Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Angemessenheitsgrenze für ein selbst genutztes Hausgrundstück. Schonvermögen. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Zur Bestimmung der Angemessenheit von Kosten der Unterkunft und Heizung für ein Eigenheim.
Normenkette
SGB 2 § 22 Abs. 1 S. 1 Fassung: 2006-07-20, § 12 Abs. 1 Fassung: 2004-11-19, Abs. 3 S. 1 Nr. 4 Fassung: 2004-11-19; WoFG § 10 Abs. 1 Fassung: 2001-09-13; WoBindG § 5 Abs. 2; WoGG 2 § 8; BGB § 558d; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger begehren höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 3. August 2006 bis 31. Januar 2007.
Die 1958 geborene Klägerin zu 1 und der 1956 geborene Kläger zu 2 bewohnen mit ihrem 1990 geborenen Sohn, dem Kläger zu 3, ein im Jahr 1930 bezugsfertig gewordenes 104 m² großes Eigenheim. Die Kläger zu 1 und 2 erwarben das Hausgrundstück 1996 für insgesamt 84.363,16 Euro. Sie verfügten über kein Eigenkapital.
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Im Jahr 2006 fielen für das Eigenheim folgende Kosten an: |
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708 Euro Zinsen, 177 Euro Tilgung und 6,50 Euro Gebühr, |
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2.812,30 Euro Zinsen und 6,50 Euro Gebühr, |
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319,56 Euro Zinsen und 245,40 Euro Sparbeitrag, |
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1.717,92 Euro Zinsen und 392,64 Euro Sparbeitrag, |
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625,80 Euro Sparbeitrag, |
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767,73 Euro für Grundsteuer sowie Beiträge für Abfallbeseitigung, Straßenreinigung und Schmutz- und Niederschlagswasser, |
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138,49 Euro Beitrag für Wohngebäudeversicherung, |
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279,58 Euro Beitrag für Wasser und |
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67,37 Euro Schornsteinfegergebühr. |
In der Zeit von März 2006 bis Dezember 2006 waren monatlich 68 Euro Abschlag für die Lieferung von Gas für Heizung und Warmwasserbereitung zu entrichten.
Die Kläger bezogen vom 1. Januar 2005 bis 31. Juli 2006 Arbeitslosengeld II (Alg II) unter Berücksichtigung ihrer tatsächlichen Aufwendungen für das Eigenheim ohne Tilgungsleistungen. Im Bescheid vom 22. November 2004 hatte der Beklagte die Kläger darauf hingewiesen, dass die Aufwendungen für die Unterkunft unangemessen und zukünftig nur noch in angemessener Höhe zu übernehmen seien.
Auf ihren Antrag vom 3. August 2006 bewilligte der Beklagte den Klägern mit Bescheid vom 9. August 2006 Alg II in Höhe von insgesamt 685 Euro. Hierin enthalten waren Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 465,76 Euro. Den Widerspruch hiergegen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2006 zurück. Die angemessene Wohnungsgröße belaufe sich auf 75 qm für drei Personen. Da für die Stadt Nordhorn ein Mietspiegel nicht existiere, sei auf den Wert der rechten Spalte der Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) zurückzugreifen. Hiernach sei bei einer Mietstufe II für Nordhorn ein Betrag von 410 Euro als angemessene Kaltmiete inklusive Nebenkosten in Ansatz zu bringen. Die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 569,94 Euro überschritten den angemessenen Betrag und seien daher nicht in voller Höhe zu übernehmen. Tilgungsleistungen seien deshalb nicht zu berücksichtigen, weil die Schuldentilgung der Vermögensbildung diene.
Das Sozialgericht (SG) Osnabrück hat mit Urteil vom 29. Januar 2008 die Klage der Kläger abgewiesen. Es bestehe kein Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung. Dem Grunde nach zu berücksichtigen seien Aufwendungen für Zinsen, Gebühren, die Grundsteuer sowie Beiträge für die Wohngebäudeversicherung, Wasser, Abfallbeseitigung, Straßenreinigung sowie Schmutz- und Niederschlagswasser und die Schornsteinfegergebühr. Die Tilgungs- und Sparbeiträge seien nicht in Ansatz zu bringen, weil mit ihnen die aufgenommenen Darlehen zurückgezahlt und damit lastenfreies Eigentum erworben werde. Die Angemessenheitsgrenze habe der Beklagte zutreffend nach dem örtlichen Mietniveau bestimmt und dabei entsprechend den Richtlinien über die Soziale Wohnraumförderung in Niedersachsen als angemessene Wohnfläche für drei Personen 75 qm zu Grunde gelegt. Da es kein hinreichendes Datenmaterial zum Wohnungsmarkt in Nordhorn gebe, müsse für die angemessene Miete auf die Tabelle zu § 8 WoGG zurückgegriffen werden. Der Beklagte habe zwar für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 2. August 2006 die Zeitschriften "G Nachrichten", "G Wochenblatt" und "G Wochenblatt am Sonntag" ausgewertet. Darin seien 237 Mietangebote bis 75 qm inseriert gewesen. Es lägen jedoch keine Informationen zu Ausstattung, Lage und Bausubstanz der angebotenen Wohnungen vor. Der Kammer seien insofern auch keine Ermittlungen mehr möglich. Nach der Tabelle zu § 8 WoGG sei ein Betrag in Höhe von monatlich 410 Euro für die Kaltmiete angemessen. Die tatsächlichen Heizkosten für 75 qm in Höhe von 49,04 Euro seien mangels ausreichender Anhaltspunkte für eine konkrete Bezifferung entsprechend der Verordnung über Heizkostenabrechnungen um 18 Prozent im Hinblick auf die in der Regelleistung enthaltene Warmwasserpauschale zu kürzen und mit 40,21 Euro anzusetzen.
Zur Begründung der vom SG zugelassenen Sprungrevision tragen die Kläger vor, das SG habe den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt. Es habe nicht berücksichtigt, dass für das Gebiet der Stadt Nordhorn eine Mietdatenbank nach § 558e des Bürgerlichen Gesetzbuches existiere. Diese Datenbank werde sowohl vom Haus- und Grundbesitzerverein als auch vom Mieterverein anerkannt und hätte von dem Beklagten ausgewertet werden müssen. Der pauschale Rückgriff auf die Tabelle zu § 8 WoGG sei rechtswidrig. Unter Zugrundelegung der Rechtsaufassung des SG wäre der Beklagte zunächst verpflichtet gewesen, im gerichtlichen Verfahren ein schlüssiges Konzept zur Abbildung der ortsüblichen Miete vorzulegen. Schließlich hätte beim Fehlen valider Erkenntnismöglichkeiten ein Zuschlag in Höhe von 10 % gegeben werden müssen.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 29. Januar 2008 sowie den Bescheid des Beklagten vom 9. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2006 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihnen für die Zeit vom 3. August 2006 bis 31. Januar 2007 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 279,48 Euro zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die von den Klägern angeführte Mietdatenbank enthalte nur etwa 300 Wohnungsdaten und könne damit keine verlässliche Grundlage für eine Beurteilung des Preisniveaus auf dem örtlichen Wohnungsmarkt darstellen.
Entscheidungsgründe
Die Sprungrevisionen sind von den Klägern form- und fristgerecht eingelegt worden, § 161 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie sind im Sinne der Zurückverweisung begründet, § 170 Abs 2 und 4 SGG. Ob den Klägern ein höherer Anspruch auf Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II zukommt, kann nicht abschließend beurteilt werden, weil es insofern an notwendigen Feststellungen insbesondere zu den angemessenen Kosten der Unterkunft fehlt, die hier allein streitig sind (vgl zur Beschränkung des Streitgegenstandes BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 18 ff). Die geltend gemachten Ansprüche betreffen die Zeit vom 3. August 2006 bis 31. Januar 2007. Das Landessozialgericht (LSG) wird noch zu prüfen haben, ob der Bescheid vom 9. August 2006 durch Folgebescheide geändert oder ersetzt worden ist, § 96 SGG.
1. Die Kläger sind Berechtigte iS des § 7 Abs 1 SGB II idF des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl I 2014). Sie haben das 15. Lebensjahr vollendet, nicht jedoch das 65. Lebensjahr (§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB II). Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des SG sind sie iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II iVm § 8 Abs 1 SGB II erwerbsfähig und haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB II). In welchem Umfang die Kläger hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II iVm §§ 9, 11 und 12 SGB II sind, hat das SG nicht festgestellt. Das LSG wird noch zu ermitteln haben, ob und ggf in welcher Höhe zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen im streitigen Zeitraum vorhanden war.
Das SG ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass das selbst genutzte Hausgrundstück der Kläger zu 1 und 2 gemäß § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II nicht als verwertbares Vermögen zu berücksichtigen ist. Gemäß § 12 Abs 1 SGB II (idF des Vierten Gesetzes zur Änderung des SGB III und anderer Gesetze vom 19. November 2004 - BGBl I 2902) sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ist ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Bei dem Begriff der angemessenen Größe handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, jeweils RdNr 14). Nach dem Willen des Gesetzgebers folgt die Berücksichtigung von Vermögen im Rahmen des § 12 SGB II im Wesentlichen dem bisherigen Recht der Arbeitslosenhilfe (BT-Drucks 15/1516 S 53). Dort wurde ein Familienheim in Anlehnung an die Vorschriften des Zweiten Wohnungsbaugesetzes mit einer Größe von 130 qm als angemessen angesehen (vgl BSG SozR 4-4300 § 193 Nr 10 RdNr 24). Selbst wenn man bei dieser Beurteilung von einem Vier-Personen-Haushalt ausgeht und bei einer geringeren Bewohnerzahl die Wohnfläche um 20 qm pro Person reduziert (vgl BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, jeweils RdNr 21), wird mit 104 qm eine angemessene Wohnfläche für drei Personen hier nicht überschritten. Feststellungen zur Grundstücksgröße und ggf daran anknüpfend dessen gesonderter Verwertbarkeit wird das LSG noch zu treffen haben (vgl BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, jeweils RdNr 29).
2. In welcher Höhe hier neben den Bedarfen an Regelleistungen ein nach § 22 SGB II zu deckender Bedarf besteht, kann anhand der Feststellungen des SG nicht entschieden werden. Nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. In welchem Umfang dies bei den von den Klägern geltend gemachten tatsächlichen Kosten der Fall ist, kann nicht abschließend beurteilt werden. Für den Monat Januar 2007 fehlt es bereits an konkreten Feststellungen zur Höhe der angefallenen Kosten. Ausgehend von seiner Rechtsauffassung hat das SG auch nicht geprüft, ob die Voraussetzungen für eine Übernahme der Tilgungsraten vorlagen (vgl dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 13).
Die Angemessenheit der tatsächlichen Wohnungskosten ist nach der Rechtsprechung des BSG (BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 24; BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3 RdNr 19 ff; Nr 12 RdNr 18) in mehreren Schritten zu prüfen: Zunächst bedarf es der Feststellung, welche Größe die von der Bedarfsgemeinschaft bewohnte Wohnung hat, sodann ist der Wohnungsstandard zu berücksichtigen. Angemessen sind die Aufwendungen für eine Wohnung, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Die Wohnung muss im unteren Segment der nach der Größe in Betracht kommenden Wohnungen in dem räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bildet. Dabei ist als räumlicher Maßstab in erster Linie der Wohnort des Hilfebedürftigen maßgebend. Schließlich ist zu überprüfen, ob auch die konkrete Möglichkeit besteht, eine abstrakt als angemessen angesehene Wohnung auf dem Wohnungsmarkt anzumieten (BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 22).
a) Diese zu Mietwohnungen entwickelten Grundsätze gelten auch, soweit Hilfebedürftige ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II bewohnen (BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, jeweils RdNr 35). Die Angemessenheit des Hausgrundstücks iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II indiziert nicht die Angemessenheit der Unterkunftskosten für dieses Haus iS des § 22 SGB II. § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ist eine rein vermögensrechtliche Schutzvorschrift gegenüber dem Verwertungsbegehren des Grundsicherungsträgers, wirkt sich aber nicht auf die Höhe der nach § 22 SGB II zu übernehmenden Unterkunftskosten aus (vgl BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, jeweils RdNr 24). § 22 Abs 1 SGB II sieht insofern ohne Differenzierung danach, ob der Wohnbedarf durch Eigentum oder Miete gedeckt wird, Leistungen für Unterkunft und Heizung bis zur Grenze der Angemessenheit vor. Aus diesem Grund sind auch nicht die für Hauseigentum, sondern die für Mietwohnungen geltenden Wohnflächengrenzen bei der Angemessenheitsprüfung im Rahmen des § 22 SGB II zu berücksichtigen (BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, jeweils RdNr 35). Ansonsten ergäbe sich im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot in Art 3 Abs 1 Grundgesetz eine nicht gerechtfertigte Privilegierung von Haus- und Wohnungseigentümern gegenüber Mietern. Der Eigentümer ist ebenso wenig wie der Mieter davor geschützt, dass sich wegen unangemessen hoher Unterkunftskosten die Notwendigkeit eines Wohnungswechsels ergeben kann (vgl hierzu auch Urteil des erkennenden Senats vom 27. Februar 2008 - B 14/7b AS 70/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 8). Dies steht nicht in einem Wertungswiderspruch zum Verwertungsausschluss des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II. Zweck dieser Regelung ist nicht der Schutz der Immobilie als Vermögensgegenstand, sondern allein der Schutz der Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses "Wohnen" und als räumlicher Lebensmittelpunkt (BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, jeweils RdNr 13; BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, jeweils RdNr 35). Das dort genannte "Schonvermögen" soll der Hilfebedürftige deshalb nicht verwerten müssen. Die erforderlichen laufenden Leistungen zur Beibehaltung des räumlichen Lebensmittelpunktes werden aber nach § 22 Abs 1 SGB II Mietern wie Eigentümern nur im Rahmen der Angemessenheit gewährt.
b) Es sind daher für die Angemessenheit der Kosten eines Eigenheims wie bei einer Mietwohnung die anerkannte Wohnungsgröße für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau und die Aufwendungen für eine Wohnung dieser Größe mit unterem Wohnstandard zu Grunde zu legen. Abzustellen ist für die Angemessenheit der Aufwendungen auf Wohnungen im unteren Segment der nach der Größe in Betracht kommenden Wohnungen im räumlichen Bereich, der den Vergleichsmaßstab bildet (BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 20; BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, jeweils RdNr 36). Welche Kosten hier für dieses Preissegment konkret zu Grunde zu legen sind, kann nach den Feststellungen des SG nicht beurteilt werden.
Zutreffend sind der Beklagte und das SG von einer angemessenen Wohnungsgröße von 75 qm ausgegangen. Grundlage für die Bestimmung der Wohnungsgröße ist § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung vom 13. September 2001 (WoFG, BGBl I 2376). Danach können die Länder im geförderten Mietwohnungsbau die Anerkennung von bestimmten Grenzen für Wohnungsgrößen nach Grundsätzen der Angemessenheit regeln. Hierbei erlassen die einzelnen Bundesländer Richtlinien. In Niedersachsen finden sich die Richtlinien über die Soziale Wohnraumförderung (Wohnraumförderungsbestimmungen - WFB 2003 -) in einem Runderlass vom 27. Juni 2003 (Nds Ministerialblatt 2003, Heft 27, S 580). Gemäß Ziffer B Nr 11.2 der WFB 2003 gilt zwar bei Mietwohnungen für drei Haushaltsmitglieder eine Wohnfläche bis 75 qm als angemessen. Nach den bisherigen Feststellungen des SG kommt eine Erhöhung der angemessenen Wohnfläche nach Ziffer B Nr 11.4 der WFB 2003 nicht in Betracht.
Nicht beurteilen kann der Senat, welcher angemessene Mietpreis zugrundezulegen ist. Die Angemessenheit des Mietpreises ist unter Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten konkret zu ermitteln (vgl BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 19). Räumlicher Vergleichsmaßstab ist in erster Linie der Wohnort des Hilfebedürftigen (vgl BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 24). Das SG hat insoweit zu Recht auf das Gebiet der Stadt Nordhorn abgestellt. In diesem Raum ist das Mietniveau des unteren Segments für Wohnungen von angemessener Größe festzustellen. Dabei ist nicht nur auf die tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen abzustellen, sondern auch auf vermietete Wohnungen (Bundessozialgericht ≪BSG≫ Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R). Die Tabellenwerte in § 8 WoGG stellen grundsätzlich keinen geeigneten Maßstab für die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft dar, weil sie zum einen die örtlichen Gegebenheiten nicht angemessen widerspiegeln und zum anderen nicht darauf abstellen, ob der Wohnraum bedarfsangemessen ist (vgl BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 17, 18; BSG, Urteil des Senates vom 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R). Ein Rückgriff auf die Tabellenwerte oder auf die zulässigen Mietgrenzen der in Ergänzung zum WoFG erlassenen landesrechtlichen Wohnraumförderungsbestimmungen, ggf mit der Prüfung eines Unbilligkeiten ausgleichenden Zuschlags, kommt allenfalls dann in Betracht, wenn alle anderen Erkenntnismöglichkeiten und -mittel zur Ermittlung der Angemessenheit des Wohnraums iS des § 22 Abs 1 SGB II ausgeschöpft sind (BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 18, 23; BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, jeweils RdNr 36 mwN). Ob dies hier der Fall ist, kann nicht beurteilt werden.
Vom Fehlen lokaler Erkenntnismöglichkeiten kann nicht bereits dann ausgegangen werden, wenn ein qualifizierter Mietspiegel iS des § 558d BGB nicht existiert. Es können vielmehr auch andere "Mietdatenbanken", die auf einem schlüssigen Konzept beruhen und eine hinreichende Gewähr dafür bieten, dass sie die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergeben, herangezogen werden (BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R; vgl dazu Butzer/Keller, "Grundsicherungsrelevante Mietspiegel" als Maßstab der Angemessenheitsprüfung nach § 22 SGB II, NZS 2009, 65 ff). Ob eine solche Erkenntnisquelle zur Verfügung steht, vermag der Senat nicht zu beurteilen, weil das SG insoweit keine hinreichenden Feststellungen getroffen hat. Es hat allerdings zu Recht ausgeführt, dass die von der Beklagten vorgelegte Auswertung von Wohnungsanzeigen in drei lokalen Zeitungen keine ausreichende Datengrundlage bietet. Abgesehen davon, dass bereits offen bleibt, welche der Wohnungen "bis" 75 qm nach Quadratmeter- und Zimmerzahl für einen 3-Personen-Haushalt tatsächlich in Betracht kommen, hat das SG zu Recht darauf hingewiesen, dass es an Informationen zu Ausstattung, Lage und Bausubstanz der Wohnungen fehlt.
Welche weiteren Erkenntnismöglichkeiten bestehen und ob ggf eine hinreichende Datengrundlage zur Bestimmung des Begriffs der "Angemessenheit" gewonnen werden kann, vermag der Senat nicht zu beurteilen, weil das SG nachträgliche Ermittlungen zur angemessenen Miete nicht für möglich gehalten hat. In Betracht kommen aber Nachfragen, etwa bei örtlichen Wohnungsbaugenossenschaften, den Verbänden der Vermieter und der Mieter nach den dort erstellten oder anerkannten Daten oder bei den zuständigen Behörden nach den durchschnittlichen Mietpreisen bei Wohngeldfällen (zu den denkbaren Beweismitteln vgl Urteil des Senats vom 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R, FEVS 60, 145 sowie Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, DSGT Praktikerleitfaden, S 17 unter B I 1 a bb ≪3≫). Erkenntnisse über den lokalen Wohnungsmarkt könnten sich im übrigen auch aus einer Gesamtschau der verfügbaren Daten aus den verschiedenen Quellen ergeben. Die umfassende Ermittlung der Daten ist grundsätzlich schon für eine sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig und in einem Rechtsstreit sind sie vom Grundsicherungsträger vorzulegen. Entscheidet der Grundsicherungsträger ohne eine hinreichende Datengrundlage, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 Satz 1 2. Halbsatz SGG gehalten, dem Gericht eine möglichst zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen. Es kann von dem gemäß § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II für die Leistungen nach § 22 SGB II zuständigen kommunalen Träger erwartet werden, dass er die bei ihm vorhandenen Daten sowie die personellen und/oder sachlichen Voraussetzungen für die Erhebung und Auswertung der erforderlichen Daten zur Verfügung stellt.
Innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Eingang der Akten der Behörde besteht für das Sozialgericht vor diesem Hintergrund auch die Möglichkeit, nach § 131 Abs 5 SGG den angefochtenen Verwaltungsakt aufzuheben, wenn es eine weitere Aufklärung für erforderlich hält und die noch erforderlichen Ermittlungen nach Art und Umfang erheblich sind. Die Belange der Beteiligten können dadurch gewahrt werden, dass das Gericht bis zum Erlass eines neuen Verwaltungsaktes eine einstweilige Regelung trifft, § 131 Abs 5 Satz 2 SGG, die auch in der Verpflichtung zur Fortzahlung der tatsächlichen Unterkunftskosten bestehen kann.
Zeitlicher Anknüpfungspunkt für die Ermittlungen zur Bestimmung der "Angemessenheit" ist dabei grundsätzlich der streitige Zeitraum. Zwar mag bereits in der Zeit davor, auf die das SG hier abgestellt hat, eine Obliegenheit zur Kostensenkung bestanden haben, auf die auch im Bewilligungsbescheid aus November 2004 hingewiesen wurde (vgl zur Aufklärungs- und Warnfunktion BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 29; BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 8). Da die angemessene Referenzmiete aber stets den Maßstab für die konkrete Leistung des Grundsicherungsträgers bildet, muss sie dem aktuellen Stand im Bewilligungszeitraum entsprechen.
Erst nach einer dergestalt durchgeführten Prüfung der abstrakten Angemessenheit kann auch die konkrete Angemessenheit beurteilt werden. Sind die tatsächlichen Kosten der Unterkunft höher als die angemessene Referenzmiete, kommt die Erstattung der tatsächlichen Kosten nur in Betracht, wenn der Hilfebedürftige auf dem für ihn maßgeblichen Wohnungsmarkt tatsächlich eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung konkret nicht anmieten kann (vgl BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 22; BSG Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R).
c) Wie bei Mietwohnungen sind auch bei Wohneigentum die tatsächlichen Heizkosten zu übernehmen, soweit diese angemessen sind. Die Heizkosten der Kläger überschreiten die Grenze der Angemessenheit hier jedenfalls in der Zeit vom 3. August bis zum 31. Dezember 2006 nicht. Für den Januar 2007 wird das LSG die tatsächlichen Heizkosten noch festzustellen und auf ihre Angemessenheit zu überprüfen haben.
Die Kosten der Heizung sind - ebenso wie die Kosten der Unterkunft - nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit sie angemessen sind. Bei der Angemessenheitsprüfung ist ein konkret-individueller Maßstab anzulegen. Die Angemessenheitsprüfung hat dabei getrennt von der Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten zu erfolgen. Die tatsächlich anfallenden Kosten sind als angemessen anzusehen, soweit sie nicht einen Grenzwert überschreiten, der unangemessenes Heizen indiziert.
aa) Die in § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II vorgesehene, am Einzelfall orientierte Angemessenheitsprüfung für die Heizkosten hat grundsätzlich getrennt von der Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten zu erfolgen. Dafür sprechen schon Wortlaut und Systematik des § 22 Abs 1 SGB II, der ausdrücklich zwischen Unterkunft und Heizung unterscheidet. Zudem sollten der Gesetzesbegründung zufolge die Kosten für Unterkunft und Heizung "wie in der Sozialhilfe" in tatsächlicher, angemessener Höhe berücksichtigt werden (BT-Drucks 15/1516 S 57), insoweit also an die Rechtslage nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) angeknüpft werden. § 3 der Verordnung zur Durchführung des § 22 des Bundessozialhilfegesetzes (Regelsatzverordnung - RegSatzV) in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung des Gesetzes vom 23. Juli 1996 (BGBl I 1088) unterscheidet aber noch deutlicher als § 22 Abs 1 SGB II zwischen den in § 3 Abs 1 RegSatzV geregelten laufenden Unterkunftskosten und den in § 3 Abs 2 RegSatzV geregelten laufenden Leistungen für die Heizung (vgl zur Rechtslage nach dem BSHG im Einzelnen Schellhorn/Schellhorn, BSHG, 16. Aufl 2002, § 12 RdNr 35 ff; Mergler in ders/Zink, BSHG, Stand: November 1993, § 12 RdNr 31 ff; Wenzel in Fichtner, BSHG, 2. Aufl 2003, § 12 RdNr 30 ff). Auch die Entstehungsgeschichte spricht damit für eine getrennte Angemessenheitsprüfung als gesetzgeberisches Grundkonzept.
Die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze für Unterkunfts- und Heizkosten im Sinne einer sog erweiterten Produkttheorie (dazu Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 46d; Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, aaO, S 26; Gühlstorf, ZfF 2007, 73, 74 f; vgl aus der Praxis zuletzt etwa die Ausführungsvorschriften zur Gewährung von Leistungen gemäß § 22 SGB II und §§ 29 und 34 SGB XII der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales des Landes Berlin vom 10. Februar 2009) würde demgegenüber die Festlegung eines als abstrakt angemessen anzusehenden Heizkostenpreises pro Quadratmeter für eine "einfache" Wohnung (gestaffelt nach abstrakt angemessenen Wohnungsgrößen) im unteren Segment des Wohnungsmarktes erfordern. Es ist nicht erkennbar, wie ein solcher abstrakter Wert als notwendiger Faktor für eine als abstrakt angemessen anzusehende Bruttowarmmiete von den Trägern der Grundsicherung und der Rechtsprechung verlässlich ermittelt werden könnte. Es müssten in einen solchen Wert neben dem als angemessen anzusehenden Heizverhalten des Einzelnen etwa auch klimatische Bedingungen, ständig wechselnde Energiepreise, der Energieträger, vor allem aber auch der im entsprechenden Mietsegment "typische" Gebäudestandard und der technische Stand einer als "typisch" anzusehenden Heizungsanlage einfließen. Datenmaterial, das eine allgemeingültige Aussage bezogen auf Heizkosten in dem in Betracht zu ziehenden Marktsegment der "einfachen" Wohnungen zulässt, liegt nicht vor. Ermittlungsmöglichkeiten hierzu sind nicht ersichtlich. Ein Rückgriff auf einen weniger ausdifferenzierten Wert (etwa auf Durchschnittswerte aller Verbraucher bezogen auf den jeweiligen örtlichen Bereich oder das Bundesgebiet) würde demgegenüber eine Pauschalierung von Kosten der Heizung bedeuten, die nach dem Konzept des SGB II dem Verordnungsgeber vorbehalten ist (vgl § 27 Nr 1 SGB II).
Soweit der Beklagte die tatsächlichen Heizkosten der Kläger nur in dem Verhältnis als angemessen anerkannt hat, in dem die abstrakt angemessene Wohnungsfläche zur tatsächlichen Wohnungsfläche steht (also nach dem sog "Flächenüberhangprinzip"), ist dies mit der Funktion der Angemessenheitsgrenze, lediglich die Übernahme unverhältnismäßig hoher Heizkosten auszuschließen, nicht zu vereinbaren. Aus der Größe der Wohnung alleine lässt sich nicht der Schluss ziehen, für die Wohnung aufgewandte Heizkosten seien unangemessen hoch. Dem Hilfebedürftigen ist es grundsätzlich möglich, eine nach der Quadratmeterzahl unangemessen große Wohnung, die auf Grund eines niedrigen Quadratmeterpreises aber angemessene Kosten der Unterkunft nach sich zieht, etwa durch sparsames Heizverhalten oder auf Grund der überdurchschnittlichen Energieeffizienz der Wohnung auch zu angemessenen Kosten zu beheizen. Deshalb kommt es für die Angemessenheitsprüfung hinsichtlich der Heizkosten nicht darauf an, ob bezogen auf die konkret vom Hilfebedürftigen bewohnte Wohnung einzelne, für die Bestimmung angemessener Unterkunftskosten relevante Faktoren wie die Wohnungsgröße abstrakt unangemessen hoch sind. Es spielt für die Höhe der Heizkosten mithin keine Rolle, ob die Wohnung der Kläger "eigentlich" nur eine Größe von 75 qm hätte haben dürfen. Dieser Wert aus der Angemessenheitsprüfung der Unterkunftskosten rechtfertigt jedenfalls keine anteilige Kürzung der tatsächlichen Heizkosten.
bb) Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Heizkosten in jedem Falle und in jeder Höhe zu übernehmen sind. Insofern stehen auch die Heizkosten gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II unter dem Leistungsvorbehalt der "Angemessenheit". Eklatant kostspieliges oder unwirtschaftliches Heizen ist auch vom Grundsicherungsträger nicht zu finanzieren. Anhaltspunkte dafür, dass die Heizkosten unangemessen hoch sind, können sich insbesondere daraus ergeben, dass die tatsächlich anfallenden Kosten die durchschnittlich aufgewandten Kosten aller Verbraucher für eine Wohnung der den abstrakten Angemessenheitskriterien entsprechenden Größe signifikant überschreiten. Zur Bestimmung eines solchen Grenzwertes hält es der Senat für den Regelfall einer mit Öl, Erdgas oder Fernwärme beheizten Wohnung für möglich, die von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund erstellten und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten "Kommunalen Heizspiegel" bzw - soweit diese für das Gebiet des jeweiligen Trägers fehlen - den "Bundesweiten Heizspiegel" heranzuziehen (so auch Gerenkamp in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, Stand: Juli 2008, § 22 SGB II RdNr 19).
Aus dem "Bundesweiten Heizspiegel", der auf bundesweit erhobenen Heizdaten von rund 63.000 zentral beheizten Wohngebäuden basiert, was hinreichend repräsentativ erscheint und der seit 2005 jährlich veröffentlicht wird (vgl http://www.heizspiegel.de; wegen der Heizspiegel für vergangene Jahre vgl die Datenbank unter http://www.mieterbund.de), ergeben sich Vergleichswerte für öl-, erdgas- und fernwärmebeheizte Wohnungen gestaffelt nach der von der jeweiligen Heizungsanlage zu beheizenden Wohnfläche, die hinsichtlich des Heizenergieverbrauchs zwischen "optimal", "durchschnittlich", "erhöht" und "extrem hoch" unterscheiden. Der Grenzwert, den der Senat zu Grunde legt, ist das Produkt aus dem Wert, der auf "extrem hohe" Heizkosten bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die Größe der Wohnanlage hindeutet (rechte Spalte), und dem Wert, der sich für den Haushalt des Hilfebedürftigen als abstrakt angemessene Wohnfläche nach den Ausführungsbestimmungen der Länder zu § 10 Abs 1 Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) bzw § 5 Abs 2 Wohnungsbindungsgesetz aF (WoBindG) ergibt. Insofern wird der Wert für extrem hohe Heizkosten nur bezogen auf die angemessene Quadratmeterzahl zu Grunde gelegt, was bereits ein Korrektiv hinsichtlich der Höhe der Heizkosten darstellt, zugleich aber auch die Vergleichbarkeit der Heizkosten mit denen einer typischerweise angemessenen Wohnung ermöglicht. Der Grundsicherungsempfänger kann also im Regelfall die tatsächlichen Heizkosten nur bis zur Obergrenze aus dem Produkt des Wertes für extrem hohe Heizkosten mit der angemessenen Wohnfläche (in Quadratmetern) geltend machen. Dabei ist den Kommunalen Heizspiegeln, die für Städte mit mehr als 50.000 Einwohner erstellt werden können - und die in Zusammenarbeit mit den Städten auf der Grundlage der dort vorhandenen Datenbanken erarbeitet werden -, wegen der ortsbezogenen Datenauswertung der Vorzug zu geben. Ist ein solcher kommunaler Heizspiegel nicht vorhanden, so kann auf den "Bundesweiten Heizspiegel" zurückgegriffen werden.
Soweit die konkret geltend gemachten tatsächlichen Heizkosten den auf dieser Datengrundlage zu ermittelnden Grenzwert überschreiten, besteht Anlass zu der Annahme, dass diese Kosten auch unangemessen hoch iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind. Dies lässt sich damit rechtfertigen, dass die vom Senat gewählte Grenze bereits unwirtschaftliches und tendenziell unökologisches Heizverhalten berücksichtigt. Darüber hinausgehende Heizkosten entstehen dann offensichtlich aus einem Verbrauch, der dem allgemeinen Heizverhalten in der Bevölkerung nicht mehr entspricht. Ein Grenzwert auf Grundlage der ungünstigsten Verbrauchskategorie trägt dabei dem Gesichtspunkt Rechnung, dass die im Einzelfall entstehenden Heizkosten von Faktoren abhängen, die dem Einfluss des Hilfesuchenden weitgehend entzogen sind. Empfänger von Arbeitslosengeld II, deren angemessene Aufwendungen für die Unterkunft sich an Wohnungen des unteren Marktsegments orientieren, dürften dabei typischerweise älteren Wohnraum mit einem unterdurchschnittlichen Energiestandard nutzen. Soweit jedoch der genannte Grenzwert erreicht ist, sind auch von einem Hilfebedürftigen Maßnahmen zu erwarten, die zur Senkung der Heizkosten führen. Es obliegt in solchen Fällen dann dem Hilfesuchenden, konkret vorzubringen, warum seine Aufwendungen für die Heizung über dem Grenzwert liegen, im jeweiligen Einzelfall aber gleichwohl noch als angemessen anzusehen sind.
Der maßgebliche Grenzwert wurde hier jedenfalls in der Zeit vom 3. August 2006 bis 31. Dezember 2006 nicht überschritten. Die Heizkosten der Kläger betrugen nach den Feststellungen des SG in diesem Zeitraum 68 Euro monatlich. Mangels eines einschlägigen regionalen Heizspiegels ist der Grenzwert dem bundesweiten Heizspiegel zu entnehmen. Da die in dem Heizspiegel ausgewiesenen Beträge Kosten für die Warmwasserbereitung nicht enthalten, ist zunächst eine entsprechende Bereinigung der tatsächlichen Heizkosten vorzunehmen. Ein Abzug in Höhe von je 5,60 Euro für die Kläger zu 1 und 2 und von 4,98 Euro für den Kläger zu 3 monatlich für die Warmwasserkosten (vgl BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5, jeweils RdNr 25) ergibt bereinigte tatsächliche Kosten in Höhe von 51,82 Euro monatlich und hochgerechnet 621,84 Euro jährlich. Unter Zugrundelegung einer angemessenen Wohnungsgröße von 75 qm ergibt sich mit 8,29 Euro (621,84 : 75) ein Wert, der sowohl nach dem bundesweiten Heizspiegel für das Jahr 2006 als auch für das Jahr 2007 im unterdurchschnittlichen Bereich der Kosten für erdgasbeheizte Gebäude mit einer Gebäudefläche von 100 bis 250 qm (≪8,70 Euro bzw ≪8,30 Euro) liegt.
Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Rechtsstreits zu befinden haben.
Fundstellen