Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. November 1992 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger verpflichtet ist, für die Lernenden in den von ihm oder seinen Untergliederungen durchgeführten Lehrgängen zur Erlangung der „Übungsleiterlizenz A” Beiträge an die Beklagte zu entrichten.
In den Mitgliedssportvereinen des Klägers kam es häufig vor, daß sich einzelne Vereinsmitglieder bereit erklärten, die erforderliche sportliche Übungsarbeit mit den aktiven Mitgliedern ehrenamtlich im Sinne von unentgeltlich zu übernehmen. Der Kläger sah es als seine sportpolitische Aufgabe an, für diesen Personenkreis ehrenamtlicher Übungsleiter Übungsleiterlehrgänge entweder zentral durch den Landessportbund selbst durchzuführen oder auf seine Kosten dezentral von den Kreis- und Stadtsportbünden oder den Fachverbänden durchführen zu lassen. Die Übungsleiterlehrgänge waren darauf angelegt, den Lehrgangsteilnehmern allgemeine Mindestkenntnisse zu vermitteln, die dazu befähigen, Gruppen aktiver Vereinsmitglieder, besonders auch Kinder und Jugendliche, zu führen und eine unfallfreie sportliche Übungsarbeit mit ihnen zu leisten. Dazu wurden in den Jahren 1987 und 1988 jährlich etwa 80 Lehrgänge für 22 bis 23 Teilnehmer je Lehrgang angeboten. Für den einzelnen Lehrgang waren regelmäßig 144 Unterrichtseinheiten von je 45 Minuten angesetzt. Lehrgangsteilnehmer, die an solchen Lehrgängen teilgenommen und eine Abschlußprüfung erfolgreich bestanden hatten, erhielten vom Kläger die „Übungsleiterlizenz A”. Diese Übungsleiterlizenz war zu unterscheiden von den Trainerlizenzen für berufsmäßige Sporttrainer. Erstere war weder eine Vorstufe noch Voraussetzung für den Trainerberuf. Die Trainerlehrgänge ermöglichten es ihren Inhabern, das Sporttraining in Sportvereinen haupt- oder nebenberuflich auszuüben. Jenseits dessen war der Kläger daran interessiert, Anreize für den Erwerb der Übungsleiterlizenz zu geben, und zwar auf dem Wege über die einzelnen Sportvereine. Den Sportvereinen machte er bestimmte Zuwendungen als Hilfe zur Erfüllung satzungsmäßiger Aufgaben, wenn sie Übungsleiter mit der „Übungsleiterlizenz A” eingesetzt hatten. Einzelne Sportvereine zahlten ihren ehrenamtlichen Übungsleitern – teilweise unabhängig von der Übungsleiterlizenz A – eine Aufwandsentschädigung bis zu 2.400,00 DM im Jahr zur Deckung persönlicher Unkosten.
Nachdem die Beklagte wiederholt Meldungen über Unfälle von Teilnehmern der Übungsleiterlehrgänge als Arbeitsunfälle erhalten hatte, setzte sie mit Bescheid vom 27. April 1988 die vom Kläger für das Jahr 1987 zu zahlenden Beiträge auf insgesamt 76.646,87 DM fest. Darin waren sogenannte Schülerbeiträge in Höhe von 2.560,00 DM enthalten, die nach 800 sogenannten Schülermonaten berechnet waren. Mit Beitragsbescheid vom 26. April 1989 forderte die Beklagte für das Jahr 1988 Schülerbeiträge in Höhe von 2.992,00 DM, die nach 880 Schülermonaten berechnet waren. Mit seinen Widersprüchen machte der Kläger geltend, die Lehrgangsteilnehmer seien auch nicht nach § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c Reichsversicherungsordnung (RVO) versichert, weil sie ausschließlich zur Qualifizierung für die rein ehrenamtliche Tätigkeit als Übungsleiter im Rahmen ihrer Vereinsmitgliedschaft und nicht zur beruflichen Aus- und Fortbildung an den Lehrgängen teilgenommen hätten. Die Widersprüche wies die Beklagte zurück, weil die Teilnehmer der Lehrgänge ausnahmslos nach § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO versichert seien. Diese Lehrgänge qualifizierten für den Erwerb der „Übungsleiterlizenz A” und seien deshalb darauf abgestellt, die Möglichkeit für eine entgeltliche Beschäftigung zu eröffnen (Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 1990).
Das Sozialgericht (SG) Duisburg hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben (Urteil vom 14. November 1991) und das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 17. November 1992). Das LSG hat ausgeführt, die betreffenden Lehrgangsteilnehmer seien als Lernende nicht nach § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO versichert gewesen mit der Folge, daß der Kläger insoweit schon deshalb nicht der Beitragspflicht zur gesetzlichen Unfallversicherung habe unterliegen können. Bei den Übungsleiterlehrgängen habe es sich nicht um eine berufliche Aus- und Fortbildung iS dieses Gesetzes gehandelt. Die Ausbildung in diesen Lehrgängen habe den Teilnehmern keine Kenntnisse und Fähigkeiten verschafft, die sie für eine haupt- oder nebenberufliche Tätigkeit hätten nutzen können. Sie habe es ihnen weder ermöglicht, auf der Basis des Erlernten einer entsprechenden Berufstätigkeit nachzugehen, noch sei der Lehrgang notwendiger Ausbildungsteil iS einer Stufenausbildung für einen Beruf gemäß § 26 des Bundesbildungsgesetzes gewesen. Abgesehen davon, daß lediglich 40% der in den dem Kläger angehörigen Sportvereinen tätigen Übungsleiter an einem solchen Lehrgang teilgenommen und die „Übungsleiterlizenz A” erworben hätten, diene deren Erwerb primär dem Interesse des Klägers und der ihm angehörigen Vereine an einer fundierten Übungsleitertätigkeit. Das aber sei eine ehrenamtliche und damit dem privaten Bereich der Übungsleiter zuzuordnende Betätigung. Auch eine jährliche Aufwandsentschädigung von 2.400,00 DM verleihe einer ehrenamtlichen, dem privaten und Vereinsinteresse dienenden Übungsleitertätigkeit nicht den Charakter einer Berufstätigkeit. Eine solche müsse stattdessen grundsätzlich geeignet sein, mit den erzielten Erlösen den Lebensunterhalt der betreffenden Person wenigstens teilweise zu bestreiten.
Mit der – vom erkennenden Senat zugelassenen – Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO. Die Fortbildung, die der Kläger zugunsten der Übungsleiter durchführe, sei eine „berufliche Aus- und Fortbildung” iS des § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO. Dieser Begriff sei ebenso wie „Lernende” weit auszulegen. Er umfasse auch die nebenberufliche Aus- und Fortbildung. So halte Brackmann auch diejenigen Personen für versichert nach § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO, die zwar noch nicht zu den ehrenamtlichen Tätigen iS des § 539 Abs 1 Nr 13 RVO gehörten, aber doch bereits für eine Tätigkeit ausgebildet würden, die ihrer Art nach nur ehrenamtlich iS des § 539 Abs 1 Nr 13 RVO ausgeübt werden könne (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl. S 474 uI). Das Bundessozialgericht (BSG) habe es bisher darauf abgestellt, ob die Ausbildung beruflichen Zwecken einerseits oder andererseits wesentlich allein privaten und dann ggf auch nur gelegentlich beruflichen Zwecken diene. Ersteres treffe im vorliegenden Falle zu. Die Fortbildung zum Übungsleiter diene keineswegs den privaten Zwecken der Lernenden, sondern ziele darauf ab, einen minimalen Schutz bei der Ausübung von Sport im Verein, insbesondere für Kinder und Jugendliche zu gewährleisten.
Die Beklagte beantragt,
die angefochtenen Urteile aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend. Unter § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO fielen nur Bildungsmaßnahmen, die zur Vermittlung berufsnützlicher Kenntnisse und Fähigkeiten dienten. Ausgegrenzt seien Maßnahmen für außerberufliche Zwecke. Das heiße, es komme nicht auf den Bildungsgegenstand, sondern vielmehr auf den konkreten beruflichen Zweck an. Allgemeine Vorstellungen über eine spätere berufliche Nutzung genügten nicht. Die fundierte Übungsleitertätigkeit sei aber keine berufliche, sondern eine ehrenamtliche, dem privaten Bereich der betreffenden Übungsleiter zuzuordnende Betätigung. Sie diene keinen beruflichen Zwecken und sei auch nicht einer der in § 539 Abs 1 Nr 13 RVO genannten Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen zu dienen bestimmt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist in dem Sinne begründet, daß das angefochtene Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuweisen ist. Es fehlen tatsächliche Feststellungen über die Beziehungen der Lehrgangsteilnehmer, auf die sich die streitigen Beiträge beziehen, zu ihren Sportvereinen. Es kommt auch darauf an, wer von ihnen eine Übungsleitertätigkeit in seinem Sportverein zwar noch nicht aufgrund eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses (§ 539 Abs 1 Nr 1 RVO) oder wie ein Beschäftigter (§ 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO) ausübte, aber doch beabsichtigte, sie aufgrund einer konkreten Vereinbarung mit seinem Verein nach Erwerb der „Übungsleiterlizenz A” derart unter Versicherungsschutz auszuüben. Ohne diese Feststellungen kann nicht vollständig umfassend entschieden werden, ob Lernende während der Teilnahme an den Lehrgängen gemäß § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO unfallversichert gewesen sind mit der Folge, daß der Unternehmer der Lehrgänge dementsprechend beitragspflichtig ist.
Nach § 723 Abs 1 Satz 1 RVO werden die Mittel für die Ausgaben der Berufsgenossenschaften durch Beiträge der Unternehmer, die versichert sind oder Versicherte beschäftigen, aufgebracht. Voraussetzung jeder Beitragsforderung ist danach der Unfallversicherungsschutz für eine Person aufgrund ihrer Tätigkeit als Versicherte des betreffenden Unternehmens. Das gilt auch für die Beitragsforderungen gegen Unternehmer der Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, berufsbildenden Schulen, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen iS des § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO.
Lernende in solchen Einrichtungen können während ihrer beruflichen Aus- und Fortbildung schon wegen ihrer Beziehung zu einem anderen Unternehmer nach § 539 Abs 1 Nr 1 oder Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO Unfallversicherungsschutz genießen, weil insofern auch ihre berufliche Aus- und Fortbildung wesentlich im inneren Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit für den anderen Unternehmer steht. Für ihre gesamte Beschäftigung oder versicherte Tätigkeit ist der andere Unternehmer seinem zuständigen Unfallversicherungsträger gegenüber beitragspflichtig. Lernende, die in dieser Art bereits bei ihrem Sportverein eine versicherte Tätigkeit, zB als Übungsleiter, ausüben, kann die Beklagte nicht zur Begründung ihrer Beitragsforderung heranziehen. Die für solche versicherten Übungsleiter anfallenden Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung hat der Sportverein als Unternehmer an den für ihn zuständigen Unfallversicherungsträger zu entrichten.
Dagegen sind andere Lernende in solchen Einrichtungen unfallversichert, wenn und während sie sich einer beruflichen Aus- und Fortbildung iS des § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO unterziehen. Ob eine solche berufliche Aus- und Fortbildung vorliegt, hängt auch von dem konkreten Zweck ab, für den sich ein Lernender der Aus- und Fortbildung unterzieht. Die Bildungsmaßnahme muß einen inneren Bezug zu einer Erwerbstätigkeit oder einer sonstigen versicherungspflichtigen Tätigkeit iS des § 539 Abs 1 RVO haben.
Nach § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO sind in der Unfallversicherung gegen Arbeitsunfall versichert:
„Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung und ehrenamtliche Lehrende in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, berufsbildenden Schulen, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen, soweit sie nicht bereits zu den nach den Nrn 1 bis 3 und 5 bis 8 Versicherten gehören, …”.
Diese Regelung ist im systematischen Zusammenhang mit dem Unfallversicherungsschutz für Kinder während des Besuchs von Kindergärten (§ 539 Abs 1 Nr 14 Buchst a RVO) als der Elementarstufe im Bildungssystem (s Brackmann aaO S 474qII mwN), für Schüler während des Besuchs allgemeinbildender Schulen (§ 539 Abs 1 Nr 14 Buchst b RVO) und für Studierende während der Aus-und Fortbildung an Hochschulen (§ 539 Abs 1 Nr 14 Buchst d RVO) zu sehen. In Abgrenzung von solcher Allgemeinbildung legt das Gesetz in der Nr 14 Buchst c aaO nach Personenkreis, sachlichem Umfang und fachlichen Einrichtungen die Voraussetzungen fest, unter denen als Bildungsvorstufe zur beruflichen Betätigung, dh hier zu Erwerbstätigkeiten aller Art einschließlich aller versicherten Tätigkeiten nach § 539 Abs 1 RVO, auch Unfallversicherungsschutz besteht. Der ausdrücklichen Unterscheidung zwischen dem Besuch allgemeinbildender Schulen sowie der Aus- und Fortbildung an Hochschulen einerseits und der beruflichen Aus- und Fortbildung andererseits kommt besondere Bedeutung zu. Der eigentliche Grund für die Ausdehnung des Unfallversicherungsschutzes über die berufliche Tätigkeit in bestimmten Betrieben hinaus war die sozialpolitische Notwendigkeit, neben den Arbeitnehmern in diesen Betrieben auch die Lernenden zu schützen, die dort ihre technischen Verrichtungen nicht als betriebsbezogene Arbeitsleistung, sondern zu ihrer beruflichen Ausbildung erbrachten (§ 537 Abs 1 Nr 13 RVO idF des Vierten Gesetzes über Änderungen in der Unfallversicherung vom 18. April 1937 – RGBl I 463 –). Dem Schutz der beruflichen Ausbildung im technischen Teil folgte später mit der Umstellung des Versicherungsschutzes von Betrieben auf bestimmte Versichertengruppen die Ausdehnung des Versicherungsschutzes auch auf den theoretischen Teil (§ 537 Nr 11 RVO idF des Sechsten Gesetzes über Änderungen in der Unfallversicherung vom 9. März 1942 – RGBl I 107 –). Der jetzt in § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO geregelte Unfallversicherungsschutz für die berufliche Aus- und Fortbildung war somit das Einfallstor für den Unfallversicherungsschutz bei Bildungsmaßnahmen. Die berufliche Zweckorientierung ist nur deswegen bei der Ausdehnung des Unfallversicherungsschutzes auf weitere Bildungsmaßnahmen in den Nrn 14 Buchst b und 14 Buchst d aaO (durch das Gesetz über Unfallversicherung für Schüler und Studenten sowie Kinder in Kindergärten vom 18. März 1971 – BGBl I 237 –) nicht mehr als Voraussetzung aufgestellt, weil der Gesetzgeber bei der Allgemeinbildung in allgemeinbildenden Schulen und der Aus- und Fortbildung an Hochschulen darauf vertraut, daß die in diesen Einrichtungen vermittelte Bildung sich nicht nur im Privaten erschöpft, sondern zu irgendeiner Zeit auch beruflich, im öffentlichen Interesse oder speziell ehrenamtlich genutzt werden kann. Demnach gibt es jedenfalls bei Bildungsmaßnahmen in den Einrichtungen des § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO keinen Unfallversicherungsschutz ohne eine konkrete berufliche Zweckorientierung. Diese ist zwar nach der Ausdehnung durch das Gesetz vom 18. März 1971 (aaO) weit auszulegen (s Brackmann aaO S 474 uI) und umfaßt auch die Aus-und Fortbildung für einen Nebenberuf. Aber die Grenze, jenseits der keine berufliche Aus- und Fortbildung mehr vorliegt, ist dort erreicht, wo kein im einzelnen feststellbarer Bezug mehr zu einer bestimmten Erwerbstätigkeit oder zu einer versicherten Tätigkeit iS des § 539 Abs 1 RVO gegeben ist.
Das ist in zwei Bereichen der Fall. In dem einen widmet sich der Lernende aus rein privatem, eigennützigen, nicht wirtschaftlichen Interesse der Aus- und Fortbildung zu einem bestimmten Wissens- oder Tätigkeitsgebiet. Demgegenüber läßt sich der Lernende in dem anderen privaten Bereich zwar in fremdnützigem Interesse aus-und fortbilden, aber er hat daran kein wirtschaftlich oder versicherungsrechtlich relevantes Interesse, weil die Aus- und Fortbildung keiner Erwerbs- oder sonstigen nach § 539 Abs 1 Nr 1 oder Abs 2 RVO versicherten Tätigkeit zu dienen bestimmt ist.
Entgegen der Meinung der Beklagten haben SG und LSG insoweit zu Recht entschieden, daß sich der Unfallversicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO für die Teilnehmer an den Übungsleiterlehrgängen des Klägers in den Kalenderjahren 1987 und 1988 nicht schon aus dem Gegenstand und der Zweckausrichtung der Lehrgänge ergibt. Die Natur der Lehrgänge spricht hier im allgemeinen sogar für das Gegenteil, nämlich für die Aussparung des Unfallversicherungsschutzes. Nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) sind die Lehrgänge – im Gegensatz zu Trainerlehrgängen als Voraussetzung für die berufsmäßige Ausübung des Trainerberufs – eigens auf eine besondere Qualifikation von Vereinsmitgliedern ausgerichtet gewesen. Sie zielten – jedenfalls für den Regelfall – auf solche Vereinsmitglieder ab, die die Übungsleitertätigkeit nicht als Erwerbstätigkeit und auch nicht als oder wie ein Arbeitnehmer (§ 539 Abs 1 Nr 1 oder Abs 2 RVO) in ihrem Verein ausübten oder auszuüben beabsichtigten, sondern – abgesehen von der Deckung ihrer persönlichen Unkosten durch eine steuerfreie Aufwandsentschädigung bis zu 2.400,00 DM im Jahr – ehrenamtlich im Sinne von unentgeltlich mit Rücksicht auf ihre Mitgliedschaftspflichten entsprechend der allgemeinen Vereinsübung.
Nach der Rechtsprechung des BSG ist für die Rechte und Pflichten der öffentlich-rechtlichen Unfallversicherung kein Raum, wenn eine Verrichtung im Rahmen der Mitgliedschaft zu einem privatrechtlichen Verein aufgrund von Mitgliedschaftspflichten ausgeübt worden ist. Der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung ist damit ua bei allen Tätigkeiten für einen – rechtsfähigen oder nicht rechtsfähigen -Verein grundsätzlich nicht gegeben, die der mitgliedschaftsgebundenen Erfüllung der Vereinsaufgaben dienen. Das betrifft zum einen die Repräsentanten des Vereins zB bei der Teilnahme an Organsitzungen, Tagungen und ähnlichen Veranstaltungen, bei denen sie sich der Willensbildung und der Zielsetzung des Vereins widmen (BSG Urteil vom 24. Januar 1992 – 2 RU 23/91 – mwN in HV-Info 1992, 850 = BAGUV RdSchr 16/92). Darüber hinaus stellen sich zum anderen die Verrichtungen eines jeden Vereinsmitglieds für den Verein als Ausfluß seiner Mitgliedschaft jenseits des öffentlich-rechtlichen Bereichs der gesetzlichen Unfallversicherung dar, wenn das Mitglied in Erfüllung mitgliedschaftlicher Vereinspflichten gehandelt hat. Entscheidend für die Beurteilung ist die Vereinswirklichkeit, mit der die Satzung, die Organbeschlüsse und die allgemeine Vereinsübung übereinstimmen müssen. Zu den auf allgemeiner Übung beruhenden Mitgliedspflichten zählen geringfügige Tätigkeiten, die ein Verein von jedem seiner Mitglieder erwarten kann und die von den Mitgliedern dieser Erwartung entsprechend auch verrichtet werden. Dabei wird eine allgemeine Vereinsübung, Mitglieder zu Arbeitsleistungen heranzuziehen, nicht dadurch in Frage gestellt, daß nicht alle Vereinsmitglieder, sondern nur ein Teil davon die für bestimmte Tätigkeiten erforderliche persönliche oder fachliche Eignung besitzt. Wesentlich ist allein, ob der Verein erwarten kann, daß bestimmte Aufgaben von geeigneten Mitgliedern wahrgenommen werden und Geeignete regelmäßig der Erwartung des Vereins auch nachkommen (BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 18; BSG Urteil vom 9. Dezember 1993 – 2 RU 54/92 mwN und vom 22. September 1988 – 2/9b RU 78/87 -mwN in HV-Info 1988, 2178 = BAGUV RdSchr 71/88). Über die allgemeine Vereinsübung hinaus können die Satzung und auf ihr beruhende Organbeschlüsse weitergehende Mitgliedschaftspflichten – bei Sportvereinen auch im Bereich der Leitung und Überwachung von Übungen – begründen. Dieser Freiraum, den sich die Bürger als Mitglieder eines Vereins schaffen, läßt die gesetzliche Unfallversicherung grundsätzlich unberührt (BSG SozR 2200 § 539 Nr 101).
Es muß sich aber nicht in jedem Falle um eine zwangsläufige Aussparung der gesetzlichen Unfallversicherung handeln. Die Arbeit als Übungsleiter kann auch als versicherte Tätigkeit ausgestaltet werden. Wenn in diesem Zusammenhang der Erwerb der „Übungsleiterlizenz A” dazu dienen soll, später einmal aufgrund dieser Qualifikation eine versicherte Tätigkeit als Übungsleiter für den Verein auszuüben, dann unterzieht sich der Lernende einer beruflichen Aus- und Fortbildung iS des § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO, die nach dieser Vorschrift versichert und beitragspflichtig ist. Tatsächliche Feststellungen darüber hat das LSG bisher nicht getroffen.
Die Vereine können sich, wenn sie zu Arbeitsleistungen im Vereinsinteresse einfache Vereinsmitglieder heranziehen, die nicht Repräsentanten des Vereins sind, in Absprache mit dem Vereinsmitglied frei entscheiden, in welche Beziehungen sie dessen Verrichtungen einbetten wollen. Sie können wählen, ob sie dabei einen solchen Freiraum ohne Versicherungsschutz für das Vereinsmitglied, dafür aber auch ohne Beitragspflichten für den Verein, in Anspruch nehmen wollen oder nicht. Insoweit steht den dafür zuständigen Vereinsgremien ohne Verstoß gegen § 32 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (SGB I) eine Gestaltungsmöglichkeit zu (Urteil des Senats vom 9. Dezember 1993 – 2 RU 54/92 –). Das bedeutet, daß der Sportverein von einzelnen dazu befähigten Mitgliedern Übungsleitertätigkeiten unter zwei verschiedenen Voraussetzungen verlangen kann. In dem einen Falle legt er im wohlverstandenen Interesse des einzelnen Mitglieds ein den Unfallversicherungsschutz begründendes Beschäftigungsverhältnisses (Dienstvertrag), das kein Entgelt voraussetzt (s Brackmann aaO S 470b) und auch nur auf eine stundenweise Teilzeitbeschäftigung gerichtet sein kann, oder eine Tätigkeit wie ein Beschäftigter iS des § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO zugrunde. Dafür müssen allerdings eindeutige Anhaltspunkte sprechen, um diese Alternative von der zweiten abgrenzen zu können. In dem anderen (zweite Alternative) läßt er im wirtschaftlichen Vereinsinteresse allein die Mitgliedschaftspflicht aufgrund der Satzung, den Beschlüssen der zuständigen Vereinsgremien oder der allgemeinen Vereinsübung in Übereinstimmung mit dem Vereinszweck und der Vereinswirklichkeit genügen. Dem steht im zu entscheidenden Fall nicht entgegen, daß nur derjenige den Trainerberuf berufsmäßig ausüben darf, der eine Trainerlizenz erworben hat. Denn es handelt sich hier bei der Ausgestaltung der Übungsleiterarbeit als unfallversicherungspflichtige Tätigkeit nicht um Voraussetzungen des Trainerberufs, sondern um die Wahrnehmung der davon zu unterscheidenden Übungsleiterarbeit als versicherte Tätigkeit iS des § 539 Abs 1 Nr 1 oder Abs 2 RVO.
Die bisher getroffenen tatsächlichen Feststellungen lassen keine abschließende Entscheidung zu. Im konkreten Einzelfall kommt es nicht nur im Sinne des LSG auf die Ausrichtung der Lehrgänge für den Regelfall an. Die Teilnahme an der Aus-und Fortbildung in den Lehrgängen zur Erlangung der „Übungsleiterlizenz A” kann im Einzelfall trotzdem auf eine nach § 539 Abs 1 und 2 RVO versicherte Tätigkeit ausgerichtet sein. Und abgesehen von den Lernenden, die bereits Versicherte ihrer Sportvereine sind, was – wie bereits oben dargelegt – die umstrittene Beitragspflicht nicht berührt, können unter den Lernenden auch solche sein, deren Aus- und Fortbildung auf eine erst zukünftige, versicherte Übungsleitertätigkeit bei ihrem Sportverein gerichtet ist. Dann greift der Unfallversicherungsschutz des § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO mit der entsprechenden Beitragspflicht des Unternehmers der Bildungseinrichtung ein.
Das LSG wird die entsprechenden Feststellungen nachzuholen und auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen
Haufe-Index 1173503 |
SpuRt 1994, 155 |
Breith. 1994, 803 |
Wüterich / Breucker 2006 2006, 334 |