Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang. betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung. von den Beschäftigten selbst organisierte Weihnachtsfeier. Anordnung oder Ermächtigung von der Betriebsleitung: Geschäftsführer des Jobcenters oder zuständiger Bereichsleiter des Teams als Vertreter. ermächtigte Teamleiterin
Leitsatz (amtlich)
Eine von den Beschäftigten selbst veranstaltete Weihnachtsfeier steht nur dann unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn sie von der Betriebsleitung selbst oder einer von ihr hierzu ermächtigten oder hiermit beauftragten Person angeordnet wird.
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung begründende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung setzt voraus, dass die Unternehmensleitung sie als eigene betriebliche gemeinschaftsfördernde Veranstaltung durchführt oder durchführen lässt, der jeweilige Veranstalter also nicht nur aus eigenem Antrieb und freier Entschließung handelt.
2. Die Kenntnis, die Hinnahme oder auch eine allgemeine Förderung durch die Unternehmensleitung, z.B. durch Änderung organisatorischer Regeln oder das Bereitstellen von Räumen, genügt nicht.
3. Private Veranstaltungen können, auch wenn sie betriebsbedingt oder betriebsdienlich sind, den Versicherungsschutz nicht begründen, selbst wenn sie von der Unternehmensleitung geduldet oder gebilligt werden.
Normenkette
SGB 7 § 8 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. November 2012 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Feststellung eines während einer Weihnachtsfeier erlittenen Sturzes als Arbeitsunfall.
Die Klägerin war als Fachassistentin in einem Jobcenter beschäftigt, das sich in drei Bereiche und insgesamt 22 Teams untergliederte. Sie arbeitete in einem der beiden Teams der Eingangszone mit jeweils 18 bis 20 Beschäftigten. Die Beschäftigten des Teams der Klägerin veranstalteten am 16.12.2008 außerhalb der Arbeitszeit von 15 bis 19 Uhr in einem Bowlingcenter eine Weihnachtsfeier, die sie selbst organisierten und deren Kosten sie selbst trugen. Es nahmen nur Beschäftigte des Teams teil. Während der Feier übersah die Klägerin auf dem Weg von der Bowlingbahn zum Tisch eine Stufe, stolperte, stürzte und verletzte sich.
Die Beklagte lehnte in dem Bescheid vom 25.3.2009 die Feststellung des Sturzes als Arbeitsunfall ab und wies den Widerspruch der Klägerin im Widerspruchsbescheid vom 19.8.2009 zurück. Die Klägerin habe den Sturz nicht während einer in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung einbezogenen betrieblichen Weihnachtsfeier, sondern während einer privaten Feier erlitten. Das SG Berlin hat durch Urteil vom 16.12.2010 die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass es sich bei dem Unfallereignis vom 16.12.2008 um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Die Klägerin sei während ihrer Teilnahme an der Weihnachtsfeier in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert gewesen, weil sie an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung teilgenommen habe. Die Teamleiterin habe die Organisation der von ihr initiierten Weihnachtsfeier einer Mitarbeiterin übertragen und der Bereichsleiter habe die Feier positiv gewürdigt. Die unvorhergesehene Verhinderung der Teamleiterin sowie die Beschränkung des Teilnahmerkreises auf die Beschäftigten des Teams der Klägerin stehe der Einordnung als in der gesetzlichen Unfallversicherung geschützte betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung nicht entgegen. Das LSG Berlin-Brandenburg hat auf die Berufung der Beklagten durch Urteil vom 29.11.2012 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Weihnachtsfeier sei keine Versicherungsschutz begründende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gewesen, weil sie nicht von der Autorität der Unternehmensleitung getragen worden sei. Die Unternehmensleitung habe die Feier nicht als eigene betriebliche Weihnachtsfeier veranstaltet oder gebilligt, denn die Organisation durch die Teamleiterin und die guten Wünsche des Bereichsleiters genügten hierfür nicht. Auch habe es an der erforderlichen betrieblichen Zielsetzung gefehlt, die Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten sowie die Verbundenheit der Beschäftigten untereinander zu fördern, weil die Feier nicht allen Beschäftigten des Unternehmens oder eines Unternehmensteils, sondern lediglich den Beschäftigten eines von 22 Teams des Jobcenters offengestanden habe.
Die Klägerin rügt mit ihrer vom BSG zugelassenen Revision die Verletzung des § 8 Abs 1 iVm §§ 2, 3, 6 SGB VII. Die Voraussetzungen einer betrieblichen, den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung begründenden Gemeinschaftsveranstaltung hätten vorgelegen. Die Feier sei von der Autorität der Unternehmensleitung getragen gewesen, weil die Teamleiterin die Veranstalterin gewesen sei und der Bereichsleiter die Veranstaltung durch seine guten Wünsche gebilligt habe. Eine gemeinsame Weihnachtsfeier aller Beschäftigten des Jobcenters sei angesichts der Größe des Betriebs sowie des organisatorischen und finanziellen Aufwandes nicht zu realisieren gewesen. Die Feier habe allen Beschäftigten einer organisatorischen Einheit des Jobcenters, nämlich des Teams der Klägerin, offengestanden und der Förderung der Verbundenheit zwischen den Beschäftigten des Teams untereinander sowie zwischen ihnen und der Teamleiterin gedient.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. November 2012 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Dezember 2010 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Weihnachtsfeier sei nicht von der Unternehmens- oder Bereichsleitung als eigene betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung organisiert, durchgeführt, gefördert oder gebilligt worden. Auch setze der Versicherungsschutz während einer nicht allen Beschäftigten offenstehenden betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung voraus, dass - anders als hier - wegen der Vielzahl der Beschäftigten oder der Besonderheiten des Unternehmens eine gemeinsame Veranstaltung nicht durchführbar sei. Selbst wenn auf das Team als organisatorische Einheit abgestellt werde, seien die Voraussetzungen einer unter Versicherungsschutz stehenden betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung mangels Teilnahme der Teamleiterin bzw ihrer Stellvertreterin nicht erfüllt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 25.3.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.8.2009 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat während ihrer Teilnahme an der Weihnachtsfeier am 16.12.2008 keinen Arbeitsunfall erlitten, weil die Feier keine unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung war.
1. Die Revision ist zulässig. Insbesondere hat die Klägerin ihre Revision gemäß § 164 Abs 2 Satz 1 und 3 SGG unter zulässiger Bezugnahme auf die Ausführungen ihrer Nichtzulassungsbeschwerde hinreichend begründet (vgl allgemein zB BSG vom 18.6.2002 - B 2 U 34/01 R - SozR 3-1500 § 164 Nr 12 mwN sowie zur Bezugnahme auf die Beschwerdebegründung vgl zB BSG vom 26.9.1996 - 2 RU 14/96 - SozR 3-1500 § 164 Nr 9 und vom 20.12.2011 - B 4 AS 200/10 R - SGb 2012, 80 - jeweils mwN).
2. Die Klägerin hat ihre Klage zulässig auf die Anfechtung des Verwaltungsaktes der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides sowie die Feststellung des Eintritts eines Versicherungsfalles beschränkt (§ 54 Abs 1 SGG iVm § 55 Abs 1 Nr 1 SGG; vgl hierzu zB BSG vom 7.9.2004 - B 2 U 46/03 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 3 RdNr 4).
Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass die Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb Versicherte ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod der Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - BSGE 111, 52 = SozR 4-2700 § 2 Nr 21, RdNr 10 mwN; vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 26 f; vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 20; vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 47 RdNr 12; zuletzt vom 4.7.2013 - B 2 U 3/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 50 RdNr 10 und - B 2 U 12/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 49 RdNr 14). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil die Klägerin zum Zeitpunkt des hier allein als Arbeitsunfall in Betracht kommenden Sturzes am 16.12.2008 im Bowlingcenter schon keinen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllte. Die Klägerin war zwar Beschäftigte iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII, verrichtete während ihrer Teilnahme an der Weihnachtsfeier jedoch keine versicherte Tätigkeit.
Eine nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigte wird verrichtet, wenn die Verletzte zur Erfüllung eines von ihr begründeten Rechtsverhältnisses als Beschäftigte, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, einer eigenen Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen zu dem Zweck nachgeht, dass die Ergebnisse ihrer Verrichtung diesem und nicht ihr selbst unmittelbar zum Vorteil gereichen. Dabei kommt es objektiv auf die Eingliederung des Handelns der Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, die Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern sie nach den besonderen Umständen ihrer Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, sie treffe eine solche Pflicht, oder sie unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt (BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 27 ff; vom 13.11.2012 - B 2 U 27/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 45 RdNr 23 f; zuletzt vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 13). Eine den Versicherungsschutz als Beschäftigte begründende Tätigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung auch die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung, zB einer betrieblichen Weihnachtsfeier, auch wenn hierfür eine spezielle normative Regelung zur Einbeziehung in den Unfallversicherungsschutz fehlt. Die in die Arbeitsorganisation des Unternehmens eingegliederten Beschäftigten unterstützen durch ihre von der Unternehmensleitung gewünschte und ggf sogar geforderte Teilnahme das von ihr dadurch zum Ausdruck gebrachte Unternehmensinteresse, die betriebliche Verbundenheit zu fördern. Der Schutzzweck der Beschäftigtenversicherung rechtfertigt es, die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung als Bestandteil der geschuldeten versicherten Tätigkeit iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII zu betrachten (stRspr vgl zB BSG vom 26.10.2004 - B 2 U 16/04 R - SozR 4-1500 § 163 Nr 1 RdNr 7 ff; vom 7.12.2004 - B 2 U 47/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 11 RdNr 7 ff; vom 22.9.2009 - B 2 U 4/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 1411 und - B 2 U 27/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 275 mwN; vgl auch bereits BSG vom 22.8.1955 - 2 RU 49/54 - BSGE 1, 179, 181 ff und vom 26.6.1958 - 2 RU 281/55 - BSGE 7, 249, 250 ff).
Eine Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung begründende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung setzt im Hinblick auf diesen Grund für die Einbeziehung in den Versicherungsschutz deshalb nach der ständigen Rechtsprechung des Senats voraus, dass die Unternehmensleitung sie als eigene betriebliche gemeinschaftsfördernde Veranstaltung durchführt oder durchführen lässt, der jeweilige Veranstalter also nicht nur aus eigenem Antrieb und freier Entschließung handelt. Die Kenntnis, die Hinnahme oder auch eine allgemeine Förderung durch die Unternehmensleitung, zB durch Änderung organisatorischer Regeln oder das Bereitstellen von Räumen, genügt nicht (vgl BSG vom 9.12.2003 - B 2 U 52/02 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 2 RdNr 6; vom 26.10.2004 - B 2 U 16/04 R - SozR 4-1500 § 163 Nr 1 RdNr 7 f und vom 7.12.2004 - B 2 U 47/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 11 RdNr 11). Hieran hält der Senat fest. Nicht jede der privaten Sphäre zuzurechnende, aber im weitesten Zusammenhang mit der Beschäftigung stehende Verrichtung fällt in den Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung der Beschäftigten. Private Veranstaltungen können, auch wenn sie betriebsbedingt oder betriebsdienlich sind, den Versicherungsschutz nicht begründen, selbst wenn sie von der Unternehmensleitung geduldet oder gebilligt werden. Auch die Pflege gesellschaftlicher Beziehungen ist, selbst wenn sie dem Unternehmen wertvoll ist, grundsätzlich dem unversicherten persönlichen Lebensbereich zuzurechnen (vgl BSG vom 7.12.2004 - B 2 U 47/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 11 RdNr 15 mwN), denn ob eine Verrichtung im weiteren Sinn vom Arbeitgeber als "betriebsdienlich" eingeschätzt wird, ist unerheblich, weil "Betriebsdienlichkeit" keine Voraussetzung der Beschäftigtenversicherung ist (vgl BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 27/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 45 RdNr 39, 41).
Zutreffend ist das LSG mithin davon ausgegangen, dass die Weihnachtsfeier des Teams der Klägerin am 16.12.2008 keine den Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung begründende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung war, weil sie nicht von der Leitung des Jobcenters oder im Einvernehmen mit ihr als betriebliche Veranstaltung durchgeführt wurde. Den nicht mit zulässigen und begründeten Rügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ist zu entnehmen, dass die Feier nicht auf Veranlassung oder im Einvernehmen mit dem Geschäftsführer des Jobcenters oder einer von ihm hierzu ermächtigten oder beauftragten Person stattfand. Weder der Geschäftsführer des Jobcenters noch der dem Team der Klägerin übergeordnete, zuständige Bereichsleiter hatten die Feier als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung angeregt, organisiert oder die Beschäftigten des Teams oder deren Teamleiterin mit der Durchführung der Feier beauftragt. Durch die in einer E-Mail geäußerten guten Wünsche des Bereichsleiters an die Beschäftigten des Teams nahm dieser die Feier zwar zustimmend zur Kenntnis, erklärte diese damit jedoch nicht, ggf als Vertreter des Geschäftsführers des Jobcenters, zur betrieblichen von der Unternehmensleitung getragenen Gemeinschaftsveranstaltung. Die Initiierung und Organisation lediglich durch die Teamleiterin reichte nicht aus, der Weihnachtsfeier den Charakter einer von der Unternehmensleitung getragenen betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung zu geben. Zwar kann es bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen, die ausnahmsweise nur in einzelnen organisatorischen Einheiten eines Unternehmens, zB in einzelnen Betriebsstätten oder Filialen, stattfinden, genügen, dass die Leitung der jeweiligen organisatorischen Einheit die Veranstaltung als eigene initiiert, durchführt oder durchführen lässt (vgl BSG vom 9.12.2003 - B 2 U 52/02 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 2 RdNr 9 und vom 7.12.2004 - B 2 U 47/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 11 RdNr 9). Das Einvernehmen der jeweiligen Leitung der organisatorischen Einheit des Unternehmens ersetzt dann ggf das erforderliche Einvernehmen der Unternehmensleitung, wenn die Leitung der Unternehmenseinheit gerade zur Durchführung einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung befugt ist. Hier sind jedoch keine Anhaltspunkte ersichtlich und ist von den Beteiligten auch nicht vorgetragen, dass die Teamleiterin von der Betriebsleitung ermächtigt oder beauftragt gewesen sein könnte, eine betriebliche Weihnachtsfeier in ihrem Team - etwa anstelle einer gemeinsamen betrieblichen Weihnachtsfeier aller Beschäftigten des Jobcenters - durchzuführen.
Die Weihnachtsfeier des Teams stellte daher keine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung dar, weil es bereits an einer ausdrücklichen Regelung bzw Billigung der Leitung des Jobcenters fehlte. Der Senat kann daher offenlassen, ob gegen die Einordnung der Feier als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung auch spricht, dass die Weihnachtsfeier nur den etwa 18 Beschäftigten des Teams der Klägerin, nicht jedoch weiteren Beschäftigten des Jobcenters offenstand und dass weder der Geschäftsführer noch der Bereichsleiter oder die Teamleiterin an der Feier teilnahmen.
Die Rechtsprechung hat bisher als weiteres Kriterium für eine unter dem Schutz des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII stehende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gefordert, dass sie geeignet sein muss, die betriebliche Verbundenheit zu fördern. Grundsätzlich muss die Teilnahme an einer solchen Veranstaltung daher allen Beschäftigten des Betriebes offenstehen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn aus Gründen der notwendigen Aufrechterhaltung des Betriebes oder wegen der Größe des Unternehmens mit mehreren Filialen eine Teilnahme aller Beschäftigten nicht zu realisieren ist (stRspr, vgl zB BSG vom 7.12.2004 - B 2 U 47/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 11 RdNr 9 und vom 22.9.2009 - B 2 U 27/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 275 sowie vom 22.9.2009 - B 2 U 4/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 1411 mwN).
Da die Veranstaltung geeignet sein muss, die betriebliche Verbundenheit nicht nur der Beschäftigten untereinander, sondern auch der Beschäftigten mit der Unternehmensleitung zu fördern, ist zudem grundsätzlich die Teilnahme der Unternehmensleitung oder einer von ihr beauftragten Person an der Veranstaltung erforderlich (stRspr, vgl zB BSG vom 7.12.2004 - B 2 U 47/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 11 RdNr 7, 9; vom 22.9.2009 - B 2 U 4/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 1411 mwN und vom 22.9.2009 - B 2 U 27/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 275). Die Teilnahme an Veranstaltungen, die nur der Kontaktpflege bzw der Pflege der Verbundenheit der Beschäftigten untereinander dienen, begründet nach der bisherigen Rechtsprechung keinen Versicherungsschutz (vgl zB BSG vom 28.3.1985 - 2 RU 47/83 - HV-INFO 1985, Nr 12, 17 und vom 26.10.2004 - B 2 U 16/04 R - SozR 4-1500 § 163 Nr 1 RdNr 9; vgl dazu aber auch Krasney NZS 2006, 57, 58, 61), selbst wenn gesellschaftliche Erwartungshaltungen im Arbeitsleben es den Beschäftigten geboten erscheinen lassen, an bestimmten Veranstaltungen und Zusammenkünften teilzunehmen (vgl BSG vom 27.5.1997 - 2 RU 29/96 - HVBG-INFO 1997, 2160). Ob an diesen Kriterien festzuhalten ist oder ob diese Rechtsprechung im Hinblick auf eine möglicherweise veränderte betriebliche Praxis (Gedanke einer dezentralen Aufgabenerledigung in weitgehend selbstständigen Teams ohne Bezug zum Gesamtunternehmen) dahin zu modifizieren ist, dass auch von der Unternehmensleitung getragene Gemeinschaftsveranstaltungen kleinerer Organisationseinheiten - ggf auch ohne Anwesenheit der Unternehmensleitung - unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen können, musste der Senat nicht entscheiden, weil es schon an einer Anordnung bzw Regelung der Weihnachtsfeier des Teams durch die Betriebsleitung fehlte.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 7307697 |
DB 2015, 7 |
DStR 2014, 14 |