Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpflegungskosten, Pendler, Rehabilitation. Verpflegungskostenzuschuß. Rehabilitation, Tagespendler. Mittagsmahlzeit, Kostenerstattung, Rehabilitation. Rehabilitationseinrichtung, Unterbringung, Verpflegungskosten. Einheit der Reha-Maßnahme. Behinderte, Reha-Maßnahme, Verpflegungskosten
Leitsatz (amtlich)
- Die vom AFG vorgesehene Gewährung von Verpflegungskostenzuschüssen an Behinderte während der Teilnahme an einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme kann Tagespendlern zwischen Wohnung und Bildungsstätte auch dann zustehen, wenn es sich nicht um eine Maßnahme in einer Rehabilitationseinrichtung iS von § 23a Abs 1 RehaAnO handelt. Durch die Vorschriften der RehaAnO idF vom 16.3.1982 konnte und ist diese Rechtslage nicht zum Nachteil des Behinderten geändert worden.
- Zu den Voraussetzungen für Ansprüche von Behinderten auf Verpflegungskostenzuschüsse während einer beruflichen Rehabilitation.
Normenkette
AFG § 56 Abs. 1 Fassung: 1974-08-07, Abs. 3 Nr. 4 Fassung: 1981-12-22; RehaAnO 1975 § 29 Abs. 3 Fassung: 6.7.1988, § 34 Abs. 1 Fassung: 6.7.1988, § 33 Fassung: 28.1.1986
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. Juli 1991 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung der Beklagten, ihm im Rahmen einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme für den Zeitraum vom 9. Januar bis 23. Juni 1989 einen Verpflegungskostenzuschuß zu zahlen.
Der am 26. Februar 1961 geborene Kläger nahm seit 4. Juli 1988 in seinem Wohnort Oberhausen an einer von der Beklagten geförderten beruflichen Rehabilitationsmaßnahme (Ziel: Sozialversicherungsfachangestellter) beim Berufsförderungswerk Oberhausen teil. Dort wurde ihm auf Kosten der Beklagten eine Mittagsmahlzeit gewährt; die Abrechnung erfolgte zwischen der Beklagten und dem Berufsförderungswerk. In der Zeit vom 9. Januar bis 23. Juni 1989 absolvierte er ein Praktikum bei der Landesversicherungsanstalt (LVA) Rheinprovinz in Düsseldorf.
Im November 1988 hatte er anläßlich dieses Praktikums bei der Beklagten neben Fahrkostenerstattung einen angemessenen Verpflegungskostenzuschuß beantragt, weil er als Pendler zwischen Oberhausen und Düsseldorf auf eine tägliche Mittagsmahlzeit angewiesen sei, für die er nunmehr selbst aufkommen müsse. Die Beklagte lehnte die Gewährung des Zuschusses mit der Begründung ab, Verpflegungskosten würden nur zum einen bei einer Unterbringung außerhalb des eigenen oder elterlichen Haushalts wegen Art und Schwere der Behinderung bzw zur Sicherung des Erfolges der Rehabilitation oder zum anderen für Pendler in Form der Gewährung einer Mittagsmahlzeit bei Maßnahmen in Rehabilitationseinrichtungen übernommen, wobei im letzteren Fall eine unmittelbare Abrechnung mit der Maßnahmestätte erfolge (§ 56 Arbeitsförderungsgesetz ≪AFG≫ iVm §§ 33, 29 der Anordnung des Verwaltungsrates der Beklagten über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter ≪RehaAnO≫). Zu keinem der beiden Personenkreise zähle der Kläger während des Praktikums (Bescheid vom 27. Dezember 1988; Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 1989).
Das Sozialgericht (SG) Duisburg hat die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Dezember 1988 in der Fassung des Widerspruchsbescheides zur Gewährung eines Verpflegungskostenzuschusses für die Zeit des Praktikums verurteilt (Urteil vom 29. Oktober 1990). Die zugelassene Berufung der Beklagten wurde durch das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen zurückgewiesen (Urteil vom 24. Juli 1991). Die Entscheidung des LSG ist im wesentlichen damit begründet, gemäß § 56 Abs 3 Nr 4 AFG seien die erforderlichen Verpflegungskosten als ergänzende Leistungen zu übernehmen, obwohl die §§ 29 Abs 3, 33, 34 RehaAnO keine Rechtsgrundlage für die Leistung böten. Ob die Maßnahme in einer Rehabilitationseinrichtung stattfinde, sei ohne Belang. Die Beklagte habe die Übernahme von Verpflegungskosten für Pendler außerhalb von Rehabilitationseinrichtungen zu Unrecht in ihrer RehaAnO ausgeschlossen. Die Höhe des Verpflegungskostenzuschusses könne offenbleiben, da das SG die Beklagte nur dem Grunde nach verurteilt habe und der Verpflegungskostenzuschuß ein Weniger gegenüber der Übernahme der Verpflegungskosten insgesamt sei.
Mit der Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen §§ 56 Abs 3 Nr 4, 58 Abs 2 AFG. Durch die Siebte Änderungsanordnung vom 16. März 1982 zur RehaAnO sei anläßlich des durch das Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz eingefügten § 58 Abs 2 Satz 2 AFG (Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit) der zuvor in § 34 RehaAnO vorgesehene Verpflegungskostenzuschuß für Pendler gestrichen worden; diese Änderung des § 34 RehaAnO sei sachgerecht und verstoße nicht gegen die Verfassung. Sie sei von Sinn und Zweck des § 56 Abs 3 Nr 4 AFG gedeckt. Es obliege der persönlichen Disposition des Rehabilitanden, ob und in welcher Form bzw mit welchem Kostenaufwand er sein Grundbedürfnis “Verpflegung” befriedige. Deshalb sei für einen Zuschuß entscheidend, ob maßnahmebedingt zusätzliche Kosten für die Einnahme einer Mittagsmahlzeit entstünden. Zusätzliche Kosten könnten aber in diesem Sinne nur anerkannt werden, wenn die persönliche Dispositionsmöglichkeit nicht mehr lebenstypischen Gegebenheiten entspreche, sondern durch die Konzeption der Rehabilitationsmaßnahme eingeschränkt werde. Ausgehend hiervon könne Pendlern nur bei Teilnahme an berufsfördernden Bildungsmaßnahmen in einer Rehabilitationseinrichtung wegen der damit einhergehenden organisatorischen Einbindung in das Gesamtkonzept der Maßnahme ein Mittagessen als Leistung gewährt werden.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung der Urteile von LSG und SG die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Zur Begründung führt er aus, es bestehe kein sachlicher Grund, zwischen Pendlern bei Teilnahme an einer Maßnahme in Rehabilitations- und in sonstigen Einrichtungen zu unterscheiden; die Rehabilitation verfolge das Ziel, den Behinderten einzugliedern, so daß während der Maßnahme das Existenzminimum sichergestellt werden müsse. Da das gezahlte Übergangsgeld nicht die Höhe des zuvor bezogenen Nettoarbeitsentgelts erreiche, müsse ein Ausgleich in Form eines Verpflegungskostenzuschusses geschaffen werden. Sämtliche anderen Leistungsträger zahlten einen entsprechenden Zuschuß.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist iS der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫), da der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen nicht entscheiden kann, ob dem Kläger für die Zeit vom 9. Januar bis 23. Juni 1989 ein Verpflegungskostenzuschuß zusteht.
Inhaltlich begehrt der Kläger nur die Gewährung eines Zuschusses anläßlich der Mittagsmahlzeiten während des Praktikums bei der LVA; diesem Klagebegehren entsprechend hat das SG die Beklagte dem Grunde nach verurteilt (§ 130 SGG). Der Senat hat damit über den genauen Betrag des dem Kläger eventuell zustehenden Verpflegungskostenzuschusses nicht zu befinden. Der Anspruch des Klägers kann sich aber dem Grunde nach aus § 56 Abs 3 Nr 4 AFG – idF des Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung (Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz ≪AFKG≫) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497 – in Kraft seit 1. Januar 1982) iVm §§ 29, 34 RehaAnO ergeben. Die Bedeutung von § 56 Abs 3 Nr 4 AFG erschließt sich erst vor dem Hintergrund der die Verpflegungskosten insgesamt regelnden Normen und deren Systematik.
Nach § 56 Abs 1 Satz 1 AFG in der Fassung, die er durch das am 1. Oktober 1974 in Kraft getretene Gesetz über die Angleichung der Leistung zur Rehabilitation (RehaAnglG) vom 7. August 1974 (BGBl I 1881) erhalten hat, gewährt die Beklagte als berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation die Hilfen, die erforderlich sind, um die Erwerbsfähigkeit der körperlich, geistig oder seelisch Behinderten entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und die Behinderten möglichst auf Dauer beruflich einzugliedern. § 56 AFG unterscheidet dabei terminologisch zwischen den eigentlichen berufsfördernden Leistungen (vgl § 56 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 2 AFG – hier in der Fassung, die er durch das RehaAnglG erhalten hat) und den ergänzenden Leistungen des § 56 Abs 3 AFG, ohne daß diese Unterscheidung immer sachlichen Kriterien folgt. So enthalten auch die berufsfördernden Leistungen des § 56 Abs 2 AFG der Natur nach ergänzende Leistungen. Der Katalog der individuellen Leistungen des 2. – 5. Unterabschnitts (Arbeitsvermittlung, Arbeitsberatung, Berufsberatung, berufliche Bildung, Leistungen zur Förderung der Arbeitsaufnahme und einer selbständigen Tätigkeit), auf den in § 56 Abs 2 AFG verwiesen war, und § 5 RehaAnglG zeigen, daß die unmittelbaren berufsfördernden Leistungen insgesamt vom Sachleistungsprinzip beherrscht werden, auch wenn auch einzelne Leistungen der Gesamtleistung “Rehabilitation” dem Kostenerstattungsprinzip folgen (BSG SozR 3-4100 § 56 Nrn 1 und 4). Begrifflich und teleologisch setzen die ergänzenden Leistungen andere, nämlich unmittelbar berufsfördernde Leistungen voraus (BSGE 45, 188, 190 = SozR 2200 § 1227 Nr 7; BSG SozR 2200 § 1236 Nr 50; Gagel, AFG, Stand August 1992, § 56 RdNr 27). Auch die ergänzenden Leistungen des § 56 Abs 3 AFG unterscheiden zwischen Sachleistungs- und Kostenerstattungsansprüchen (vgl BSG SozR 3-4100 § 56 Nr 4). Die in § 56 Abs 3 AFG genannten Leistungen können damit nur in einem formalen Sinn die in § 56 Abs 2 AFG als berufsfördernd bezeichneten oder ansonsten unmittelbar an der Verbesserung der beruflichen Situation ansetzenden Maßnahmen ergänzen.
Ob § 56 Abs 2 AFG, der mit Wirkung ab 1. Januar 1993 durch das Gesetz zur Änderung von Förderungsvoraussetzungen im AFG und anderen Gesetzen vom 18. Dezember 1992 (BGBl I 2044) gestrichen wurde, insoweit eine eigenständige Bedeutung zukam, kann dahinstehen. Abgesehen davon nämlich, daß § 56 Abs 2 AFG, wie die Formulierung “insbesondere” verdeutlicht, keine abschließende Aufzählung denkbarer Leistungen enthielt (Gagel aaO, § 56 RdNr 23; Knigge/Ketelsen/Marschall/Wittrock, Komm zum AFG, 2. Aufl 1988, § 56 Anm 11), ist die Übernahme von Verpflegungskosten, die von ihrer Zielsetzung her naturgemäß eher als ergänzend – unterstützend – erscheint, als unmittelbare berufsfördernde Leistung denkbar, wenn die Verpflegung etwa im Rahmen einer Sachleistung, vor allem bei Bildungsmaßnahmen, als Teil eines Ganzen angeboten wird. Letztlich bedarf dies keiner endgültigen Entscheidung, weil die Klassifizierung der Leistung als ergänzende oder unmittelbar berufsfördernde jedenfalls dann unterbleiben kann, wenn die gesetzliche Regelung – wie hier – für beide Alternativen dieselbe Rechtsfolge vorsieht.
Nach § 56 Abs 3 Nr 3a AFG übernimmt die Beklagte zunächst die erforderlichen Kosten für Unterkunft und (kumulativ) Verpflegung, wenn für die Teilnahme an der Maßnahme eine Unterbringung außerhalb des eigenen oder des elterlichen Haushalts wegen Art oder Schwere der Behinderung oder zur Sicherung des Erfolges der Rehabilitation notwendig ist. Das AFG sieht in diesen wegen behinderungs- bzw rehabilitationsbedingter Unterbringung erforderlichen Kosten im Gegensatz zu § 11 Abs 2 Satz 2 RehaAnglG ergänzende Leistungen. Ob § 11 Abs 2 Satz 2 RehaAnglG, der diese Leistungen den unmittelbar berufsfördernden zurechnet, einer besseren Systematik folgt, mag dahinstehen. Jedenfalls ist auch insoweit die Etikettierung der Leistung als solche nicht weiter von Bedeutung (BSG SozR 4100 § 56 Nr 14), wenn hiervon keine besondere Rechtsfolge abhängig ist.
Nach § 56 Abs 3 Nr 4 AFG übernimmt die Beklagte zusätzlich die im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer berufsfördernden Maßnahme erforderlichen Fahr-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten. Trotz des ungenauen Wortlautes läßt die Regelung doch hinreichend deutlich erkennen, daß Rechtsgrund für die Übernahme von Verpflegungskosten die regelmäßige Zu- und Abreise zwecks Teilnahme an einer berufsfördernden Maßnahme sind. Sie betrifft somit auch Tagespendler; begrifflich unterfallen die Verpflegungskosten damit den Reisekosten (Gagel aaO, § 56 RdNr 32; Hoppe/Berlinger, Förderung der beruflichen Bildung, Stand Januar 1990, § 56 Anm 16 und 17), die das RehaAnglG in § 12 Nr 4 – allerdings ohne nähere Spezifizierung – ebenfalls als ergänzende Leistungen ansieht. Verpflegungskostenzuschüsse können dann aber nicht mehr von § 56 Abs 3 Nr 6 AFG (sonstige Leistungen) erfaßt werden, weil diese Vorschrift nur solche ergänzenden Leistungen erfaßt, die das Gesetz nicht schon an anderer Stelle geregelt hat (BSG SozR 4100 § 56 Nr 14).
Nach § 56 Abs 3 Nr 3 AFG übernimmt die Beklagte außerdem die erforderlichen Kosten, die mit einer berufsfördernden Leistung zur Rehabilitation in unmittelbarem Zusammenhang stehen, insbesondere für Lehrgangskosten, Prüfungsgebühren, Lernmittel und anderes. Die Formulierung (“insbesondere”) belegt wiederum, daß es sich nur um eine exemplarische Aufzählung handelt. Ein Vergleich mit § 45 AFG ließe es zwar als denkbar erscheinen, auch Verpflegungskosten hierunter zu fassen. Da die Erforderlichkeit indes nicht anders beurteilt werden kann als bei § 56 Abs 3 Nr 4 AFG und diese Vorschrift ohnedies keinen unmittelbaren Zusammenhang mit der Maßnahme verlangt, sie somit weiter gefaßt ist als § 56 Abs 3 Nr 3 AFG, ist sie die gegenüber § 56 Abs 3 Nr 3 AFG speziellere Regelung und verdrängt diesen für die in § 56 Abs 3 Nr 4 AFG geregelten Fälle.
Nach § 58 Abs 2 AFG idF des am 1. Januar 1984 in Kraft getretenen Haushaltsbegleitgesetzes 1984 vom 22. Dezember 1983 (BGBl I 1532) bestimmt die Beklagte durch Anordnung das Nähere über Voraussetzungen, Art und Umfang der berufsfördernden und ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation, ohne daß sie hierdurch allerdings die gesetzlichen Vorschriften abändern bzw eine gesetzliche Förderungsverpflichtung ausschließen dürfte (BSGE 37, 163, 169 f = SozR 4100 § 40 Nr 1; BSG SozR 4100 § 58 Nr 18; SozR 4100 § 59 Nr 2; SozR 4460 § 2 Nr 4; BSG, Urteil vom 26. August 1992 – 9b RAr 5/91 – ≪zur Veröffentlichung vorgesehen≫; BSG, Urteil vom 10. Dezember 1992 – 11 RAr 31/91 ≪unveröffentlicht≫). Derart konkretisierende Regelungen sind in der RehaAnO vom 31. Juli 1975 (ANBA 1975, 994) – vorliegend idF der 14. Änderungsanordnung vom 6. Juli 1988 (ANBA 1988, 1125 und 1339) – ergangen. Gemäß § 29 Abs 3 Satz 2 RehaAnO zählen zu den Maßnahmekosten in einer Rehabilitationseinrichtung (Berufsbildungswerke, Berufsförderungswerke, Einrichtungen der medizinisch-beruflichen Rehabilitation, Werkstätten für Behinderte) einerseits grundsätzlich die erforderlichen Kosten für Unterkunft und (kumulativ) Verpflegung und die Reisekosten sowie andererseits für Behinderte, die nicht internatsmäßig (hinzuzudenken ist: in dieser Rehabilitationseinrichtung) untergebracht sind, die Kosten einer Mittagsmahlzeit. Diese Leistungen werden entsprechend der mit den Rehabilitationseinrichtungen nach § 23a RehaAnO getroffenen Vereinbarungen gewährt (§ 29 Abs 3 Satz 1 RehaAnO).
Ob § 29 Abs 3 RehaAnO bestimmte maßnahmeübliche Kosten unmittelbar den berufsfördernden Leistungen zuweist oder nur eine Ausprägung des § 56 Abs 3 Nr 4 AFG darstellt, bedarf keiner näheren Erörterung. Er enthält jedenfalls – im Wortlaut unvollkommen – zwei Alternativen: bei Unterkunft des Rehabilitanden in der Rehabilitationseinrichtung eine umfassende durch Verträge mit den Rehabilitationseinrichtungen sicherzustellende Sachleistung und für Pendler, also für nicht internatsmäßig Untergebrachte, zumindest die Kosten für eine Mittagsmahlzeit.
In § 33 RehaAnO wird sodann die gesetzliche Regelung des § 56 Abs 3 Nr 3a AFG (behinderungs- oder rehabilitationsbedingte Unterkunft und Verpflegung) aufgegriffen und der Umfang der Kostenübernahme, teilweise in pauschalierter Form (zur Zulässigkeit von Pauschalierungen Gagel aaO, § 56 RdNr 31), angeordnet. Für den Fall der Unterbringung in einer Rehabilitationseinrichtung wird folgerichtig (deklaratorisch) auf § 29 Abs 3 RehaAnO verwiesen.
Während für § 33 RehaAnO wesentlicher Gesichtspunkt der Kostenübernahme der der maßnahmebedingten Unterbringung ist, regelt § 34 RehaAnO entsprechend § 56 Abs 3 Nr 4 AFG die Reisekosten und konkretisiert diese Norm dahin, daß Leistungen für die erforderlichen Fahr-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten sowie für den erforderlichen Gepäcktransport gewährt werden, wenn sie anläßlich der Teilnahme an einer berufsfördernden Bildungsmaßnahme entstehen. Dies gilt für An- und Abreise, Familienheimfahrten und Pendelfahrten zwischen Wohnung oder Unterkunft und Bildungsstätte/Berufsschule. In den folgenden Absätzen werden zwar die Verpflegungskosten für Pendler zwischen Wohnung und Bildungsstätte nicht mehr erwähnt; lediglich § 34 Abs 4 RehaAnO spricht die Kosten der Verpflegung und Übernachtung an. Diese Regelung erfaßt aber nur eine einmalige An- und Abreise und schließt damit schon vom Wortlaut her Pendelfahrten aus. Die historische Entwicklung der Vorschrift bestätigt dies.
Die RehaAnO idF der Sechsten Änderungsanordnung vom 23. Juli 1981 (ANBA 1981, 1142) enthielt in § 34 Abs 5a die Regelung, daß Teilnehmer an berufsfördernden Bildungsmaßnahmen, die täglich pendeln, einen Verpflegungszuschuß erhielten, wenn die Abwesenheit von der Wohnung 12 Stunden überstieg. Davor sah § 34 Abs 5 RehaAnO idF der Dritten Änderungsanordnung vom 3. Oktober 1979 (ANBA 1980, 101) für Tagespendler zwischen Wohnung und Bildungsstätte in allgemeinerer Form noch einen angemessenen Zuschuß zu den Kosten jeder Mittagsmahlzeit vor. Durch die Siebte Änderungsanordnung zur RehaAnO vom 16. März 1982 (ANBA 1982, 575) wurde § 34 Abs 5a der RehaAnO ersatzlos gestrichen. Die Beseitigung der Pauschalen (als Konkretisierung der Erforderlichkeit iS des § 34 Abs 1 RehaAnO) berechtigt aber nicht, nunmehr Pendlern Zuschüsse zu Verpflegungskosten in Form von Reisekosten gänzlich zu versagen. Vielmehr wird eine Prüfung auf Erforderlichkeit im Einzelfall gemäß § 34 Abs 1 RehaAnO unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben des § 56 Abs 3 AFG notwendig. Wenn also § 56 Abs 3 Nr 4 AFG eine Kostenerstattung vorsieht, dann ist auch § 34 Abs 1 RehaAnO entsprechend auszulegen; nur die frühere Pauschalierung des Kostenerstattungsumfanges ist weggefallen. § 58 Abs 2 Satz 2 AFG in der Fassung, die er durch das AFKG erhalten hat, mit seiner Forderung nach Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit besitzt hierbei entgegen der Ansicht der Beklagten keine eigenständige Bedeutung. Die Beklagte ist nicht befugt, allein mit dieser Begründung nach § 56 Abs 3 Nr 4 AFG bestehende Ansprüche einzuschränken, da durch die RehaAnO, wie bereits ausgeführt, die Vorschriften des AFG nicht abgeändert werden dürfen.
Die geschilderte gesetzliche Differenzierung der Erstattung von Verpflegungskosten trägt vorwiegend dem Umstand Rechnung, daß es sich bei Verpflegungskosten regelmäßig um allgemeine Lebensführungskosten handelt und deshalb rechtlich nur ein loser Zusammenhang mit dem spezifischen Rehabilitationsziel der Eingliederung des Behinderten besteht (vgl Gagel aaO, § 45 RdNrn 23 und 28). Sie mögen streng genommen anläßlich der Rehabilitationsmaßnahme entstehen; sie wären aber in gleicher, ähnlicher oder anderer Weise ohnedies angefallen, so daß eine Abgrenzung unter Zurechnungsgesichtspunkten erforderlich ist. Dem trug schon die Änderung des § 56 Abs 3 Nr 3a AFG durch das AFKG Rechnung, die die Anforderungen an die Übernahme der Kosten bei Unterkunft und Verpflegung verschärft hat (vgl BSGE 60, 197, 200 = SozR 4100 § 56 Nr 19). Es bedarf, um Verpflegungskosten als erforderliche Kosten iS des Rehabilitationsrechts ansehen zu können, einer besonderen rehabilitationsspezifischen oder maßnahmespezifischen, rechtfertigenden Komponente.
Bei Maßnahmen in Rehabilitationseinrichtungen selbst und dortiger Unterbringung sind Unterkunft und Verpflegung in diesem Sinne Bestandteil des Gesamtrehabilitationspaketes; bei fehlender internatsmäßiger Unterbringung umfaßt die Gesamtmaßnahme in der Rehabilitationseinrichtung für Pendler zumindest die Kosten einer Mittagsmahlzeit, wobei diese mit der Rehabilitationseinrichtung selbst abgerechnet wird. Grund für die Übernahme dieser Kosten – ob als unmittelbare berufsfördernde oder als ergänzende Leistungen (Reisekosten) – ist, daß der Rehabilitand in der Rehabilitationseinrichtung in ein – vertraglich ausgehandeltes – Gesamtleistungsprogramm eingebunden ist, so daß der Gesichtspunkt der allgemeinen Lebensführungskosten zurücktritt und von den maßnahmebedingten Besonderheiten überlagert wird (§§ 58 Abs 2 AFG, 29 Abs 3 RehaAnO iVm § 56 Abs 1 oder Abs 3 Nr 4 AFG). Bei behinderungs- und rehabilitationsbedingter Unterbringung außerhalb von Rehabilitationseinrichtungen stellen Unterkunft und Verpflegung in diesen Einrichtungen andererseits geradezu typische maßnahmebedingte Mehrbelastungen dar, die durch ergänzende Leistungen (§§ 56 Abs 3 Nr 3a, 58 Abs 2 AFG iVm § 33 RehaAnO) zusätzlich gemindert werden müssen.
Dies bedeutet gleichzeitig, daß Mittagsmahlzeiten in einer Rehabilitationseinrichtung über § 29 Abs 3 RehaAnO selbst dann zu gewähren sind, wenn der Rehabilitant – unabhängig davon, auf wessen Kosten – außerhalb der Rehabilitationseinrichtung internatsmäßig untergebracht ist und zwischen Unterbringungsstätte und Maßnahmeort täglich pendelt. § 33 RehaAnO begrenzt also die Leistungen des § 29 Abs 3 RehaAnO (iVm § 56 Abs 1 oder Abs 3 Nr 4 AFG) nicht iS eines Leistungsausschlusses; vielmehr normieren die Vorschriften lediglich verschiedene, sich ergänzende Bedarfssituationen der Rehabilitation. Ein weiterer Gesichtspunkt für die Übernahme von Verpflegungskosten ist der der allgemein notwendigen Fahrten (Reisekosten – §§ 56 Abs 3 Nr 4 AFG, 34 RehaAnO). Hier muß – abgesehen vom Fall des § 29 Abs 3 RehaAnO – in besonderer Weise die rehabilitationsspezifische oder maßnahmespezifische Mehrbelastung von den allgemeinen Lebensführungskosten abgegrenzt werden, denen der Rehabilitand immer ausgesetzt ist und die im Rehabilitationsrecht über die Leistungen zum Lebensunterhalt (Übergangsgeld, Ausbildungsgeld) abgegolten werden, allerdings entgegen der Ansicht des Klägers in pauschalierter Form.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund wird das LSG noch tatsächliche Feststellungen nachzuholen haben. Ein Anspruch des Klägers könnte sich aus § 29 Abs 3 RehaAnO iVm § 56 Abs 1 und 2 bzw Abs 3 Nr 4 AFG ergeben. Dies würde voraussetzen, daß die Beklagte aufgrund der vertraglichen Abmachungen mit dem Berufsförderungswerk Oberhausen und unter Umständen der LVA Rheinprovinz sowie der gegenüber dem Kläger ergangenen Bewilligungsbescheide als berufsfördernde Sachleistung die Mittagsmahlzeiten im Rahmen einer einheitlichen Maßnahme im Berufsförderungswerk übernommen hat oder hätte übernehmen müssen. Unter Umständen könnte sich dies sogar bereits aus der Auslegung der Bewilligungsbescheide unmittelbar ergeben. Der Senat ist insoweit an einer endgültigen Beurteilung gehindert, weil das LSG weder zur Existenz noch zum Inhalt der Bewilligungsbescheide, geschweige denn zu den vertraglichen Abmachungen zwischen der Beklagten und den Maßnahmeträgern Feststellungen getroffen hat. Es fehlen auch Feststellungen zur Konzeption des vom Kläger durchlaufenen Praktikums. Im Falle enger rechtlicher oder faktischer Verknüpfung mit den Maßnahmeteilen im Berufsförderungswerk könnte durchaus die Annahme gerechtfertigt sein, daß das Praktikum noch als Teil der Maßnahme “in” der Rehabilitationseinrichtung anzusehen ist. Hätte die Beklagte demgemäß dem Kläger das Mittagessen iS einer Sachleistung gewähren müssen, hätte sich dieser Sachleistungsanspruch wegen Nichterfüllung bei Anfall entsprechender Kosten im Maßnahmeteil “Praktikum” in einen Kostenerstattungsanspruch umgewandelt (vgl BSG SozR 3-4100 § 56 Nrn 1 und 4). Dem Kläger stünde dann ein Anspruch auf Erstattung der tatsächlichen Kosten in voller Höhe zu. Lediglich nach § 56 Abs 3 Nr 3a AFG iVm §§ 29 Abs 3, 33 RehaAnO scheidet ein Anspruch des Klägers mangels Unterbringung in der Rehabilitationseinrichtung aus, und zwar unabhängig davon, ob diese Leistung nun als ergänzende oder als eigentlich berufsfördernde anzusehen ist (zur Möglichkeit der Annahme einer unmittelbaren berufsfördernden Leistung BSG SozR 4100 § 56 Nr 14).
Sollten die Voraussetzungen des § 29 Abs 3 RehaAnO nicht bejaht werden können, wären die des § 34 Abs 1 RehaAnO iVm § 56 Abs 3 Nr 4 AFG zu prüfen. Für die Beurteilung der Erforderlichkeit der Verpflegungskosten iS des § 34 RehaAnO und § 56 Abs 3 Nr 4 AFG wird das LSG zunächst Konzeption und Einbindung des vom Kläger absolvierten Praktikums in die Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten zu ermitteln und festzustellen haben. Insoweit wird insbesondere von Bedeutung sein, ob es sich bei dem Praktikum um ein im Rahmen der Gesamtrehabilitationsmaßnahme vorgesehenes Pflichtpraktikum handelt. Für die normative Wertung könnte außerdem erheblich sein, ob und inwieweit der Kläger gerade das Praktikum bei der LVA Rheinprovinz absolvieren mußte; dies vor allem im Hinblick auf Fahrzeiten und die Entfernung zwischen Wohnort und Beschäftigungsstätte. Auch medizinische Gesichtspunkte, wie etwa die Notwendigkeit zur geregelten Einnahme von Mahlzeiten wegen der Art der Erkrankung, können für die Entscheidung iS des § 34 Abs 1 RehaAnO Bedeutung gewinnen. Selbst wenn es einem nichtbehinderten bzw gesunden Arbeitnehmer zuzumuten wäre, seine Eßgewohnheiten dahin umzustellen, daß er erst nach Beendigung seiner Arbeit eine warme Mahlzeit zu sich nimmt, muß dies für einen Behinderten nicht automatisch gelten, selbst dann nicht, wenn – wie vorliegend – eine Umstellung lediglich für den Zeitraum von weniger als 6 Monaten notwendig ist.
Erforderlich im Sinne des § 34 Abs 1 RehaAnO wäre im Gegensatz zur Situation bei § 29 Abs 3 RehaAnO aber nur der Mehrbetrag an Verpflegungskosten, also der Betrag, der die üblicherweise anfallenden Kosten übersteigt. Mangels Pauschalierung in der RehaAnO ist die Beklagte verpflichtet, den Betrag in jedem Einzelfall zu bestimmen. Ob dies sinnvoll ist, mag bezweifelt werden; diese Rechtsfolge resultiert allerdings daraus, daß die Beklagte die frühere pauschalierende Regelung der RehaAnO gestrichen hat. Dies erfolgte, obwohl andere Rehabilitationsträger sich weiterhin an ein gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenversicherung, Unfallversicherung, Rentenversicherung und der Beklagten vom 27. November 1975 – ob zu Recht oder zu Unrecht – gebunden fühlen und an Pendler Tagespauschalen zahlen, wenn nicht eine Mittagsmahlzeit in der Einrichtung selbst gestellt wird (vgl: Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl, Stand September 1992, § 569b Anm 7 mwN; VerbKomm, Stand Januar 1993, § 30 SGB VI RdNr 6).
Sollte das LSG unter Berücksichtigung dieser Vorgaben die speziellen Voraussetzungen für die Gewährung eines Verpflegungskostenzuschusses bejahen, wäre für eine zusprechende Entscheidung grundsätzlich auch eine Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen für Rehabilitationsleistungen an den Kläger notwendig (vgl zur umfassenden Prüfungspflicht in anderem Zusammenhang BSG SozR 4100 § 115 Nr 1). Diesbezüglich hat das LSG bisher weder die in § 56 Abs 1 Satz 1 AFG vorausgesetzte Behinderung des Klägers (hierzu BSG SozR 4100 § 56 Nrn 1 und 8) noch die Erforderlichkeit zur Rehabilitation wegen der Behinderung näher dargelegt. Dasselbe gilt für die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen der §§ 33 bis 36 AFG, soweit diese Vorschriften über § 58 Abs 1 Satz 1 AFG idF des am 1. Januar 1989 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des AFG und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2343) anwendbar sind, und für die Frage der Zuständigkeit gemäß § 57 AFG idF des RehaAnglG (vgl hierzu: BSGE 50, 111 ff = SozR 4100 § 57 Nr 11; BSGE 48, 92, 98 f = SozR 2200 § 1236 Nr 15). Es fehlt zudem an Feststellungen zu den Voraussetzungen des § 56 Abs 3a AFG idF des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 und des § 56 Abs 4 AFG idF des RehaAnglG. Die Art der Maßnahme (Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung) ist grundsätzlich nicht nur zu benennen, sondern auch näher zu erläutern, soweit sich hieran verschiedene Voraussetzungen knüpfen (vgl §§ 15 bis 17 RehaAnO). Schließlich sei angemerkt, daß auch Regelungen zum vorgesehenen Personenkreis (§ 58 Abs 1 AFG iVm § 8 RehaAnO) üblicherweise zu beachten sind. Tatsächliche Feststellungen zu diesen Einzelpunkten wären nur dann entbehrlich, wenn die speziellen Voraussetzungen für die Gewährung eines Verpflegungskostenzuschusses abzulehnen wären oder wenn die Beklagte durch den die Rehabilitation gewährenden Bescheid oder mehrere Bescheide über diese Voraussetzungen bereits bindend befunden hätte. Aus den Gesamtumständen kann sich nämlich unter Berücksichtigung der Eigenart des jeweiligen Rechtsgebiets eine solche Rechtsfolge ergeben (vgl allgemein: BSGE 66, 168, 173 ff = SozR 3-2400 § 7 Nr 1; BSG SozR 4100 § 112 Nr 23; Meyer-Ladewig, SGG, 4. Aufl 1991, § 77 RdNr 5b), und zwar hier vornehmlich unter Berücksichtigung des aus § 5 RehaAnglG zu entnehmenden Gedankens der Leistungskontinuität (vgl zu diesem Grundsatz BSG SozR 3-4100 § 56 Nr 4).
Das LSG wird außerdem über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen