Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. freiwillige Versicherung. Beitragspflicht von Veräußerungsgewinnen. steuerpflichtiger GmbH-Anteil
Leitsatz (amtlich)
Ein Gewinn aus der Veräußerung eines GmbH-Anteils ist, soweit er der Besteuerung nach § 17 EStG unterliegt, als Einnahme eines freiwillig Versicherten, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden kann, beitragspflichtig.
Normenkette
SGB 5 § 240 Abs. 1; SGB V § 240 Abs. 4 S. 2 F: 1992-12-21, S. 3 F: 1992-12-21; SGB 4 § 15 Abs. 1; EStG § 17 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. Februar 2005 wird zurückgewiesen.
Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten über die Höhe der für das Jahr 2000 zu zahlenden Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung.
Der 1955 geborene Kläger erwarb im März 1997 zum Kaufpreis von 60.000,00 DM einen Geschäftsanteil von 20 vH an der P… & Co GmbH, deren Stammkapital 300.000,00 DM betrug. Vom Mai 1997 bis Juni 1999 war er bei dieser GmbH als Außendienstmitarbeiter beschäftigt. Anschließend bezog er von Juli bis Dezember 1999 Arbeitslosengeld.
Im Januar 2000 beantragte er die freiwillige Mitgliedschaft bei der beklagten Krankenkasse und gab an, ab Januar 2000 monatliche Einkünfte in Höhe von 4.000,00 DM aus der Tätigkeit für eine GmbH, an deren Stammkapital er mit 80 vH beteiligt sei, zu erzielen. Diese GmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 21. Januar 2000 gegründet. Der Kläger übernahm 20.000,00 € des Stammkapitals von insgesamt 25.000,00 € und wurde zum Geschäftsführer bestellt. Mit Anteilsveräußerungs- und Übertragungsvertrag vom 14. Februar 2000 veräußerte er seinen Anteil an der P… & Co GmbH zum Nominalwert von 60.000,00 DM sowie sein Gewinnbezugsrecht für das Geschäftsjahr 1999. Der Gesamtverkaufspreis betrug 135.000,00 DM. Mit Bescheid vom 23. Februar 2000 stufte die Beklagte den Kläger unter Vorbehalt ab 1. Januar 2000 mit einem monatlichen Beitrag von 621,00 DM ein. Sie legte dabei die von ihm angegebenen beitragspflichtigen monatlichen Einnahmen in Höhe von 4.000,00 DM zu Grunde. Ergänzend führte sie aus, Voraussetzung für die einkommensbezogene Einstufung sei, dass die Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit mit dem letzten Einkommensteuerbescheid nachgewiesen seien. Diesen Nachweis habe der Kläger nicht erbracht, da er seine selbstständige Tätigkeit erst vor kurzer Zeit aufgenommen habe und noch nicht über einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid verfüge. Die Einstufung erfolge daher unter Vorbehalt. Nach Vorlage einer Kopie des entsprechenden Einkommensteuerbescheides müsse eine Prüfung der Einstufung erfolgen. Sie weise darauf hin, dass eine Nacherhebung von Beiträgen erfolgen müsse, soweit höhere als der Einstufung zu Grunde gelegte Einkünfte nachgewiesen würden. Bei niedrigeren Einkünften würden Differenzbeiträge erstattet, soweit die Einstufung nicht bereits nach der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage erfolgt sei. Das Arbeitsamt gewährte dem Kläger vom Januar bis Juni 2000 Überbrückungsgeld nach § 57 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) in Höhe von monatlich 5.019,46 DM. Ab Juli 2000 erhielt der Kläger auf Grund des Anstellungsvertrags vom 9. August 2000 mit der von ihm gegründeten GmbH für seine Außendiensttätigkeit und die Tätigkeit als Geschäftsführer ein monatliches Gehalt von 4.200,00 DM.
Im Oktober 2002 legte der Kläger den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 vom 9. September 2002 vor, der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit bei einem Bruttoarbeitslohn von 25.200,00 DM nach Abzug von Werbungskosten in Höhe von 22.167,00 DM sowie als Einkünfte aus Gewerbebetrieb einen Veräußerungsgewinn nach § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 56.893,00 DM auswies. Mit Bescheid vom 14. Oktober 2002 stellte die Beklagte die Höhe des monatlichen Krankenversicherungsbeitrags für die Zeit ab 1. Januar 2000 mit 973,96 DM fest. Sie berücksichtigte dabei beitragspflichtige monatliche Einnahmen in Höhe der im Jahr 2000 geltenden Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung von 6.450,00 DM. Den Widerspruch, mit dem sich der Kläger gegen die Berücksichtigung des Veräußerungsgewinns wandte, wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 14. Mai 2003 zurück.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit Urteil vom 8. März 2004 abgewiesen. Die Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 25. Februar 2005 zurückgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, die Beklagte sei berechtigt gewesen, nach Vorlage des Einkommensteuerbescheides die zuvor nur unter Vorbehalt vorgenommene Beitragseinstufung rückwirkend zu ändern. Zu Recht habe sie für das Jahr 2000 als beitragspflichtige monatliche Einnahmen Einkommen des Klägers bis zur Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt. Zum Arbeitseinkommen habe das für Januar bis Juni 2000 gezahlte Überbrückungsgeld, das von Juli bis Dezember 2000 bezogene Gehalt sowie monatlich ein Zwölftel des Veräußerungsgewinns nach § 17 Abs 1 und 2 EStG gezählt. Der Erlös aus dem Verkauf eines Gewinnbezugsrechts könne, soweit er steuerrechtlich Veräußerungsgewinn sei, nicht anders behandelt werden als der unmittelbar auf Grund einer GmbH-Beteiligung erzielte Gewinnanteil. Der durch den Veräußerungsgewinn bewirkte Zuwachs der finanziellen Leistungsfähigkeit habe die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers im Jahre 2000 bestimmt und sei nicht lediglich Vermögensverzehr oder Vermögensumschichtung gewesen.
Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 240 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) iVm § 15 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV). Als beitragspflichtige Einnahmen seien lediglich das Überbrückungsgeld und das Gehalt als Geschäftsführer und damit im Jahre 2000 lediglich 55.316,76 DM zu Grunde zu legen. Nicht zu berücksichtigen sei der Veräußerungsgewinn, weil er kein Arbeitseinkommen iS von § 15 Abs 1 SGB IV sei. Der auf Grund einer GmbH-Beteiligung erzielte Gewinnanteil zähle nämlich steuerrechtlich zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Die Beurteilung, ob dem Grunde nach eine selbstständige Tätigkeit iS des § 15 Abs 1 Satz 1 SGB IV vorliege, habe entsprechend dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27. Januar 1999 (B 4 RA 17/98 R, SozR 3-2400 § 15 Nr 6 S 17) spezifisch sozialrechtlich zu erfolgen. Die steuerrechtliche Qualifizierung bestimmter Einkünfte entscheide damit nicht darüber, ob eine selbstständige Tätigkeit und hieraus erzieltes Arbeitseinkommen im sozialrechtlichen Sinne vorliege. Selbst wenn die Einkünfte aus der Veräußerung iS des § 17 EStG dem Arbeitseinkommen nach § 15 Abs 1 SGB IV zuzuordnen wären, begründe die Veräußerung einer Beteiligung von 20 vH an einer GmbH nicht eine selbstständige Tätigkeit iS des § 15 SGB IV. Zudem spreche gegen die vollständige Übernahme der steuerrechtlichen Einordnung des Veräußerungsgewinns als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, dass die vom Gesetzgeber in § 17 EStG gezogenen Grenzen willkürlich seien und zu einer Ungleichbehandlung führten, weil die steuerrechtliche Behandlung bei gleich bleibendem Veräußerungserlös von der Höhe des Stammkapitals der Gesellschaft abhänge.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. Februar 2005 und das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 8. März 2004 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2003 aufzuheben, soweit für das Jahr 2000 Beiträge nach beitragspflichtigen Einnahmen von mehr als 55.316,76 DM festgesetzt worden sind.
Die Beklagte beantragt,
die Revision gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. Februar 2005 zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG die Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 14. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2003, mit dem sie die Höhe der zur freiwilligen Krankenversicherung im Jahr 2000 zu zahlenden Beiträge abweichend von der zuvor erfolgten Beitragseinstufung unter Berücksichtigung von beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe der Beitragsbemessungsgrundlage festgesetzt hat, ist rechtmäßig.
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist lediglich noch der Bescheid der Beklagten vom 14. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2003, soweit er für das Jahr 2000 höhere Krankenversicherungsbeiträge, als sich bei Berücksichtigung von beitragspflichtigen Einnahmen im Jahr 2000 in Höhe von 55.316,76 DM errechnen, festgesetzt hat. Der Kläger hatte bereits im Berufungsverfahren seine Klage auf den die Beitragshöhe für das Jahr 2000 betreffenden Bescheid beschränkt und hat im Revisionsverfahren die Aufhebung nur noch insoweit begehrt, als höhere Beiträge auf Grund der Berücksichtigung auch des Veräußerungsgewinns festgesetzt worden sind, sowie seine zunächst auch gegen die Pflegekasse gerichtete Klage zurückgenommen.
2. Für die Anfechtungsklage fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Der Kläger wendet sich lediglich gegen die Beitragshöhe, soweit die Beiträge unter Berücksichtigung des Veräußerungsgewinns nach Einnahmen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze von monatlich 6.450,00 DM, jährlich 77.400,00 DM, und nicht lediglich unter Berücksichtigung der Geschäftsführervergütung und des Überbrückungsgeldes in Höhe von jährlich 55.316,76 DM als beitragspflichtige Einnahmen festgesetzt wurden. Sein Klageziel kann er bereits durch die Teilanfechtung des Bescheides erreichen. Der Erhebung einer damit verbundenen Verpflichtungs- oder Leistungsklage bedurfte es nicht (vgl BSG, Urteil des Senats vom 6. September 2001, B 12 KR 14/00 R, SozR 3-2500 § 240 Nr 41 S 207).
3. Die Beklagte hat auf der Grundlage des § 240 SGB V iVm § 15 Abs 3 ihrer Satzung die Beiträge zutreffend festgesetzt. Zu Recht hat sie die Beiträge unter Berücksichtigung auch des im Jahr 2000 dem Kläger zugeflossenen, im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen und der Besteuerung unterliegenden Gewinns aus der Veräußerung eines GmbH-Anteils iS von § 17 EStG als beitragspflichtige Einnahme festgesetzt. An die mit Bescheid vom 23. Februar 2000 erfolgte Beitragseinstufung war sie dabei nicht gebunden.
a) Die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder richtet sich seit Inkrafttreten des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477) am 1. Januar 1989 nach § 240 SGB V. Danach wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch die Satzung geregelt (Abs 1 Satz 1), wobei sicherzustellen ist, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigt (Abs 1 Satz 2). Die Satzung muss mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen sind (Abs 2 Satz 1). Nach § 240 Abs 4 Satz 2 und 3 SGB V (in der hier anzuwendenden, seit dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung, angefügt durch Art 1 Nr 137 Buchst c des Gesundheitsstrukturgesetzes ≪GSG≫ vom 21. Dezember 1992 ≪BGBl I 2266≫) gelten für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind, als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223 SGB V), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße (Satz 2). Veränderungen der Beitragsbemessung können auf Grund eines vom Versicherten geführten Nachweises nach Satz 2 nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden (Satz 3).
Nach dem im Jahre 2000 geltenden § 15 Abs 3 der Satzung der Beklagten, die revisibles Recht iS von § 162 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) enthält, weil ihr Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt und damit der Auslegung durch das Revisionsgericht unterliegt, sind als beitragspflichtige Einnahmen der freiwilligen Mitglieder deren monatliche Einnahmen unter Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit maßgebend. Zu den beitragspflichtigen Einnahmen gehören alle Einnahmen und Geldmittel, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden könnten, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung. Einmalige Einnahmen gelten mit einem Zwölftel des Jahresbetrags als monatliche beitragspflichtige Einnahmen.
Diese Vorschriften sind für die Beitragsbemessung maßgebend. Auch als angestellter Geschäftsführer einer GmbH war der Kläger hauptberuflich selbstständig erwerbstätig iS von § 240 Abs 4 Satz 2 und 3 SGB V. Er stand nicht in einem abhängigen, die Krankenversicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis, weil er als Mehrheitsgesellschafter mit einem Anteil von 80 vH des Stammkapitals dieser GmbH kraft seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung in der Lage war, ihm nicht genehme Entscheidungen der Gesellschaft zu verhindern (vgl BSG, Urteile vom 18. April 1991, 7 RAr 32/90, SozR 3-4100 § 168 Nr 5 S 8, vom 8. Dezember 1994, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr 18 S 45, vom 30. Juni 1999, B 2 U 35/98 R, SozR 3-2200 § 723 Nr 4 S 15 mwN und Urteil des Senats vom 17. Mai 2001, B 12 KR 34/00 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 57).
b) Zu Recht hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid die Krankenversicherungsbeiträge für das Jahr 2000 unter Berücksichtigung monatlicher beitragspflichtiger Einnahmen in Höhe der in diesem Jahr geltenden monatlichen Beitragsbemessungsgrenze von 6.450,00 DM (vgl § 240 Abs 4 Satz 2, § 223 Abs 3 und § 6 Abs 1 SGB V idF des GRG, § 3 Abs 1 Satz 1 Nr 1 der Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 2000 vom 29. November 1999, BGBl I 2375) festgesetzt. Niedrigere beitragspflichtige Einnahmen hat der Kläger nicht nachgewiesen. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 wies neben den Einkünften aus der Tätigkeit als Geschäftsführer nach Abzug der Werbungskosten in Höhe von 22.167,00 DM den steuerpflichtigen Gewinn aus der Veräußerung des GmbH-Anteils in Höhe von 56.893,00 DM als Einkünfte aus Gewerbebetrieb und damit Einnahmen über der im Jahre 2000 geltenden Beitragsbemessungsgrenze von 77.400,00 DM aus. Entgegen der Auffassung der Revision war als beitragspflichtige Einnahme gemäß § 15 Abs 3 der Satzung der Beklagten iVm § 240 SGB V auch der dem Kläger in diesem Jahr zugeflossene, der Besteuerung unterliegende Gewinn iS von § 17 EStG aus der Veräußerung seines GmbH-Anteils zu berücksichtigen.
Der Beitragspflicht des freiwillig versicherten Selbstständigen unterliegt nach diesen Vorschriften sein Arbeitseinkommen iS von § 15 Abs 1 SGB IV. Hierunter fällt der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus der selbstständigen Tätigkeit. Zum Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit iS des Sozialversicherungsrechts rechnen auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 2 Abs 1 Satz 1 Nr 2, Abs 2 Nr 1 EStG). Grundsätzlich ist für die Zuordnung von Einnahmen zum Arbeitseinkommen die steuerrechtliche Abgrenzung der Einkunftsarten maßgebend (vgl BSG, Urteil des Senats vom 23. September 1999, B 12 KR 12/98 R, SozR 3-2500 § 240 Nr 31 S 140 ff mwN). Der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer GmbH gehört gemäß § 17 Abs 1 EStG zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Danach würde der dem Kläger im Jahre 2000 zugeflossene steuerpflichtige Veräußerungsgewinn als Arbeitseinkommen der Beitragspflicht unterliegen. Es kann dahinstehen, ob entsprechend der Auffassung der Revision dem Urteil des BSG vom 27. Januar 1999 (B 4 RA 17/98 R, SozR 3-2400 § 15 Nr 6, vgl aber auch BSG, Urteile vom 25. Februar 2004, B 5 RJ 56/02 R, SozR 4-2400 § 15 Nr 1 RdNr 10 ff, vom 7. Oktober 2004, B 13 RJ 13/04 R, BSGE 93, 226 RdNr 9 ff = SozR 4-2400 § 15 Nr 2 RdNr 9 ff und vom 17. Februar 2005, B 13 RJ 43/03 R, BSGE 94, 174 RdNr 12 ff = SozR 4-2600 § 96a Nr 5 RdNr 12 ff) entnommen werden kann, dass ein steuerrechtlich den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzurechnender Gewinn aus der Veräußerung eines GmbH-Anteils dann nicht zum Arbeitseinkommen iS von § 15 SGB IV zählt, wenn die Veräußerung nicht im Zusammenhang mit der Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit erfolgt, und ob der Berücksichtigung als Arbeitseinkommen entgegensteht, dass es sich bei solchen Einkünften dem Wesen nach um Einkünfte aus der Veräußerung von Privatvermögen handelt (vgl hierzu Klattenhoff: in Hauck/Haines, SGB IV, Stand Juli 2003, K § 15 RdNr 19). Auch als Einnahme aus privater Vermögensverwaltung zählt nämlich der dem Kläger zugeflossene Veräußerungsgewinn, jedenfalls soweit er der Besteuerung gemäß § 17 EStG unterliegt, nach § 240 SGB V iVm § 15 Abs 3 der Satzung der Beklagten zu den beitragspflichtigen Einnahmen.
Gemäß § 240 SGB V muss die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen. Diese ergibt sich grundsätzlich aus den Einnahmen und Geldmitteln, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung (vgl BSG, Urteil des Senats vom 23. September 1999, B 12 KR 12/98 R, SozR 3-2500 § 240 Nr 31 S 142 f unter Hinweis auf Begründung zu Art 1 § 249 Abs 1 des Entwurfes eines GRG, jetzt § 240 Abs 1 SGB V, BT-Drucks 11/2237 S 225). § 15 Abs 3 der Satzung übernimmt diese Begriffsbestimmung. Der Senat hat bereits entschieden, dass eine solche Generalklausel ausreicht, um neben den im Gesetz genannten beitragspflichtigen Einnahmen der versicherungspflichtigen Beschäftigten auch andere Einnahmen der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen, die bereits in der ständigen Rechtsprechung des BSG als Einnahmen zum Lebensunterhalt anerkannt worden sind. Stößt die Feststellung der beitragspflichtigen Einnahmen auf erhebliche Schwierigkeiten oder stehen hierfür verschiedene Berechnungsweisen zur Verfügung und lassen sich dem Gesetz keine eindeutigen Bewertungsmaßstäbe entnehmen, setzt die Berücksichtigung der Einnahmen allerdings eine konkretisierende Satzungsregelung voraus (vgl BSG, Urteil des Senats vom 19. Dezember 2000, B 12 KR 1/00 R, BSGE 87, 228, 233 f = SozR 3-2500 § 240 Nr 34 S 160 f).
Nach diesen Grundsätzen reicht die allgemeine Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen in der Satzung der Beklagten aus, den vom Kläger erzielten Veräußerungsgewinn iS von § 17 EStG der Beitragserhebung zu Grunde zu legen. Der Senat hat auch ohne ausdrückliche Satzungsbestimmung aus dem privaten Vermögen erzielte Einkünfte, die der Besteuerung unterliegen, wie zB Einkünfte aus Kapitalvermögen oder Vermietung (vgl BSG, Urteil des Senats vom 23. September 1999, B 12 KR 12/98 R, SozR 3-2500 § 240 Nr 31 S 141 ff), als beitragspflichtige Einnahmen angesehen. Wie diese Einkünfte ist auch der Gewinn aus der Veräußerung eines GmbH-Anteils iS von § 17 EStG eine Einnahme, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden kann. Sie erhöht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds jedenfalls, soweit sie der Besteuerung unterliegt. Entsprechend dem Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (vgl Bundesfinanzhof ≪BFH≫, Urteil vom 1. März 2005, VIII R 92/03, BFHE 209, 285, 290) soll § 17 EStG den auf Grund der Veräußerung eintretenden Zuwachs der finanziellen Leistungsfähigkeit berücksichtigen (vgl BFH, Urteil vom 16. Mai 1995, VIII R 33/94, BFHE 178, 197, 202). Zutreffend hat das LSG darauf hingewiesen, dass nicht lediglich eine Vermögensumschichtung der Beitragspflicht unterworfen wird. Entsprechend der Berechnung des steuerpflichtigen Gewinnes nach § 17 Abs 2 EStG bleibt die Substanz unangetastet. Es bedarf auch keiner ergänzenden Satzungsbestimmungen zur Bestimmung der der Beitragsbemessung zu Grunde zu legenden Höhe, weil diese sich aus § 17 EStG ergibt. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Revision gegen die steuerrechtliche Behandlung des Veräußerungsgewinns stehen der Berücksichtigung als beitragspflichtige Einnahmen nicht entgegen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Besteuerung des Veräußerungsgewinnes eines Gesellschaftsanteils von mindestens 25 vH als verfassungskonform angesehen (vgl BVerfG, Beschluss vom 7. Oktober 1969, 2 BvL 3/66 und 2 BvR 701/64, BVerfGE 27, 111, 125 ff) und der BFH keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Besteuerung, auch soweit sie nach Änderung des § 17 EStG bereits wie beim Kläger bei einer Beteiligung von 20 vH erfolgt, geäußert (vgl Urteil des BFH vom 1. März 2005, VIII R 92/03, BFHE 209, 285, 290). Darüber hinaus setzt der Nachweis niedrigerer beitragspflichtiger Einnahmen die Vorlage eines ggf hinsichtlich der Besteuerung des Veräußerungsgewinns entsprechend geänderten Steuerbescheides voraus, der hier nicht vorliegt.
Zutreffend hat die Beklagte den Veräußerungsgewinn als einmalige Einnahme mit einem Zwölftel des Jahresbetrags als monatliche beitragspflichtige Einnahme für das Jahr 2000 berücksichtigt. Der Senat hat bereits entschieden, dass Satzungsbestimmungen regeln können, dass einmalige Einnahmen mit einem Zwölftel des zu erwartenden Jahresbetrages monatlich für das betreffende Jahr anzusetzen sind, auch wenn diese hierdurch der Beitragsbemessung auch bereits für Zeiten vor ihrem Zufluss zu Grunde gelegt werden (vgl BSG, Urteile des Senats vom 11. September 1995, 12 RK 11/95, BSGE 76, 242, 245 ff = SozR 3-2500 § 240 Nr 22 S 83 und 12 RK 12/95, BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 23 S 90 ff, und vom 27. Januar 2000, B 12 KR 17/99 R, SozR 3-2500 § 240 Nr 32 S 148).
Daneben waren die im Steuerbescheid als Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit ausgewiesenen Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer jedenfalls in Höhe des sich nach Abzug der Werbungskosten ergebenden Betrags als dem Lebensunterhalt dienende Einnahmen der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen. Zutreffend hat die Beklagte die Jahreseinkünfte auf die Monate des Jahres anteilig verteilt, weil bei Selbstständigen der Nachweis der Höhe der Einnahmen durch Vorlage des Einkommensteuerbescheides erfolgt, der jedoch lediglich den Jahresbetrag ausweist. Damit überstiegen die beitragspflichtigen Einnahmen die im Jahre 2000 geltende Beitragsbemessungsgrenze. Die Beiträge für das Jahr 2000 waren damit nach Einnahmen in Höhe dieses Betrags festzusetzen.
c) Die Beklagte war auch berechtigt, mit dem Bescheid vom 14. Oktober 2002 die Beitragshöhe rückwirkend ab 1. Januar 2000 festzusetzen. Dem stand nicht entgegen, dass sie bereits mit Bescheid vom 23. Februar 2000, der für die Beteiligten bindend geworden war (§ 77 SGG), über die Höhe der für die Zeit ab 1. Januar 2000 zu zahlenden Beiträge entschieden hatte. Dieser Bescheid enthielt keine endgültige Regelung, die grundsätzlich nur dann hätte abgeändert werden dürfen, wenn sich die Beklagte entweder darin rechtmäßig deren Rücknahme, Widerruf oder Abänderung vorbehalten hätte oder aber dazu nach den §§ 44 ff des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) oder durch Spezialvorschriften gesetzlich ermächtigt gewesen wäre (vgl BSG, Urteil vom 16. November 1995, 4 RLw 4/94, SozR 3-1300 § 31 Nr 10 S 11 ff). Vielmehr regelte der Bescheid die Beitragshöhe nur vorläufig durch einstweiligen Verwaltungsakt und entfaltete keine Bindungswirkung in Bezug auf die mit dem Bescheid vom 14. Oktober 2002 erfolgte endgültige Regelung der Beitragshöhe. Die Bindungswirkung eines bestandskräftig gewordenen einstweiligen Verwaltungsakts schafft zwischen den Beteiligten Rechtssicherheit nur für einen begrenzten Zeitraum bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens durch Erlass des endgültigen Verwaltungsakts und ist von vornherein auf Ersetzung durch den endgültigen Verwaltungsakt angelegt, ohne den Verwaltungsträger bei Erlass des endgültigen Verwaltungsakts zu binden. Mit seinem Erlass erledigen sich die vorläufigen Regelungen iS von § 39 Abs 2 SGB X (vgl BSG, Urteil vom 16. November 1995, 4 RLw 4/94, SozR 3-1300 § 31 Nr 10 S 12; Urteil des Senats vom 24. Januar 2003, B 12 KR 18/02 R, SozR 4-2500 § 266 Nr 2 RdNr 8; vgl auch Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14. April 1983, 3 C 8/82, BVerwGE 67, 99).
Die Beklagte hat im Bescheid vom 23. Februar 2000 lediglich eine solche einstweilige Regelung über die Beitragshöhe für die Zeit ab 1. Januar 2000 getroffen. Dies ergibt die Auslegung dieses Bescheides, die auch dem Revisionsgericht obliegt (BSG, Urteil vom 28. Juni 1990, 4 RA 57/89, BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11 mwN). Hinreichend deutlich war dem Bescheid zu entnehmen, dass die Regelung der Beitragshöhe nur einstweilig für eine Übergangszeit bis zur Vorlage des die Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit festsetzenden Einkommensteuerbescheides sowie bis zum Abschluss der dann möglichen umfassenden Sachprüfung erfolgte. So wies die Beklagte in dem als “Einstufungsbescheid – unter Vorbehalt –” bezeichneten Bescheid ausdrücklich darauf hin, dass Voraussetzung für die vorgenommene einkommensbezogene Einstufung der Nachweis der Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit mit dem letzten Einkommensteuerbescheid sei, dieser Nachweis jedoch nicht vorliege und deshalb die Einstufung unter Vorbehalt erfolge. Die Beklagte kündigte darüber hinaus an, dass nach Vorlage einer Kopie des Einkommensteuerbescheides eine Prüfung der Einstufung erfolgen und ggf Beiträge nacherhoben oder Differenzbeiträge erstattet würden. Der Kläger konnte deshalb erkennen, dass eine Einstufung nicht nach der für hauptberuflich selbstständig tätige Erwerbstätige geltenden Beitragsbemessungsgrundlage nach § 240 Abs 4 Satz 2 Halbsatz 1 SGB V und damit mit dem Höchstbeitrag, sondern nach den von ihm angegebenen voraussichtlichen Einnahmen von 4.000,00 DM monatlich erfolgt war, obwohl keine Nachweise über die voraussichtlichen Einkünfte vorgelegen hatten, und deshalb eine Überprüfung und endgültige Beitragsfestsetzung noch erfolgen musste. Damit wurde ihm hinreichend bestimmt Inhalt und Umfang sowie Grund der Vorläufigkeit mitgeteilt (vgl dazu BSG, Urteil vom 28. Juni 1990, 4 RA 57/89, BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11 f, Urteil vom 16. November 1995, 4 RLw 4/94, SozR 3-1300 § 31 Nr 10 S 12 f). Allein aus der von der Beklagten gewählten Bezeichnung des Einstufungsbescheides bzw der Einstufung “unter Vorbehalt” konnte daher nicht geschlossen werden, dass eine das Verwaltungsverfahren über die Beitragseinstufung ab 1. Januar 2000 endgültig abschließende Regelung, wenn auch unter dem Vorbehalt des Widerrufes oder der Rücknahme, von der Beklagten getroffen werden sollte.
Die Beklagte durfte die Beiträge für die ab 1. Januar 2000 beginnende freiwillige Krankenversicherung auch durch einstweiligen Verwaltungsakt festsetzen. Bei hauptberuflich selbstständig erwerbstätigen freiwillig Versicherten ist die Beitragsfestsetzung durch einstweiligen Verwaltungsakt zulässig, wenn diese mit Beginn der freiwilligen Mitgliedschaft ihre selbstständige Tätigkeit aufgenommen haben und deshalb der Nachweis über die Einnahmen iS des § 240 Abs 4 Satz 2 SGB V für die endgültige Beitragsfestsetzung noch nicht erbracht werden kann, wie der Senat in seinem Urteil vom 22. März 2006 (B 12 KR 14/05 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) entschieden hat. In dieser Lage war der Kläger im Jahr 2000, denn er hatte seine selbstständige Tätigkeit erst zu diesem Zeitpunkt begonnen und konnte Nachweise über seine im Jahre 2000 erzielten Einnahmen, insbesondere einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid, noch nicht vorlegen. Es kann deshalb offen bleiben, ob die Beklagte im Bescheid vom 14. Oktober 2002 eine endgültige Regelung ohne Bindung an die vorläufige Regelung im Bescheid vom 23. Februar 2000 auch dann hätte treffen dürfen, wenn die Beitragseinstufung als vorläufig zwar zwischen den Beteiligten bindend, aber rechtswidrig erfolgt wäre.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1558284 |
DStR 2006, 2218 |