er auch nicht „gewährt” werden. Der Anspruch auf Fortzahlung von 75 % der bisherigen Gesamtvergütung besteht dann grundsätzlich bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
(5) Der Umstand, daß die Tarifvertragsparteien über die Fassung des § 8 a TV Vorruhestand im Dezember 2000 verhandelt und ohne die hier umstrittene Klausel des § 8 a Abs. 7 mit Wirkung zum 1. Januar 2001 in Kraft gesetzt haben, rechtfertigt entgegen der Auffassung des Klägers keine andere Auslegung. Die bisherige Regelung ist durch Zeitablauf überholt, da sie nur Freistellungen betrifft, die auf einem Wegfall des Arbeitsplatzes bis 31. Dezember 2000 beruhten. Nur bis zu diesem Zeitpunkt wirkt auch der von dem Beklagten erklärte Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen.
3. § 8 a Abs. 7 TV Vorruhestand ist nicht wegen fehlender Bestimmtheit unwirksam.
a) Tarifvertragliche Regelungen, die dem Arbeitgeber das Recht zur einseitigen Änderung des Arbeitsvertrags einräumen, sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zulässig (vgl. BAG 26. Juni 1985 – 4 AZR 585/83 – BAGE 49, 125; 22. Mai 1985 – 4 AZR 427/83 – BAGE 48, 351 und – 4 AZR 88/84 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bundesbahn Nr. 6). Sie setzen voraus, daß die Tarifvertragsparteien selbst die Merkmale festlegen, unter denen der Arbeitgeber zum einseitigen Eingriff in die Arbeitsbedingungen befugt ist. Eine Regelung, die den Arbeitgeber ermächtigt, zu einem von ihm bestimmten beliebigen Zeitpunkt und in einem von ihm bestimmten Umfang den Beschäftigungs- und Lohnanspruch des Arbeitnehmers auf unbestimmte Zeit zu verkürzen oder ganz auszuschließen, ist deshalb regelmäßig dann unwirksam, wenn der Arbeitgeber ohne die Tarifnorm die Arbeitsbedingungen nur durch Kündigung oder im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer ändern könnte (vgl. BAG 27. Januar 1994 – 6 AZR 541/93 – BAGE 75, 327; 18. Oktober 1994 – 1 AZR 503/93 – AP BGB § 615 Kurzarbeit Nr. 11 = EzA BGB § 615 Kurzarbeit Nr. 2).
b) Eine solche unzulässige Dispositionsbefugnis über den Inhalt der auf ihn zum 1. Oktober 1998 übergeleiteten Arbeitsverhältnisse ist dem Beklagten mit § 8 a Abs. 7 TV Vorruhestand nicht eingeräumt; die Voraussetzungen der Freistellung sind in der Tarifvorschrift selbst bestimmt und entgegen der Auffassung des Klägers ist eine darauf gestützte Freistellung auch gerichtlich überprüfbar.
aa) Der „bisherige Arbeitsplatz” muß weggefallen sein. Nicht näher erläutert wird zwar, wann von einem Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes auszugehen ist. Das ist aber unschädlich. Ersichtlich haben die Tarifvertragsparteien damit auf die Schwierigkeiten in der Personalbewirtschaftung abgezielt, die sich aus der Zusammenführung der Rundfunkanstalten und aus der Umsetzung der in § 8 a Abs. 1 TV Vorruhestand genannten Organisationsmaßnahmen – Abbau von Doppelstrukturen und Erreichung eines Zielstellenplans – ergeben. Nicht gemeint ist daher, es genüge der Wegfall eines konkreten, in einem bestimmten Bereich der bisherigen Anstalten angesiedelten Arbeitsplatzes, der nunmehr einer anderen Organisationseinheit zugeordnet wird, auf der die nämlichen Arbeitsaufgaben zu erledigen sind. Der „bisherige” Arbeitsplatz entfällt vielmehr, wenn die an dem Arbeitsplatz zu erledigenden Arbeitsaufgaben infolge der Umstrukturierung anders verteilt werden und deshalb kein Bedürfnis nach der Beschäftigung des Arbeitnehmers mehr besteht. Maßgebend sind danach die Umstände des Einzelfalls. So entfällt zwar uU nicht der Arbeitsplatz des in einer aufgelösten Abteilung tätigen Sachbearbeiters, wohl aber der des Leiters dieser Abteilung, wenn deren Aufgaben auf andere Abteilungen verlagert werden.
bb) Die danach zu ergreifende Personalmaßnahme wird dem Beklagten nicht zeitlich unbeschränkt ermöglicht. Der Arbeitsplatz muß zwischen dem 1. Oktober 1998 und dem 31. Dezember 2000 entfallen sein.
cc) Dem Beklagten ist außerdem vorgegeben, welcher Personenkreis freigestellt werden darf. Das sind Arbeitnehmer ab Vollendung des 57. Lebensjahres.
dd) Die Klausel begegnet auch nicht deshalb Bedenken, weil es in das Ermessen des Beklagten gestellt ist, bei Erfüllung der Tatbestandsmerkmale den Arbeitnehmer freizustellen. Dem Gebot der für tarifvertragliche Bestimmungsklauseln geltenden Grundsätze von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit wird in hinreichender Weise Rechnung getragen (vgl. hierzu BAG 28. November 1984 – 5 AZR 123/83 – BAGE 47, 238 und – 5 AZR 195/83 – AP TVG § 4 Bestimmungsrecht Nr. 2 mit zust. Anm. Wiedemann = EzA TVG § 4 Rundfunk Nr. 12). Dem Beklagten ist mit der „Kann-Regelung” keine willkürliche Handhabung seiner Freistellungsbefugnis überlassen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, von der im Zweifel auch die Tarifvertragsparteien ausgehen, hat der Arbeitgeber, der den Inhalt des Arbeitsverhältnisses einseitig bestimmen kann, die Grundsätze billigen Ermessens nach dem Maßstab des § 315 BGB zu beachten (vgl. BAG 8. September 1994 – 6 AZR 254/94 – AP BGB § 611 Fleischbeschauer Nr. 18; 3. November 1999 – 7 AZR 898/98 – AP BGB § 611 Bühnenengagementsvertrag Nr. 54 = EzA TVG § 4 Bühnen Nr. 7; 15. November 2000 – 5 AZR 365/99 – BAGE 96, 228). Zwar können die Tarifvertragsparteien dem Arbeitgeber auch sog. „freies Ermessen” einräumen. Dazu bedarf es aber besonderer Anhalte im Tarifvertrag (vgl. BAG 30. August 2000 – 4 AZR 560/99 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 172). Solche fehlen hier.
4. Die dem Beklagten eingeräumte Freistellungsbefugnis ist entgegen der Auffassung des Klägers auch im übrigen rechtswirksam. Sie verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
a) Der Kläger macht zunächst zutreffend geltend, daß die Freistellung in die nach Art. 12 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit des Arbeitnehmers eingreift. Dieser Eingriff ist auch nachhaltig. Dem freigestellten Arbeitnehmer wird angesonnen, sein aktives Berufsleben aufzugeben und unfreiwillig einen vorgezogenen Vorruhestand anzutreten. Durch die Fortzahlung des Entgelts von 75 % wird die erzwungene Freistellung allein nicht kompensiert. Sie trifft den Arbeitnehmer auch in seinem Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit.
b) Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantiert die freie Wahl des Arbeitsplatzes. Diese bezieht sich sowohl auf die Entscheidung für eine konkrete Beschäftigung als auch auf den Willen des Arbeitnehmers, diese beizubehalten oder aufzugeben. Das Grundrecht verleiht zwar keine Bestandsgarantie für den einmal gewählten Arbeitsplatz. Dem Staat obliegt aber eine aus Art. 12 Abs. 1 GG folgende Schutzpflicht. Diese hat der Gesetzgeber mit dem geltenden Kündigungsschutzrecht erfüllt (BVerfG 24. April 1991 – 1 BvR 1341/90 – BverfGE 84, 133). Ein gesetzlicher Mindeststandard ist danach grundgesetzlich gewährleistet. Ihn dürfen auch die Tarifvertragsparteien bei der Schaffung von Rechtsnormen nach § 1 TVG nicht unterschreiten. Regelungen, die den Kündigungsschutz beschränken, müssen deshalb die ihm zugrunde liegenden Wertentscheidungen respektieren und sachlich begründet sein. Dieser erfaßt nach Maßgabe von § 2 KSchG auch den Schutz vor einseitig vom Arbeitgeber verfügten inhaltlichen Änderungen. Verboten sind Regelungen, die mit dem durch das KSchG gewährleisteten Schutz nicht mehr vereinbar sind. Die Kontrolle, ob der Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG durch die Tarifvertragsparteien in Ausübung ihres kollektiven Grundrechts aus Art. 9 Abs. 3 GG gerechtfertigt ist, obliegt den Gerichten für Arbeitssachen (vgl. zu tarifvertraglichen Altersgrenzen BAG 25. Februar 1998 – 7 AZR 641/96 – BAGE 88, 118 und 11. März 1998 – 7 AZR 700/96 – BAGE 88, 162).
c) Ob die Tarifvertragsparteien wegen des in dem Verbandsbeitritt oder wegen des in der einzelvertraglichen Übernahme des Tarifvertrags liegenden Grundrechtsverzichts bis zur Grenze des „Unerträglichen” (Erfk/Dieterich 2. Aufl. Einl. GG Rn. 47, 64, 67) in die Berufsfreiheit eingreifen dürfen oder ob die Abwägung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfolgen muß und es dann ausreicht, wenn die Tarifvertragsparteien einem Grundrechtseingriff eine „Gegenleistung” des hierdurch Begünstigten gegenüber gestellt haben (so BAG 25. Oktober 2000 – 4 AZR 438/99 – BAGE 96, 168) ist nicht abschließend zu entscheiden (vgl. auch BAG 28. Juni 2001 – 6 AZR 114/00 – aaO). Die Regelung erweist sich unter Berücksichtigung der Wertentscheidungen des Kündigungsschutzes als rechtswirksam.
aa) Der in § 8 a Abs. 7 TV Vorruhestand verlangte Wegfall des Arbeitsplatzes ist ein Grund, der regelmäßig zum Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung oder einer Änderungskündigung nach § 1 und § 2 KSchG berechtigt. Die soziale Rechtfertigung hängt nicht davon ab, ob der Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses durch eine vom Arbeitgeber getroffene Rationalisierung veranlaßt ist. Ihm steht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bis zur Willkürgrenze frei, unternehmerische Entscheidungen zu treffen, die den Bedarf an Beschäftigung entfallen lassen (vgl. nur BAG 7. Dezember 2000 – 2 AZR 391/99 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 113). Auch lange Betriebszugehörigkeit oder fortgeschrittenes Alter allein schützen entgegen der Auffassung des Klägers regelmäßig nicht vor einem Verlust des Arbeitsplatzes auf Grund betriebsbedinger Kündigung.
bb) Der manteltarifvertraglich in TZ 253.11 MTV SWR vereinbarte Schutz vor ordentlicher Kündigung und die Beschränkungen betriebsbedingter Änderungskündigungen nach Maßgabe der TZ 252.3 MTV SWR bei Rationalisierungsschutzmaßnahmen ist für die Frage der Wirksamkeit der Tarifnorm entgegen der Meinung des Klägers ohne Bedeutung. Die Tarifvertragsparteien können bestehende tarifliche Regelungen auch zum Nachteil der Arbeitnehmer verändern oder – wie hier – für einen bestimmten Zeitraum modifizieren. Das vom Kläger in diesem Zusammenhang bemühte Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG greift nicht.
cc) Die Tarifvertragsparteien haben durch die Bindung der Freistellungsbefugnis des Beklagten an billiges Ermessen auch den nach § 1 Abs. 3 KSchG zu berücksichtigenden sozialen Gesichtspunkten ausreichend Rechnung getragen. Der Beklagte ist zwar bei seiner Entscheidung, ob er bei Wegfall von Arbeitsplätzen und gleichzeitiger Neueinrichtung in ihrer tariflichen Wertigkeit vergleichbarer Arbeitsplätze und deren Besetzung in seiner Auswahlentscheidung nicht an den dort bestimmten Katalog gebunden. Er darf aber soziale Gesichtspunkte nicht gänzlich unberücksichtigt lassen.
dd) Das von den Tarifvertragsparteien zur Bewältigung der sich aus der Fusion der Senderanstalten und der Neugründung des Beklagten gewählte Suspendierungsrecht des Beklagten bei Fortzahlung von 75 % der bisherigen Vergütung ist auch verhältnismäßig in dem Sinne, daß es erforderlich, aber auch geeignet ist, den Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der betroffenen Arbeitnehmer zu rechtfertigen. Der mit dem vorgezogenen Vorruhestand verfolgte Zweck, insbesondere der in § 8 a Abs. 1 TV Vorruhestand angesprochene Abbau von Doppelstrukturen, ließ sich ohne Reduzierung des vorhandenen Personals nicht erreichen.
(1) Alternativ zum Freistellungsrecht wäre eine auf die Umstellungsphase abgestimmte Regelung mit betriebsbedingten Kündigungen und Zahlung von Abfindungen in Betracht gekommen. Dabei hätte der Gleichbehandlungsgrundsatz zwar eine sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen gegenüber anderen in vergleichbarer Lage verboten. Die Tarifvertragsparteien hätten aber Regelungen zur sozialen Auswahl nach § 1 Abs. 4 KSchG und über das Ob und das Wie einer Abfindung an der wirtschaftlichen Absicherung des Arbeitnehmers ausrichten können, etwa daran, daß der Arbeitnehmer vorgezogenes Altersruhegeld in Anspruch nehmen kann (st. Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Sozialplan vgl. BAG 26. Juli 1988 – 1 AZR 156/87 – AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 45 = EzA BetrVG 1972 § 112 Nr. 43; 3. August 1999 – 1 AZR 677/98 – mwN, nv.). Eine solche Einbuße müßte der Arbeitnehmer hinnehmen. Das muten die Tarifvertragsparteien mit der Freistellung dem Arbeitnehmer nicht zu. Er wird zwar in seinem Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit beeinträchtigt, weil der Beklagte berechtigt wird, dem Arbeitnehmer künftig kein berufliches Betätigungsfeld zur Verfügung zu stellen. Durch die Freistellung gewinnt der Arbeitnehmer aber auch an Freiheit, sich ohne Bindung an Arbeitszeiten und Arbeitspflichten in jeder beliebigen Weise zu betätigen. Die vom Beklagten geschuldete Fortzahlung der bisherigen Gesamtvergütung von 75 % sichert zudem regelmäßig seine wirtschaftliche Existenz.
(2) Bedenken sind auch nicht deswegen angebracht, weil die Regelung an die Vollendung des 57. Lebensjahres gewählten Mindestalters anknüpft. Der vom Kläger herangezogenen Vergleich zu § 41 Abs. 4 SGB VI aF geht schon deshalb fehl, weil die sozialrechtliche Vorschrift die Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraussetzte, die auf Grund der tarifvertraglichen Regelung gerade nicht eintritt. Die Anknüpfung an die Altersgruppe ab 57 Jahre rechtfertigt sich aus der vom Beklagten geltend gemachten und vom Kläger auch nicht angezweifelten Erwägung, daß die betroffene Altersgruppe regelmäßig das tarifliche Endgehalt der jeweiligen Laufbahngruppe erhält und deshalb die Minderung um 25 % sich im Effektivgehalt weniger auswirkt als bei Arbeitnehmern mit geringerer Endvergütung. Auch konnten die Tarifvertragsparteien bei der gebotenen typisierenden Betrachtung in Rechnung stellen, daß Altersteilzeitmodelle vielfach (zB nach dem Tarifvertrag Vorruhestand im öffentlichen Dienst) an die Vollendung des 55. Lebensjahres anknüpfen und das vorzeitige Ausscheiden aus dem aktiven Berufsleben oft den Interessen des Arbeitnehmers entspricht.
5. Die Wirksamkeit der Freistellung scheitert entgegen der Auffassung des Klägers nicht an einer fehlenden Beteiligung des Personalrats.
a) Das Personalvertretungsrecht des Landes gilt nach § 98 LPVG BW vorbehaltlich des hier nicht einschlägigen § 103 LPVG BW auch für die Beschäftigten des Beklagten. Mitbestimmungs- oder Mitwirkungsrechte des beim Beklagten gebildeten Personalrats bestehen bei Freistellungen nicht. Dem Mitbestimmungsrecht des § 77 LPVG BW unterliegen Kündigungen, also einseitig vom Arbeitgeber auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtete Erklärungen. Der Beklagte hat das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt.
b) Mitwirkungsrechte des Personalrats, deren Nichtbeachtung zur Unwirksamkeit der Freistellung führen könnten, ergeben sich auch nicht aus der vom Kläger angeführten Vorschrift des § 80 Abs. 1 Nr. 5 LPVG BW. Sie betrifft Disziplinarverfügungen und mißbilligende Äußerungen gegenüber Beamten.
6. Die vom Kläger verlangte „Prüfung”, ob „Herr B.” zur Abgabe von Freistellungserklärungen befugt ist, hat das Landesarbeitsgericht zu Recht unterlassen. Die Freistellungsschreiben sind von dem Verwaltungsdirektor unterzeichnet, der nach § 30 Abs. 1 des Staatsvertrags Mitglied der Geschäftsleitung und nach Art. 20 Abs. 3 der Satzung des Beklagten vom 20. April 1998 in seinem Geschäftsbereich vertretungsbefugt ist.
III. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Der Beklagte hat zwar vorgetragen, aus welchen Gründen er die Bewerbung des Klägers bei der Besetzung der beiden Abteilungsleiterstellen nicht berücksichtigt hat und auch die Umstände benannt, die ihn zur Freistellung des Klägers bewogen haben. Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hierzu fehlen aber. Der Senat kann daher nicht prüfen, ob der Beklagte bei der Freistellung des Klägers billiges Ermessen gewahrt hat. Das Landesarbeitsgericht wird die gebotene Interessenabwägung nunmehr vorzunehmen haben.
Unterschriften
Düwell, Zwanziger, Reinecke, Vermerk: Die ehrenamtliche Richterin Benz ist ausgeschieden. Sie ist nach Ablauf ihrer Amtszeit an der Unterschrift verhindert. Düwell, Starke
Fundstellen
BAGE, 339 |
BB 2002, 2018 |
DB 2002, 2054 |
ARST 2003, 91 |
NZA 2002, 1099 |
SAE 2003, 93 |
ZTR 2002, 581 |
AP, 0 |
EzA-SD 2002, 14 |
EzA |
RiA 2003, 117 |
AUR 2002, 358 |
BAGReport 2002, 366 |
SPA 2002, 5 |