Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialplan vor Insolvenzeröffnung. Abfindungsansprüche aus einem vor Insolvenzeröffnung aufgestellten Sozialplan: Masseverbindlichkeiten oder Insolvenzforderungen?. Feststellungsinteresse. Sozialplan. Insolvenzrecht
Leitsatz (amtlich)
Abfindungsansprüche aus einem vor Insolvenzeröffnung aufgestellten Sozialplan sind Insolvenzforderungen iSv. § 38 InsO, falls der Abschluß nicht durch einen vorläufigen Insolvenzverwalter mit Verfügungsbefugnis iSv. § 55 Abs. 2 InsO erfolgte.
Orientierungssatz
- Vor Insolvenzeröffnung aufgestellte Sozialpläne begründen, wenn sie nicht von einem vorläufigen Insolvenzverwalter mit Verfügungsbefugnis abgeschlossen sind, keine Masseverbindlichkeiten iSv. §§ 53, 55 InsO.
- Daß der Insolvenzverwalter von seinem Widerrufsrecht gem. § 124 Abs. 1 InsO keinen Gebrauch macht, steht einer Handlung des Insolvenzverwalters iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht gleich.
Normenkette
InsO §§ 21-22, 38, 53, 55, 123-124; ZPO § 256
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Rang einer Sozialplanforderung im Insolvenzverfahren.
Der Kläger war seit August 1978 für die B GmbH & Co KG tätig. Am 19. März 1999 stellte die Firma den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Beklagte wurde zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt, ohne daß der Schuldnerin ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wurde. Mit Zustimmung des Beklagten vereinbarte die Schuldnerin mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat wegen der Schließung des Betriebes zum 30. Juni 1999 einen Sozialplan, der Abfindungen für die zu entlassenden Arbeitnehmer vorsah. Am 3. Mai 1999 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31. August 1999. Mit Schreiben vom 17. April 2000 teilte der Beklagte dem Kläger mit, daß Ansprüche aus dem Sozialplan als Insolvenzforderungen nach § 38 InsO zur Tabelle anzumelden seien.
Mit der am 23. Juni 2000 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Klage macht der Kläger geltend, die Sozialplanforderung sei durch den Beklagten als Masseverbindlichkeit mit der relativen und absoluten Grenze des § 123 Abs. 1, Abs. 2 InsO zu berichtigen. Aus der Gesetzesbegründung ergebe sich, daß Arbeitnehmer mit Ansprüchen aus insolvenznahen Sozialplänen gleichgestellt werden sollten mit Arbeitnehmern, die Ansprüche aus einem nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgestellten Sozialplan haben.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß es sich bei den im Sozialplan der Insolvenzschuldnerin vom 21. April 1999 festgeschriebenen Abfindungsansprüchen des Klägers um sogenannte Masseverbindlichkeiten handelt.
Der Beklagte hat beantragt die Klage abzuweisen,
und widerklagend
festzustellen, daß die dem Kläger aus dem am 21. April 1999 zwischen der B GmbH & Co KG und dem Betriebsrat der Bilo GmbH & Co. KG abgeschlossenen Sozialplan zustehenden Abfindungsansprüche einfache Insolvenzforderungen im Sinne des § 38 InsO sind.
Der Beklagte vertritt die Auffassung, daß Forderungen aus Sozialplänen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossen worden sind, als Insolvenzforderungen zu berichtigen sind.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen und nach dem Widerklageantrag erkannt. Mit der zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des Urteils des Arbeitsgerichts.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet.
Unterschriften
Dr. Freitag, Fischermeier, Marquardt, v. Baumgarten, Trümner
Fundstellen
BAGE 2004, 82 |
BB 2002, 2451 |
DB 2002, 2655 |
DStZ 2003, 172 |
NJW 2003, 989 |
EBE/BAG 2002, 174 |
ARST 2003, 132 |
EWiR 2003, 283 |
KTS 2003, 324 |
NZA 2002, 1332 |
SAE 2003, 230 |
ZIP 2002, 2051 |
AP, 0 |
DZWir 2003, 107 |
EzA-SD 2002, 13 |
EzA |
MDR 2003, 175 |
NZI 2003, 45 |
PERSONAL 2003, 67 |
ZInsO 2002, 998 |
AUR 2002, 475 |
ArbRB 2002, 361 |