Entscheidungsstichwort (Thema)
Abtretung von Ansprüchen auf Arbeitslosenhilfe. Anzeige der Abtretung. Aushändigung der Fotokopie der Urkunde. Wirksamkeit der Abtretung. Verwaltungsakt
Leitsatz (amtlich)
1. § 409 BGB gilt für die Abtretung von Ansprüchen gemäß § 53 Abs 3 SGB I entsprechend (Anschluß an BSG vom 8.7.1959 - 4 RJ 115/58 = BSGE 10, 160 = SozR BGB § 409 A a 1 Nr 1).
2. Im rechtsgeschäftlichen Verkehr kann es ausreichen, wenn als Urkunde über die Abtretung iS der §§ 409, 410 BGB eine Fotokopie eines Kreditantrages ausgehändigt wird.
3. Die Wirksamkeit einer Abtretung des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe hängt, soweit die Arbeitslosenhilfe den unpfändbaren Betrag übersteigt, nicht davon ab, ob die Übertragung im wohlverstandenen Interesse des Berechtigten liegt oder er dadurch hilfebedürftig iS der Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes über die Hilfe zum Lebensunterhalt wird (§ 54 Abs 3 Nr 2 SGB 1 idF bis 17.6.1994).
Orientierungssatz
Der Sozialleistungsträger hat auch im Falle einer (Teil-)Abtretung der Sozialleistung im Verhältnis zum Sozialleistungsberechtigten die Höhe des diesem (noch) auszuzahlenden Betrags durch Verwaltungsakt zu regeln (vgl BSG vom 25.10.1984 - 11 RA 42/83 = BSGE 57, 211, 212 = SozR 1200 Art 2 § 18 Nr 1).
Normenkette
SGB I § 53 Abs. 2 Nr. 2 Fassung: 1994-06-13, Abs. 3 Fassung: 1994-06-13, § 54 Abs. 3 Nr. 2; BGB §§ 398, 400, 409-410; SGB X § 31
Verfahrensgang
SG Bremen (Entscheidung vom 06.07.1993; Aktenzeichen S 22 Ar 412/91) |
LSG Bremen (Entscheidung vom 22.09.1994; Aktenzeichen L 5 Ar 45/93) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Arbeitslosenhilfe (Alhi). Der Kläger verlangt die Zahlung auch der Beträge an sich, die die Beklagte der Beigeladenen für die Zeit vom 11. Juni bis 30. September 1991 schon überwiesen hat.
Der 1957 geborene Kläger war nach Zeiten der Arbeitslosigkeit von Juli 1981 bis Dezember 1983 als Arbeitnehmer tätig. Anschließend bezog er mit geringfügigen Unterbrechungen Leistungen von der Beklagten. Am 29. März 1983 beantragte der Kläger bei der Beigeladenen einen Anschaffungskredit von 3.000,00 DM. Der Gesamtkreditbetrag einschließlich Gebühren und Kosten betrug 3.936,00 DM. Unter anderem unterschrieb der Kläger die in dem Antrag enthaltene Sicherungsabtretungsklausel folgenden Inhalts:
"Zur Sicherung aller Ansprüche auf Rückzahlung des Darlehens sowie Zahlung der Zinsen, Kosten, Auslagen und etwaigen Beitreibungskosten tritt der Kreditnehmer hiermit in Höhe der jeweils noch offenen Restschuld folgende Forderungen unwiderruflich an die ... ab: a) ... b) soweit gesetzlich zulässig, Ansprüche gegen das Arbeitsamt und Krankenversicherung auf Zahlung von Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe und Überbrückungshilfe sowie Krankengeld und Krankenhaustagegeld, ebenso Ansprüche auf Auszahlung von Renten. c) ... ."
1984 zeigte die Beigeladene der Beklagten an, daß der Kläger ihr, soweit gesetzlich zulässig, Ansprüche ua auf Zahlung von Alhi in pfändbarer Höhe abgetreten habe, und fügte eine Fotokopie des Kreditantrags bei. Die Beklagte führte daraufhin mehrfach entsprechende Beträge an die Beigeladene ab.
Auf Antrag des Klägers bewilligte die Beklagte ihm mit Verfügung vom 5. Juni 1991 ab 4. April 1991 Alhi nach einem wöchentlichen Arbeitsentgelt von 610,00 DM, was einem Leistungssatz von 231,60 DM wöchentlich entsprach. Mit Schreiben vom selben Tag teilte die Beklagte dem Kläger und der Beigeladenen mit, daß der Beigeladenen aufgrund der Abtretung ab Beginn der Arbeitslosigkeit des Klägers wöchentlich 39,18 DM überwiesen werde.
Mit Schreiben vom 10. Juni 1991 des inzwischen durch einen Pfleger vertretenen Klägers widersprach dieser der Auszahlung an die Beigeladene, weil die Abtretungsklausel des Kreditantrags unwirksam sei. Kopien von einschlägigen Urteilen fügte er bei. Die Beklagte berief sich demgegenüber darauf, daß sie gemäß § 409 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ohne Prüfung der Wirksamkeit der Abtretung an die Beigeladene zahlen könne, bis der Kläger die Anzeige der Abtretung zurücknehme, was der Zustimmung der Beigeladenen bedürfe (Schreiben vom 5. Juli 1991). Mit Schreiben vom 30. August 1991 teilte die Beklagte der Beigeladenen mit, daß sie ihr ab 20. August 1991 wöchentlich 39,20 DM überweisen werde, und mit Schreiben vom 12. September 1991, daß sie wegen des Alhi-Bezugs des Klägers vom 6. bis 19. August 1991 einen Betrag von 78,36 DM leisten werde. Mit Ablauf des 30. September 1991 stellte die Beklagte die Zahlung ein, weil der Kläger sich zu diesem Zeitpunkt aus dem Leistungsbezug abgemeldet hatte.
Den am 30. Oktober 1991 eingelegten Widerspruch des Klägers, mit dem er sich gegen die Zahlung von wöchentlich 39,18 DM an die Beigeladene wandte, verwarf die Beklagte als unzulässig, weil es sich bei der Mitteilung vom 5. Juni 1991 nicht um einen Verwaltungsakt gehandelt habe (Bescheid vom 11. November 1991). Die Klage, mit der der Kläger die Auszahlung der ab 11. Juni 1991 an die Beigeladene abgeführten Beträge an sich verlangte, blieb erfolglos (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ vom 6. Juli 1993). Im Laufe des Verfahrens hatte der Kläger das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts (AG) Bremerhaven vom 15. Januar 1992 gegen die Beigeladene erstritten. In den Gründen hat das AG ua den Kreditvertrag wegen Verstoßes gegen § 138 BGB als nichtig und die vereinbarte Abtretung gemäß § 139 BGB als unwirksam angesehen und die Beigeladene ua verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von 10.000,00 DM für jeden Verstoß zu unterlassen, aus der "Sicherungsabtretung" Rechte herzuleiten.
Die vom SG zugelassene Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landessozialgericht (LSG) ausgeführt: Streitig sei, ob die Beklagte die genannten Beträge an die Beigeladene habe abzweigen dürfen. Die Abzweigungsmitteilungen seien Verwaltungsakte. Das Begehren des Klägers sei daher als Anfechtungsklage auszulegen. Diese Klage sei rechtzeitig erhoben, da die Abzweigungsschreiben der Beklagten keine Rechtsmittelbelehrung enthalten hätten. Die Abzweigung eines Betrages von 39,18 DM wöchentlich an die Beigeladene sei rechtmäßig, da ein Betrag in dieser Höhe aufgrund der Sicherungsabtretung gemäß § 53 Abs 3 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB I) an die Beigeladene wirksam abgetreten worden sei. Zwar habe sich später herausgestellt, daß das Darlehensgeschäft und die Sicherungsabtretung wegen Verstoßes gegen § 138 BGB und § 9 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG) nichtig gewesen seien. Dennoch sei die Beklagte aufgrund der Vorlage einer Kopie der vom Kläger unterschriebenen Sicherungsabtretung durch die Beigeladene gemäß § 409 BGB berechtigt gewesen, die Beträge an die Beigeladene auszuzahlen. Ob die Abtretung in wohlverstandenem Interesse des Klägers gelegen habe (§ 53 Abs 2 Nr 2 SGB I), habe von der Beklagten nicht geprüft werden müssen. Bei der Abtretung nur eines Teils der laufenden Geldleistung nach § 53 Abs 3 SGB I innerhalb der Grenzen, die auch für das Arbeitseinkommen gelten (§ 850 Zivilprozeßordnung ≪ZPO≫), finde § 53 Abs 2 Nr 2 SGB I keine Anwendung. Für die Beklagte habe auch keine Verpflichtung bestanden, die an die Beigeladene ausgezahlten Beträge zu hinterlegen. Schließlich seien die angefochtenen Verwaltungsakte der Beklagten auch nicht deshalb rechtswidrig, weil sie keine Ermessensentscheidung der Beklagten über die Hinterlegung erkennen ließen. Im übrigen habe die Beklagte die Kürzung und Auszahlung im Rahmen des § 850c ZPO vorgenommen, so daß die Überweisung an die Beklagte hinsichtlich der Höhe nicht zu beanstanden sei (Urteil vom 22. September 1994).
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung der §§ 53, 54 SGB I, der §§ 400, 409, 410 BGB und des § 850f ZPO. Er macht geltend, der Leistungsträger habe auch im vorliegenden Fall festzustellen, ob die Übertragung im wohlverstandenen Interesse des Berechtigten liege (§ 53 Abs 2 Nr 2 SGB I). Weiter habe das LSG § 400 BGB unberücksichtigt gelassen. Zu prüfen sei stets, ob die abgetretenen Sozialleistungen gemäß § 54 SGB I pfändbar seien, denn nur, wenn das der Fall sei, seien diese Ansprüche abtretbar gewesen. Nach der Systematik des § 53 SGB I wie auch nach dem Schutzzweck des § 400 BGB treffe auch nicht zu, daß § 53 Abs 3 SGB I ausschließlich auf die Tabelle gemäß § 850c ZPO verweise. Da das Vollstreckungsgericht gemäß § 850f Abs 1 ZPO den unpfändbaren Betrag heraufsetzen könne, stelle die Pfändungstabelle keine starre Grenze dar.
Das LSG habe ferner § 409 BGB zu Unrecht angewandt. Dem stehe das aus § 400 BGB iVm § 54 Abs 3 Nr 2 und Abs 2 SGB I folgende, jedenfalls aber das in § 9 AGBG enthaltene gesetzliche Verbot entgegen. Die fehlende Legitimation der Beigeladenen habe zudem offen zutage gelegen. Dies habe die Beklagte der übersandten Rechtsprechung entnehmen müssen. Im übrigen habe er lediglich einen Kreditantrag unterzeichnet. Ein derartiger Antrag sei keine Urkunde über die Abtretung. Überdies habe die Beigeladene mit der Kopie der Beklagten auch keine Abtretungsurkunde iS von § 410 Abs 1 Satz 1 BGB vorgelegt. Dafür sei nämlich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu § 174 BGB erforderlich, daß die Urkunde im Original ausgehändigt werde.
Schließlich habe die Beklagte grob treuwidrig gehandelt, weil sie nicht hinterlegt habe. Da die Beklagte das ihr eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt habe, seien die angefochtenen Verwaltungsakte jedenfalls deshalb rechtswidrig.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG und das Urteil des SG sowie die Bescheide vom 5. Juni 1991, 30. August 1991 und 12. September 1991 idF des Widerspruchsbescheids vom 11. November 1991 aufzuheben,
und hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger zu Händen seines Betreuers die an die Beigeladene vom 11. Juni bis 30. September 1991 abgeführten Beträge auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie schließt sich der Rechtsauffassung des LSG an und vertritt weiterhin die Auffassung, daß sie sich auf § 409 BGB selbst dann berufen könne, wenn sie die Unwirksamkeit der Abtretung gekannt hätte.
Die Beigeladene beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil ebenfalls für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet.
1. Zu entscheiden ist über eine verbundene Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG), nicht über eine reine Anfechtungsklage nach § 54 Abs 1 SGG, wie das LSG angenommen hat. Das folgt aus dem Begehren des Klägers, die Alhi ohne Abzüge zu erhalten, nachdem die Beklagte dem Kläger die Alhi nur abzüglich von 39,18 DM iHv 192,42 DM zur Auszahlung zuerkannt hat.
Nach den unangegriffenen und damit bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hat die Beklagte die Alhi ab 4. April 1991 mit Bewilligungsverfügung vom 5. Juni 1991 nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 610,00 DM, was hier einem Leistungssatz von 231,60 DM pro Woche entspricht, als Grundanspruch ermittelt und in der Annahme, daß der Anspruch aufgrund der Abtretung iHv 39,18 DM wöchentlich nicht dem Kläger, sondern der Beigeladenen zustehe, mit weiterer Verfügung vom selben Tag - der sogenannten "Einbehaltungsanweisung" -, also praktisch in einem Akt, und entsprechender schriftlicher Bekanntgabe ebenfalls vom 5. Juni 1991 an die Beigeladene und den Kläger bestimmt, daß dieser Betrag an die Beigeladene überwiesen werde. Diese Verfahrensgestaltung stellt sich nach dem erkennbaren Regelungswillen der Beklagten als einheitliche Regelung gegenüber dem Kläger und deshalb als Verwaltungsakt iS des § 31 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches dar. Sie enthält den der Bindungswirkung fähigen Verfügungssatz, daß nach der abtretungsbedingten Kürzung des wöchentlichen Leistungssatzes von 231,60 DM um 39,18 DM dem Kläger Alhi iHv 192,42 DM wöchentlich zuerkannt wird. Auf die äußere Erscheinungsform der Verlautbarungen und ihrer Verkörperungen in verschiedenen Urkunden kommt es insoweit nicht an. Maßstab für die Inhaltsbestimmung der getroffenen Regelung ist allein der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der in Kenntnis der tatsächlichen Zusammenhänge den wirklichen Willen der Behörde (§ 133 BGB) erkennen kann (BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2). Das Schreiben des Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom 10. Juni 1991 und der Widerspruch vom 29. Oktober 1991 zeigen, daß er das ihm abschriftlich zugegangene Schreiben der Beklagten an den Vertreter der Beigeladenen vom 5. Juni 1991 iVm der ihm gegenüber erfolgten Festsetzung der Alhi im erörterten Sinn als Bescheid aufgefaßt hat. Er wendet sich nämlich ausdrücklich gegen die Auszahlung des Betrages, der seinen Anspruch verkürzt, an die Beigeladene, und verlangt dessen Auszahlung an sich. In diesem Sinne ist das Begehren des Klägers zu verstehen und rechtlich zu qualifizieren (vgl hierzu auch das zur Veröffentlichung vorgesehene Urteil des Senats vom 29. Juni 1995 - 11 RAr 87/94 -).
Zu einem solchen Verwaltungsakt bestand Veranlassung. Wie der Senat schon entschieden hat, hat der Sozialleistungsträger auch im Falle einer (Teil-)Abtretung der Sozialleistung im Verhältnis zum Sozialleistungsberechtigten die Höhe des diesem (noch) auszuzahlenden Betrags durch Verwaltungsakt zu regeln (vgl BSGE 57, 211, 212 = SozR 1200 Art 2 § 18 Nr 1); es liegt auf der Hand, daß nach einer zu beachtenden Abtretung der Sozialleistungsträger dem Sozialleistungsberechtigten von Rechts wegen zur Auszahlung nur zuerkennen darf, was von der Abtretung nicht erfaßt wird. Ob die abgetretene Sozialleistung dem Abtretungsempfänger durch Verwaltungsakt zuzuerkennen ist bzw zuerkannt werden darf, weil eine Abtretung die Regelungsbefugnis des Sozialleistungsträgers nicht verändert, ist hier nicht zu entscheiden (verneinend BSGE 70, 37, 40 = SozR 3-1200 § 53 Nr 2; vgl aber BSGE 61, 100, 102 f = SozR 1200 § 54 Nr 11 und BSG SozR 1300 § 50 Nr 17).
Bedenken gegen die Zulässigkeit dieser Klage bestehen nicht. Das Widerspruchsverfahren ist eingehalten, auch wenn die Beklagte über den Widerspruch des Klägers in Verkennung des Umstands, daß ein Verwaltungsakt vorliegt, nicht in der Sache entschieden hat. Es genügt insoweit, daß die Beklagte Gelegenheit hatte, die getroffene Entscheidung, dh die Zubilligung von Alhi an den Kläger iHv 192,42 DM statt 231,60 DM wöchentlich, zu überprüfen, bevor das Gericht entscheidet (BSGE 24, 134, 137; BSGE 49, 114, 116 = SozR 4100 § 100 Nr 5). Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht entgegen, daß der Kläger erst mit Schreiben vom 29. Oktober 1991 und damit möglicherweise verspätet förmlich Widerspruch eingelegt hat. Abgesehen davon, daß der fristgerechte Widerspruch keine Voraussetzung der Zulässigkeit einer (verbundenen Anfechtungs- und) Leistungsklage sein soll, sondern ihrer Begründetheit (BSG SozR Nr 2 zu § 87 SGG; SozR 1500 § 87 Nr 5; BSGE 49, 85, 87 = SozR 1500 § 84 Nr 3), hat der Kläger schon mit dem Schreiben des Prozeßbevollmächtigten vom 10. Juni 1991 Widerspruch eingelegt. Es bringt hinreichend zum Ausdruck, daß - im Gegensatz zu den Maßnahmen der Beklagten - die Alhi ungekürzt verlangt wird; daß das Schreiben nicht ausdrücklich als Widerspruch gekennzeichnet ist, ist unerheblich (BSG SozR 7815 Art 1 § 7 Nr 1).
2. Die so verstandene Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, daß die Beklagte ihm im streitbefangenen Zeitraum weitere 39,18 DM wöchentlich zahlt. Die Beklagte beruft sich zu Recht auf ihre Zahlungen an die Beigeladene als Abtretungsempfänger gemäß § 409 BGB.
Der Kläger hat 1983 den pfändbaren Teil seines zukünftigen Anspruchs auf Alhi an die Beigeladene abgetreten. Rechtsgrundlage dafür ist § 53 Abs 3 SGB I. Nach dieser Vorschrift können Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, über Abs 2 der Vorschrift hinaus übertragen werden, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen. Bei der Alhi handelt es sich um eine Sozialleistung, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt ist und als laufende Geldleistung gewährt wird (vgl §§ 134 ff Arbeitsförderungsgesetz). Die Abtretung von Sozialleistungsansprüchen kann auch zur Sicherung von Krediten vereinbart werden. Auch künftige Sozialleistungsansprüche sind abtretbar (BGH NJW 1989, 2383, 2384; BSGE 57, 211, 213 = SozR 1200 Art 2 § 18 Nr 1; BSGE 70, 37, 40 = SozR 3-1200 § 53 Nr 2; BSGE 70, 186, 191 f = SozR 3-1200 § 53 Nr 4). Dann sind allerdings die Grundsätze über die Abtretung zukünftiger Forderungen zu beachten. Erforderlich ist insoweit, daß die Entstehung der Forderung zum Zeitpunkt der Abtretung möglich erscheint und die abgetretene Forderung bestimmt oder jedenfalls bestimmbar bezeichnet ist (vgl dazu BSGE 70, 186, 192 = SozR 3-1200 § 53 Nr 4). So liegt es hier, denn in der Sicherungsabrede des Kreditantrags wird die Alhi ausdrücklich als zukünftige mögliche Sozialleistung genannt. Unschädlich ist, daß die Höhe der abgetretenen Sozialleistung von den Besonderheiten des Einzelfalles abhängt, insbesondere regelmäßig nach § 850c ZPO erst vom Schuldner, hier der Beklagten, zu ermitteln ist (vgl BSGE 60, 87, 91 = SozR 1200 § 53 Nr 6; BSGE 70, 37, 41 = SozR 3-1200 § 53 Nr 2).
Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Abtretung, wie das AG Bremerhaven angenommen hat, gemäß § 139 BGB nichtig ist, weil der Kreditvertrag wegen überhöhten Zinsen sittenwidrig war; denn trifft das zu, kommt der Beklagten § 409 Abs 1 BGB zugute. Nach Satz 1 dieser Vorschrift muß der Gläubiger dem Schuldner gegenüber die Abtretung gegen sich gelten lassen, auch wenn sie nicht erfolgt oder nicht wirksam ist, wenn der Gläubiger dem Schuldner anzeigt, daß er die Forderung abgetreten habe. § 409 BGB ist, wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden hat, analog für die Abtretung von Ansprüchen auf Sozialleistungen anzuwenden (vgl BSGE 10, 160, 161 f sowie 11, 60, 61). Grund dafür ist, daß bei solchen Ansprüchen ein gleich starkes Interesse an dem Schutz des Schuldners bei Abtretung der Ansprüche durch den Gläubiger besteht wie im Bürgerlichen Recht und keine Gründe ersichtlich sind, die gegen eine entsprechende Anwendung sprechen können (BSGE 10, 160, 162).
Zwar liegt eine Anzeige des Gläubigers hier nicht vor. Denn nicht der Kläger hat der Beklagten angezeigt, daß er Sozialleistungsansprüche an die Beigeladene abgetreten hat. Dies hat vielmehr die Beigeladene mitgeteilt und der Beklagten zugleich eine Fotokopie des Kreditantrags übersandt, in dem der Kläger ua die vom LSG inhaltlich festgestellte Sicherungsabrede unterzeichnet hat. Der Anzeige des Gläubigers steht es jedoch nach § 409 Abs 1 Satz 2 BGB gleich, wenn der Gläubiger eine Urkunde über die Abtretung dem in der Urkunde bezeichneten neuen Gläubiger ausgestellt hat und dieser sie dem Schuldner vorlegt. Das ist hier der Fall.
Der Kläger hat den Kreditantrag einschließlich Sicherungsabtretungsklausel unterzeichnet und damit der Beigeladenen als neue Gläubigerin eine Urkunde ausgestellt. Bei dieser handelt es sich um eine Urkunde über die Abtretung iS des § 409 Abs 1 Satz 2 BGB. Obwohl darunter ein Vertrag als (abstraktes) Erfüllungsgeschäft zu verstehen ist, ist es unschädlich, daß die Urkunde nicht auch die Annahme der Abtretung ausweist. Dies ergibt sich aus § 151 Satz 1 BGB. Nach dieser Vorschrift bedarf es entgegen der Grundregel für die Annahme eines Vertragsantrags dann nicht der Abgabe einer empfangsbedürftigen Willenserklärung, die erst mit Zugang (§ 130 BGB) wirksam wird, wenn der Vertragspartner, sei es auch nur stillschweigend, auf die entsprechende Erklärung verzichtet hat oder eine solche Erklärung nicht zu erwarten ist. In solchen Fällen genügt eine nach außen hervortretende, eindeutige Betätigung des Annahmewillens, in der Regel in Form einer schlüssigen Handlung (vgl Palandt, BGB, 54. Aufl 1995, § 151 RdNrn 2 und 3; BGHZ 74, 352, 356; 102, 60, 61 f). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Nicht zweifelhaft ist, daß die Beigeladene den Kreditantrag und das damit verbundene Angebot der Abtretung zukünftiger Forderungen, ua der Alhi, als Sicherheiten entgegen- und damit auch angenommen hat. Nicht üblich ist, daß Banken, die derartige Kreditgeschäfte betreiben, dem Kunden gegenüber ausdrücklich eine Erklärung über die Annahme der im Kreditantrag angebotenen Abtretung von Sicherheiten für die Rückzahlung des Kredits abgeben. Wie im Falle des Klägers zahlen sie vielmehr lediglich das dem Kunden bewilligte Darlehen aus und geben spätestens damit eindeutig ihren Annahmewillen kund. Wenn die Annahme des Antrags über die Abtretung keiner Erklärung bedarf, muß eine derartige Erklärung auch nicht Bestandteil der Urkunde über die Abtretung iS des § 409 BGB sein. Deshalb genügt hier der vom Kläger unterzeichnete Kreditantrag.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist es auch nicht erforderlich, daß die Beigeladene der Beklagten die Urkunde im Original hätte übersenden müssen. Vielmehr genügt eine Fotokopie. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) bereits ausdrücklich mit der Begründung entschieden, im allgemeinen Rechtsverkehr würden Fotokopien heute den Originalurkunden gleichgeachtet. Daher genüge auch im Rahmen des § 410 BGB die Vorlage einer Fotokopie. Nur wenn der Schuldner verständliche Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Fotokopie erhebe, bestehe die Verpflichtung zur Vorlage des Originals (BAG AP Nr 3 zu § 398 BGB). Dem schließt sich der Senat an. Die vom Kläger im Hinblick auf die Rechtsprechung, nach der im Falle der §§ 172, 174 BGB die Vorlage einer beglaubigten Abschrift oder einer bloßen Fotokopie der Vollmachtsurkunde nicht ausreicht (BGH NJW 1981, 1210; BGHZ 102, 60, 63; BGH NJW 1994, 1472), vorgebrachten Bedenken überzeugen nicht. Insbesondere einem nach § 174 BGB durch einen Bevollmächtigten vorgenommenen einseitigen Rechtsgeschäft liegt eine andere Interessenlage als im Falle des § 409 BGB zugrunde. In den Fällen der §§ 172, 174 BGB geht es nämlich in erster Linie um den Nachweis der aktuell vorhandenen Legitimation des Bevollmächtigten für die Vornahme von Rechtsgeschäften. Besonders deutlich wird dies im Fall des § 174 BGB. Wenn nämlich ein Bevollmächtigter ein einseitiges Rechtsgeschäft, zB eine Kündigung, einem anderen gegenüber ohne Vorlegung einer Vollmachtsurkunde vornimmt, kann der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweisen. Grund dafür ist, daß jener andere ohne Vorlage der Vollmacht nicht wissen kann, ob die Vollmacht wirksam erteilt ist. Diese Kenntnis kann er nur durch die Einsicht in die Originalurkunde erlangen. Außerdem kann er dann auch davon ausgehen (vgl § 175 BGB), daß die Vollmacht noch besteht (vgl BGH NJW 1981, 1210). Ein dementsprechendes Interesse liegt im Fall des § 409 BGB nicht vor, denn hier geht es nicht um den Nachweis der Legitimation, sondern um den Schutz des Schuldners, nicht doppelt leisten zu müssen. In Abtretungsfällen wie dem vorliegenden, die die Abwicklung von Kreditgeschäften betreffen, ist es dem neuen Gläubiger überdies auch kaum zumutbar, den Schuldnern ihres Schuldners die Originalurkunde zum Nachweis ihrer Berechtigung zukommen zu lassen. Denn in der Praxis dienen solchen Gläubigern häufig nicht nur eine, sondern mehrere Forderungen als Sicherheit, die sich zudem gegen verschiedene Schuldner richten. Es kann deshalb vorkommen, daß der neue Gläubiger sich an mehrere Schuldner seines Schuldners wenden muß, zB Arbeitgeber oder Unterhaltsverpflichtete, um die Darlehensrückzahlung sicherzustellen. Ihnen allen die Originalurkunde über die Abtretung zukommen zu lassen, wäre nicht nur zeitraubend, sondern birgt auch die Gefahr des Verlustes der Urkunde. Diese Erwägungen sprechen ebenfalls dafür, die Übersendung von Fotokopien in solchen Fällen genügen zu lassen, jedenfalls solange von keiner Seite Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Fotokopie erhoben werden.
3. Allgemein anerkannt ist, daß der Schuldner sich nicht in jedem Fall wirksam auf den Schutz des § 409 BGB berufen kann. Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben.
a) Allerdings entfällt der Schutz noch nicht, wenn der Schuldner die Unwirksamkeit der Abtretung bei Vorlage der Urkunde über die Abtretung oder später kennt (vgl RGZ 126, 183, 185; BGHZ 29, 76, 82; BGH BB 1956, 639). Nur wenn der Schuldner in Kenntnis der Unwirksamkeit der Abtretung arglistig (RGZ 126, 183, 185) oder in Kenntnis einer sittenwidrigen Abtretung grob treuwidrig handelt (BGH DB 1955, 603), versagt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung der Schuldnerschutz des § 409 BGB. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.
b) Es kann dahingestellt bleiben, ob abweichend von dieser Rechtsprechung ein Schuldner sich schon dann nicht auf § 409 BGB berufen kann, wenn die fehlende Legitimation des Scheinberechtigten "offen zu Tage liegt" (vgl Palandt § 409 RdNr 5 und Staudinger-Kaduk, Komm zum BGB, 12. Aufl 1994, § 409 RdNr 16 jeweils mit unzutreffender Berufung auf BGH DB 1955, 603). Denn hiervon kann vorliegend ebenfalls keine Rede sein, auch nicht aufgrund des Schreibens des Klägers vom 10. Juni 1991. Abgesehen davon, daß den vom Kläger der Beklagten zur Prüfung übermittelten Gerichtsentscheidungen zum Teil ganz andere Sicherungsabreden mit anderen Abtretungsklauseln als im vorliegenden Fall zu beurteilende zugrunde lagen, so daß eine Übertragung des Inhalts dieser Fälle auf den vorliegenden Fall bereits deshalb nicht ohne weiteres in Frage kommt, hätten hier, wie das LSG zu Recht ausgeführt hat und insbesondere das der Beklagten übersandte Urteil des BGH vom 22. Juni 1989 (NJW 1989, 2383) belegt, komplizierte bank- und zivilrechtliche Überlegungen angestellt werden müssen, um beurteilen zu können, ob die Sicherungsabtretung aufgrund der dafür maßgeblichen Klauseln der Sicherungsabrede gegen § 9 AGBG verstößt oder sittenwidrig ist.
Im übrigen soll § 409 BGB den Schuldner gerade davor schützen, die Wirksamkeit der ihm entsprechend § 409 BGB angezeigten Abtretung überprüfen zu müssen. Der Schuldner wäre regelmäßig überfordert, müßte er, nachdem der Altgläubiger die Unwirksamkeit der Abtretung geltend macht, um nicht doppelt zahlen zu müssen, komplizierte bank- und zivilrechtliche Überlegungen dazu anstellen, ob die Abtretung mit den Normen des AGBG vereinbar oder zB wegen Übersicherung der Bank nach § 138 BGB sittenwidrig und deshalb nichtig ist; denn das läßt sich regelmäßig nur nach genauer Analyse des jeweiligen Sachverhalts unter Berücksichtigung des jeweiligen Darlehensvertrags, gegebenenfalls auch der näheren Umstände des Vertragsschlusses sowie aller weiteren Umstände des Einzelfalls beurteilen. Für Sozialleistungsträger als Schuldner gilt nichts anderes; auch sie wären überfordert, weil - aufgrund ihrer gesetzlichen Aufgabenstellung - die Fach- und Sachkunde ihres Personals in erster Linie auf sozialrechtlichem Gebiet liegt.
c) Nach § 409 BGB ist der Gläubiger allerdings nur gegen eine Unwirksamkeit der Abtretung, nicht aber dagegen geschützt, daß der Abtretung ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) entgegensteht (BSGE 10, 160, 162). Das trifft hier aber auch nicht zu. Der Abtretung des zukünftigen Alhi-Anspruchs des Klägers an die Beigeladene steht kein gesetzliches Verbot entgegen. Alhi kann nach § 53 Abs 3 SGB I, wie oben ausgeführt, grundsätzlich auch zur Sicherung von zukünftigen Ansprüchen abgetreten werden. Ob die zwischen dem Kläger und der Beigeladenen getroffene Sicherungsabrede gegen § 9 Abs 1 AGBG verstößt und die Abtretung davon erfaßt wird, bedarf hier keiner Erörterung. Denn diese Vorschrift ist keine Verbotsnorm iS des § 134 BGB. Das sind nur solche Vorschriften, mit denen gerade die Vornahme bestimmter Rechtsgeschäfte verboten wird (vgl BGH NJW 1983, 2873; Palandt § 134 RdNr 1). Normen, die die rechtliche Gestaltungsmacht lediglich einschränken, zählen nicht dazu (Palandt aa0). Eine solche Gestaltungsnorm ist die Generalklausel des § 9 AGBG. Sie legt den grundsätzlichen Maßstab für die richterliche Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen fest und enthält darüber hinaus als Spezialvorschrift zu §§ 134, 138 BGB - anders als § 134 BGB - selbst auch die Rechtsfolge der Unwirksamkeit (vgl Münchner Kommentar zum BGB, 3. Aufl 1993, AGBG vor § 8 RdNrn 5, 6; Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, § 9 RdNr 10). Damit werden vor allem solche Rechtsgeschäfte erfaßt, die gegen Wertungen oder Prinzipien verstoßen, die kein gesetzliches Verbot zum Inhalt haben. § 9 Abs 1 AGBG ist deshalb keine gesetzliche Verbotsnorm (Münchner Kommentar aa0; Wolf/Horn/Lindacher aa0).
d) Der Kläger kann der Beklagten auch nicht mit Erfolg vorhalten, daß sie die streitigen Beträge nicht hinterlegt hat.
Nach § 372 Satz 2 BGB hat der Schuldner allerdings die Möglichkeit, ua Geld zu hinterlegen, wenn er infolge einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden Ungewißheit über die Person des Gläubigers seine Verbindlichkeit nicht oder nicht mit Sicherheit erfüllen kann. Dies gilt auch im Falle des § 409 BGB (vgl Palandt § 372 RdNr 7). Es kann dahingestellt bleiben, ob Sozialleistungsträgern nach den §§ 372 ff BGB die Hinterlegung von Sozialleistungen mit den Rechtsfolgen der §§ 378, 379 BGB gestattet ist (vgl § 47 SGB I). Denn § 372 BGB verpflichtet den Schuldner nicht zur Hinterlegung, sondern räumt ihm lediglich ein Recht hierzu ein, auf dessen Wahrnehmung ein Gläubiger keinen Anspruch hat (BGH NJW 1969, 1661, 1662). Nichts Gegenteiliges läßt sich aus dem Sozialrechtsverhältnis herleiten. Der sozialrechtliche Betreuungsgedanke kann nicht zu einer Änderung der Rechtsfolge der im Sozialrecht allenfalls entsprechend anwendbaren schuldrechtlichen Normen führen. Anderenfalls würde der zugunsten des Schuldners bestehende Schutzzweck der Vorschrift systemwidrig verändert werden. Denn § 372 BGB regelt nicht den Schutz des Leistungsberechtigten, sondern dient ausschließlich dazu, daß der Schuldner sich durch Hinterlegung von einer Schuld gegenüber den Leistungsberechtigten befreien kann, wenn über die Gläubigerstellung Streit besteht bzw diese zweifelhaft ist (vgl Palandt Einführung vor § 372 RdNr 2). Würde man der Auffassung des Klägers folgen, für die Beklagte habe eine Verpflichtung zur Hinterlegung bestanden, hätte dies einen Wertungswiderspruch zu § 409 BGB zur Folge, denn, wie ausgeführt, soll der Schuldner nach dieser Vorschrift gegen eine nochmalige Inanspruchnahme geschützt werden, nicht aber dem möglicherweise wahren Gläubiger der Forderung durch Hinterlegung Vorteile verschaffen müssen, weil für jenen dadurch die Möglichkeit eröffnet wird, im Wege des sogenannten Prätendentenstreits das hinterlegte Geld zu erlangen.
Aus diesen Gründen kommt auch ein Anspruch des Klägers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung des Sozialleistungsträgers über die Hinterlegung nicht in Betracht.
4. Die Beklagte hat dem Kläger im streitigen Zeitraum auch Alhi in zutreffender Höhe gezahlt, sie hat insbesondere den nichtpfändbaren Teil seiner Alhi richtig ermittelt. Maßgeblich ist insoweit ausschließlich der oben bereits angeführte § 53 Abs 3 SGB I. Der die Pfändung von Sozialleistungen regelnde § 54 SGB I findet keine Anwendung, auch nicht über § 400 BGB.
§ 53 Abs 3 SGB I wird durch § 54 Abs 3 SGB I nicht eingeschränkt. Diese Norm enthält eine gegenüber § 53 SGB I, insbesondere dessen Abs 3, gänzlich eigenständige Regelung. Während der Gesetzgeber in § 53 Abs 3 SGB I Sozialleistungsansprüche dem Arbeitseinkommen gleichgestellt hat, um dadurch den Bürgern eine erhöhte Verfügbarkeit über derartige Leistungen zu ermöglichen (vgl Hauck/Haines, SGB I, Stand Januar 1995, K § 53 RdNr 1), ist die Pfändung von laufenden Geldleistungen nach § 54 Abs 3 SGB I in der hier anwendbaren, bis zum 17. Juni 1994 geltenden Fassung demgegenüber deutlich eingeschränkt geregelt. Ansprüche auf laufende Geldleistungen können danach wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche wie Arbeitseinkommen gepfändet werden, wegen anderer Ansprüche jedoch nur unter den Voraussetzungen des Abs 2 der Vorschrift und, soweit der Leistungsberechtigte dadurch nicht hilfebedürftig iS der Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes über die Hilfe zum Lebensunterhalt wird. Die Eigenständigkeit beider Vorschriften mit unterschiedlichen Regelungsinhalten für die Übertragung von Sozialleistungsansprüchen und deren Pfändbarkeit wird aus der weiteren Rechtsentwicklung besonders deutlich erkennbar, denn der Gesetzgeber hat diese unterschiedlichen Regelungen für nicht mehr zeitgemäß gehalten und beide Vorschriften inzwischen angeglichen. Durch Art 1 des Gesetzes vom 13. Juni 1994 (BGBl I 1229) wurde nämlich § 54 Abs 4 SGB I mit Wirkung ab 18. Juni 1994 geändert. Nunmehr können "im übrigen Ansprüche auf laufende Geldleistungen wie Arbeitseinkommen gepfändet werden". Das bedeutet: soweit nicht der gleichzeitig geänderte § 54 Abs 3 SGB I greift, nach dem ua Ansprüche auf Erziehungs- und Mutterschaftsgeld unpfändbar sind, gilt uneingeschränkt Abs 4 mit der Folge, daß laufende Sozialleistungen entweder von vornherein unpfändbar sind (§ 54 Abs 3 SGB I) oder wie Arbeitseinkommen gepfändet werden können (vgl Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks 12/5187 S 29). Eine Prüfung der Billigkeit der Pfändung oder der Sozialhilfebedürftigkeit des Leistungsberechtigten erfolgt nicht mehr. Auf diese Weise wollte der Gesetzgeber die Praktikabilität des Pfändungsverfahrens verbessern, insbesondere Verwerfungen mit dem Vollstreckungsrecht beseitigen und schwierige Einzelfallprüfungen vermeiden (Begründung des Regierungsentwurfs aaO). Durch diese Gesetzesänderung ist die Pfändungsregelung dem § 53 Abs 3 SGB I angeglichen worden, so daß für die Auffassung des Klägers, die Wirksamkeit von Abtretungen sei durch eine möglicherweise eintretende Sozialhilfebedürftigkeit eingeschränkt, nicht nur jetzt keine Rechtsgrundlage mehr vorhanden ist (vgl Schmidt, Mitteilungen der LVA Ober- und Mittelfranken 1995, 13, 15); der Gesetzgeber ist bei der Gesetzesänderung offenbar davon ausgegangen, daß die Rechtsgrundlage, die er nunmehr für die Pfändung von laufenden Geldleistungen geschaffen hat, für die Abtretung solcher Leistungen bereits vorhanden war, denn sonst hätte er, seinen Zielvorstellungen entsprechend, § 53 Abs 3 SGB I ebenfalls ändern müssen. Gerade dieser Umstand belegt deutlich, daß § 54 Abs 3 SGB I aF § 53 Abs 3 SGB I nicht eingeschränkt hat.
Damit steht auch fest, daß die - speziellere - Regel des § 53 Abs 3 SGB I verbietet, bei der Abtretung von Sozialleistungsansprüchen die Vorschrift des § 54 Abs 3 SGB I aF über die Vorschrift des § 400 BGB anzuwenden, wonach eine Forderung nicht abgetreten werden kann, soweit sie der Pfändung nicht unterworfen ist (Hauck/Haines K § 53 RdNr 9b).
§ 53 Abs 3 SGB I wird auch nicht durch § 53 Abs 2 SGB I eingeschränkt. Bereits der Wortlaut des § 53 Abs 3 ("in anderen Fällen") zeigt die Abgrenzung dieser Regelung gegenüber § 53 Abs 2 SGB I als eigenständige eindeutig auf. Ebenso wie eine Abtretung nach § 53 Abs 2 SGB I unabhängig von den Voraussetzungen des § 53 Abs 3 SGB I zu beurteilen ist (so ausdrücklich BSG SozR 1200 § 53 Nr 2), gilt dies umgekehrt.
Die Höhe der dem Kläger belassenen Alhi ist nach § 850c Abs 1 ZPO nicht zu beanstanden. Soweit die Beklagte nicht 39,20 DM wöchentlich als pfändbaren Teil der Alhi der als Anlage zur ZPO dienenden Tabelle entnommen, sondern statt dessen nur 39,18 DM wöchentlich abgeführt hat, ist dies hier nicht von Bedeutung, denn der Kläger ist dadurch nicht beschwert. Er hat jedenfalls den ihm zustehenden Teil der Alhi erhalten.
Entgegen der Auffassung des Klägers findet § 850f Abs 1 ZPO im vorliegenden Fall keine Anwendung. Allerdings neigt der Senat dazu, die Erhöhung des pfändungsfreien Betrages in Härtefällen, die dort für die Zwangsvollstreckung vorgesehen ist und deshalb vom Vollstreckungsgericht vorgenommen wird, ihrem Zweck entsprechend materiell grundsätzlich auch auf Fälle der Abtretung nach den §§ 398 ff BGB (vgl Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 53. Aufl 1995, § 850f RdNr 1; BGH NJW 1986, 2362, 2363; unentschieden BAG NJW 1991, 2038 f) und auf die Abtretung von Ansprüchen auf Sozialleistungen entsprechend anzuwenden (aA Schmidt aaO). Zweifelhaft ist ferner, wer entscheidet, was dem Altgläubiger nach § 850f Abs 1 ZPO zu verbleiben hat, wenn Alt- und Neugläubiger sich nicht verständigen, das Vollstreckungsgericht, obwohl eine Vollstreckung nicht stattfindet (so BGH aaO; vgl BAG NJW 1991, 2038), an Stelle des Vollstreckungsgerichts bei der Abtretung eines Sozialleistungsanspruchs das SG (vgl BSGE 70, 37, 43 = SozR 3-1200 § 53 Nr 2) oder, was allerdings kaum systemgerecht wäre, der Schuldner ("Drittschuldner"), im Falle der Abtretung einer Sozialleistung also der Sozialleistungsträger. Doch bedarf dies alles hier keiner Entscheidung. Denn selbst wenn in Fällen vorliegender Art der Sozialleistungsträger verpflichtet wäre, im Rahmen des § 53 Abs 3 SGB I § 850f ZPO anzuwenden, fehlt es vorliegend an den jedenfalls erforderlichen formellen Voraussetzungen.
Das Vollstreckungsgericht kann nach § 850f Abs 1 ZPO dem Schuldner einen Teil seines an sich pfändbaren Einkommens nur belassen, wenn dieser diesen Schutz beantragt und die zum Nachweis der Voraussetzungen erforderlichen Unterlagen, in der Regel zumindest eine Bescheinigung des zuständigen Sozialamts dafür beibringt (vgl Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann § 850f RdNr 2; Thomas/Putzo, ZPO, 18. Aufl 1993, § 850f RdNr 2). Für eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift durch den Sozialleistungsträger nach der Abtretung von Sozialleistungsansprüchen kann nichts anderes gelten, zumal der Sozialleistungsträger vor einer Entscheidung den Neugläubiger anhören müßte. Ein solcher Antrag ist hier nicht gestellt worden, solange dem Kläger Alhi zu zahlen war. Das LSG hat keinen Antrag festgestellt und den Akten sind keine Hinweise zu entnehmen, daß der Kläger bei der Beklagten für den hier streitigen Zeitraum einen entsprechenden Antrag gestellt und die erforderlichen Unterlagen beigebracht hat.
Nach alledem konnte die Revision des Klägers keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 518397 |
BSGE, 184 |
Breith. 1996, 147 |