Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. haftungsausfüllende Kausalität weiterer Gesundheitsschaden. mittelbare Unfallfolge. sachliche Verknüpfung. fehlerhafte diagnostische Maßnahme. Handlungstendenz des Arztes. Behandlungszweck
Orientierungssatz
Folgen aufgrund - schuldhafter oder schuldloser - objektiv fehlerhafter diagnostischer Maßnahmen einschließlich der zugrunde liegenden Indikationsstellung oder fehlerhafter Behandlungen sind mittelbare Unfallfolgen und vom Unfallversicherungsträger zu entschädigen, wenn eine wesentliche sachliche Verknüpfung zwischen dem Arbeitsunfall und dem Zweck des zur Gesundheitsstörung führenden ärztlichen Eingriffs nachzuweisen ist. Der Zweck ergibt sich dabei aus der Handlungstendenz des Arztes und den sie bestätigenden objektiven Umständen des Falles (vgl BSG vom 30.10.1991 - 2 RU 41/90 = SozR 3-2200 § 548 Nr 13; vgl BSG vom 5.8.1993 - 2 RU 34/92 = HV-INFO 1993, 2388).
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 2. Mai 2002 und der Bescheid vom 25. Juli 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 18. April 1997, beide in der Fassung des Bescheids vom 13. Juli 2004 mit der Maßgabe abgeändert, dass der Klägerin ab 27. Januar 1999 Rente nach einer MdE um 40 vH zu gewähren ist.
II. Der Bescheid vom 13.07.2004 wird insoweit aufgehoben, als die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 25. Juli 1996 und die Bestandskraft des bisherigen Zahlbetrags festgestellt wurde.
III. Ziffer II des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 2. Mai 2002 wird dahin abgeändert, dass der Beklagte der Klägerin ein Drittel der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten hat.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist zum einen streitig, ob der Klägerin wegen Folgen ihres Arbeitsunfalles vom 14.12.1990 höhere Rente als nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 vH zusteht und ob zum anderen der Beklagte die Feststellung treffen durfte, es seien Unfallfolgen zu Unrecht anerkannt worden und die bisher gezahlte Rente sei " einzufrieren ". Im Vordergrund der Streitigkeit steht, ob es bei dem Unfall zu einem Schleudertrauma der Halswirbelsäule (HWS) mit nachfolgenden Operationen oder lediglich zu einer HWS-Distorsion Grad I bis II gekommen war, die lediglich für die Dauer von zwölf Monaten eine MdE in rentenberechtigendem Grad hervorgerufen hat.
Die 1971 geborene Klägerin - seinerzeit Schülerin der Krankenpflegehilfe - fuhr am 14.12.1990 auf dem Weg zu ihrer Ausbildungsstätte mit ihren PKW auf einen vor ihr plötzlich anhaltenden PKW auf. Von Rettungssanitätern wurde sie ins Krankenhaus B. verbracht. Dort stellte der Durchgangsarzt Dr. H. nach klinischer und röntgenologischer Untersuchung eine Schädelprellung, ein Schleudertrauma der HWS, ein stumpfes Bauchtrauma mit Bauchdecken-Hämatom und vaginaler Blutung sowie Prellungen beider Kniegelenke fest. Die stationäre Behandlung dauerte bis zum 30.12.1990. Wegen im Januar 1991 erneuter vaginaler Blutung wurde am 07.01.1991 eine Abrasio vorgenommen. Ansonsten wurde die Klägerin mit einer Halskrawatte versorgt. Am 14.01.1991 nahm sie ihre Arbeit wieder auf.
Anhaltende Schmerzen im HWS-Bereich waren Anlass für eine kernspintomografische Untersuchung am 14.01.1991 in der radiologischen Praxis Dr. N. . Dabei fand sich kein Hinweis auf eine Fraktur oder einen Bandscheibenvorfall. Lediglich eine Steilstellung bzw. eine angedeutete Kyphose ließ sich erkennen. Die hausärztliche Behandlung bei Dr. S. dauerte bis 20.02.1991.
Eine nervenärztliche Untersuchung bei Dr. Z. am 03.06.1991, bei der die Klägerin über HWS-Schmerzen und gelegentliche Missempfindungen an Armen und Beinen klagte, erbrachte einen insgesamt unauffälligen Neurostatus. In der Folgezeit suchte die Klägerin mehrere Ärzte wegen anhaltender HWS-Beschwerden auf, unter anderem Dr. B., die eine chiropraktische Behandlung durchführte, und Professor Dr. N., der am 28.08.92 eine Segmentlockerung mutmaßte. Vom 01.12.1992 bis 09.02.1992 wurde die Klägerin in der orthopädisch-neurologischen Klinik B. in S. behandelt, ohne dass es zu einer wesentlichen Besserung kam. Am 19.05.1993 nahm Prof. Dr. N. eine operative Verblockung des 4. und 5. Halswirbelkörpers (HWK) vor. Die Schmerzen im HWS-Bereich besserten sich nach Angabe der Klägerin danach nicht. Bei einer ambulanten Untersuchung am 20.09.1993 in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik M. bescheinigte der Neurochirurg Dr. J. ein ausgeprägtes HWS-Syndrom mit frühzeitiger Einschränkung sämtlicher Bewegungsqualitäten und einen Druckschmerz im Bereich des Nervus occipitalis rechts. Derselbe Arzt kam in einem vom Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten am 25.10.1993 zu dem Ergebnis, wegen der praktisch aufgehobenen Beweglichkeit der HWS betrage die MdE 80 vH. Eine von ihm vorgeschlagene operative Durchtrennung des Nervus occipitalis führte er am 09.06.1994 aus. In Berichten des Prof. Dr. N. wird mitgeteilt, dass die HWS-Schmerzen ...