Entscheidungsstichwort (Thema)
Neuberechnung einer Altersrente unter Ermittlung von persönlichen Entgeltpunkten für Zeiten der fiktiven Beitragsleistung in einem Ghetto nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto. Rechtsfortbildung
Leitsatz (amtlich)
Im Ausland lebende Verfolgte, die eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung in einem Ghetto ausgeübt haben, haben bei Antragstellung bis 30.6.2003 auch dann ab 1.7.1997 Anspruch auf Berücksichtigung persönlicher Entgeltpunkte aus den Ghetto-Beitragszeiten bei Zahlung ihrer Rente, wenn sie bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG – juris: GhettoG) vom 20.6.2002 Rentenbezieher waren.
Normenkette
SGB VI § 113 Abs. 1, §§ 300, 306 Abs. 1, § 317; GhettoG § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 3 Abs. 1 S. 1; GhettoG/SGB6ÄndG Art. 1, 3 Abs. 2; SGB X § 48 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 1; WGSVGÄndG Art. 4 § 2; RVO § 1318; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Sprungrevision der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 21. Juli 2004 und der Bescheid der Beklagten vom 26. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. September 2003 aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin unter Änderung ihres Bescheids vom 15. Dezember 1998 ab 1. Juli 1997 höhere Regelaltersrente unter Berücksichtigung zusätzlicher Entgeltpunkte aus den Beitragszeiten von Februar 1942 bis August 1944 zu gewähren.
Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten über die Gewährung höherer Regelaltersrente ins Ausland nach den Vorschriften des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG).
Die am 8. Februar 1926 in Lodz/Polen geborene Klägerin ist jüdischer Abstammung und als Verfolgte iS des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes anerkannt. Auf ihren Antrag vom 30. November 1991 gewährte ihr die Beklagte – nach Entrichtung eines freiwilligen Beitrags – durch Bescheid vom 15. Dezember 1998 ab 1. Dezember 1991 Altersruhegeld unter Anerkennung von Pflichtbeiträgen nach der Versicherungsunterlagen-Verordnung von Februar 1942 bis August 1944 sowie unter Berücksichtigung von Ersatzzeiten. In Anwendung der §§ 1318 ff der Reichsversicherungsordnung (RVO) ergab sich ein monatlicher Auslandszahlbetrag in Höhe von (zunächst) DM 3,90.
Den am 11. Juli 2002 unter Bezugnahme auf das ZRBG gestellten Antrag der Klägerin auf “Zahlung bzw Vollzahlung der Rente” legte die Beklagte als Antrag auf Neufeststellung der bisher gezahlten Rente unter Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten im Ghetto nach Maßgabe des ZRBG aus und lehnte diesen durch Bescheid vom 26. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. September 2003 ab, weil der Rentenbeginn vor dem Inkrafttreten des ZRBG am 1. Juli 1997 liege; § 306 Abs 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) stelle aber klar, dass aus Anlass einer Rechtsänderung die einer Rente zugrunde liegenden persönlichen Entgeltpunkte grundsätzlich nicht neu zu bestimmen seien, wenn vor dem Zeitpunkt der Änderung rentenrechtlicher Vorschriften ein Anspruch auf Leistung der Rente bestanden habe. Die Übergangsvorschrift des Art 4 § 2 Abs 1 des “Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG)” finde auf die Vorschriften des ZRBG keine – direkte oder analoge – Anwendung; zwar ergänze das ZRBG die Vorschriften des WGSVG, es handele sich insoweit jedoch um eine eigenständige gesetzliche Regelung und die Vorschriften des ZRBG und des WGSVG bestünden nebeneinander.
Das Sozialgericht Düsseldorf (SG) hat die Klage durch Urteil vom 21. Juli 2004 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Nach § 48 Abs 1 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) sei ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nur insoweit für die Zukunft aufzuheben, als in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen hätten, eine wesentliche Änderung eingetreten sei. Eine solche wesentliche Änderung sei im Erlass des ZRBG vom 20. Juni 2002 nicht zu erblicken; denn nach § 306 Abs 1 SGB VI würden aus Anlass von Rechtsänderungen die einer Rente zugrunde gelegten persönlichen Entgeltpunkte nicht neu bestimmt, soweit Anspruch auf Leistung einer Rente schon vor dem Zeitpunkt einer Änderung rentenrechtlicher Vorschriften bestanden habe. Hiervon abweichende spezialgesetzliche Vorschriften fehlten. Entgegen der Auffassung der Klägerin beziehe sich § 306 SGB VI auf alle rentenrechtlichen Vorschriften und damit auch auf die Vorschriften des ZRBG. Etwas anderes folge nicht aus Art 4 Abs 2 Satz 1 “WGSVG”, wonach Anspruch auf Neufeststellung der Rente bestehe, wenn aufgrund “dieses Gesetzes” ein Anspruch auf eine höhere Rente begründet werde. Diese Vorschrift sei in Bezug auf das ZRBG nicht einschlägig. Regelungsziel des § 306 SGB VI sei gerade, aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität eine Neubestimmung von Renten aufgrund von Rechtsänderungen nicht vorzunehmen (BT-Drucks 11/4124, S 207).
Mit der – vom SG zugelassenen – Sprungrevision rügt die Klägerin sinngemäß eine Verletzung der § 48 SGB X, §§ 300, 306 Abs 1 SGB VI und des Art 4 Abs 2 WGSVG-Änderungsgesetz (WGSVG-ÄndG). Sie ist der Ansicht: Das ZRBG, das nicht besonderer Teil des SGB geworden sei, vermöge Vorschriften des SGB VI nicht aufzuheben oder zu ändern. Die Regelungen des § 306 Abs 1 SGB VI könnten nicht angewendet werden, weil es sich hierbei um eine Sondervorschrift iS des § 300 Abs 5 SGB VI (“… soweit in den folgenden Vorschriften nichts anderes bestimmt ist”) zu den in § 300 Abs 1 bis Abs 4 SGB VI enthaltenen Einzelbestimmungen handele.
Änderungen des SGB VI, die nach § 300 Abs 1 iVm Abs 3 SGB VI grundsätzlich zu einer Neufeststellung der Rente führten, seien nach § 306 SGB VI dann ausgeschlossen, wenn sich dadurch lediglich eine Neufeststellung der persönlichen Entgeltpunkte ergebe. § 306 Abs 1 SGB VI könne wegen § 300 Abs 5 SGB VI nicht losgelöst von den Absätzen 1 bis 4 dieser Vorschrift gesehen werden. Diese Bestimmung sei nur einschlägig, wenn sich Vorschriften des SGB VI änderten; wenn das ZRBG die Neufeststellung der Renten von am 30. Juni 1997 vorhandenen Rentenempfängern offen lasse und nicht ausdrücklich verbiete, bestehe keine rechtliche Veranlassung, § 306 Abs 1 SGB VI als generalisierende Regelung jenseits der Funktion dieser Vorschrift im Rahmen von § 300 SGB VI anzuwenden und die Neufeststellung zu versagen. Das Gebot der Neufeststellung ergebe sich aber ausdrücklich aus § 1 Abs 2 ZRBG iVm Art 4 § 2 WGSVG-ÄndG als spezialgesetzlicher Regelung, wonach die bisher bezogene Rente in Anwendung des ZRBG neu festzustellen sei. Auch das ZRBG verfolge das Ziel, nationalsozialistisches Unrecht in der Sozialversicherung wieder gut zu machen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 21. Juli 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 26. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. September 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, höhere Altersrente unter Berücksichtigung zusätzlicher Entgeltpunkte aus den Beitragszeiten von Februar 1942 bis August 1944 ins Ausland zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Sprungrevision ist zulässig. Nachdem der Revisionsschrift zunächst nur eine Einverständniserklärung der Beklagten “mit der Zulassung der Sprungrevision” (vom 16. August 2004) beigefügt war, hat die Klägerin die erforderliche Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision (§ 161 Abs 1 Sätze 1 und 3 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫) innerhalb der Revisionseinlegungsfrist (zur Rechtzeitigkeit insoweit vgl Meyer-Ladewig, SGG-Komm, 7. Aufl 2002, RdNr 4b zu § 161 mwN) nachgereicht.
Der Streitgegenstand beschränkt sich auf die Verpflichtung der Beklagten, aufgrund der Vorschriften des ZRBG wegen einer Änderung in den rechtlichen Verhältnissen iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X die der Klägerin zu zahlende Altersrente unter Ermittlung von persönlichen Entgeltpunkten (pEP) für Zeiten der fiktiven Beitragsleistung im Ghetto Lodz neu zu berechnen.
Die Revision ist auch begründet. Soweit die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden die Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten in Anwendung des ZRBG abgelehnt hat, erweisen sich diese Bescheide als rechtswidrig. Sie waren daher ebenso aufzuheben wie das sie bestätigende Urteil des SG. Die Beklagte war zu verurteilen, den Bescheid vom 15. Dezember 1998 zu ändern; die Klägerin hat gegen die Beklagte ab 1. Juli 1997 Anspruch auf Zahlung höherer Rente (auch) aus den (fiktiven) Beitragszeiten, die sie während ihres Aufenthaltes im Ghetto Lodz zurückgelegt hat; aus diesen sind nunmehr auch bei Zahlung der Rente ins Ausland persönliche pEP zu ermitteln (§ 113 Abs 1 Nr 1 SGB VI).
Der Anspruch der Klägerin folgt aus § 48 Abs 1 Satz 1 iVm Satz 2 Nr 1 SGB X iVm § 2 Abs 1 Nr 2 iVm § 1 Abs 1 ZRBG und § 3 Abs 1 Satz 1 ZRBG. Denn durch das Inkrafttreten des als Art 1 des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto und zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vom 20. Juni 2002 (BGBl I 2074 -ZRBG/SGB VI-ÄndG) verkündeten ZRBG rückwirkend zum 1. Juli 1997 (Art 3 Abs 2 ZRBG/SGB VI-ÄndG) ist ab diesem Zeitpunkt eine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen eingetreten, die bei Erlass des Altersruhegeldbescheids vom 15. Dezember 1998 vorgelegen haben. Nach den vorgenannten Vorschriften des ZRBG gelten für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto Beiträge “für die Erbringung von Leistungen ins Ausland als Beiträge für eine Beschäftigung im Bundesgebiet” als gezahlt. Diese Fiktion besagt, dass Beiträge – auch solche Beiträge, wie sie die Beklagte bei der Klägerin für die Zeit von Februar 1942 bis August 1944 anerkannt hat – als nach Bundesrecht entrichtet gelten. Diese Fiktion sieht der Gesetzgeber des ZRBG ausdrücklich für die Erbringung von Leistungen ins Ausland vor; Ziel der Bestimmung ist es also, entgegenstehendes Auslandszahlungsrecht auf den Personenkreis des § 1 ZRBG nicht anzuwenden; dieses wird partiell modifiziert.
Rechtsfolge dieser Änderung ist die Aufhebung des (ursprünglichen) Verwaltungsakts mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an, weil die Änderung zugunsten der Betroffenen erfolgt ist, hier also ab 1. Juli 1997.
Die Rechtsänderung durch Inkrafttreten des ZRBG ist auch “wesentlich” iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X, weil im Rentenbewilligungsbescheid vom 15. Dezember 1998 fiktive Beitragszeiten von Februar 1942 bis August 1944 aufgrund einer Beschäftigung im Ghetto Lodz anerkannt worden waren; diese wurden jedoch für die Berechnung der (Auslands-)Rente der Klägerin nicht herangezogen, weil es sich nicht um im Geltungsbereich der RVO (Stand: Beginn des Altersruhegeldes ab 1. Dezember 1991) zurückgelegte Beitragszeiten (iS des § 1318 RVO – Bundesgebiets-Beitragszeiten) handelte. Nach damaligem Recht waren diese Zeiten für ins Ausland zu zahlende Renten nicht berücksichtigungsfähig.
Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse iS des § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X ist – wie bereits ausgeführt – der 1. Juli 1997 (Inkrafttreten des ZRBG gemäß Art 3 Abs 2 ZRBG/SGB VI-ÄndG; zur Anwendung des § 48 Abs 1 SGB X auf rückwirkende Rechtsänderungen vgl BSG Teil-Urteil vom 28. Mai 1997 – SozR 3-2600 § 93 Nr 3 und Senatsurteil vom 26. August 1994 – 13 RJ 29/93 – HVBG-Info 1994, 2711, veröffentlicht auch bei Juris). Einem Anspruch der Klägerin ab 1. Juli 1997 steht auch § 48 Abs 4 Satz 1 iVm § 44 Abs 4 SGB X (lediglich vierjährige Rückwirkung ab Antragstellung, hier also an sich Zahlung erst ab 1. Januar 1998) nicht entgegen; die Klägerin ist nach der Spezialregelung des § 3 Abs 2 Satz 1 ZRBG so zu stellen, als ob sie ihren Antrag bereits am 18. Juni 1997 gestellt hätte.
Die Klägerin gehört zweifelsfrei zu dem durch § 1 Abs 1 ZRBG begünstigten Personenkreis. Hiernach gilt das ZRBG für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto, die sich dort zwangsweise aufgehalten haben, wenn
– die Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist,
– gegen Entgelt ausgeübt wurde und
– das Ghetto sich in einem Gebiet befand, das vom Deutschen Reich besetzt oder diesem eingegliedert war.
Dem klägerischen Anspruch auf Änderung der Rentenbewilligung und Neubescheidung unter Berücksichtigung der Vorschriften des ZRBG steht – entgegen der Ansicht der Beklagten – auch die Vorschrift des § 306 Abs 1 SGB VI nicht entgegen. Hiernach werden aus Anlass einer Änderung des Rentenrechts die einer Rente zugrunde gelegten pEP nicht neu bestimmt, wenn vor der Rechtsänderung bereits ein Anspruch auf Leistung einer Rente bestanden hat.
Die Anwendung des § 306 Abs 1 SGB VI auf den vorliegenden Fall ist nicht etwa schon deshalb ausgeschlossen, weil das ZRBG nach seinem § 1 Abs 2 “die rentenrechtlichen Vorschriften des WGSVG ergänzt”. Hieraus folgt jedoch nicht, dass Art 4 § 2 Abs 1 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Vorschriften des WGSVG (WGSVG-ÄndG) vom 22. Dezember 1970 (BGBl I 1846) – nicht, wie vom SG zitiert, “Art 4 § 2 Abs 1 WGSVG” – einschlägig wäre. Denn “dieses Gesetz” iS des Art 4 § 2 WGSVG-ÄndG ist eben dieses Gesetz (das WGSVG-ÄndG) und nicht etwa das als sein Art 1 verkündete WGSVG selbst mit allen späteren Änderungen, uU also auch durch das ZRBG. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus Art 4 § 2 Abs 2 WGSVG-ÄndG, durch den im Gegensatz zu Abs 1 dieser Vorschrift ausdrücklich (nur) das WGSVG als solches in Bezug genommen wird.
Zwar werden nach dem Wortlaut des § 306 Abs 1 SGB VI dessen Tatbestandsmerkmale erfüllt, weil die Klägerin Anspruch auf Leistung des Altersruhegeldes bereits vor dem Zeitpunkt der Änderung rentenrechtlicher Vorschriften durch das ZRBG hatte. Bei dem ZRBG handelt es sich um die ”Änderung rentenrechtlicher Vorschriften” iS dieser Vorschrift. Nach § 1 Abs 2 ZRBG ergänzt dieses Gesetz die rentenrechtlichen Vorschriften des WGSVG; diese – unter III. des Gesetzes zusammengefassten – Vorschriften ergänzen nach dem in § 7 WGSVG normierten Grundsatz wiederum die allgemein anzuwendenden Vorschriften des SGB VI zugunsten von Verfolgten. Betroffen von der Rechtsänderung ist insbesondere das Auslandszahlungsrecht der §§ 110 ff SGB VI: Bestimmte Beiträge für Beschäftigungen außerhalb des Bundesgebiets werden von § 2 Abs 1 Nr 2 ZRBG als Bundesgebiets-Beitragszeiten fingiert mit der Folge, dass nunmehr gemäß § 113 Abs 1 Nr 1 SGB VI hieraus pEP für Auslandsrenten ermittelt werden können.
Dies gilt gleichermaßen, wenn man als Zeitpunkt der Rechtsänderung rückwirkend auf das Inkrafttreten zum 1. Juli 1997 abstellt oder den Zeitpunkt der Verkündung des Gesetzes am 27. Juni 2002 zugrunde legt. Der Anwendung der Vorschrift steht nicht entgegen, dass der Klägerin mit Bescheid vom 15. Dezember 1998 Altersruhegeld nach den Vorschriften der RVO bewilligt wurde, sodass der Rentenberechnung zunächst noch keine pEP zugrunde lagen. Denn für den am 1. Januar 1992 bestehenden Rentenanspruch der Klägerin hat die Beklagte nach § 307 Abs 1 Satz 1 SGB VI (0,0724) pEP ermittelt; dies ergibt sich aus einem entsprechenden handschriftlichen Vermerk im Bescheid vom 15. Dezember 1998 (vorletztes Blatt, Anlage “Feststellung des Auslandszahlbetrages”). Der Erteilung eines besonderen Umwertungsbescheid bedurfte es gemäß § 307 Abs 1 Satz 4 SGB VI nicht.
Von der Anwendung des § 306 Abs 1 SGB VI kann auch nicht nach dem letzten Teilsatz dieser Vorschrift (“… soweit nicht in den folgenden Vorschriften etwas anderes bestimmt ist.”) abgesehen werden. Denn auch gemäß § 317 SGB VI war keine Neuberechnung der Rente vorzunehmen. § 317 Abs 1 Satz 1 SGB VI bestimmt bei einer Änderung von Vorschriften über Leistungen ins Ausland keine andere Rechtsfolge als § 306 Abs 1 SGB VI. Eine der in § 317 Abs 2a SGB VI genannten Änderungen in den Verhältnissen (zB Umzug vom Inland in das Ausland nach dem 1. Januar 1992) ist nicht eingetreten.
Für die Auffassung der Beklagten spricht schließlich auch, dass in Art 2 des ZRBG/SGB VI-ÄndG – im Gegensatz zu Art 1 – mit der Nr 3 ausdrücklich eine Ausnahmeregelung zu § 306 Abs 1 SGB VI (Einfügung des § 310c SGB VI) getroffen worden ist, indem der dort geregelte Anspruch auf Neufeststellung ausdrücklich auf Rentenbezieher abstellt; hieraus könnte auf eine differenzierende Regelungsabsicht des Gesetzgebers geschlossen werden.
Indes greift eine allein am Wortlaut des Gesetzes orientierte Auslegung zur Überzeugung des Senats zu kurz. Denn der Regelungszusammenhang des ZRBG schließt eine Anwendung des § 306 Abs 1 SGB VI aus. Nur so kann das mit dem ZRBG angestrebte gesetzgeberische Ziel umgesetzt und eine verfassungsrechtliche Ungleichbehandlung von im Wesentlichen gleichen Personengruppen vermieden werden.
Zur Überzeugung des Senats verbietet sich für sog Bestandsrentner jedenfalls insoweit ein Rückgriff auf die Regelung des § 306 Abs 1 SGB VI, als die Anwendung des ZRBG zu einer höheren Leistung führt. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass gerade die Gruppe der sog Bestandsrentner von den Vorteilen der Zahlbarmachung von Renten aus Ghetto-Beitragszeiten (vollständig) ausgeschlossen werden sollte. Bei verständiger Würdigung von Sinn und Zweck des ZRBG ist diesem Gesetz vielmehr zu entnehmen, dass möglichst alle Verfolgten, die in einem Ghetto eine Beschäftigung ausgeübt haben, in den Genuss der Rentenzahlung auch ins Ausland kommen sollen. Die vom Senat vorgenommene Rechtsfortbildung ist unerlässlich, um nicht einen Personenkreis von der Rechtswohltat des ZRBG auszugrenzen, der sich – abgesehen vom Zeitpunkt der Antragstellung – von den übrigen Anspruchsberechtigten des Gesetzes nicht unterscheidet.
Das durch das Gesetzesvorhaben des ZRBG zu lösende “Problem” wurde in der Begründung des Gesetzesentwurfs (den der Bundestag unverändert beschlossen hat) darin gesehen, dass die “auf einer Beschäftigung im Ghetto beruhende Rente … vielfach aus auslandsrentenrechtlichen Gründen nicht gezahlt werden (konnte), insbesondere weil Bundesgebiets-Beitragszeiten nicht im erforderlichen Umfang vorliegen”. Als Lösung schlug daher der Entwurf vor, für “die Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto wird eine Beitragszahlung (angenommen) und zwar … b) für die Erbringung von Leistungen ins Ausland als Beiträge für eine Beschäftigung im Bundesgebiet” (BT-Drucks 14/8583 S 1). Diese Regelung wurde mit einer großzügigen Übergangsregelung verbunden: Wurde der Antrag zum 30. Juni 2003 (also binnen eines guten Jahres nach Verkündung des Gesetzes am 27. Juni 2002) gestellt, so wird durch § 3 Abs 1 Satz 1 ZRBG das Antragsdatum fiktiv auf 18. Juni 1997 festgesetzt. Damit wurden jene Berechtigten, die sich erst aufgrund dieses Gesetzes zu einem Antrag auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung veranlasst sahen (und diesen daher nach seiner Verkündung stellten), so behandelt, als hätten sie den Antrag bereits am Tage des BSG-Urteils über die rentenversicherungsrechtliche Behandlung von Beschäftigungen in einem Ghetto (BSGE 80, 250 = SozR 3-2200 § 1248 Nr 15) gestellt.
In § 3 Abs 2 ZRBG wird außerdem bestimmt, dass für die Ermittlung des Zugangsfaktors die Wartezeit als mit Vollendung des 65. Lebensjahres erfüllt und die Rente wegen Alters bis zum Rentenbeginn als nicht in Anspruch genommen gilt. Diejenigen Ghetto-Beschäftigten, die das 65. Lebensjahr bereits vor dem 1. Juli 1997 vollendet hatten, erhalten damit nach den allgemeinen Grundsätzen der Rentenberechnung für jeden Monat des “Nichtbezugs” der Rente vom vollendeten 65. Lebensjahr an bis zum 1. Juli 1997 einen Zuschlag in Höhe von 0,5 %. Somit ergibt sich für jedes Jahr des “Nichtbezugs” der Altersrente vor dem 1. Juli 1997 sogar ein Zuschlag zur Rente von 6 % (vgl zu Protokoll gegebener Redebeitrag von Ulrike Mascher, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, BT-StenBer 14. Wahlperiode, 233. Sitzung, 25. April 2002, S 23282, zu Punkt D). Ein Berechtigter, der mithin aufgrund dieses Gesetzes die Gewährung von Altersrente ins Ausland beantragt, wird durch das rückwirkende Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Juli 1997 folglich nicht nur so gestellt, als habe er im Zeitpunkt der Entscheidungen des BSG vom 18. Juni 1997 den entsprechenden Antrag gestellt; die Berechtigung zum Rentenbezug wird darüber hinaus rückwirkend ab Vollendung des 65. Lebensjahres fingiert.
All dies entspricht der gesetzgeberischen Intention, mit diesem Gesetz “für Menschen, die alle bereits ein hohes Alter erreicht haben und gewöhnlich im Ausland leben, eine Lücke im Recht der Wiedergutmachung” zu schließen (vgl Mascher, aaO, unter B, C und D). In diesem Redebeitrag, der am Tag der zweiten und dritten Lesung des Gesetzentwurfs zum ZRBG im Bundestag am 25. April 2002 erfolgte, wird als Ziel des Gesetzes genannt, “die Zahlbarkeit dieser Renten aus Ghetto-Beschäftigungszeiten dadurch (zu) erreichen, dass diese Beschäftigungszeiten für die Erbringung der Leistung ins Ausland als Beitragszeiten im Bundesgebiet gelten”. Eine Beschränkung dieses gesetzgeberischen Ziels nur auf noch nicht Rentenberechtigte kommt weder in diesem Redebeitrag noch in sonstigen Materialien zum ZRBG zum Ausdruck. Wenn jedoch, wie oben näher ausgeführt, eben dies aus einer wortlautgetreuen Gesetzesanwendung zu schließen wäre, lässt sich nur der Eindruck gewinnen, dass der Gesetzgeber diese Rechtsfolge bei der beschleunigten Verabschiedung des Gesetzentwurfs vom 19. März 2002 (erste Beratung im Bundestag am 21. März 2002; Beratung in den beteiligten Ausschüssen am 17. April 2002 mit Beschlussempfehlung und Bericht am Folgetage ≪BT-Drucks 14/8823≫; zweite und dritte Beratung im Bundestag am 25. April 2002) übersehen hat.
Vor diesem Hintergrund ist es unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nach Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) schlechterdings nicht vertretbar, den Personenkreis von der Gesetzeswohltat des ZRBG auszuschließen, der die Gewährung von Altersruhegeld (Altersrente) bereits vor dem 18. Juni 1997 beantragt hatte und damit gewissermaßen “Vorkämpfer” für die jetzige Gesetzesnovelle war. Dies wird besonders augenfällig im Fall der Klägerin, deren Antrag aus dem Jahre 1991 erst nach diesem Stichtag – nämlich im Jahre 1998 – beschieden worden ist. Hat der Gesetzgeber des ZRBG hiernach die Sperrwirkung des § 306 Abs 1 SGB VI für berechtigte Rentenbezieher (Bestandsrentner) offenbar übersehen, lässt sich eine verfassungsrechtlich nicht hinnehmbare Ungleichbehandlung von im Wesentlichen vergleichbaren Personengruppen nur erreichen, indem das Recht dahingehend fortgebildet wird, dass für den besonderen Personenkreis der Berechtigten nach dem ZRBG die Ausnahmevorschrift des § 306 Abs 1 SGB VI nicht nachteilig anzuwenden ist.
Dies gilt umso mehr, als jene Betroffenen wie die Klägerin die Zahlung der ihnen gewährten “Mini”-Renten (im Falle der Klägerin: zunächst DM 3,90 im Monat) erst ermöglicht haben, indem sie aus eigenem Vermögen freiwillige Beiträge nachentrichtet haben. Eine solche die Rentenzahlung erst ermöglichende Nachentrichtung von Beiträgen wollte das ZRBG den Berechtigten nicht mehr zumuten (vgl Mascher, aaO, unter B und C). Hätte die Klägerin auf die Beitragsnachentrichtung verzichtet, würde ihr aufgrund des ZRBG heute problemlos ein Anspruch auf Rente auf der Grundlage der Ghetto-Beschäftigungszeiten zustehen. Dies gälte – nach Auffassung der Beklagten – im Übrigen auch dann, wenn die Rente der Klägerin statt im Dezember 1991 erst im Juli 1997 begonnen hätte.
Überdies hat das Bundessozialgericht (BSG) mit den die Gesetzesaktivitäten um das ZRBG auslösenden Entscheidungen vom 18. Juni 1997 kein rechtliches “Neuland” beschritten, sondern nur die herkömmlichen gesetzlichen Grundlagen über das Bestehen von versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen konsequent auf Beschäftigungen im Ghetto angewandt. Hieraus ergab sich (erstmals) eine Anerkennung von Beschäftigungszeiten in einem Ghetto. Dass eine Zahlung der hieraus zuzubilligenden Renten nach den Auslandszahlungsvorschriften (§ 113 Abs 1 Nr 1 SGB VI) nicht möglich war, hatte nicht seinen Ursprung in der Beurteilung der Ghettozeiten als solche (nach allgemeinen rentenversicherungsrechtlichen Grundsätzen). Allein deren Zahlbarkeit – als Nicht-Bundesgebiet-Beitragszeiten – war “gehemmt”. Die Lösung dieses “Problems” in § 2 Abs 1 Nr 2 ZRBG liegt in der Aufhebung der gesetzlich in § 113 Abs 1 Nr 1 SGB VI vorgesehenen “Zahlungssperre” für den besonderen Personenkreis der Verfolgten des Nationalsozialismus, die unter den Bedingungen eines Ghettos beschäftigt waren. Auch hierin wird deutlich, dass keine eigentliche Änderung des Rentenversicherungsrechts durch das ZRBG ausgelöst worden ist, sondern lediglich eine Zahlungssperre für die Gewährung solcher Leistungen an einen bestimmten Personenkreis ins Ausland beseitigt worden ist. Damit sollten die im Rentenversicherungsrecht durch nationalsozialistisches Unrecht eingetretenen Schäden insoweit ausgeglichen werden, als der typischerweise im Ausland wohnende betroffene Personenkreis in Zukunft – unabhängig von seinem Wohnsitz – über die ihm zustehenden Leistungen auch verfügen können sollte.
Wie aus der Regelung des § 3 Abs 1 ZRBG zu schließen ist, hatte der Gesetzgeber erkannt, dass ein Großteil der in einem Ghetto beschäftigten Verfolgten von einer früheren Stellung eines Rentenantrags auf Anerkennung aufgrund der sog Ghetto-Beitragszeiten abgesehen hatte, weil nach bisheriger Rechtslage ein Anspruch auf Rentenleistungen ins Ausland hieraus nicht resultiert hätte. Die hierfür im ZRBG vorgesehene Lösung zeigt, dass der Gesetzgeber die – noch verbliebenen – Verfolgten nunmehr in den Genuss von Rentenzahlungen aus den sog Ghetto-Beiträgen kommen lassen wollte, auch wenn in der Vergangenheit eine Anerkennung dieser Beitragszeiten weitgehend abgelehnt worden war, zumindest aber eine Zahlung aus diesen Zeiten ins Ausland nicht in Betracht kam. Hatte ein Betroffener dennoch vor Inkrafttreten des ZRBG einen Altersrentenantrag gestellt und – wie die Klägerin – hieraus einen “Mini-Zahlungsanspruch” (hier: in Höhe von zunächst DM 3,90 monatlich) erzielt, ist nicht vorstellbar, dass ihm dies zum Nachteil gereichen soll.
Die vom Senat vorgenommene richterliche Rechtsfortbildung vollendet nach alledem das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel, alle Verfolgten, die in einem Ghetto eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt haben, auch in den Genuss der Rentenzahlung ins Ausland kommen zu lassen (vgl zur richterrechtlichen Ausfüllung einer Gesetzeslücke BSG Urteil vom 12. Juni 2003 – B 9 V 2/02 R – BSGE 91, 114 RdNr 25 = SozR 4-3100 § 84a Nr 1 mwN). Der Gesetzgeber hat es bei der Fassung des ZRBG schlicht versäumt, durch eine Ausnahmevorschrift zu § 306 SGB VI den Personenkreis der Berechtigten in die Rechtswohltat des Gesetzes einzubeziehen, der maßgeblichen Anteil daran gehabt hat, dass es zu dem der Rechtsänderung zugrunde liegenden Urteil des BSG vom 18. Juni 1997 gekommen ist. Folgerichtig ist die vorhandene Gesetzeslücke durch richterliche Rechtsfortbildung zu schließen.
Die Antwort der Bundesregierung vom 8. August 2003 auf die Kleine Anfrage von Abgeordneten der Fraktion der CDU/CSU (Bilanz nach einem Jahr ZRBG – BT-Drucks 15/1475, S 3, 4), die die Beklagte zur Stützung ihrer Rechtsmeinung heranzieht, ist nicht geeignet, zu einem anderen Ergebnis zu führen. Zwar wird in der Beantwortung ausdrücklich auf § 306 SGB VI abgestellt und ausgeführt, dass diese Vorschrift sicherstelle, dass Rechtsänderungen nicht zur Neufeststellung von Bestandsrenten führten. Es wird weiterhin ausgeführt, dass eine Änderung des ZRBG mit dem Ziel, die Regelung des § 306 SGB VI nicht mehr anzuwenden, zu einer großen Zahl von Überprüfungsanträgen führen würde, wobei sich in den weitaus überwiegenden Fällen keine Rentenerhöhung ergeben würde, vielmehr in vielen Fällen statt mit einer jährlichen Anpassung (Erhöhung) der Rente mit einem Einfrieren gerechnet werden müsste. Diese Argumentation vermag die Rechtsauffassung des Senats jedoch nicht zu widerlegen. Wie der vorliegende Fall zeigt – und dem Senat sind weitere Parallelfälle bekannt –, gibt es Bestandsrentner, deren Ausgrenzung von den begünstigenden Regelungen des ZRBG evident ungerecht und gleichheitswidrig wäre. Deren Benachteiligung kann nicht unter Berufung auf eine vermeintliche Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt werden. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil das ZRBG denknotwendig die Anträge solcher Berechtigter zur Folge hat, die bisher noch nie mit der deutschen Rentenversicherung in Kontakt getreten sind. Diese Anträge erfordern jedoch typischerweise einen weitaus höheren Verwaltungsaufwand zur Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen einer “Ghetto-Rente” als jene Fälle, in denen überprüft wird, ob Bestandsrenten unter Berücksichtigung des ZRBG neu festzustellen sind. Insbesondere dann, wenn – wie bei der Klägerin – die Ghetto-Beschäftigungszeiten bereits als Beitragszeiten anerkannt sind, ist der Sachverhalt im erforderlichen Umfang bereits vollständig aufgeklärt. Umso sinnwidriger erschiene es daher, denjenigen Bestandsrentnern die Vergünstigung des ZRBG nicht zukommen lassen zu wollen, bei denen vor Inkrafttreten des ZRBG zwar Ghetto-Beitragszeiten anerkannt wurden, diese allerdings in “zahlbare Münze” nicht umsetzbar waren.
Eine Differenzierung nach dem Zeitpunkt der Antragstellung bei einem dahinter stehenden vergleichbaren Verfolgungsschicksal ist vor dem Hintergrund des Gleichheitsgrundsatzes des Art 3 Abs 1 GG nicht vertretbar. Eine Gesetzeskorrektur im Wege der Rechtsfortbildung ist daher von Verfassungs wegen geboten. Insbesondere die vorbezeichnete “Verwaltungsvereinfachung” bietet keinen sachlichen Grund für eine Ungleichbehandlung der Bestandsrenten mit den erst im Gefolge des ZRBG beantragten Renten. Folge wäre vielmehr, dass gerade die “Vorreiter” für die Durchsetzung einer Rechtsänderung, wie im ZRBG geschehen, durch ihre früheren Anträge und Klagen im Nachhinein benachteiligt würden; sie würden quasi um die “Früchte” des Durchsetzens der Anerkennung von Beschäftigungszeiten in einem Ghetto gebracht werden. Nur mit dem vorstehend aufgezeigten Rechtsverständnis des ZRBG im Sinne einer rechtsfortbildenden Ausklammerung des § 306 Abs 1 SGB VI auf hierdurch benachteiligte Bestandsrentner wird die im ZRBG zum Ausdruck gekommene Wertentscheidung des Gesetzgebers umgesetzt. Die Rechtsfortbildung ist notwendig, um im Bezug auf die generelle Geltung des § 306 Abs 1 SGB VI eine “gesetzgeberische Lücke” im ZRBG zu schließen. Eine andere Lösung zur Vermeidung verfassungswidriger Benachteiligungen eines Teils des Personenkreises, der durch das ZRBG begünstigt werden soll, ist nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen
Haufe-Index 1379941 |
NWB 2006, 1862 |
NZS 2006, 139 |
NZS 2006, 212 |
SGb 2005, 402 |
SGb 2006, 161 |