Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG). Frage des Bestehens einer fortführungsfähigen Praxis. Abstellen auf die BAG als Ganzes. Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der verbliebenen Mitglieder
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Frage, ob eine für die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes in einer Berufsausübungsgemeinschaft fortführungsfähige Praxis besteht, ist auf die Berufsausübungsgemeinschaft als Ganzes und nicht auf den einzelnen Arzt abzustellen.
2. Bei der Entscheidung über die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens für einen Vertragsarztsitz in einer Berufsausübungsgemeinschaft sind die schutzwürdigen Interessen der verbliebenen Mitglieder zu berücksichtigen.
Normenkette
SGB V § 103 Abs. 3a Sätze 1, 3 Hs. 1, Abs. 3a S. 3 Hs. 2, S. 7, Abs. 4 Sätze 1, 5 Nrn. 4-6, Abs. 4a S. 3, Abs. 4b S. 2, Abs. 4c S. 1, Abs. 6 S. 2, § 95 Abs. 2-3, 6 S. 1; Ärzte-ZV § 33 Abs. 2, § 24 Abs. 7; GKV-VStG; GG Art. 12 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. Mai 2017 sowie der Bescheid des Beklagten vom 9. Dezember 2015 aufgehoben, soweit damit ein Nachbesetzungsverfahren im Umfang eines halben Versorgungsauftrags abgelehnt wurde. Der Beklagte wird verpflichtet, insofern unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut über den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens zu entscheiden.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens im Umfang eines halben Versorgungsauftrags.
Die Klägerin ist Mitglied einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), die aus zwei Fachärztinnen für Chirurgie besteht - Frau Dr. Z. und Frau Dr. S.-, die beide mit einem vollen Versorgungsauftrag vertragsärztlich tätig sind. Ebenfalls mit einem vollen Versorgungsauftrag in dieser BAG war vom 1.7.2011 bis zu seinem Tod am 19.5.2015 der 1940 geborene Facharzt für Chirurgie Herr F. tätig.
Mit Schreiben vom 8.1.2015, bei der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) eingegangen am 16.7.2015, verzichtete Herr F. auf seine Zulassung und beantragte die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens. Gleichzeitig trat er alle Rechte in Bezug auf die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens an Frau Dr. Z. ab.
Die Beigeladene zu 1. teilte auf Nachfrage des Zulassungsausschusses (ZA) mit, dass Herr F. in den Quartalen I/2012 bis IV/2014 Fallzahlen zwischen 1 (IV/2014) und 132 (II/2014) hatte, im Mittel ohne das Quartal IV/2014 76. Die Durchschnittsfallzahlen der Fachgruppe in diesen Quartalen lagen zwischen 786,85 und 703,13. Herr F. erwirtschaftete Honorare zwischen 3483,91 Euro und 13,22 Euro im Quartal bei Durchschnittshonoraren der Fachgruppe zwischen ca 47 000 Euro und 40 000 Euro. Fehlzeiten aus gesundheitlichen Gründen waren der Beigeladenen zu 1. für die Zeit vom 1.10.2014 bis 30.9.2015 gemeldet. Die Fallzahlen der gesamten BAG entsprachen in den Quartalen III/2014 bis III/2015 etwa dem Dreifachen (2159) der durchschnittlichen Fallzahl eines Arztes der Fachgruppe in den Quartalen I/2012 bis IV/2014 (761,55).
Der ZA lehnte wegen der "unzureichenden Teilnahme" von Herrn F. an der vertragsärztlichen Versorgung mit Beschluss vom 9.12.2015 die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens für einen vollen Versorgungsauftrag ab und stimmte lediglich der Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens hinsichtlich eines halben Versorgungsauftrags zu. Seit dem 1.10.2016 ist mit einem halben Versorgungsauftrag Herr Dr. L., Facharzt für Kinderchirurgie, als angestellter Arzt in der BAG tätig.
Den von der Klägerin entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid des ZA eingelegten Widerspruch hinsichtlich des weiteren hälftigen Versorgungsauftrags, für den die Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens abgelehnt worden war, wies der Berufungsausschuss (BA) mit Beschluss vom 3.5.2016 als unzulässig zurück. Im Hinblick auf die Vorschrift des § 103 Abs 3a S 10 und 11 SGB V sei ihm eine Entscheidung verwehrt, weil der ZA die Zurückweisung nicht deutlich allein auf das Fehlen eines Praxissubstrats gestützt habe. Das gegen die Entscheidung des BA unter dem Aktenzeichen S 83 KA 1002/16 anhängige Klageverfahren ist vom SG ruhend gestellt.
Am 11.5.2016 hat die Klägerin Klage gegen den Beschluss des ZA vom 9.12.2015 erhoben. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 10.5.2017 abgewiesen. Die Klägerin sei aktivlegitimiert, da ihr alle den Vertragsarztsitz und die Durchführung der Nachbesetzung betreffenden Rechte übertragen worden seien. Dem habe die Erbin mit Schreiben vom 18.3.2016 zugestimmt. Die Klage sei gegen den Beschluss des ZA zulässig, weil ein Vorverfahren nach § 103 Abs 3a S 11 SGB V auch bei einer Ablehnung der Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens wegen des Fehlens eines Praxissubstrats ausgeschlossen sei.
Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens bezüglich eines weiteren halben Vertragsarztsitzes, weil es insofern an einer fortführungsfähigen Praxis fehle. Für die Beurteilung, ob eine fortführungsfähige Praxis zum Zeitpunkt des Antrags auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens bestanden habe, sei nicht auf die BAG als Ganzes abzustellen, sondern auf den Tätigkeitsumfang des Herrn F. Dieser sei bereits vor der Meldung seiner Erkrankung nur im Umfang von ca 10 % eines vollen Versorgungsauftrags tätig gewesen. Unbeachtlich sei, dass die BAG insgesamt die Fallzahlen aufgewiesen habe, die durchschnittlich bei drei Ärzten der Fachgruppe mit vollem Versorgungsauftrag angefallen seien. Zwar sei eine BAG als einheitliche Rechtspersönlichkeit anzusehen. Insbesondere im Bereich der Zulassung und damit auch im Nachbesetzungsverfahren sei aber auf den einzelnen Arzt und nicht auf die BAG als solche abzustellen. Auch in einer BAG bleibe der einzelne Arzt Träger der Zulassung. Nur er sei befugt, seine Vertretung zu regeln oder auch das Ruhen der Zulassung zu beantragen. Soweit eine entsprechende Vertretung nicht organisiert beziehungsweise nicht das Ruhen beantragt worden sei, sei von einem Wegfall der Praxis auszugehen. Dieses Risiko bestehe für einen Arzt in einer BAG ebenso wie für einen allein tätigen Vertragsarzt.
Dass nur auf den ausscheidenden Arzt abgestellt werden könne, ergebe sich auch aus dem Sinn und Zweck des § 103 Abs 3a SGB V, in überversorgten Planungsbereichen die Überversorgung abzubauen. Würde allein an den Leistungsumfang der BAG angeknüpft, würde das Nachbesetzungsverfahren in Fällen wie hier gerade wieder der Ausdehnung des Versorgungsangebots dienen. Durch die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes, dessen Inhaber nur in geringem Umfang tätig gewesen sei und für den die übrigen Partner der BAG Leistungen mit erbracht hätten, könnte das Regelleistungsvolumen (RLV) der BAG insgesamt gesteigert werden, ohne dass es zu einer Abstaffelung der Vergütung käme.
Zur Begründung ihrer hiergegen gerichteten Revision trägt die Klägerin vor, für die Frage einer fortführungsfähigen Praxis sei auf die BAG als Ganzes abzustellen. Sie sei allerdings selbst bei einer Betrachtung allein des Herrn F. zu bejahen, weil trotz seines geringen Tätigkeitsumfangs ein Patientenstamm vorhanden sei, sodass ein Nachfolger unter den üblichen Bedingungen unmittelbar eine ärztliche Tätigkeit entfalten könne. Da die BAG-Partnerinnen von Herrn F. die BAG fortgeführt hätten, könne hier an die gemeinsam ausgeübte Tätigkeit angeknüpft werden, wie das BSG dies fordere. Eine Ausdehnung der Leistungen der BAG infolge der Praxisnachfolge sei im System der RLV ausgeschlossen, da an die Fallzahl des Arztes im Vorjahr angeknüpft werde. Die Fortführung der Praxis sei aus Versorgungsgründen gemäß § 103 Abs 3a S 3 SGB V erforderlich. In K., wo sich die Praxis befinde, betrage der Versorgungsgrad für die Gruppe der Chirurgen 147 %, im Planungsbereich Berlin dagegen 160,9 %. Ein besonderer Versorgungsbedarf liege nach Auffassung der KÄV vor, wenn der regionalisierte Versorgungsgrad den durchschnittlichen Versorgungsgrad im Planungsbereich unterschreite. Einer Sitzverlegung an den Praxisstandort hätte der Beklagte zwingend zustimmen müssen. Es sei kein sachlicher Grund erkennbar, warum die Nachbesetzung anders behandelt werden sollte. Schließlich habe die Fortführung auch deshalb nicht abgelehnt werden dürfen, weil sie im Wege der Anstellung durch die BAG erfolgen solle.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Berlin vom 10.5.2017 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens für den Vertragsarztsitz des Herrn F. im Umfang eines weiteren hälftigen Versorgungsauftrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Es entspreche dem höchstpersönlichen Charakter der Zulassung, dass allein auf die tatsächliche Wahrnehmung des Versorgungsauftrags durch das einzelne Mitglied der BAG abgestellt werde. Auch im Hinblick auf das gesetzgeberische Ziel des Abbaus von Überversorgung sei eine enge Auslegung der Regelungen zur Nachfolgezulassung geboten.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Ablehnung der Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens im Umfang eines weiteren hälftigen Versorgungsauftrags ist rechtswidrig. Der Beklagte wird insofern unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden haben.
1. Die Sprungrevision ist zulässig. Sie ist vom SG im Beschluss vom 19.7.2017 zugelassen worden, § 161 Abs 1 S 1 SGG.
Dass das SG allein durch seine Berufsrichterin - ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter - die Revision unmittelbar gegen sein Urteil zugelassen hat, ist allerdings fehlerhaft. Entgegen der Auffassung des SG folgt eine Befugnis zur alleinigen Entscheidung des Berufsrichters nicht aus dem seit dem 1.3.1993 (Art 8 Nr 1 des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege vom 11.1.1993, BGBl I 50) geltenden § 12 Abs 1 S 2 SGG, wonach die ehrenamtlichen Richter bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung nicht mitwirken. Die Zulassung der Revision unterliegt insofern speziellen Maßgaben, wie sie der Große Senat bereits in seinem Beschluss vom 18.11.1980 dargelegt hat (BSGE 51, 23, 27 f = SozR 1500 § 161 Nr 27 S 54 ff). Ausschlaggebend für die Auffassung, dass die ehrenamtlichen Richter bei der Entscheidung über den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Sprungrevision mitzuwirken haben, war nicht das Fehlen einer grundsätzlichen Regelung zur Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter, wie sie später mit § 12 Abs 1 S 2 SGG geschaffen wurde. Der Große Senat hat vielmehr ausgeführt, dass die Frage, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Sprungrevision vorliegen, sich nur bei Kenntnis des Streitgegenstandes und der sich daraus ergebenden Rechtsfragen beantworten lasse. Deshalb sehe § 161 Abs 1 S 1 SGG in erster Linie vor, dass die Sprungrevision im Urteil unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter zugelassen wird. Bei der Entscheidung über die nachträgliche Zulassung der Revision durch das BSG nach § 160a Abs 4 S 2 SGG aF sollten die Kenntnisse und Erfahrungen der ehrenamtlichen Richter ebenfalls ihren Niederschlag finden. Entspreche das aber dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers, so könne es im Falle der Entscheidung über den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Sprungrevision nicht anders sein. Die ehrenamtlichen Richter sollten auch hier ihre Lebens- und Berufserfahrungen einbringen und dadurch zu einer wirklichkeitsnahen Entscheidung beitragen. Wenn es sich bei der Entscheidung über den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Sprungrevision auch nicht um eine Ergänzung des Urteils iS des § 140 SGG handele, so stehe sie dem Urteilsverfahren doch ähnlich nahe wie diese, bei der aber die ehrenamtlichen Richter mitwirken. Für die Beteiligung der ehrenamtlichen Richter spreche weiter, dass die bereits im Urteil unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter getroffene Entscheidung über die Nichtzulassung der Sprungrevision in vielen Fällen weder aus dem Urteil noch aus der Sitzungsniederschrift hervorgehe. In diesen Fällen könnte der überstimmte Vorsitzende des SG, ohne dass dies erkennbar wäre, die von der voll besetzten Kammer getroffene Entscheidung über die Nichtzulassung der Sprungrevision ändern. Diese Grundsätze gelten nach wie vor.
Ungeachtet der danach fehlerhaft zustande gekommenen Zulassung der Sprungrevision ist der Zulassungsbeschluss aber wirksam und das Revisionsgericht an die Zulassung der Sprungrevision gebunden (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 11; BSGE 108, 35 = SozR 4-2500 § 115b Nr 3, RdNr 32; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 13, jeweils mwN).
2. Die Klägerin ist prozessführungsbefugt. Ist der Vertragsarzt, dessen Zulassung endet, in einer BAG tätig bzw tätig gewesen, so können sowohl er selbst als auch die in der Praxis verbleibenden Partner die Ausschreibung des frei werdenden bzw frei gewordenen Vertragsarztsitzes beantragen. Die Ausschreibung und die Nachbesetzung erfolgen in diesen Fällen für einen Sitz in dieser BAG, wobei bei der Bewerberauswahl die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte zu berücksichtigen sind (§ 103 Abs 6 SGB V; vgl BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 18; BSG SozR 3-2500 § 103 Nr 3 S 22 ff für die Gemeinschaftspraxis). Hier ist die Klägerin zum einen durch die Vollmacht des Verstorbenen und die Zustimmung der alleinigen Erbin legitimiert. Zum anderen kann sie auch als Mitglied der antragsberechtigten BAG den Antrag auf Nachbesetzung eines Sitzes in der BAG stellen. Das für dieses prozessuale Vorgehen erforderliche Einvernehmen mit dem weiteren BAG-Mitglied ist erkennbar gegeben.
3. Der ZA ist richtiger Beklagter. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Senats in Zulassungssachen grundsätzlich der BA alleiniger Beteiligter eines gerichtlichen Verfahrens (vgl zuletzt Urteil vom 16.5.2018 - B 6 KA 1/17 R). Hier bestimmt das Gesetz in § 103 Abs 3a S 1 iVm S 11 und 12 SGB V jedoch abweichend von diesem Grundsatz ausdrücklich, dass allein der ZA über die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entscheidet. Seine Entscheidung ist nach § 103 Abs 3a S 11 und 12 SGB V nicht mit einem Widerspruch, sondern unmittelbar mit der Klage anfechtbar (kritisch dazu Pawlita, juris-PK SGB V, 3. Aufl 2016, § 103 RdNr 73). Hierdurch soll gewährleistet werden, dass bei einem positiven Urteil des ZA die Versorgung der Versicherten weiter gewährleistet ist und nicht durch ein Klageverfahren ggf über einen längeren Zeitraum ausgesetzt wird (BT-Drucks 17/8005 S 112). Der nach § 70 Nr 4 SGG beteiligtenfähige ZA wird gemäß § 71 Abs 4 SGG vom Vorsitzenden vertreten.
4. Der Durchführung eines Vorverfahrens iS des § 78 Abs 1 S 1 SGG iVm § 97 Abs 3 S 2 SGB V bedurfte es mithin nicht. Der Klage unmittelbar gegen den ZA steht hier nicht entgegen, dass die Klägerin entsprechend der unzutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid des Beklagten tatsächlich Widerspruch eingelegt und der BA eine Entscheidung getroffen hat. Da die Klage gegen den ZA hier ohne die vorherige Anrufung des BA zulässig ist, ist dessen Entscheidung für dieses Verfahren unerheblich. Unerheblich ist auch, mit welcher Begründung der ZA den Antrag auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens abgelehnt hat. Es kann offenbleiben, welche rechtliche Voraussetzung für die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens der ZA mit dem Argument, Herr F. habe nur "unzureichend" an der vertragsärztlichen Versorgung teilgenommen, verneinen wollte. Der ZA hat jedenfalls eine Entscheidung nach § 103 Abs 3a S 1 SGB V getroffen. Ob er diese Entscheidung tragfähig begründet hat, ist eine Frage der materiellen Rechtmäßigkeit.
5. Das Begehren der Klägerin, den Beklagten zu verpflichten, ein Nachbesetzungsverfahren für einen insgesamt vollen Versorgungsauftrag durchzuführen, ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig. Die Klagefrist des § 87 SGG, die wegen der unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung gemäß § 66 Abs 2 S 1 SGG ein Jahr betrug, ist eingehalten.
6. Die Entscheidung des Beklagten, die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens im Umfang eines halben Versorgungsauftrags abzulehnen, ist rechtswidrig.
a) Anlass für ein Nachbesetzungsverfahren besteht dann, wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll (vgl § 103 Abs 3a S 1 SGB V). Nach dem ab dem 1.1.2013 geltenden Recht entscheidet der ZA, ob überhaupt ein Nachbesetzungsverfahren für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Die KÄV hat nach einer positiven Entscheidung des ZA diesen Vertragsarztsitz unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen (§ 103 Abs 4 S 1 SGB V). Der ZA kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist (§ 103 Abs 3a S 3 SGB V). Dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger fortgeführt werden soll, der dem in § 103 Abs 4 S 5 Nr 4, 5 und 6 SGB V bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der KÄV aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht (§ 103 Abs 3a S 3 2. Halbs SGB V). Nach § 103 Abs 4 S 5 Nr 6 SGB V ist bei der Auswahl der Bewerber zu berücksichtigen, ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde.
b) Das SG hat zu Recht entschieden, dass Voraussetzung für die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens das Bestehen einer fortführungsfähigen Praxis ist. Wenn auf Arztsitzen oder Arztstellen eine Versorgung nicht fortgeführt werden kann, weil kein Praxissubstrat mehr vorhanden ist oder alle Ärzte gekündigt und die Praxisräume abgegeben worden sind, fehlt einem Nachbesetzungsverfahren die innere Rechtfertigung (vgl zuletzt BSG Urteil vom 11.10.2017 - B 6 KA 27/16 R - SozR 4-2500 § 95 Nr 32 - zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen, RdNr 40; BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 33 mwN). Insofern ist mit der Einfügung des § 103 Abs 3a SGB V durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz vom 22.12.2011 (GKV-VStG, BGBl I 2983) keine Änderung eingetreten. Auch danach ist, wie zuvor nach § 103 Abs 4 SGB V aF, Voraussetzung, dass die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des BSG kann die Ausschreibung und Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes in einer Einzelpraxis nur so lange erfolgen, wie das Praxissubstrat noch vorhanden ist (BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 33; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 30; BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr 9, RdNr 19; BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 19; BSGE 85, 1, 5 und 7 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 31 f und 34; s auch BSGE 86, 121, 122 f = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 15 f). Für eine BAG gilt entsprechend, dass eine Anknüpfung an die gemeinsam ausgeübte Tätigkeit noch möglich sein muss (BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 33; BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 19 mwN).
(1) Gesichtspunkte der Sicherung einer angemessenen vertragsärztlichen Versorgung sind in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung, weil das Nachbesetzungsverfahren nach § 103 Abs 3a S 1, Abs 4 S 1 SGB V nur in Planungsbereichen durchzuführen ist, die für die jeweilige Arztgruppe wegen Überversorgung gesperrt sind. Nach der gesetzlichen Konzeption ist in diesen Planungsbereichen auch die Nachbesetzung von Vertragsarztsitzen im Grundsatz unerwünscht (BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 34; BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr 11, RdNr 20; BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 19; BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32; vgl auch BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 23). Der Gesetzgeber lässt es mit den in § 103 Abs 3a und 4 SGB V getroffenen Regelungen gleichwohl zu, dass ein bestehender - für die Versorgung nicht erforderlicher - Vertragsarztsitz nachbesetzt werden kann. Damit berücksichtigt er die finanziellen Interessen des bisherigen Praxisinhabers bzw seiner Erben (s hierzu BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32 f; BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 19; BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr 9, RdNr 19; BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr 11, RdNr 20 f). Weil typischerweise die Arztpraxis nicht veräußert werden kann, wenn der Erwerber den mit ihr verbundenen Sitz nicht erhält, bedarf es der Zulassung des Erwerbers. Nicht der Vertragsarztsitz, sondern die Arztpraxis ist veräußerbar. Wo keine Praxis mehr existiert, kann auch keine Nachbesetzung des ihr zugeordneten Vertragsarztsitzes mehr stattfinden. Diese würde ansonsten lediglich der Kommerzialisierung des Vertragsarztsitzes dienen, die vom Gesetzgeber nicht gewollt ist (BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 34 mwN).
(2) Eine vertragsärztliche Tätigkeit setzt den (Mit-)Besitz von Praxisräumen, die Ankündigung von Sprechzeiten, die tatsächliche Entfaltung einer ärztlichen Tätigkeit unter den üblichen Bedingungen sowie das Bestehen der für die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit im jeweiligen Fachgebiet erforderlichen Praxisinfrastruktur voraus. Für eine BAG gilt entsprechend, dass eine Anknüpfung an die gemeinsam ausgeübte Tätigkeit noch möglich sein muss (BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 33; BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 19 mwN). Wenn es an all dem fehlt, existiert auch keine Praxis mehr, die fortgeführt werden könnte (BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 35; BSGE 85, 1, 5 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32). Für die Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen einer "Fortführung" der Praxis gegeben sind, ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem die Nachbesetzung beantragt wird (BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 38 ff).
bb) Ausgehend von diesen Kriterien ist für die Frage, ob eine für die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes in einer BAG erforderliche fortführungsfähige Praxis besteht, auf die BAG als Ganzes und nicht auf den einzelnen Arzt abzustellen. Da die BAG vertragsarztrechtlich als Rechtseinheit gesehen wird, ist maßgeblich, ob die BAG als solche fortgeführt werden kann.
(1) Die BAG (bis 2007: Gemeinschaftspraxis) ist nach der Rechtsprechung des Senats durch die gemeinsame Ausübung der ärztlichen Tätigkeit durch mehrere Ärzte gleicher oder ähnlicher Fachrichtung in gemeinsamen Räumen mit gemeinsamer Praxisausrichtung, gemeinsamer Datenverarbeitung und Abrechnung sowie mit gemeinsamem Personal auf gemeinsame Rechnung geprägt (vgl BSG SozR 4-5532 Allg Nr 2 RdNr 28; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 8 RdNr 20; BSG SozR 4-5520 § 33 Nr 2 RdNr 18; BSG SozR 4-1930 § 6 Nr 1 RdNr 14; s schon BSG Urteil vom 19.8.1992 - 6 RKa 35/90 - MedR 1993, 279 = USK 92205 S 1052). Die Genehmigung der gemeinsamen Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit bewirkt, dass die Partner ihre Leistungen unter einer gemeinsamen Abrechnungsnummer gegenüber der zuständigen KÄV abrechnen können; die BAG tritt dieser dementsprechend wie ein Einzelarzt als einheitliche Rechtspersönlichkeit gegenüber (vgl BSG SozR 4-5520 § 33 Nr 2 RdNr 18; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 21). Sie stellt rechtlich gesehen eine Praxis dar (vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 8 RdNr 20; BSG SozR 4-5520 § 33 Nr 2 RdNr 18; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 21; BSG Urteil vom 8.12.2010 - B 6 KA 38/09 R - USK 2010-148 S 1307; s auch BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 57 RdNr 15). Für die Rechtslage vor Einführung der lebenslangen Arztnummer hat der Senat entschieden, dass das Gebot der persönlichen Leistungserbringung in der Weise modifiziert ist, dass bei den abgerechneten Leistungen - jedenfalls bei gleicher Qualifikation der Mitglieder - grundsätzlich nicht gekennzeichnet werden muss, welcher der BAG angehörende Arzt welche Leistung erbracht hat (vgl BSGE 91, 164 RdNr 19 = SozR 4-5520 § 33 Nr 1 RdNr 18). Auch nach Einführung der lebenslangen Arztnummer, die eine Zuordnung jeder einzelnen Behandlungsmaßnahme zu einem bestimmten Arzt ermöglicht, wird die BAG weiterhin als Einheit betrachtet. Die Behandlung eines Patienten in einem Quartal durch verschiedene Mitglieder der BAG stellt sich als ein einziger Behandlungsfall dar (vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 8 RdNr 20; BSG SozR 4-1930 § 6 Nr 1 RdNr 14). Auch die für Vertrags(zahn)ärzte geltenden Vertretungsregelungen beziehen sich auf die Praxis als Gesamtheit; der Vertretungsfall tritt nicht ein, solange auch nur ein (Zahn-)Arzt der BAG weiterhin tätig ist. In einer BAG werden die Behandlungsverträge nicht zwischen Patient und behandelndem (Zahn-)Arzt, sondern zwischen ihm und der BAG geschlossen (vgl BSG SozR 4-1930 § 6 Nr 1 RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 21; BSGE 91, 164 RdNr 22 = SozR 4-5520 § 33 Nr 1 RdNr 21). Schließlich ist auch die Genehmigung zur Anstellung eines (Zahn-)Arztes der BAG und nicht einem einzelnen Mitglied zu erteilen (BSGE 121, 154 = SozR 4-2500 § 103 Nr 19).
(2) Aus dieser einheitlichen Betrachtung folgt auch, dass die gesamte vertragsärztliche Infrastruktur der BAG und nicht einzelnen ihrer Mitglieder zuzuordnen ist. Da die BAG die personellen und sächlichen Mittel vorhält, die zum Betrieb einer Praxis gehören, könnte ein Nachfolger in der BAG jederzeit seine Tätigkeit aufnehmen. Für Patienten ist während des Bestandes der BAG erkennbar, dass am Praxisstandort Versorgung stattfindet. Da es gerade charakteristisch für die BAG ist, dass die Person des Behandlers wechseln kann, stellt ein Mitgliederwechsel die kontinuierliche Versorgung auch aus der Perspektive der Patienten nicht in Frage. Es kann offenbleiben, ob und in welchen Fällen die Fortführungsfähigkeit einer vertragsärztlichen Tätigkeit in einer BAG daran scheitern kann, dass bestimmte Mindestanforderungen an die Ausstattung und die Auslastung einer Praxis nicht erfüllt werden. Dass hier die vom Senat geforderte Anknüpfung an die gemeinsam ausgeübte Tätigkeit noch möglich ist, ist angesichts des laufenden Praxisbetriebs und der Fallzahlen nicht zweifelhaft.
Die Anknüpfung an die BAG als Ganzes zur Beurteilung der Fortführungsfähigkeit der Praxis steht nicht im Widerspruch dazu, dass Träger der vertragsärztlichen Zulassung nach § 95 Abs 2 und 3 SGB V der einzelne Arzt und nicht die BAG ist. Anders als das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) hat die BAG keinen eigenen Zulassungsstatus, ihr statusrelevanter Bescheid ist die Genehmigung nach § 33 Abs 2 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV). Die Rechtsprechung des Senats hat indessen den Status in verschiedener Hinsicht dem Zulassungsstatus des Arztes angenähert. Das kommt besonders deutlich in der zur Nachbesetzung eines Arztsitzes ergangenen Entscheidung vom 11.12.2013 (BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13) zum Ausdruck. Die Berücksichtigung der Interessen der Partner einer BAG im Nachbesetzungsverfahren, § 103 Abs 6 S 2 SGB V, ist danach selbst dann geboten, wenn die BAG vorrangig mit dem Ziel gegründet wurde, Einfluss auf die Nachbesetzung eines frei werdenden Vertragsarztsitzes zu nehmen (BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 49). Wenn zum maßgeblichen Zeitpunkt eine BAG besteht, müssen die Zulassungsgremien im Rahmen der Nachbesetzung daran anknüpfen. Entsprechend müssen sie grundsätzlich eine Nachbesetzung mit einem vollen Versorgungsauftrag ermöglichen, wenn die Zulassung eines Arztes mit einem vollen Versorgungsauftrag geendet hat oder beendet werden soll. Diese Anknüpfung an den jeweils bestehenden Status entspricht der vom Senat stets angenommenen Bindung an zulassungsrechtliche Statusentscheidungen, von denen nur im Verhältnis zwischen der KÄV und ihrem Mitglied unter bestimmten Voraussetzungen abgesehen werden kann (vgl BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 53 ff; BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr 9, RdNr 17).
cc) Die dargestellte Rechtsauffassung des Senats hat nicht zur Folge, dass die KÄV auf Dauer hinnehmen müsste, dass ein in einer BAG tätiger Arzt seiner Versorgungsverpflichtung tatsächlich nicht nachkommt. Soweit ein Vertragsarzt seinen Versorgungsauftrag tatsächlich nicht oder jedenfalls über einen längeren Zeitraum nicht annähernd im Umfang seiner Zulassung wahrnimmt, besteht die Möglichkeit der Zulassungsentziehung wegen Nichtausübung, § 95 Abs 6 S 1 SGB V. Dies gilt auch für die Mitglieder einer BAG. Zwar ist für sie typisch, dass ihre Mitglieder vorübergehend oder auch dauerhaft nicht in gleichem zeitlichen Umfang in der gemeinsamen Praxis tätig sind. Die vertragsärztliche Tätigkeit in einer BAG wird häufig gerade gewählt, weil innerhalb der Kooperation flexibel auf wechselnde Lebenssituationen reagiert werden kann. Um aber einen Missbrauch dieser Gestaltungsmöglichkeiten zu verhindern, indem etwa eine BAG reine "Zählmitglieder" aufnimmt, um eine übermäßige Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit zu verdecken, muss ein Vertragsarzt kontinuierlich in nennenswertem Umfang an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Seit der Einführung der lebenslangen Arztnummer kann dies ohne Weiteres von der KÄV nachvollzogen werden. Der zulassungsrechtliche Status kann indes nur in dem dafür vorgesehenen Verfahren entzogen, nicht aber in einem anderen Verfahren in Frage gestellt werden.
Hier hätten die Zulassungsgremien - unterstellt die Beigeladene zu 1. hätte die Entziehung der Zulassung von Herrn F. beantragt - die besonderen Umstände des Falles, insbesondere die fortschreitende Erkrankung des Arztes berücksichtigen müssen. Zu den Vorzügen der kooperativen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit gehört auch, dass selbst länger andauernde krankheitsbedingte Leistungseinschränkungen durch andere Mitglieder der BAG aufgefangen werden können. Darin liegt von vornherein kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten.
7. Ob aus Versorgungsgründen die Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens abgelehnt werden kann, hat der Beklagte nicht ausdrücklich geprüft. Diese Prüfung wird er nachzuholen haben. Die Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens kann nach § 103 Abs 3a S 3 SGB V abgelehnt werden, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Gefordert ist danach nicht die positive Feststellung der Notwendigkeit des Vertragsarztsitzes, sondern die negative Feststellung der fehlenden Erforderlichkeit. Zum Nachweis einer negativen Tatsache bedarf es allerdings stets der Überprüfung der für das Vorliegen der entsprechenden positiven Tatsache sprechenden Umstände (vgl BSG SozR 4-2500 § 92 Nr 19 RdNr 51). Der Zulassungsausschuss hat bei dieser Prüfung einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum (vgl zu den Gründen der Versorgung iS des § 24 Abs 7 Ärzte-ZV BSGE 122, 35 = SozR 4-5520 § 24 Nr 13, RdNr 21).
a) Unter Bedarfsplanungsgesichtspunkten ist zunächst davon auszugehen, dass in gesperrten Planungsbereichen eine Nachbesetzung nicht erforderlich ist. Würde allerdings der Wegfall des Vertragsarztsitzes zu einer Sonderbedarfszulassung führen, so stehen der Ablehnung einer Nachbesetzung Versorgungsgründe entgegen (Pawlita, juris-PK SGB V, 3. Aufl 2016, § 103 RdNr 60). Neben Besonderheiten wie die Versorgung von Menschen mit Behinderung oder die räumliche Nähe zu Pflegeheimen oder überregional in Anspruch genommene Diagnostik und Therapie (vgl BT-Drucks 18/4095 S 113) können uU auch Spezialisierungen einer Praxis, ihre verkehrsgünstige Lage oder eine effektive Kooperation mit anderen Praxen zum Nutzen der Patienten berücksichtigungsfähig sein (vgl Steinhilper, Niederlassungsmöglichkeiten nach dem GKV-VSG, GuP 2016, 15, 19; Reiter, Die Einziehung von Vertragsarztsitzen nach § 103 Abs. 3a SGB V und die Aufwertung der Praxisnachfolge durch die BSG-Rechtsprechung, ZMGR 2016, 340, 341 f; Wenner, Strukturprobleme der Gesundheitsversorgung in Deutschland - Herausforderungen für die Rechtsprechung des BSG, MedR 2015, 175, 178).
b) Die Begründung des Gesetzentwurfs des GKV-VStG, mit dem ua § 103 Abs 3a S 7 SGB V neu gefasst wurde, führt ausdrücklich auf, dass auch der Erhalt des besonderen Versorgungsangebots einer BAG bei der Beurteilung der Versorgungsgründe eine Rolle spielt (vgl BT-Drucks 18/4095 S 108). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes in einer BAG stets auch Auswirkungen auf die Berufsausübung der verbleibenden Mitglieder hat. So kann die Struktur einer BAG auf ein bestimmtes Versorgungsangebot ausgerichtet sein, das ohne eine Nachbesetzung nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Sogar der Fortbestand der gesamten Praxis kann in Frage stehen, wenn ein Mitglied der BAG mit einer für die Praxis zentralen besonderen Qualifikation ausfällt. Dass der Gesetzgeber eine solche Situation verhindern wollte, verdeutlicht die Regelung des § 103 Abs 3a S 3 SGB V, wonach die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nicht abgelehnt werden kann, wenn sich als Praxisnachfolger eine oder mehrere Personen bewerben werden, die dem in Abs 4 S 5 Nr 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehören (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 17/8005 S 112). Da auch die vertragsärztliche Tätigkeit in einer BAG den Schutz des Art 12 Abs 1 GG genießt, ist das Interesse der verbliebenen BAG-Mitglieder an der Nachbesetzung eines frei gewordenen Vertragsarztsitzes in aller Regel schutzwürdig (so auch Pawlita, juris-PK SGB V, 3. Aufl 2016, § 103 RdNr 67; aA Kaltenborn in Becker/Kingreen, SGB V, 6. Aufl 2018, § 103 RdNr 9). Nur durch eine solche Berücksichtigung ist auch eine hinreichende Gleichbehandlung mit MVZ gewährleistet, denen eine Nachbesetzung von Arztstellen ohne Prüfung von Versorgungsgesichtspunkten nach § 103 Abs 4a S 3 SGB V möglich ist (vgl dazu BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8).
c) Zu berücksichtigen ist ferner ein unterschiedlicher Versorgungsgrad bezüglich der Arztgruppe (Fachgebiete und/oder Schwerpunkte) innerhalb des Planungsbereichs. Eine insofern beachtenswerte Konstellation liegt hier indes nicht vor. Der Versorgungsgrad mit Fachärzten für Chirurgie liegt zwar im Stadtteil K., in dem die BAG gelegen ist, unter dem Durchschnitt des Planungsbereichs Berlin. Allerdings vermag dies angesichts des auch in K. bestehenden Versorgungsgrades von 147 % keinen besonderen Versorgungsbedarf wegen einer zu geringen Versorgungsdichte iS des § 103 Abs 3a S 3 SGB V zu begründen. Dass die KÄV einen solchen Versorgungsbedarf allein im Hinblick auf den unterdurchschnittlichen Versorgungsgrad bejaht hat, ist insofern unerheblich. Ihre Mitteilung iS des § 103 Abs 3a S 3 2. Halbs SGB V ist für den ZA nicht verbindlich. Berücksichtigungsfähig bei der Beurteilung der Versorgung im Rahmen des § 103 Abs 3a SGB V ist allerdings der Gesichtspunkt der gleichmäßigen Verteilung der Praxen im Planungsbereich. Das Ziel einer langfristig flächendeckenden und wirtschaftlichen Versorgung rechtfertigt auch das Bestreben nach einer möglichst gleichmäßigen räumlichen Verteilung der Leistungserbringer innerhalb eines Planungsbereichs (BSGE 122, 35 = SozR 4-5520 § 24 Nr 13, RdNr 19).
d) Dass die Praxis in der Vergangenheit nahezu durchschnittliche Fallzahlen hatte, spricht ebenfalls für ihre Versorgungsrelevanz (vgl Steinhilper, GuP 2016, 15, 19). Dabei ist wiederum im Hinblick auf die einheitliche Betrachtung der BAG auf ihre Fallzahlen und nicht diejenigen des einzelnen Mitglieds abzustellen. Die BAG ermöglicht gerade, dass Vertragsärzte mit unterschiedlichem Einsatz tätig sind. Das ist solange nicht problematisch, wie der Tätigkeitsumfang einzelner Mitglieder nicht die Grenze der Implausibilität überschreitet. Für die Versorgungsrelevanz kann es nur darauf ankommen, ob der Versorgungsauftrag, wie er sich aus der Addition der Versorgungsaufträge der Mitglieder ergibt, von der BAG in diesem Rahmen insgesamt wahrgenommen wird. Für eine mögliche Nachfolgebesetzung kann von Bedeutung sein, ob die Versorgung in der Praxis im bisherigen Umfang durch die verbleibenden Mitglieder aufrechterhalten bleiben kann. Andererseits können gemessen an der Zahl ihrer Mitglieder deutlich unterdurchschnittliche Fallzahlen einer BAG dazu führen, dass ein Vertragsarztsitz in der BAG als nicht mehr erforderlich angesehen wird. Bei Fachärzten für Chirurgie bzw Orthopädie und Unfallchirurgie ist dabei auch zu berücksichtigen, ob der ausscheidende Arzt als sog Durchgangsarzt nach § 34 Abs 2 SGB VII tätig war. Das Anerkennungsverfahren der Berufsgenossenschaften nach § 34 Abs 2 SGB VII hat zwar keinen unmittelbaren Einfluss auf vertragsärztliche Zulassungen. Die ambulante Heilbehandlung nach § 27 SGB VII ist aber eng mit der vertragsärztlichen Versorgung verbunden, wie sich schon aus der nach § 34 Abs 4 SGB VII bestehenden Gewährleistungsverpflichtung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung auch für die gesetzeskonforme Durchführung der ambulanten berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung ergibt (vgl dazu auch BSGE 122, 55 = SozR 4-2500 § 103 Nr 22, RdNr 27).
e) Die Prüfung, ob der Vertragsarztsitz für die Versorgung nicht mehr erforderlich ist, erübrigt sich allerdings nicht deshalb, weil die Klägerin mit dem Verstorbenen die vertragsärztliche Tätigkeit gemeinsam ausgeübt hat. Zwar kommt nach § 103 Abs 3a S 3 2. Halbs SGB V eine Ablehnung des Antrags auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nicht in Betracht, wenn die Praxis von einem Nachfolger fortgeführt werden soll, der dem in § 103 Abs 4 S 5 Nr 4, 5 und 6 SGB V bezeichneten Personenkreis angehört. Eine solche Konstellation ist hier aber nicht gegeben. Die Praxis soll zwar von der Klägerin fortgeführt werden, die mit dem verstorbenen Herrn F. die Praxis gemeinschaftlich betrieben hat (§ 103 Abs 4 S 5 Nr 6 SGB V). Allerdings verfügt die Klägerin bereits über eine Zulassung. Würde sie selbst die Zulassung von Herrn F. übernehmen, könnte dies nur zu einer Verschmelzung der beiden Zulassungen und damit zum Wegfall einer Zulassung führen. Ob die Bewerbung eines verbleibenden Mitglieds einer BAG, das selbst bereits über einen vollen Versorgungsauftrag verfügt, überhaupt in Betracht kommt, kann offenbleiben (Ladurner, Ärzte-ZV/Zahnärzte-ZV, 2017, § 103 SGB V RdNr 76 hält eine Bewerbung von Praxispartnern mit vollem Versorgungsauftrag nicht für möglich; ebenso Pawlita, juris-PK SGB V, 3. Aufl 2016, § 103 RdNr 106; anders Hess in Kasseler Komm, Stand Dezember 2015, § 103 SGB V RdNr 34 mit der Konsequenz, dass eine Zulassung wegfällt). Die Privilegierung des § 103 Abs 4 S 5 Nr 6 SGB V betrifft jedenfalls in erster Linie Job-Sharing-Partner iS des § 101 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB V (vgl Ladurner aaO; Pawlita in juris-PK SGB V, 3. Aufl 2016, § 103 RdNr 105). Beide Konstellationen liegen indes nicht vor.
Nach dem Antrag der Klägerin soll eine Übernahme des Vertragsarztsitzes von Herrn F. nach § 103 Abs 4b S 2 SGB V erfolgen. Danach kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Praxis weitergeführt wird, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Mit dieser Regelung wurden Vertragsärzte den MVZ gleichgestellt, für die § 103 Abs 4c S 1 SGB V eine entsprechende Regelung enthält (vgl BT-Drucks 17/8005 S 113). § 103 Abs 4b S 2 SGB V lässt damit ebenso wie § 103 Abs 4c S 1 SGB V die Anstellung eines Arztes im Wege der Praxisnachfolge zu, suspendiert aber nicht von den allgemeinen Voraussetzungen der Praxisnachfolge (vgl SG Marburg Urteil vom 11.1.2017 - S 12 KA 585/16 - Juris RdNr 32). Die Vorschrift betrifft nicht die Frage, ob ein Nachbesetzungsverfahren durchzuführen ist, sondern das Auswahlverfahren im Nachbesetzungsverfahren. Aus einer Konstellation nach § 103 Abs 4b S 2 SGB V kann die Klägerin keine Privilegierung nach § 103 Abs 3a S 3 2. Halbs SGB V iVm § 103 Abs 4 S 5 Nr 6 SGB V wegen der gemeinschaftlichen Tätigkeit mit Herrn F. herleiten. Es verbleibt vielmehr bei der Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen für die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens.
Erst wenn dem Antrag stattgegeben und ein Nachbesetzungsverfahren eingeleitet worden ist, ist weiter zu prüfen, ob Gründe der vertragsärztlichen Versorgung der Weiterführung der vertragsärztlichen Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Praxis des übernehmenden Vertragsarztes nicht entgegenstehen. Während § 103 Abs 3a S 3 1. Halbs SGB V für eine Ablehnung des Antrags auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens die Feststellung erfordert, dass die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist, fordert § 103 Abs 4b S 2 SGB V für die Weiterführung der vertragsärztlichen Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Praxis des übernehmenden Vertragsarztes die Feststellung, dass Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Gründe der vertragsärztlichen Versorgung sind solche des § 24 Abs 7 Ärzte-ZV (so auch Ladurner, Ärzte-ZV/Zahnärzte-ZV § 103 SGB V RdNr 108). Bei dem Tatbestandsmerkmal der "Gründe der vertragsärztlichen Versorgung" sind allein planerische, die Sicherstellung der Patientenversorgung betreffende Umstände zu prüfen (BSGE 86, 121, 126 = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 19). In den Blick zu nehmen ist das Interesse der Versichertengemeinschaft an einer regional bedarfsgerechten Versorgung und einer guten Erreichbarkeit von Ärzten und Psychotherapeuten im gesamten Planungsbereich (BSGE 122, 35 = SozR 4-5520 § 24 Nr 13, RdNr 19; vgl auch Dorra/Stellpflug, Verlegung des Vertragsarztsitzes innerhalb des Planungsbereichs, MedR 2015, 239, 241 ff). Da die Fortführung durch einen bei der BAG angestellten Arzt hier nicht mit einer Verlegung des bisherigen Vertragsarztsitzes verbunden ist, sind derzeit keine Versorgungsgründe ersichtlich, die einer Weiterführung der Tätigkeit des Vertragsarztes F. durch einen angestellten Arzt entgegenstehen könnten.
f) Falls der Beklagte eine Feststellung dahingehend, dass die Nachbesetzung des weiteren hälftigen Vertragsarztsitzes des Herrn F. aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist, nicht treffen kann, ist dem Antrag auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens stattzugeben. Andernfalls hat der Beklagte eine Ermessensentscheidung zu treffen. Soweit der zuständige Landesausschuss nach § 90 SGB V hier eine Feststellung iS des § 103 Abs 1 S 3 SGB V getroffen hat, dass der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad für die Fachgruppe der Chirurgen um 40 % überschritten ist, ist das Ermessen nach § 103 Abs 3a S 7 SGB V eingeschränkt ("soll" statt "kann") führen. Gegen eine solche Feststellung spricht, dass der Landesausschuss bei der Fortschreibung des "Letter of Intent" (vgl dazu BSGE 122, 35 = SozR 4-5520 § 24 Nr 13, RdNr 28 ff) teilweise nach anderen Kriterien vorgegangen ist, als sie in § 17 Bedarfsplanungs-Richtlinie vorgesehen sind (keine Berücksichtigung der Ermächtigten, Berücksichtigung des Sozialindex). In jedem Fall sind auch im Rahmen des Ermessens die Besonderheiten der Bindung des Sitzes in der BAG und deren Interesse an einer Nachbesetzung angemessen zu berücksichtigen (vgl auch Pawlita, juris-PK SGB V, 3. Aufl 2016, § 103 RdNr 67).
8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Beklagte die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen zu tragen, weil er unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil sie keine Anträge gestellt haben.
Fundstellen
Haufe-Index 12335634 |
BSGE 2019, 96 |