Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. nachträgliche Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Rückforderung der überzahlten teilweisen Erwerbsminderungsrente vom Versicherten. anfängliche Rechtswidrigkeit. Einfluss rechtlicher und tatsächlicher Beschleunigungsgebote auf den Inhalt des Verwaltungsverfahrens. Zweitbescheid. vorläufiger Verwaltungsakt. Umdeutung von Korrekturentscheidungen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Bewilligung einer nachrangigen Rente ist anfänglich rechtswidrig, wenn bei objektiver Betrachtung im Zeitpunkt der Rentengewährung bereits Ansprüche aus einem vorrangigen Rentenrecht entstanden waren, die nachrangige Rentenansprüche kraft Gesetzes zum Ruhen gebracht hatten.
2. Weder rechtliche noch tatsächliche Beschleunigungsgebote haben Einfluss auf den Inhalt des Verwaltungsverfahrens.
Orientierungssatz
1. Zur Rechtsfigur des Zweitbescheides.
2. Die inhaltlichen Anforderungen an vorläufige Verwaltungsakte erfahren nicht dadurch eine Änderung, dass die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 69 Abs 5 SGB 4 "in geeigneten Bereichen ein Benchmarking" durchzuführen haben und hierfür nach der verbindlichen Entscheidung des Bundesvorstandes der Deutschen Rentenversicherung Bund Kennziffern bzw Kennzahlen nach einheitlichen Maßstäben zu ermitteln sind.
3. Zur Umdeutung einer Aufhebungsentscheidung nach § 48 SGB 10 in eine Rücknahmeentscheidung nach § 45 SGB 10.
Normenkette
SGB I § 39 Abs. 1 S. 2, § 42 Abs. 2 S. 2, § 51; SGB IV § 69 Abs. 5; SGB VI § 43 Abs. 1-2, § 89 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nrn. 7, 11, § 102; SGB X § 24 Abs. 1, § 31 S. 1, § 39 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, § 42 Sätze 1-2, § 43 Abs. 1-3, §§ 44, 45 Abs. 1-3, § 48 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 3, § 50 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1, § 103; SGG § 77
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. Mai 2015, das Urteil des Sozialgerichts München vom 28. November 2013, der Bescheid der Beklagten vom 23. Mai 2012 und der Widerspruchsbescheid vom 13. November 2012 aufgehoben.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das gesamte Verfahren. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin der Beklagten überzahlte Rente erstatten muss.
Die 1962 geborene Klägerin war ab dem 7.4.2010 arbeitsunfähig krank, nahm vom 9.9.2010 bis zum 5.10.2010 an einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme teil und erhielt in dieser Zeit Übergangsgeld. Die Beigeladene zu 1 gewährte ihr vom 19.5.2010 bis zum 8.9.2010 und vom 6.10.2010 bis zum 9.9.2011 Krankengeld; die Beigeladene zu 2 zahlte vom 10.9.2011 bis zum 31.12.2011 Arbeitslosengeld I.
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Die Beklagte gewährte der Klägerin ab dem 1.8.2010 ein Recht auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung längstens bis zum 31.5.2029, setzte dessen monatlichen Wert ab dem 1.6.2011 auf 288,95 Euro und den Nachzahlbetrag für die Zeit vom 1.8.2010 bis zum 31.5.2011 unter Berücksichtigung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung auf 2367,60 Euro fest (Rentenbescheid vom 8.4.2011). Gleichzeitig wies sie auf Seite 7 des Bescheids auf Folgendes hin: |
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"Zurzeit prüfen wir noch, ob ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit wegen eines verschlossenen Teilzeitarbeitsmarktes besteht. Sobald wir die Prüfung abgeschlossen haben, erhalten Sie einen weiteren Bescheid". |
Aus dem Nachzahlbetrag erfüllte die Beklagte den geltend gemachten Erstattungsanspruch der Beigeladenen zu 1 für die Zeit vom 1.8.2010 bis zum 12.4.2011 iHv 1952,19 Euro komplett und überwies der Klägerin den Restbetrag von 415,41 Euro.
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Nach Abschluss der Ermittlungen zur Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 4.11.2011 "anstelle" der bisherigen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1.11.2010 eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum 31.10.2013. Auf Seite 3 des Bescheids verlautbarte sie unter der Überschrift "Mehrere Rentenansprüche" das Folgende: |
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"Bestehen für denselben Zeitraum Ansprüche auf mehrere Renten aus eigener Versicherung, leisten wir nur die höchste Rente. Bei gleich hohen Renten gilt eine gesetzliche Rangfolge. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist daher nicht zu zahlen." |
Aus dem Nachzahlbetrag iHv 7303,86 Euro erfüllte sie die Erstattungsansprüche der Beigeladenen zu 1 für die Zeit vom 13.4. bis 9.9.2011 iHv 3959,84 Euro und der Beigeladenen zu 2 für die Zeit vom 10.9. bis 31.12.2011 iHv 1587,30 Euro, sodass 1756,72 Euro verblieben.
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Mit Bescheid vom 23.5.2012 verfügte die Beklagte Folgendes: |
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"Der Bescheid vom 08.04.2011 über die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wird hinsichtlich des Zahlungsanspruchs für die Zeit vom 01.11.2010-31.10.2013 nach § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben. |
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Für die Zeit 01.11.2010-31.12.2011 ergibt sich eine Überzahlung von 3520,92 Euro. Der überzahlte Betrag ist zu erstatten (§ 50 Abs. 1 SGB X). Den überzahlten Betrag haben wir in Ihrem Interesse bereits mit der Rentennachzahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung aus dem Bescheid vom 04.11.2011 verrechnet, die nach Erfüllung der Ansprüche anderer Stellen verblieben ist. Die restliche Überzahlung beträgt noch 1764,20 Euro. Dieser Betrag ist von Ihnen an uns zurückzuzahlen." |
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Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 13.11.2012) und führte zur Begründung ua aus: |
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"Nach sorgfältiger Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Rückzahlung und Ihren privaten Interessen muss die Deutsche Rentenversicherung Bund von ihrem Rückforderungsanspruch Gebrauch machen. Die Deutsche Rentenversicherung Bund ist verpflichtet, das Vermögen der Versichertengemeinschaft nach bestem Wissen und Gewissen treuhänderisch zu verwalten. Das zwingt zu einer sparsamen Haushaltsführung, so dass auf eine Rückforderung nicht verzichtet werden kann. |
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Andere Gesichtspunkte, auf die geltend gemachten Ansprüche teilweise oder ganz zu verzichten, sind nicht erkennbar. Die Rechtslage ist eindeutig, es liegt weder ein Verschulden der Deutschen Rentenversicherung Bund vor, noch ist davon auszugehen, dass Sie durch die rückwirkende Bescheidaufhebung mit Erstattungsforderung in persönliche Not geraten oder, dass Ihnen andere Sozialleistungen entgangen sind, die jetzt durch Ablauf von Fristen nicht mehr erlangt werden können." |
Nachdem die Klägerin im Klageverfahren erklärt hatte, aus der Vorschrift des § 51 SGB I derzeit keine Rechtsverletzung geltend zu machen, hat das SG München die Klage abgewiesen (Urteil vom 28.11.2013), die darauf gerichtet gewesen ist, "den Bescheid vom 23.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2012 aufzuheben und die Nachzahlungen der Bescheide vom 04.11.2011 und 08.04.2011 neu zu berechnen".
Das Bayerische LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 21.5.2015), mit der sie neben der Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und der angefochtenen Bescheide die Verurteilung der Beklagten erstrebte, "eine neue Abrechnung der Rentennachzahlung aus dem Bescheid vom 04.11.2011 vorzunehmen mit der Maßgabe, dass zunächst die geleistete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung mindernd vor Erfüllung der Erstattungsansprüche berücksichtigt wird". Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt, zu Recht habe die Beklagte den Bescheid vom 8.4.2011 hinsichtlich des Zahlungsanspruchs für die Zeit vom 1.11.2010 bis 31.10.2013 nach § 48 SGB X aufgehoben und die daraus resultierende Überzahlung von 3520,92 Euro zurückgefordert. Mit Bewilligung der vollen Erwerbsminderungsrente rückwirkend ab November 2010 durch Bescheid vom 4.11.2011 sei eine wesentliche Änderung eingetreten, die sich auf den mit Bescheid vom 8.4.2011 zuerkannten Zahlungsanspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ausgewirkt habe. Denn bestünden - wie vorliegend - für denselben Zeitraum Ansprüche auf mehrere Renten aus eigener Versicherung, werde nach § 89 Abs 1 S 1 SGB VI nur die höchste Rente geleistet. Dies führe im Ergebnis zu einer Zahlungssperre, sodass der Anspruch auf die niedrigere Rente zwar dem Grunde nach bestehen bleibe, aber während des Bezugs der höheren Rente nicht geltend gemacht werden könne. Bei rückwirkender Bewilligung einer höheren Rente entfalle dann nachträglich der Zahlungsanspruch der niedrigeren Rente. Vorliegend sei die Zahlungssperre erst mit Bewilligung der vollen Erwerbsminderungsrente mit der Folge eingetreten, dass der Bescheid vom 8.4.2011 über die Gewährung einer teilweisen Erwerbsminderungsrente hinsichtlich seines Zahlungsausspruchs für die Zeit vom 1.11.2010 bis 31.10.2013 nachträglich rechtswidrig geworden sei. Die Beklagte sei auch berechtigt gewesen, den Rentenbescheid vom 8.4.2011 mit Wirkung für die Vergangenheit teilweise aufzuheben. Denn die Klägerin habe nach Erlass dieses Bescheids mit der Rente wegen voller Erwerbsminderung Einkommen iS des § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X erzielt, das zum Wegfall des Zahlungsanspruchs auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in der Zeit vom 1.11.2010 bis 31.10.2013 geführt habe. Die maßgeblichen Fristen seien eingehalten und ein atypischer Fall liege nicht vor. Die teilweise Aufhebung des Rentenbescheids vom 8.4.2011 habe zur Folge, dass die Klägerin die bereits geleistete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung iHv 3520,92 Euro nach § 50 Abs 1 S 1 SGB X erstatten müsse. Dagegen könne die Klägerin nicht einwenden, dass der Anspruch auf Zahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe der bereits geleisteten niedrigeren Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung als erfüllt gelte und daher eine Erstattung der letztgenannten Rente ausscheide. Eine solche Erfüllungsfiktion enthalte auch § 89 SGB VI nicht, wie das BSG (Urteil des erkennenden Senats vom 7.9.2010 - B 5 KN 4/08 R - SozR 4-2600 § 89 Nr 2) in ähnlichem Zusammenhang bereits entschieden habe. Darüber hinaus sei zu bedenken, dass ein Versicherter neben einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung einen Anspruch auf Zahlung von (gekürztem) Krankengeld (§ 50 Abs 2 SGB V) oder Arbeitslosengeld (§ 125 Abs 1 SGB III) haben könne, während ein Anspruch auf Krankengeld oder auf Arbeitslosengeld neben einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgeschlossen sei (§ 50 Abs 1 S 1 SGB V, § 125 Abs 1 SGB III). Dies könne - wie im Fall der Klägerin - dazu führen, dass die Summe der nebeneinander gezahlten Sozialleistungen (Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung plus Krankengeld oder Arbeitslosengeld) höher sei als der später für denselben Zeitraum zuerkannte Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung. Stelle sich im Nachhinein heraus, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bestanden habe und damit die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung sowie das Kranken- und Arbeitslosengeld zu Unrecht gezahlt worden seien, sei es im Ergebnis auch interessengerecht, den Nachzahlungsbetrag aus der Rente wegen voller Erwerbsminderung in vollem Umfang - und nicht nur in Höhe des Betrags, der nach Abzug der geleisteten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung verbleibe - zur Erfüllung der Erstattungsansprüche der anderen Leistungsträger zu verwenden. Denn nach der Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X gelte in einem solchen Fall der Anspruch des Versicherten auf Rente wegen voller Erwerbsminderung durch das gezahlte Kranken- oder Arbeitslosengeld als (zumindest teilweise) erfüllt. Auf diese Weise sei sichergestellt, dass der Versicherte im Ergebnis jedenfalls den Betrag erhalte, der ihm aufgrund seines Anspruchs auf Rente wegen voller Erwerbsminderung zugestanden habe. Nachdem die Klägerin eine Rechtsverletzung aus der Vorschrift des § 51 SGB I ausdrücklich nicht geltend mache, könne dahinstehen, ob die im Bescheid erklärte Aufrechnung den gesetzlichen Anforderungen gerecht werde.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 48 Abs 1 S 1 und 2 Nr 3 iVm § 50 Abs 1 SGB X, § 89 SGB VI und § 103 SGB X. In der rückwirkenden Bewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung sei schon keine wesentliche Änderung iS von § 48 Abs 1 S 1 SGB X zu sehen. Aber selbst wenn man mit den Vorinstanzen das Gegenteil annähme und davon ausginge, dass durch die rückwirkende Gewährung von voller Erwerbsminderungsrente Einkommen iS von § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X erzielt worden sei, könne der Rückforderungsbescheid nicht auf § 50 Abs 1 S 1 SGB X gestützt werden. Denn ausweislich des Wortlautes von § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X dürfe ein Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse nur aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung Einkommen erzielt worden sei. Die Wendung "soweit" beinhalte eine Einschränkung des Aufhebungs- und Rückforderungsrechts der Behörde dergestalt, dass vom Versicherten nicht mehr zurückgefordert werden könne als das ihm zugeflossene Einkommen. Das Aufhebungsrecht sei mithin der Höhe nach auf die nachträglich bewilligte Sozialleistung beschränkt. Hieraus folge zwingend auch eine Begrenzung des korrespondierenden Erstattungsanspruchs nach § 50 Abs 1 S 1 SGB X. Das Urteil des erkennenden Senats vom 7.9.2010 (B 5 KN 4/08 R - SozR 4-2600 § 89 Nr 2) sei auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht übertragbar, weil es ausschließlich einen Erstattungsstreit zwischen der Bundesagentur für Arbeit und dem Rentenversicherungsträger betreffe und keine Ausführungen zu einer Rückforderung auf Grundlage von § 48 Abs 1 S 2 SGB X enthalte. Darüber hinaus beruhten die angefochtenen Urteile auf einer Verletzung von § 89 SGB Vl, weil sie eine Erfüllungswirkung der ausbezahlten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung im Hinblick auf die später rückwirkend gewährte Rente wegen voller Erwerbsminderung verneinten. Denn die Renten wegen teilweiser und voller Erwerbsminderung erfassten weder unterschiedliche Versicherungsfälle noch unterschiedliche Versicherungsziele. Sowohl die teilweise als auch die volle Erwerbsminderungsrente bezweckten den Ausgleich wirtschaftlicher Einbußen, wenn der Versicherte aufgrund gesundheitsbedingter Einschränkungen nicht (in vollem Umfang) am Erwerbsleben teilnehmen könne. Es handele sich daher nicht um zwei eigenständige Rentenarten, sondern lediglich um eine "zweistufige Rente". Diese funktionelle Identität beider Renten spreche für eine Erfüllungsfunktion der bereits geleisteten teilweisen Erwerbsminderungsrente. Außerdem verstoße die Berechnungsweise der Nachzahlungsforderung gegen § 103 SGB X, wonach die Erstattungspflicht des zuständigen Leistungsträgers auf die im selben Zeitraum an den Berechtigten erbrachten Leistungen begrenzt sei. Zudem habe das LSG übersehen, dass die teilweise Aufhebung des Rentenbescheids wegen teilweiser Erwerbsminderung sowie der Rückzahlungsanspruch an Vertrauensgesichtspunkten scheitern müsse. Schützenswertes Vertrauen auf das Behaltendürfen der erlangten Leistungen an teilweiser Erwerbsminderungsrente sowie Kranken- bzw Arbeitslosengeld ergebe sich daraus, dass nach der bisherigen Verwaltungspraxis der Rentenversicherungsträger bei Bewilligung einer höheren Rente im Anschluss an eine niedrigere Rente bzw anstatt einer niedrigeren Rente die bereits gezahlte Rente in Abzug gebracht worden sei. Zu berücksichtigen seien zudem Erwägungen des billigen Ermessens, welche die Überzahlungsforderung als unstatthaft erscheinen ließen. Zuvörderst sei es allein der Beklagten anzulasten, dass sie erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung die Prüfung der Voraussetzungen für eine volle Erwerbsminderungsrente im Hinblick auf die Verschlossenheit des Teilarbeitsmarktes aufgenommen habe. Diese habe mithin die Überzahlung selbst schuldhaft verursacht, indem sie zunächst im April 2011 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bewilligt, aber erst im November des gleichen Jahres die volle Erwerbsminderungsrente zuerkannt habe. Dem Vorgesagten müsse umso mehr Gewicht beigemessen werden, als die Klägerin selbst keine Verrentung beantragt habe, sondern ihr Antrag auf medizinische Rehabilitation auf Veranlassung der Beigeladenen zu 1 umgedeutet worden sei. Infolge dieser Einschränkung ihres Dispositionsrechts habe die Klägerin weder selbst über den Rentenbeginn bestimmen noch auf die Gewährung einer Rente verzichten können.
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Die Klägerin beantragt, |
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das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. Mai 2015, das Urteil des Sozialgerichts München vom 28. November 2013, den Bescheid der Beklagten vom 23. Mai 2012 und den Widerspruchsbescheid vom 13. November 2012 aufzuheben. |
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Die Beklagte beantragt, |
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die Revision zurückzuweisen. |
Der Auszahlungsanspruch der Klägerin auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung sei erst dadurch weggefallen, dass am 4.11.2011 mit der Festsetzung des Auszahlungsanspruchs der Rente wegen voller Erwerbsminderung eine Anspruchskonkurrenz eingetreten sei. Damit habe sich in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Verwaltungsakts über den Auszahlungsanspruch der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung am 8.4.2011 vorgelegen hätten, iS des § 48 Abs 1 S 1 SGB X eine wesentliche Änderung ergeben. Diese wesentliche Änderung habe die Beklagte ermächtigt, rückwirkend (ab dem 1.11.2010) den Verwaltungsakt über den Auszahlungsanspruch der Klägerin auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung aufzuheben. Denn mit der Rente wegen voller Erwerbsminderung habe die Klägerin Einkommen iS von § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X erzielt. Folglich sei die Beklagte auch befugt gewesen, die Rückzahlung der zwischen November 2010 und Dezember 2011 geleisteten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung im Umfang von 3520,92 Euro zu verlangen. Auch wenn davon auszugehen sei, dass kein "atypischer Fall" iS der Rechtsprechung zu § 48 Abs 1 S 2 SGB X vorliege, der ausnahmsweise eine Ermessensausübung erfordere, seien im Widerspruchsbescheid vom 13.11.2012 Erwägungen angestellt worden, die auf eine Ermessensausübung hindeuteten. Dieser Umstand gehe aber nicht zu Lasten der Klägerin. Allerdings sei sie vor Erlass der angefochtenen Bescheide nicht iS des § 24 Abs 1 SGB X angehört worden. Da aber die Aufhebung des Verwaltungsakts wegen einer Änderung einkommensabhängiger Leistungen erfolgt sei, sei eine Anhörung gemäß § 24 Abs 2 Nr 5 SGB X entbehrlich gewesen. Auf jeden Fall habe die Beklagte im Bescheid vom 23.5.2012 der Klägerin die Sach- und Rechtslage derart umfangreich geschildert, dass dies als nachgeholte Anhörung gelten müsse und der Widerspruch der Klägerin als nachgeholte Stellungnahme auf diese Anhörung. Anders als der Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung sei der Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bereits im April 2011 entscheidungsreif und deshalb - auch mit Blick auf interne Vorgaben zur Verfahrensbeschleunigung sowie mit Rücksicht auf die vom Bundesrechnungshof überwachten und beanstandeten Rentenantragslaufzeiten, die ihrerseits in eine Leistungsvergleichsstatistik zwischen den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung eingingen ("Benchmarking" iS von § 69 Abs 5 SGB IV) - sofort zu bescheiden gewesen. Gleichzeitig sei die Beklagte durch den Bundesrechnungshof gehalten, zumindest in Einzelfällen konkret zu prüfen, ob der Teilzeitarbeitsmarkt tatsächlich verschlossen und deshalb eine Rente wegen voller Erwerbsminderung abhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage zu zahlen sei. Dieser Prüfpflicht komme die Beklagte vor allem bei Versicherten, die in Bundesländern mit niedriger Arbeitslosenquote wohnten, routinemäßig durch entsprechende Anfragen bei der Bundesagentur für Arbeit nach.
Die Beigeladenen zu 1 und 2 haben keine Anträge gestellt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet, sodass der Senat in der Sache selbst zu entscheiden hat (§ 170 Abs 2 S 1 SGG). Das LSG hat die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des SG unter Verletzung von Bundesrecht (§ 162 SGG) zurückgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig, beschweren die Klägerin und sind deshalb aufzuheben (§ 54 Abs 2 S 1 SGG). Der Beklagten steht kein Erstattungsanspruch zu.
A. Der Bescheid vom 23.5.2012 und der Widerspruchsbescheid vom 13.11.2012 verlautbaren ein Zahlungsgebot iHv 1764,20 Euro auf der Grundlage einer (erneuten) Aufhebung des Verwaltungsakts über die Festsetzung von monatlichen Zahlungsansprüchen aus einem Recht auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung im Bescheid vom 8.4.2011 für die Zeit vom 1.11.2010 bis 31.10.2013 nach § 48 SGB X. Mit dem erneuten Aufhebungs-Verwaltungsakt wiederholt die Beklagte im Sinne eines ersetzenden und den Rechtsweg erneut eröffnenden sog Zweitbescheids eine Regelung, die sie der Sache nach bereits im Bescheid vom 4.11.2011 bindend (§ 77 SGG) getroffen hatte. Denn dort hatte sie bereits verlautbart, die Klägerin erhalte "anstelle" der bisherigen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung mit der Folge, dass "die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung … daher nicht zu zahlen" sei. Mit dem Wort "anstelle" und der unmissverständlichen Regelung auf Seite 3 des Bescheids vom 4.11.2011, dass die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht zu zahlen sei, soweit für denselben Zeitraum Ansprüche (im Sinne von Stammrechten) auf mehrere Renten aus eigener Versicherung bestünden, verdeutlichte die Beklagte hinreichend, dass die monatlichen Zahlungsansprüche, die aus dem nunmehr zuerkannten (Stamm-)Recht auf Rente wegen voller Erwerbsminderung erwachsen, diejenigen monatlichen Zahlungsansprüche im Zeitraum vom 1.11.2010 bis 30.10.2013 komplett ersetzen (dh an ihre Stelle treten) sollen, die ansonsten aus dem fortbestehenden (Stamm-)Recht auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung resultieren und zu einer Überversorgung der Klägerin führen würden. Mit der Regelung, dass die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht zu zahlen sei, negierte die Beklagte ihre gegenteilige Regelung im Bescheid vom 8.4.2011, wonach ab dem 1.6.2011 die monatliche Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung 288,95 Euro beträgt. Da sich beide Aussagen widersprechen, kann ein verständiger und die Zusammenhänge berücksichtigender ("objektiver") Empfänger die zweite Aussage (kein Zahlungsanspruch) im Zusammenhang mit der Präposition "anstelle" nur als Beseitigung der ersten Aussage (Zahlungsanspruch: 288,95 Euro) durch einen entsprechenden Gegenakt (actus contrarius) verstehen (vgl dazu bereits Senatsurteil vom 7.9.2010 - B 5 KN 4/08 R - SozR 4-2600 § 89 Nr 2 RdNr 33; zum sog objektivierten Empfängerhorizont vgl Senatsurteil vom 8.2.2012 - B 5 R 38/11 R - SozR 4-5075 § 3 Nr 1 RdNr 15; BSG Urteile vom 6.4.2011 - B 4 AS 119/10 R - BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54 Nr 21, RdNr 18 mwN, vom 11.12.2013 - B 6 KA 49/12 R - BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 24 und vom 12.12.2013 - B 4 AS 17/13 R - SozR 4-1500 § 192 Nr 2 RdNr 18). Zu dieser Auslegung des Verwaltungsakts ist der Senat befugt (vgl zu den Auslegungsgrundsätzen BSG Urteile vom 10.7.2012 - B 13 R 85/11 R - SozR 4-2600 § 96a Nr 14 RdNr 25, vom 23.1.2008 - B 10 LW 1/07 R - SozR 4-5868 § 3 Nr 3 RdNr 19, vom 16.6.1999 - B 9 V 13/98 R - SozR 3-1200 § 42 Nr 8 S 26 und vom 28.6.1990 - 4 RA 57/89 - BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11). § 39 Abs 1 S 2 SGB X stellt auf den "Inhalt" ab, mit dem ein Verwaltungsakt bekannt gegeben worden ist: Den maßgeblichen Inhalt (iS von "rechtliche Bedeutung" oder "Regelungsgehalt") zu ermitteln, ist im Streitfall nicht (mehr) Sache der den Verwaltungsakt erlassenden Behörde, sondern allein der Gerichte, in letzter Instanz also des BSG, das seinerseits nicht an die Auslegung des Bescheids durch das LSG gebunden ist (stRspr - vgl Senatsurteile vom 27.5.2014 - B 5 RE 8/14 R - Juris RdNr 21 und vom 29.1.2008 - B 5a/5 R 20/06 R - BSGE 100, 1 = SozR 4-3250 § 33 Nr 1, RdNr 11 mwN sowie BSG Urteile vom 29.2.2012 - B 12 KR 19/09 R - Juris RdNr 21 und vom 12.12.2013 - B 4 AS 17/13 R - SozR 4-1500 § 192 Nr 2 RdNr 18 mwN; BVerwG Urteile vom 3.11.1998 - 9 C 51/97 - NVwZ-RR 1999, 277 ≪Juris RdNr 12≫, vom 25.8.2009 - 1 C 30/08 - BVerwGE 134, 335 RdNr 18 und vom 9.5.2012 - 6 C 3/11 - BVerwGE 143, 87 RdNr 39). Dieser (Gegen-)Verwaltungsakt (actus contrarius) im Bescheid vom 4.11.2011 wurde für die Beteiligten gemäß § 77 Halbs 1 SGG in der Sache bindend, weil ihn die Klägerin - trotz entsprechender Belehrung (§ 66 Abs 1 SGG) - nicht mit dem gegebenen Rechtsbehelf (Widerspruch, § 83 SGG) innerhalb der einmonatigen Widerspruchsfrist (§ 84 Abs 1 S 1 SGG) angefochten hat.
Bindungswirkung und Wirksamkeit dieses (Gegen-)Verwaltungsakts entfielen jedoch "auf andere Weise" (§ 39 Abs 2 SGB X; vgl dazu BSG Urteil vom 7.7.2005 - B 3 P 8/04 R - BSGE 95, 57 RdNr 10 = SozR 4-1300 § 48 Nr 6, RdNr 11) durch die erneut verlautbarte Aufhebung im Bescheid vom 23.5.2012, die weder als wiederholende Verfügung (nachfolgend 1.) noch als negative Zugunstenentscheidung (nachfolgend 2.) in dem Sinne zu verstehen ist, dass die Beklagte das Verwaltungsverfahren, das mit dem Erlass des Gegenverwaltungsakts im Rentenbescheid vom 4.11.2011 bereits abgeschlossen war (§ 8 SGB X), von Amts wegen gemäß § 44 Abs 1 S 1 SGB X wieder aufgegriffen, aber dessen Rücknahme abgelehnt hat. Stattdessen hat die Beklagte im Bescheid vom 23.5.2012 eine neue Aufhebungsentscheidung getroffen, die die bestandskräftige Aufhebungsentscheidung im Bescheid vom 4.11.2011 ersetzt (nachfolgend 3.).
1. Gegen die Annahme einer wiederholenden Verfügung, die wegen fehlender Rechtsfolgensetzung keine Regelung und damit kein Verwaltungsakt iS des § 31 S 1 SGB X ist, spricht bereits, dass sich die Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 23.5.2012 an keiner Stelle auf die Bestandskraft (§ 77 SGG) ihrer Rücknahmeentscheidung im Rentenbescheid vom 4.11.2011 berufen hat (BSG Urteile vom 14.9.1989 - 4 REg 7/88 - BSGE 65, 261, 262 = SozR 7833 § 1 Nr 7 und vom 11.3.2009 - B 6 KA 15/08 R - SozR 4-2500 § 96 Nr 1; BVerwG Urteil vom 10.10.1961 - VI C 123.59 - BVerwGE 13, 99, 103 - Juris RdNr 13). Soweit sie im Bescheid vom 23.5.2012 auf den Bescheid vom 4.11.2011 zurückkommt, verweist sie lediglich auf ihre dortigen Mitteilungen, wonach die Klägerin im Hinblick auf die bereits gezahlten Rentenbeträge und die Abrechnung der Nachzahlung jeweils "weitere Nachricht" erhalte. Eine Bezugnahme auf eine bereits früher getroffene Rücknahmeentscheidung enthält der Bescheid vom 23.5.2012 dagegen nicht.
2. Dieser fehlende Bezug verdeutlicht gleichzeitig, dass die Beklagte die Rechtmäßigkeit der bestandskräftigen Rücknahmeentscheidung im Rentenbescheid vom 4.11.2011 keinesfalls im Zugunstenverfahren nach § 44 Abs 1 S 1 SGB X überprüft, sondern im Bescheid vom 23.5.2012 eine hiervon unabhängige neue Sachentscheidung getroffen hat, wie sich insbesondere aus dem ersten Verfügungssatz und der dazugehörenden Begründung ergibt (vgl zur Abgrenzung nur BSG Urteil vom 23.3.1999 - B 2 U 8/98 R - BSGE 84, 22 = SozR 3-8100 Art 19 Nr 5).
3. Diese neue Aufhebungsentscheidung ersetzt die alte Rücknahmeentscheidung im Rentenbescheid vom 4.11.2011 und eröffnet den Rechtsweg neu (vgl dazu BSGE 65, 261, 262 = SozR 7833 § 1 Nr 7 sowie BSG Urteile 20.11.1996 - 3 RK 7/96 - SozR 3-2500 § 109 Nr 3 und vom 21.9.1962 - 10 RV 1059/59 - BSGE 18, 22 = SozR Nr 35 zu § 77 SGG), wie ua auch die entsprechende Rechtsbehelfsbelehrung belegt (zu diesem Gesichtspunkt BVerwGE 13, 99, 103 - Juris RdNr 13). Zum Erlass einer solchen, die Altentscheidung wiederholenden und ersetzenden Neuentscheidung (Zweitbescheid) war die Beklagte ohne Weiteres befugt (vgl BSGE 65, 261, 262 = SozR 7833 § 1 Nr 7; BSGE 84, 22, 23 = SozR 3-8100 Art 19 Nr 5 S 12 mwN; kritisch zur Rechtsfigur des Zweitbescheids Steinwedel in Kasseler Kommentar, Stand Dezember 2015, SGB X, § 44 RdNr 13 ff). Der Zulässigkeit der Klage gegen die erneute Aufhebungsentscheidung steht dabei die frühere Bestandskraft (§ 77 SGG) der Erstentscheidung nicht entgegen (BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 81/09 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 24 RdNr 15; BVerwG Urteil vom 27.2.1963 - V C 105.61 - BVerwGE 15, 306, 311 - Juris RdNr 28). Dies gölte selbst dann, wenn der Zweitbescheid in Unkenntnis der Erstentscheidung ergangen wäre (Sachs in Stelkens/ Bonk/Sachs, 8. Aufl 2014, VwVfG, § 51 RdNr 60), was hier naheliegt.
Das maßgebliche Begehren (§ 123 SGG) der Klägerin ist folglich darauf gerichtet, im Wege der zulässigen objektiven Häufung (§ 56 SGG) zweier isolierter Anfechtungsklagen (§ 54 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGG) die beiden Verwaltungsakte (§ 31 S 1 SGB X) im Bescheid vom 23.5.2012 zu beseitigen, mit denen die Beklagte den Verwaltungsakt über die monatlichen Zahlungsansprüche im Bescheid vom 8.4.2011 für die Zeit vom 1.11.2010 bis 31.10.2013 (sog Zweitbescheid) aufgehoben und ihr auf dieser Grundlage ein Zahlungsgebot iHv 1764,20 Euro erteilt hat. Diesen Betrag hat die Beklagte - entgegen der Ansicht der Klägerin in der mündlichen Verhandlung - korrekt berechnet: Aus der Rente wegen voller Erwerbsminderung ergab sich für den Zeitraum vom 1.11.2010 bis zum 31.12.2011 ein Nachzahlbetrag iHv 7303,86 Euro (s zur Berechnung Anl 1 S 1 bis 3 des Bescheids vom 4.11.2011). Daraus erfüllte die Beklagte die geltend gemachten Erstattungsansprüche der Beigeladenen zu 1 für die Zeit vom 13.4. bis 9.9.2011 iHv 3959,84 Euro und der Beigeladenen zu 2 für die Zeit vom 10.9. bis 31.12.2011 iHv 1587,30 Euro gemäß § 125 Abs 3 S 1 SGB III in seiner bis zum 31.3.2012 geltenden Fassung iVm § 103 SGB X entsprechend (s dazu ausführlich Senatsurteil vom 7.9.2010 - B 5 KN 4/08 R - SozR 4-2600 § 89 Nr 2), sodass 1756,72 Euro verblieben. Diesen Restbetrag kehrte sie indessen nicht an die Klägerin aus, sondern rechnete - entgegen dem vordergründigen Wortlaut ihrer Mitteilung ("haben wir … verrechnet") - mit ihrem Rückzahlungsanspruch aus der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 51 SGB I auf, woraus ausdrücklich keine Rechtsverletzung geltend gemacht wird. Dieser Rückzahlungsanspruch beläuft sich für den Zeitraum vom 1.11.2010 bis zum 31.12.2011 auf 3520,92 Euro, sodass sich ein Überzahlungsbetrag von 1764,20 Euro (= 3520,92 Euro - 1756,72 Euro) errechnet.
B. Die Klagen sind begründet. Die Beklagte war nicht befugt, das Zahlungsgebot iHv 1764,20 Euro zu erlassen, weil ihr weder nach § 42 Abs 2 S 2 SGB I (nachfolgend 1.) noch nach § 50 Abs 3 S 1 iVm Abs 1 S 1 SGB X (nachfolgend 2.) ein Erstattungsanspruch zusteht.
1. Ein Erstattungsanspruch in unmittelbarer oder analoger Anwendung von § 42 Abs 2 S 2 SGB I scheidet schon deshalb aus, weil die Beklagte der Klägerin im Bescheid vom 8.4.2011 monatliche Zahlungsansprüche endgültig zuerkannt und das Verwaltungsverfahren insofern abgeschlossen hatte. Dagegen hat sie keine im Sozialrecht ohnehin nur begrenzt mögliche vorläufige Entscheidung getroffen (BSGE 67, 104, 118 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2, RdNr 51) und insbesondere weder einen Vorschuss iS von § 42 Abs 1 SGB I gewährt (nachfolgend a) noch eine Vorwegzahlung geleistet (nachfolgend b). Die Merkmale derartiger vorläufiger Verwaltungsakte sind durch die oberstgerichtliche Rechtsprechung geklärt (vgl dazu Senatsurteile vom 9.10.2012 - B 5 R 8/12 R - BSGE 112, 74 = SozR 4-1300 § 45 Nr 10, RdNr 16 und vom 17.7.1996 - 5 RJ 42/95 - BSGE 79, 61 = SozR 3-1200 § 42 Nr 5 S 13 sowie BSG Urteile vom 29.4.1997 - 4 RA 46/96 - SozR 3-1200 § 42 Nr 9 S 37 f, 40 mwN und vom 14.8.1996 - 13 RJ 9/95 - SozR 3-1200 § 42 Nr 6 S 19 ff). Sie dürfen nicht etwa deshalb unbeachtet bleiben, weil sich die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung faktisch und/oder rechtlich Beschleunigungsgeboten ausgesetzt sehen. Insbesondere erfahren die inhaltlichen Anforderungen an vorläufige Verwaltungsakte nicht dadurch eine Änderung, dass die Träger nach § 69 Abs 5 SGB IV "in geeigneten Bereichen ein Benchmarking" durchzuführen haben und hierfür nach der verbindlichen Entscheidung des Bundesvorstandes der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 21.3.2013 (RVaktuell 2013, 140) iVm ihrer Anlage (Festlegung der zentralen Kennziffern in der 1. Ebene des Benchmarking-Tools ≪Hauptverwaltungen≫) für das Benchmarking-Tool Kennziffern bzw Kennzahlen nach einheitlichen Maßstäben zu ermitteln sind (nachfolgend c).
a) Anhand des Bescheids vom 8.4.2011 wird für einen objektiven Empfänger gerade nicht hinreichend deutlich, ihm werde lediglich vorschussweise und im Vorgriff auf dem Grunde nach zustehende monatliche "Rentenansprüche" eine vorläufige Leistung eigener Art zuerkannt, die mit der endgültigen nicht identisch ist und in jedem Fall noch durch deren Festsetzung ersetzt wird. Vielmehr hat die Beklagte der Klägerin nach Grund und Höhe endgültige Zahlungsansprüche ausdrücklich zuerkannt, indem sie verfügte, dass ab dem 1.8.2010 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung "laufend monatlich" und "längstens bis zum 31.05.2029 (Monat des Erreichens der Regelaltersrente) gezahlt" werde. Dies wird nicht durch den gleichzeitig verlautbarten Hinweis auf Seite 7 des Bescheids relativiert, dass zurzeit noch geprüft werde, "ob ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit wegen eines verschlossenen Teilzeitarbeitsmarktes" bestehe, und die Klägerin nach Abschluss dieser Prüfung "einen weiteren Bescheid" erhalte. Damit wird gerade nicht verfügt, dass eine auf jeden Fall nur vorläufige und der Ersetzung bedürftige Entscheidung getroffen werde. Der Hinweis, möglicherweise auf die Entscheidung zurückzukommen und einen weiteren Bescheid zu erlassen, kann im Kontext eines abschließenden Rentenbescheids dem behördlichen Willen, nur eine einstweilige Regelung zu treffen, nicht hinreichend bestimmt Ausdruck verleihen (vgl dazu BSGE 112, 74 = SozR 4-1300 § 45 Nr 10, RdNr 16).
b) Erst recht hat die Beklagte nicht zu erkennen gegeben, sie wolle ausnahmsweise im Wege der Vorwegzahlung Zahlungsansprüche nur einstweilig bewilligen, ohne zuvor geprüft zu haben, ob diese auch nur dem Grunde nach zustehen (s dazu ebenfalls BSGE 112, 74 = SozR 4-1300 § 45 Nr 10, RdNr 16 sowie BSGE 67, 104, 109 f = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 und BSG Urteil vom 28.11.1990 - 4 RLw 5/90 - SozR 3-1300 § 32 Nr 4 S 34). Unter diesen Umständen ist nicht näher darauf einzugehen, dass der genannte Hinweis ohne drucktechnische Hervorhebung in der Vielzahl der dem Rentenbescheid beigefügten Belehrungen, Hinweise und Erläuterungen allenfalls bei Anwendung besonderer Sorgfalt durch einen geschulten Leser in seiner potentiellen Bedeutung erkannt werden konnte.
c) Soweit sich die Beklagte durch die "Bemerkungen 2010" des Bundesrechnungshofs zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes am Erlass eines "vorläufigen Verwaltungsakts" gehindert gesehen bzw zum vorzeitigen Erlass eines abschließenden Verwaltungsakts gedrängt gefühlt hat, hat sie die eigentliche Zielrichtung dieser Bemerkungen, jedenfalls deren rechtliche Bedeutung, verkannt. Der Bundesrechnungshof führt dort unter der Überschrift "Rentenversicherungsträger scheuen Leistungsvergleiche" (Ziffer 21) zum "Stand des Benchmarkings in der Rentenversicherung" (Ziffer 21.1.1) ua aus, er habe die von den Trägern ermittelten Daten über "die Zeiten für die Bearbeitung von Rentenanträgen (Rentenantragslaufzeiten)" geprüft, "da sie für einen Vergleich zwischen den Trägern geeignet sind". "Voraussetzung für einen aussagefähigen Vergleich" seien indes "Daten, die nach einheitlichen Maßstäben gesammelt sind" (Ziffer 21.1). Diese "einheitlichen Maßstäbe" und der darauf basierende Vergleich von Prozessen und Leistungen der Rentenversicherungsträger untereinander mit dem Ziel, Rationalisierungs- bzw Verbesserungspotentiale zu erkennen und auf breiter Grundlage umzusetzen ("Benchmarking") sieht der Bundesrechnungshof dadurch gefährdet, dass "einige Träger … vorläufige Rentenbescheide" erlassen und damit die Rentenantragslaufzeiten gekürzt hätten, "obwohl die zugrunde liegenden Sachverhalte noch nicht abschließend ermittelt waren". Die betroffenen Träger hätten auch nicht untersucht, ob ein solches Vorgehen "wirtschaftlich" gewesen sei.
Der Bundesrechnungshof hat damit weder den Erlass vorläufiger Verwaltungsakte generell verboten noch hat er etwa erklärt, dass stattdessen der vorzeitige Erlass endgültiger Verwaltungsakte stets ein erlaubtes Mittel zur Beeinflussung von Rentenantragslaufzeiten sein könnte. Sein Anliegen, allein statistisch-quantitativ motivierte - und damit "wettbewerbswidrige" - Laufzeitverkürzungen durch eine "Flucht in den vorzeitigen Verwaltungsakt" zu verhindern, steht lediglich der rechtsgrundlosen Laufzeitverkürzung durch den Erlass vorläufiger Verwaltungsakte entgegen. Dagegen bleiben vorläufige Verwaltungsakte in der Form von Vorschuss und Vorwegzahlung, die sich gerade dadurch auszeichnen, dass bei ihrem Erlass noch keine Gewissheit über den rechtlich maßgeblichen Sachverhalt besteht, unverändert erlaubt. Dessen ungeachtet wäre die Beklagte an abweichende Anmerkungen nicht gebunden gewesen (vgl BVerfG Urteil vom 7.10.2014 - 2 BvR 1641/11 - BVerfGE 137, 108 ff = SozR 4-4200 § 6a Nr 1, RdNr 100 mwN).
2. Der Beklagten steht auch nach § 50 Abs 1 S 1 iVm Abs 3 S 1 SGB X kein Erstattungsanspruch in der festgestellten Höhe zu. Nach diesen Vorschriften sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist; die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen.
Die Beklagte hat zwar den Verwaltungsakt im Bescheid vom 8.4.2011 über die Festsetzung des monatlichen Rentenzahlbetrags mit dem (Gegen-)Verwaltungsakt im Bescheid vom 23.5.2012 aufgehoben. Hierauf kann jedoch der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht gestützt werden, weil weder § 48 Abs 1 SGB X (nachfolgend a) noch § 45 Abs 1 SGB X (nachfolgend b) - auch nicht im Wege der Umdeutung (nachfolgend c) - einschlägig sind und auch die Aufhebung deshalb jedenfalls materiell rechtswidrig und mithin durch Gestaltungsurteil ihrerseits aufzuheben ist (§ 54 Abs 2 S 1 SGG). Auf etwaige formelle Mängel, die ebenfalls zur Aufhebung des (Gegen-)Verwaltungsakts führen könnten (§ 42 S 2 iVm S 1, § 24 Abs 1 SGB X), kommt es deshalb nicht mehr an (nachfolgend d).
a) Soweit sich die Beklagte sowohl im Bescheid vom 23.5.2012 als auch im Widerspruchsbescheid vom 13.11.2012 für die Aufhebungsentscheidung auf § 48 Abs 1 SGB X beruft, lagen dessen Voraussetzungen nicht vor. Nach S 1 dieser bundesrechtlichen Norm ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung wegen einer nach seinem Erlass (Bekanntgabe) eingetretenen wesentlichen Änderung der rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben; unter weiteren Voraussetzungen soll er mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben werden (S 2). Eine derartige Änderung ist nach Bekanntgabe des Bescheids vom 8.4.2011 indessen nicht eingetreten. Denn ein befristetes Recht auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs 2, § 102 Abs 2 S 2 SGB VI mit der Folge hieraus monatlich entstehender Einzelansprüche ab dem 1.11.2010 war bereits kraft Gesetzes entstanden, als die Beklagte den Bescheid vom 8.4.2011 erließ. Bereits damals stand folglich "bei objektiver Betrachtung" und unabhängig von der Kenntnis der Beklagten fest, dass durchsetzbare Ansprüche auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht gleichzeitig bestehen konnten (§ 89 Abs 1 Nr 7 und 11 SGB VI), sondern im Hinblick auf den zeitgleich entstandenen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung ruhten (BSG Urteil vom 31.10.2002 - B 4 RA 9/01 R - SozR 3-2600 § 101 Nr 2; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, 09/11, § 89 RdNr 11; Jentsch, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl 2013, § 89 RdNr 7; Kreikebohm/Dankelmann in Kreikebohm, SGB VI, 4. Aufl 2013 § 89 RdNr 3; Wehrhahn in Kasseler Kommentar, Stand Dezember 2015, SGB VI, § 89 RdNr 4). Das hat zur Folge, dass die aus dem Stammrecht auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung resultierenden Einzelansprüche während der Dauer des Bezugs der vollen Erwerbsminderungsrente nicht zur Entstehung gelangten (BSG SozR 3-2600 § 101 Nr 2). Der Verwaltungsakt über die Festsetzung des monatlichen Zahlbetrags der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung war damit schon in seinem Erlasszeitpunkt materiell und zudem wegen Verstoßes gegen das Verbot des vorzeitigen Verfahrensabschlusses (Senatsurteil vom 9.10.2012 - B 5 R 8/12 R - BSGE 112, 74 = SozR 4-1300 § 45 Nr 10, RdNr 20 mwN) rechtswidrig, ohne dass Gesichtspunkte der Prozesswirtschaftlichkeit und Beschleunigungsgebote hieran etwas ändern könnten. Kein Beschleunigungsgebot vermag nämlich den Gegenstand der Beschleunigung (das Verwaltungsverfahren) inhaltlich zu verändern, sondern hat Einfluss allenfalls auf dessen äußeren Ablauf. In diesem Sinne bezieht sich etwa auch § 17 Abs 1 Nr 1 SGB I allein auf die "zügige" Gewährung "zustehender" Sozialleistungen. Zur Rücknahme anfänglich rechtswidriger Verwaltungsakte ermächtigt aber allein § 45 SGB X.
Die Entscheidung des Senats vom 7.9.2010 (B 5 KN 4/08 R - SozR 4-2600 § 89 Nr 2), der unzweifelhaft eine nachträgliche Änderung der Verhältnisse (im Gesundheitszustand des dortigen Versicherten) zugrunde lag, ist insofern nicht einschlägig. Ihr ist auch nicht etwa ein Rechtssatz des Inhalts zu entnehmen, dass in Fällen des § 89 SGB VI stets § 48 SGB X zur Anwendung kommen müsse. Zu Unrecht nimmt die Beklagte daher an, dass der Zahlungsanspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erst entfiel, als sie der Klägerin mit Bescheid vom 4.11.2011 Rente wegen voller Erwerbsminderung zuerkannte. Denn im Rahmen des § 48 Abs 1 SGB X kommt es nach geklärter Rechtslage weder auf die im aufzuhebenden Bescheid genannten noch auf die damals von der Behörde zugrunde gelegten Verhältnisse noch auf die Kenntnis der Behörde von der Änderung der Verhältnisse an, sondern allein auf die in Wirklichkeit vorliegenden Verhältnisse und deren objektive Änderung. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 48 Abs 1 S 1 SGB X, der von der Änderung der Verhältnisse spricht, die beim Erlass des Verwaltungsakts "vorgelegen haben" (BSG Urteil vom 11.10.1994 - 9 RVs 2/93 - SozR 3-3870 § 4 Nr 10 S 42). Keinesfalls kann die Behörde durch Verwaltungshandeln selbst bestimmen, ob ein (bestandskräftiger) Verwaltungsakt unter erschwerten (§ 45 SGB X) oder erleichterten Bedingungen (§ 48 SGB X) beseitigt werden darf.
b) Die Aufhebungsentscheidung lässt sich auch nicht auf § 45 Abs 1 SGB X stützen und damit aufrechterhalten. Ein solches Aufrechterhalten ist hier nicht durch schlichte Anwendung dieser Rechtsvorschrift oder mithilfe des Nachschiebens von (Rechts-)Gründen, sondern nur durch Umdeutung gemäß § 43 SGB X möglich, dessen Tatbestandsvoraussetzungen indessen nicht erfüllt sind. Ob ein bloßes Auswechseln der Rechtsgrundlage (vgl dazu BSG Urteile vom 21.6.2011 - B 4 AS 21/10 R - BSGE 108, 258 = SozR 4-4200 § 11 Nr 39, RdNr 34 und vom 29.11.2012 - B 14 AS 6/12 R - BSGE 112, 221 = SozR 4-1300 § 45 Nr 12, RdNr 23) und/oder ein Nachschieben von Gründen (dazu BSG Urteile vom 23.8.1956 - 3 RJ 293/55 - BSGE 3, 209, 216, vom 21.4.1959 - 6 RKa 20/57 - BSGE 9, 277, 279 f, vom 24.2.2011 - B 14 AS 87/09 R - BSGE 107, 255 = SozR 4-4200 § 60 Nr 1, vom 25.6.2015 - B 14 AS 30/14 R - SozR 4-4200 § 60 Nr 3 RdNr 23 sowie vom 21.9.2000 - B 11 AL 7/00 R - BSGE 87, 132, 139 = SozR 3-4100 § 128 Nr 10 S 87 f: nicht nur "Kassation", sondern auch "Reformation") genügen, hängt bei belastenden Verwaltungsakten, die im Wege der reinen Anfechtungsklage angegriffen werden, davon ab, ob sie dadurch in ihrem "Wesen" verändert werden und der Betroffene infolgedessen in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt werden kann (Senatsurteil vom 26.9.1974 - 5 RJ 140/72 - BSGE 38, 157, 159 = SozR 2200 § 1631 Nr 1; BSGE 3, 209, 216; 9, 277, 279 f; BSG Urteile vom 31.1.1969 - 2 RU 234/66 - BSGE 29, 129, 132 = SozR Nr 123 zu § 54 SGG; vom 1.12.1977 - 12 RK 13/77 - BSGE 45, 206, 208 = SozR 2200 § 1227 Nr 10; vom 29.6.2000 - B 11 AL 85/99 R - BSGE 87, 8, 12 = SozR 3-4100 § 152 Nr 9; vom 12.2.1980 - 7 RAr 107/78 - SozR 4100 § 119 Nr 12; BVerwGE 38, 191, 195; 64, 356, 358 und Urteil vom 19.8.1988 - 8 C 29/87 - BVerwGE 80, 96, 97; vgl Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 54 RdNr 35 f mwN). Eine solche Änderung des "Wesens" eines Verwaltungsakts ist in Anlehnung an den zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff zu bestimmen (vgl dahingehend BSG Urteile vom 21.4.1959 - 6 RKa 20/57 - BSGE 9, 277, 280 und vom 25.6.2015 - B 14 AS 30/14 R - SozR 4-4200 § 60 Nr 3 RdNr 23; s auch Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl 2015, § 113 RdNr 69) und demzufolge anzunehmen, wenn die Regelung auf einen anderen Lebenssachverhalt gestützt wird (BSG Urteil vom 29.6.2000 - B 11 AL 85/99 R - BSGE 87, 8 = SozR 3-4100 § 152 Nr 9) oder die Angabe der Rechtsgrundlage zum Tenor (Verfügungssatz) des Bescheids gehört und deshalb die Aufrechterhaltung des Verwaltungsakts einen Eingriff in den Tenor erfordert (Senatsurteil vom 26.9.1974 - 5 RJ 140/72 - BSGE 38, 157 f = SozR 2200 § 1631 Nr 1; BSG Urteile vom 22.9.1981 - 1 RA 109/76 - SozR 1500 § 77 Nr 56 und vom 29.6.2000 - B 11 AL 85/99 R - BSGE 87, 8 = SozR 3-4100 § 152 Nr 9; BVerwG Urteil vom 19.8.1988 - 8 C 29/87 - BVerwGE 80, 96, 97; Krause in ders/vonMutius/ Schnapp/Siewert, 1991, GK-SGB X 1, § 43 RdNr 11), also Lebenssachverhalt und/oder Verfügungssatz nicht dieselben bleiben (BSG Urteil vom 11.4.2002 - B 3 P 8/01 R - Juris RdNr 25). So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat im Tenor des Bescheids vom 23.5.2012 ausdrücklich verfügt, der Verwaltungsakt über den Rentenzahlbetrag im Bescheid vom 8.4.2011 werde "nach § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben". Folglich würde die Heranziehung von § 45 Abs 1 SGB X als Rechtsgrundlage einen Eingriff in den Entscheidungssatz und folglich dessen Änderung erfordern. Schon deshalb scheidet die bloße Auswechslung der Rechtsgrundlage bzw ein Nachschieben von (Rechts-)Gründen aus, und es kommt allenfalls eine Umdeutung gemäß § 43 SGB X in Betracht.
c) Nach § 43 Abs 1 SGB X kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsakts (Abs 2 S 1). Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte (Abs 2 S 2). Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden (Abs 3). § 24 SGB X ist entsprechend anzuwenden (Abs 4).
Zwar wären der fehlerhafte Verwaltungsakt nach § 48 SGB X und der Ersatzakt nach § 45 SGB X auf dasselbe Ziel gerichtet, nämlich auf die Beseitigung eines Verwaltungsakts (hier: als Rechtsgrund für den Bezug bzw das Behaltendürfen der bewilligten Zahlungsansprüche aus der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung). Soweit der Verwaltungsakt über die Bewilligung der monatlichen Zahlungsansprüche für die Vergangenheit zurückgenommen werden soll, fehlen aber bereits die (materiell-rechtlichen) Voraussetzungen iS des § 43 Abs 1 S 1 SGB X für den Erlass des Ersatzakts gemäß § 45 Abs 1 SGB X anstelle von § 48 Abs 1 S 2 SGB X (nachfolgend aa); soweit die Rücknahme für die Zukunft wirken soll, verbietet § 43 Abs 3 SGB X die Umdeutung einer gebundenen Entscheidung nach § 48 Abs 1 S 1 SGB X in eine Ermessensentscheidung nach § 45 Abs 1 SGB X (nachfolgend bb). Nach der zuletzt genannten Vorschrift darf ein (im Zeitpunkt seiner Bekanntgabe) rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
aa) Mit Wirkung für die Vergangenheit wird der Verwaltungsakt nur in den Fällen von § 45 Abs 2 S 3 und Abs 3 S 2 SGB X zurückgenommen (§ 45 Abs 4 S 1 SGB X). Soweit die Beklagte den Verwaltungsakt über den monatlichen Rentenzahlbetrag im Bescheid vom 8.4.2011 mit dem (Gegen-)Verwaltungsakt vom 23.5.2012 rückwirkend, dh für die Zeit vom 1.11.2010 bis zum 31.5.2012 aufgehoben hat, geben die Feststellungen des LSG von vornherein keinen Anlass, die Voraussetzungen des § 45 Abs 2 S 3 Nr 1 SGB X (Ausschluss von Vertrauen in den Bestand des Verwaltungsakts, den der Begünstigte durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat) und des § 45 Abs 3 S 2 SGB X (Vorliegen von Wiederaufnahmegründen entsprechend § 580 ZPO) zu prüfen. Der Verwaltungsakt vom 8.4.2011 beruht auch nicht auf "Angaben", die die Klägerin vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat (§ 45 Abs 2 S 3 Nr 2 SGB X). Ebenso wenig kannte sie die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts oder war ihr dessen Rechtswidrigkeit infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben (§ 45 Abs 2 S 3 Nr 3 Halbs 1 SGB X).
bb) Aber auch soweit der (Gegen-)Verwaltungsakt in die Zukunft wirkt, liegen die Umdeutungsvoraussetzungen nicht vor. Denn die Aufhebung eines (Dauer-)Verwaltungsakts "mit Wirkung für die Zukunft" ergeht gemäß § 48 Abs 1 S 1 SGB X als gesetzlich gebundene Entscheidung, während die Rücknahme eines ursprünglich rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts "mit Wirkung für die Zukunft" nach § 45 Abs 1 SGB X im pflichtgemäßen Ermessen (§ 39 Abs 1 S 2 SGB I) der Behörde steht. Eine gebundene Entscheidung kann nach § 43 Abs 3 SGB X aber nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden (BSG Urteile vom 10.2.1993 - 9/9a RV 43/91 - SozR 3-3660 § 1 Nr 1 und vom 20.10.2005 - B 7a AL 18/05 R - BSGE 95, 176 = SozR 4-4300 § 119 Nr 3). Eine gebundene und keine Ermessensentscheidung läge nur dann vor, wenn ausnahmsweise nur eine bestimmte Entscheidung rechtmäßig wäre, wenn sich also das Ermessen durch "Verdichtung der Ermessensgrenzen" auf Null reduziert hätte und jeder Verwaltungsakt mit einem anderen Regelungsinhalt rechtsfehlerhaft wäre (BSG Urteil vom 20.5.2014 - B 10 EG 2/14 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 27 RdNr 29; BVerwG Urteil vom 23.1.1975 - III C 40.74 - Buchholz 427.3. § 335a LAG Nr 54). Nur dann läge eine umdeutbare Entscheidung vor. Dass die Komplettrücknahme des zahlungsanspruchsgewährenden Verwaltungsakts im Rentenbescheid vom 8.4.2011 die einzige rechtmäßige Entscheidung gewesen wäre (Ermessensschrumpfung auf Null), ist angesichts der "Gutgläubigkeit" der Klägerin (vgl dazu BSG Urteil vom 11.2.2015 - B 13 R 15/13 R - Juris RdNr 12) und der Möglichkeit, eine zeitlich, summen- oder quotenmäßig differenzierte Rücknahmeentscheidung zu treffen (vgl dazu Waschull in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl 2011, § 45 RdNr 61; ders in Fichte/Plagemann/Waschull, Sozialverwaltungsverfahrensrecht, 2008, § 4 RdNr 180), von vornherein auszuschließen.
Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 13.11.2012 das öffentliche "Interesse an der Rückzahlung" mit den "privaten Interessen" der Klägerin abgewogen hat. Diese pauschalen Ausführungen der Widerspruchsstelle, die sich als überschießende Begründung darstellen, sich dabei im Kern auf den Erstattungsanspruch und die damit verbundene "Rückzahlung" bzw den "Rückforderungsanspruch" beziehen und damit vordergründig auf der Ebene des Haushaltswesens und der Forderungsdurchsetzung bewegen (§ 76 Abs 2 SGB IV), genügen weder zeitlich noch inhaltlich für eine pflichtgemäße Ausübung des Ermessens (§ 39 Abs 1 S 2 SGB I) im Rahmen des § 45 Abs 1 SGB X. Zwar haben die §§ 45, 48 SGB X denselben Ausgangspunkt (der Erlass des jeweiligen Aufhebungs- bzw Rücknahmebescheids teilt Vergangenheit und Zukunft); beide Vorschriften haben in der Vergangenheit jedoch verschiedene Bezugspunkte, sodass sich etwaige Ermessenserwägungen notwendigerweise auf verschiedene Zeiträume beziehen: Im Rahmen des § 48 SGB X ist dies der Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, während es im Rahmen des § 45 SGB X auf den Erlasszeitpunkt des rechtswidrigen Verwaltungsakts ankommt. Deshalb braucht auf die Frage, ob die Umdeutung einer Ermessensentscheidung in eine andere Ermessensentscheidung überhaupt denkbar ist (vgl dazu Krause, aaO, § 43 RdNr 25; Laubinger, VerwArch, 1987, 365; Schenke, DVBl 1987, 650; Schütze in von Wulffen/Schütze, 8. Aufl 2014, § 43 RdNr 12; Steinwedel, KassKomm, SGB X, § 43 RdNr 18, Stand 7/2011; Waschull, LPK-SGB X, 3. Aufl 2011, § 43 RdNr 16; zweifelnd Littmann in: Hauck/Noftz, SGB X, K § 43 RdNr 28, Stand X/2009; Wirth, Umdeutung fehlerhafter Verwaltungsakte, 1999, S 208), nicht weiter eingegangen zu werden.
d) Da die Klage bereits aus anderen Gründen Erfolg hat, kann schließlich auch dahingestellt bleiben, ob die Klägerin die Aufhebung der angefochtenen beiden Verwaltungsakte im Bescheid vom 23.5.2012 gemäß § 42 S 2 iVm S 1 SGB X auch aus formellen Gründen beanspruchen kann, weil die nach § 24 Abs 1 SGB X erforderlichen Anhörungen unterblieben und nicht wirksam nachgeholt (§ 41 Abs 1 Nr 3 und Abs 2 SGB X) worden sind (vgl Senatsurteil vom 4.12.2014 - B 5 RE 12/14 R - SozR 4-2600 § 165 Nr 1 RdNr 17).
Da somit der (Gegen-)Verwaltungsakt im Bescheid vom 23.5.2012 gerichtlich aufzuheben ist, entfällt gleichzeitig die Anwendbarkeit von § 50 Abs 1 S 1 iVm Abs 3 S 1 SGB X als einzig in Betracht kommende Grundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 S 1 und Abs 4 SGG.
Fundstellen