Entscheidungsstichwort (Thema)
Feiertagszuschläge im Gebäudereinigungshandwerk
Leitsatz (redaktionell)
1. Für Arbeiten am Ostersonntag steht nach § 9 Ziffer 2 Buchstabe e Rahmentarifvertrag für das Gebäudereiniger- Handwerk vom 17. Juli 1984 (RTV) ein Zuschlag von 200vH zum Stundenlohn zu.
2. Der Zuschlag ermäßigt sich jedoch nach Buchstabe g der Tarifnorm auf 100vH, wenn es sich um Arbeiten handelt, die "durch den Auftrag bedingt laufend verrichtet werden".
3. Dabei ist nicht auf die Rechtsbeziehungen der Arbeitsvertragsparteien, sondern den jeweiligen Kundenauftrag abzustellen. Die Ermäßigung des Zuschlags findet daher auch dann statt, wenn von einem Betrieb des Gebäudereinigungshandwerks aufgrund der mit dem Krankenhausträger getroffenen Vereinbarungen durchgehend Reinigungsarbeiten in einem Krankenhaus zu leisten sind.
Normenkette
TVG § 1
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 26.02.1986; Aktenzeichen 15 Sa 1656/85) |
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 25.09.1985; Aktenzeichen 10 Ca 3810/85) |
Tatbestand
Die Klägerin ist bei der Beklagten seit 21. Februar 1985 als Gebäudereinigerin beschäftigt. Sie wird in einem Krankenhaus eingesetzt, zu dessen täglicher Reinigung die Beklagte vertraglich verpflichtet ist. Die Klägerin arbeitet in jeder zweiten Woche 40 Stunden, die übrigen Wochen sind arbeitsfrei. Seit 1. April 1985 erhält die Klägerin einen Stundenlohn von DM 9,09 brutto nach dem allgemeinverbindlich erklärten Rahmentarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk vom 17. Juli 1984 (RTV).
Im April 1985 war nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien die Woche vom 1. April bis 7. April 1985 für die Klägerin arbeitsfrei. Auf Aufforderung der Beklagten arbeitete die Klägerin jedoch auch am Karsamstag, dem 6. April 1985, und am Ostersonntag, dem 7. April 1985, je sieben Stunden. Für die Arbeit am 6. April 1985 zahlte die Beklagte der Klägerin keinen Zuschlag, für die Arbeit am Ostersonntag zahlte die Beklagte einen Zuschlag zum Stundenlohn von 100 v.H..
Die Klägerin hat für den 6. April 1985 einen Zuschlag von 25 v.H. zu ihrem Stundenlohn - das sind rechnerisch unstreitig DM 15,90 brutto - und für den Ostersonntag einen weiteren Zuschlag von 100 v.H. zum Stundenlohn - das sind rechnerisch unstreitig DM 63,63 brutto - gegen die Beklagte geltend gemacht. Hierzu hat sie vorgetragen, da der 6. April 1985 für sie nach den vertraglichen Absprachen der Parteien arbeitsfrei gewesen wäre, sei die Tätigkeit am 6. April 1985 Mehrarbeit gewesen, die die Beklagte nach § 9 Ziff. 2 a des Rahmentarifvertrags für das Gebäudereinigerhandwerk mit einem Zuschlag von 25 v.H. zum Stundenlohn vergüten müsse. Für die am Ostersonntag geleistete Arbeit stehe ihr nach § 9 Ziff. 2 e RTV ein Zuschlag von 200 v.H. zum Stundenlohn zu.
Die Klägerin hat demgemäß beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Kläge-
rin DM 79,53 brutto nebst 4 % Zinsen seit
Rechtshängigkeit (20. Juni 1985) zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, die Klägerin arbeite rechnerisch in einer 20-Stunden-Woche, da jede zweite Woche arbeitsfrei sei. Infolgedessen sei die Tätigkeit am 6. April 1985 keine Mehrarbeit. Für die von der Klägerin am Ostersonntag geleistete Schicht stehe ihr nach § 9 Ziff. 2 g RTV nur ein Zuschlag von 100 v.H. zum Stundenlohn zu, da es sich hierbei um Arbeiten gehandelt habe, die an gleicher Arbeitsstelle durch den der Beklagten erteilten Kundenauftrag bedingt laufend zu verrichten gewesen seien.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin nur noch ihren auf den Feiertagszuschlag gerichteten Klageantrag in Höhe von DM 63,63 brutto unter Beschränkung des Zinsanspruchs auf den Nettobetrag seit 20. Juni 1985 weiter. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage - soweit sie in der Revisionsinstanz noch anhängig ist - mit Recht abgewiesen. Die Klägerin kann von der Beklagten für ihre Tätigkeit am Ostersonntag (7. April 1985) keinen weiteren Feiertagszuschlag in Höhe von DM 63,63 brutto nebst Zinsen verlangen. Denn ihr steht nach der tariflichen Regelung nur ein Feiertagszuschlag von 100 v.H. zu.
Alleinige Anspruchsgrundlage für den Feiertagszuschlag der Klägerin ist der allgemeinverbindliche Rahmentarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk vom 17. Juli 1984 (RTV), der kraft Allgemeinverbindlichkeit mit unmittelbarer und zwingender Wirkung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet (§ 5 Abs. 4, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG).
Demgemäß sind für die Klageforderung folgende Vorschriften des § 9 RTV heranzuziehen:
Zuschläge
---------
1. Die Zuschläge sind aus dem Stundenlohn zu be-
rechnen.
2. Die Zuschläge betragen:
.....
d) für Arbeit an Sonntagen sowie an
gesetzlichen Feiertagen, sofern
diese auf einen Sonntag fallen 100 v.H.,
e) für Arbeiten am Neujahrstag, am
Oster- und am Pfingstsonntag, am
1. Mai und an den Weihnachts-
feiertagen, auch wenn diese auf
einen Sonntag fallen 200 v.H.,
f) für Arbeiten an allen übrigen
gesetzlichen Feiertagen, sofern
diese nicht auf einen Sonntag
fallen 150 v.H.,
g) bei Sonn- und Feiertagsarbeiten,
die an gleicher Arbeitsstelle
durch den Auftrag bedingt lau-
fend verrichtet werden, ist je-
weils ein Zuschlag von 100 v.H.
zu zahlen.
Der Feiertagszuschlag für die Tätigkeit der Klägerin am Ostersonntag beträgt gemäß § 9 Ziff. 2 g RTV 100 v.H. zum Stundenlohn. Nach § 9 Ziff. 2 e RTV steht der Klägerin zwar für Arbeiten am Ostersonntag ein Zuschlag von 200 v.H. vom Stundenlohn zu. Nach dem für die Tarifauslegung maßgebenden Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelung (BAG 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung) wird die Vorschrift des § 9 Ziff. 2 e RTV jedoch durch § 9 Ziff. 2 g RTV eingeschränkt. Danach ist bei Sonn- und Feiertagsarbeiten, die "an gleicher Arbeitsstelle durch den Auftrag bedingt laufend verrichtet werden", jeweils ein Zuschlag von (nur) 100 v.H. zu zahlen. Der Ostersonntag ist ein von der Tarifregelung erfaßter Feiertag, so daß die an diesem Tage geleisteten Arbeiten auch Feiertagsarbeiten im Sinne von § 9 Ziff. 2 g RTV sind.
Wollte man die Vorschrift des § 9 Ziff. 2 g RTV nicht als Einschränkung für die in den vorangehenden Vorschriften geregelten Feiertagszuschläge ansehen, würde die Vorschrift des § 9 Ziff. 2 g RTV ins Leere laufen und wäre ohne jeden Sinn. Denn in § 9 Ziff. 2 d, e und f RTV werden die Zuschläge für alle Sonn- und Feiertage geregelt, wobei bei den Feiertagen danach differenziert wird, ob sie auf einen Sonntag oder nicht auf einen Sonntag fallen, und die Zuschlagshöhe unterschiedlich mit 100 v.H. (Buchst. d), 150 v.H. (Buchst. f) und 200 v.H. (Buchst. e) festgelegt wird. Damit ergibt die Regelung des § 9 Ziff. 2 g RTV für Sonn- und Feiertagsarbeiten nur dann einen Sinn, wenn sie unter den dort genannten Voraussetzungen als Einschränkung zu § 9 Ziff. 2 d bis f RTV angesehen wird. Hierfür gibt auch der Wortlaut der tariflichen Regelung einen Anhaltspunkt. Für die Zuschläge des § 9 Ziff. 2 d bis f RTV heißt es, daß die Zuschläge betragen "für Arbeiten an ...". § 9 Ziff. 2 g RTV bestimmt hingegen: "Bei Sonn- und Feiertagsarbeiten ... ist jeweils ein Zuschlag von 100 v.H. zu zahlen". Während also nach § 9 Ziff. 2 d bis f RTV "für Arbeiten" an Sonn- und Feiertagen zunächst ein Zuschlag in einer bestimmten Höhe festgelegt wird, schließt § 9 Ziff. 2 g RTV daran an und bestimmt im Sinne einer Beschränkung, daß "bei Sonn- und Feiertagsarbeiten" unter den dort genannten Voraussetzungen jeweils nur ein Zuschlag von 100 v.H. zu zahlen ist. Das Wort "bei" ist demgemäß hier nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien im Sinne einer Einschränkung zu verstehen. § 9 Ziff. 2 g RTV regelt daher schon seinem Wortlaut nach nicht einen Zuschlag "für" Arbeiten an Sonn- und Feiertagen, sondern setzt einen solchen Zuschlag voraus, wie er in den Buchstaben d) bis f) geregelt ist, und bestimmt dann, daß bei den so geregelten Sonn- und Feiertagsarbeiten jeweils ein Zuschlag von (nur) 100 v.H. zu zahlen ist, wenn sie an gleicher Arbeitsstelle durch den Auftrag bedingt laufend verrichtet werden. Diesen systematischen Zusammenhang verkennt auch die Revision nicht.
Damit kommt es nur noch darauf an, ob die Tätigkeit der Klägerin am Ostersonntag (7. April 1985) als Feiertagsarbeit anzusehen ist, die im Sinne von § 9 Ziff. 2 g RTV "an gleicher Arbeitsstelle durch den Auftrag bedingt laufend verrichtet wird". Das ist zu bejahen. Die Klägerin meint, die Worte "durch den Auftrag bedingt laufend verrichtet werden" seien auf das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu beziehen. Der Arbeitnehmer, der nach dem Arbeitsverhältnis (Auftrag) Sonn- und Feiertagsarbeiten laufend zu verrichten habe, müsse eine Verminderung seines Feiertagszuschlags hinnehmen, da die Sonn- und Feiertagsarbeit nicht unverhofft auf ihn zukomme und er sich darauf einrichten könne. Derjenige Arbeitnehmer, der jedoch unverhofft zu Sonn- und Feiertagsarbeiten eingeteilt und eingesetzt werde und sich nicht darauf einzurichten brauche, müsse deshalb auch keine Verminderung des Zuschlags hinnehmen. Im vorliegenden Fall sei die Klägerin lediglich dem besonderen Wunsch der Beklagten nachgekommen und habe die Feiertagsarbeit am Ostersonntag geleistet. Dieser Tag wäre sonst für sie arbeitsfrei gewesen. Daher seien die Voraussetzungen des § 9 Ziff. 2 g RTV "durch den Auftrag bedingt laufend verrichtet" nicht erfüllt, so daß die Klägerin den ungekürzten Zuschlag nach § 9 Ziff. 2 e RTV in Höhe von 200 v.H. beanspruchen könne.
Dieser Auffassung der Klägerin kann nicht gefolgt werden. Wenn die Tarifvertragsparteien mit einer tariflichen Regelung das Arbeitsverhältnis meinen, so bezeichnen sie dies auch so, z. B. in § 32 Ziff. 3, § 40, § 41, § 43 RTV. Der Begriff "Auftrag" ist hingegen als Bezeichnung für ein Arbeitsverhältnis oder einen Arbeitsvertrag terminologisch unzutreffend und zudem auch ganz ungewöhnlich. Wenn der Begriff ausnahmsweise auf ein Arbeitsverhältnis bezogen sein soll, muß dies daher deutlich aus dem Gesamtzusammenhang hervorgehen. Dies trifft hier nicht zu. Unter "Auftrag" wird vielmehr im allgemeinen ein Auftrag im Rahmen eines Dienstvertrags, Werkvertrags oder Geschäftsbesorgungsvertrags verstanden. Einen solchen Auftrag erhält der Arbeitgeber von seinem Kunden. Damit ergibt die Regelung des § 9 Ziff. 2 g RTV auch einen vernünftigen Sinn. Im Gebäudereinigerhandwerk sind in bestimmten Bereichen - wie hier z. B. in einem Krankenhaus - Reinigungsarbeiten laufend zu verrichten, d. h. kontinuierlich an jedem Tag, auch an Sonn- und Feiertagen. Wenn ein Unternehmer des Gebäudereinigerhandwerks den Auftrag erhält, solche Reinigungsarbeiten laufend zu verrichten, fallen damit bei ihm ständig und unvermeidbar auch Sonn- und Feiertagsarbeiten an. Das ist im allgemeinen auch für die Arbeitnehmer, die in die Dienste eines solchen Unternehmers treten, von vornherein erkennbar. Es ist daher durchaus sinnvoll, wenn die Tarifvertragsparteien die damit verbundene und für den Arbeitgeber unvermeidbare Kostenbelastung durch einen einheitlichen Zuschlag von 100 v.H. begrenzen wollen. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte durch den Auftrag des Krankenhausträgers bedingt Reinigungsarbeiten im Krankenhaus laufend zu verrichten, so daß die Voraussetzungen des § 9 Ziff. 2 g RTV erfüllt sind und die Klägerin demgemäß nur einen Zuschlag von 100 v.H. zum Stundenlohn beanspruchen kann.
Auch die weiteren hiergegen von der Revision erhobenen Einwendungen sind unbegründet. Der Hinweis der Revision, daß sich der Relativsatz des § 9 Ziff. 2 g RTV auf die Sonn- und Feiertagsarbeiten beziehe, die zu verrichten seien, trifft zwar zu. Im Gegensatz zur Auffassung der Revision lassen sich aber die in § 9 Ziff. 2 g RTV angeführten Sonn- und Feiertagsarbeiten nicht auf einen konkreten Arbeitnehmer beziehen. § 9 Ziff. 2 g RTV spricht nämlich in seinem Relativsatz nicht von Arbeitnehmern, sondern von Arbeiten, die "an gleicher Arbeitsstelle" verrichtet werden. Insoweit geht es nicht um den konkreten Arbeitnehmer, sondern um die Arbeitsstelle. Wenn also an einer bestimmten Arbeitsstelle Sonn- und Feiertagsarbeiten laufend verrichtet werden, ist damit gerade nicht der konkrete Arbeitnehmer gemeint. Dann kann aber auch der Begriff "Auftrag" nicht auf ein konkretes Arbeitsverhältnis bezogen werden. Vielmehr ist dann die Auslegung zwingend, daß es um Arbeiten geht, die an einer bestimmten Arbeitsstelle laufend verrichtet werden müssen und dies durch den Kundenauftrag bedingt ist. Wollte man im übrigen mit der Revision den Relativsatz auf den Arbeitnehmer beziehen, der im konkreten Fall Sonn- und Feiertagsarbeit verrichtet, müßte es sich um einen Arbeitnehmer handeln, der vertragsgemäß stets ("laufend") Sonn- und Feiertagsarbeit verrichtet. Ein solcher Fall dürfte in der Praxis kaum vorkommen. Jedenfalls ist insoweit ein tarifliches Regelungsbedürfnis nicht ersichtlich. Damit widerspricht die Auffassung der Revision auch der Tarifpraxis.
Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Dr. Feller Dr. Freitag Dr. Etzel
zugleich für den wegen
Beendigung seines Amtes
an der Unterschrifts- Wiese
leistung verhinderten
ehrenamtlichen Richter
Hamm
Fundstellen
Haufe-Index 439098 |
RdA 1987, 191 |
AP § 1 TVG, Nr 3 |