Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütungslebensalter eines Angestellten
Normenkette
BAT § 27 Abschn. A Abs. 6 Unterabs. 1; BAT § 27 Abschn. A Abs. 6 Unterabs. 2; BAT Protokollnotiz Nr. 2 zu § 27 Abschn. A Abs. 6
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 20. Juli 1994 – 3 Sa 44/94 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob bei der Bestimmung der für die Grundvergütung des Klägers maßgebenden Lebensaltersstufe die Zeiten seiner Soldatenverhältnisse zu berücksichtigen sind.
Der am 8. April 1950 geborene Kläger war seit dem 5. April 1972 Soldat in der Bundeswehr, anfangs Soldat auf Zeit, ab 1981 Berufssoldat. Auf eigenen Antrag wurde er zum 30. September 1989 aus dem Dienstverhältnis als Soldat entlassen. Seit dem 1. August 1990 ist der Kläger bei dem beklagten Land in einer Polizeidienststelle in R. beschäftigt. Kraft einzelvertraglicher Vereinbarung und ab November 1990 kraft Verbands Zugehörigkeit findet auf das Arbeitsverhältnis der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung.
Das beklagte Land setzte das Vergütungslebensalter des Klägers auf das 35. Lebensjahr fest. Die Anrechnung der Zeiten als Soldat lehnte es ab.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, das beklagte Land sei zur Anrechnung seiner Vordienstzeiten als Soldat verpflichtet. Ein sachlicher Grund für die tarifliche Regelung, die eine Anrechnung vorsieht, wenn der Angestellte im unmittelbaren Anschluß an eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst als Angestellter, Arbeiter, Beamter, Soldat auf Zeit oder Berufssoldat eingestellt wird (§ 27 Abschn. A Abs. 6 Unterabs. 1 BAT), bei nicht unmittelbar anschließender Einstellung aber nur eine frühere Tätigkeit als Angestellter begünstigt (§ 27 Abschn. A Abs. 6 Unterabs. 2 BAT), bestehe nicht. Außerdem werde bei einem Härtefall wie dem seinen im Geschäftsbereich des Bundesministers des Inneren die Vordienstzeit angerechnet.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß seine Vergütung in der Zeit vom 01.08.1990 bis 31.10.1990 nach der Gruppe VIII BAT und einer Lebensaltersstufe, bei der das tatsächlich vollendete Lebensjahr abzüglich 10 Monaten zugrunde gelegt wird, in der Zeit ab 01.11.1990 nach Gruppe VII BAT in einer Lebensaltersstufe, bei der das tatsächlich vollendete Lebensjahr abzüglich 10 Monaten zugrunde gelegt wird, zu bezahlen sei.
Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, die Anrechnungsvorschrift des § 27 Abschn. A Abs. 6 BAT sei rechtswirksam. Der behaupteten Verwaltungsübung im Geschäftsbereich des Bundesministers des Inneren werde nicht gefolgt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Klage als unbegründet abgewiesen.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, daß seine Vordienstzeiten als Soldat bei der Festsetzung des Vergütungslebensalters berücksichtigt werden.
1. Auf § 27 Abschn. A Abs. 6 BAT läßt sich der Anspruch nicht stützen. Dies ergibt eine Auslegung der Tarifnorm.
a) Wird der Angestellte in unmittelbarem Anschluß an eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst als Angestellter, Arbeiter, Beamter, Soldat auf Zeit oder Berufssoldat eingestellt, gilt als Tag der Einstellung der Tag, von dem an der Angestellte ununterbrochen in einem dieser Rechtsverhältnisse im öffentlichen Dienst gestanden hat (§ 27 Abschn. A Abs. 6 Unterabs. 1 BAT). Wird der Angestellte in nicht unmittelbarem Anschluß an ein Angestelltenverhältnis im öffentlichen Dienst eingestellt, erhält er mindestens die Grundvergütung nach der Lebensaltersstufe, die für die zuletzt bezogene Grundvergütung maßgebend gewesen ist (§ 27 Abschn. A Abs. 6 Unterabs. 2 BAT). Damit findet eine Anrechnung seiner Vordienstzeit im früheren Angestelltenverhältnis auf das neu begründete Angestelltenverhältnis statt.
b) Der Kläger ist nicht im unmittelbaren Anschluß an seine Vordienstzeit bei dem beklagten Land eingestellt worden (§ 27 Abschn. A Abs. 6 Unterabs. 1 BAT), denn zwischen dem letzten Soldatenverhältnis und dem Beginn des Angestelltenverhältnisses liegt ein Zeitraum von 10 Monaten. Der unmittelbare Anschluß wird auch nicht dadurch hergestellt, daß der Kläger während des gesamten Unterbrechungszeitraumes arbeitsunfähig krank war (Protokollnotiz Nr. 2 zu § 27 Abschn. A Abs. 6 BAT). Dies hat der Kläger nicht behauptet.
c) § 27 Abschn. A Abs. 6 Unterabs. 2 BAT findet auf den Kläger keine Anwendung, weil dieser in einem Soldatenverhältnis stand und nicht in einem Angestelltenverhältnis beschäftigt war.
Zu Unrecht beruft sich die Revision darauf, daß der Begriff des Angestelltenverhältnisses im Sinne dieser Bestimmung nicht wörtlich zu verstehen sei. Hier ist allein der Tarifwortlaut maßgebend. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, daß die Tarifvertragsparteien einen Begriff, der in der Rechtsterminologie einen festen Inhalt hat, im Zweifel im wörtlichen Sinn verstanden wissen wollen (vgl. BAG Urteil vom 30. Mai 1984 – 4 AZR 512/81 – BAGE 46, 61, 66 = AP Nr. 3 zu § 9 TVG 1969; BAG Urteil vom 12. März 1986 – 4 AZR 547/84 – AP Nr. 3 zu § 1 TVG Tarifverträge: Seeschiffahrt, m.w.N.; BAG Urteil vom 16. Februar 1994 – 5 AZR 303/93 – AP Nr. 7 zu § 14 BBiG). Durch die Bezeichnung des früheren Beschäftigungsverhältnisses als „Angestelltenverhältnis” haben die Tarifvertragsparteien die Anrechnung von anderer Beschäftigungszeiten bei nicht unmittelbar anschließender Einstellung in das Angestelltenverhältnis ausgeschlossen.
d) Entgegen der Revision führt eine Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der tariflichen Bestimmungen nicht zu einem anderen Auslegungsergebnis. Die Regelungen über die Beschäftigungszeit (§ 19 BAT) und die Dienstzeit (§ 20 BAT) sind für die Höhe der in § 27 BAT geregelten Grundvergütung nicht maßgebend. Diese bestimmt sich allein nach den besonderen Regelungen, die diese Tarifnorm trifft.
2. Die in § 27 Abschn. A Abs. 6 Unterabs. 1 und 2 BAT getroffene Unterscheidung ist nicht gleichheitswidrig.
Für die in beiden Unterabsätzen genannten Gruppen von Beschäftigten haben die Tarifvertragsparteien festgelegt, welchen Wert sie früher ausgeübten Tätigkeiten beimessen. Dies lag innerhalb ihrer Regelungsmacht. Den Tarifvertragsparteien steht es frei, für tatsächlich unterschiedliche Tätigkeiten deren Wertigkeit abweichend festzulegen und demzufolge unterschiedliche Vergütungen zu vereinbaren (vgl. BAG Urteil vom 17. Dezember 1992 – 6 AZR 91/92 – BAGE 72, 119 = AP Nr. 1 zu § 2 BAT SR 2 e II; Hanau/Kania, Ungleichbehandlung von Arbeitern und Angestellten in den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes, S. 64). Dies umfaßt bei der den Tarifvertragsparteien zustehenden typisierenden Betrachtungsweise auch die Befugnis, eine frühere Angestelltentätigkeit gegenüber einer früheren Tätigkeit in anderen Arbeits- oder Dienstverhältnissen zu begünstigen. Zu Recht hat das Berufungsgericht den Anreiz zum Wiedereintritt in das Angestelltenverhältnis und die Berufserfahrung früherer Angestellter als sachliche Unterscheidungsgründe angesehen.
3. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht eine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes durch das beklagte Land abgelehnt. Der Kläger hat dafür keine Tatsachen vorgetragen. Die angebliche Verwaltungsübung im Geschäftsbereich des Bundesministers des Inneren bindet das beklagte Land nicht.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Peifer, Dr. Jobs, Dr. Armbrüster, Steinhäuser, Reimann
Fundstellen