Entscheidungsstichwort (Thema)
höhere Vergütung für erbrachte kassen- und vertragsärztlichen Leistungen
Verfahrensgang
Tenor
Die Revisionen der Beklagten und des Beigeladenen zu 1) gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 26. Juni 1991 werden zurückgewiesen.
Die Beklagte und der Beigeladene zu 1) als Gesamtschuldner haben den Klägern deren außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten. Im übrigen sind Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Kläger, die eine Gemeinschaftspraxis für Laboratoriumsmedizin betreiben, begehren eine höhere Vergütung ihrer im 4. Quartal 1987 erbrachten kassen- und vertragsärztlichen Leistungen.
Die Beklagte berechnete das Honorar für die laborärztliche Tätigkeit auf der Grundlage des am 1. Oktober 1987 in Kraft getretenen Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM), in dem ua die Bewertungspunktzahlen für Laboruntersuchungen abgesenkt worden waren, sowie in Anwendung ihres Ho-norarverteilungsmaßstabes (HVM) vom 18. Juni 1987 (Hamburger Ärzteblatt 1987, 288) und des zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) und dem Verband der Angestellten-Krankenkassen sowie dem Verband der Arbeiter-Ersatzkassen abgeschlossenen Honorarvertrages vom 13. März 1987 (Deutsches Ärzteblatt 1987, A-1917). Der HVM der Beklagten sah eine Aufgliederung der nach dem Kopfpauschalsystem berechneten Gesamtvergütungen in drei Teilbudgets für Grundleistungen, Laborleistungen und sonstige Leistungen vor, wobei das für Laboruntersuchungen zur Verfügung stehende Honorarkontingent auf 9,5 % der verteilungsfähigen Gesamtvergütungssumme festgesetzt war (§ 9 Abs 2 Satz 1 HVM in der rückwirkend ab 1. Oktober 1987 geltenden Fassung vom 17. März 1988 ≪Hamburger Ärzteblatt 1988, 133≫). Gemäß § 9 Abs 2 Satz 2 HVM war der entsprechende Betrag durch die Summe aller im jeweiligen Quartal für Laborleistungen nach den Bestimmungen des Bewertungsmaßstabs für kassenärztliche Leistungen (BMÄ) abgerechneten Punktzahlen zu teilen. Der sich dabei ergebende Punktwert multipliziert mit der von dem einzelnen Arzt für Laboruntersuchungen abgerechneten Punktzahl ergab dessen Vergütung. Für den Ersatzkassenbereich galt eine vergleichbare Regelung mit dem Unterschied, daß dort 10,5 vH des pauschalierten Gesamthonorars je Ersatzkassenverband für Leistungen des Abschnitts O (Laboratoriumsuntersuchungen) der Ersatzkassen-Gebührenordnung (E-GO) verteilt wurden und der von den Kassenärztlichen Vereinigungen (KÄVen) der Länder anzuwendende Verteilungspunktwert sich durch Division der festgelegten Honorarsumme durch die in Punktzahlen ausgewiesene Honoraranforderung für Laborleistungen aller KÄVen errechnete (Abschnitt III des Honorarvertrages).
Mit der gegen den Honorarbescheid vom 25. Mai 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 1990 gerichteten Klage wenden sich die Kläger gegen die Anwendung der genannten Vergütungsregelungen. Sie halten sowohl die im Zuge der EBM-Reform vorgenommene Verschiebung der Wertrelationen zwischen Grundleistungen und Laborleistungen als auch die im HVM der Beklagten und im Honorarvertrag vorgesehene Bildung von „Honorartöpfen” für verschiedene Leistungsbereiche wegen Verstößen gegen höherrangiges Recht für unwirksam und die darauf basierenden Honorarfestsetzungen für rechtswidrig.
Die Klage hatte Erfolg. Das Sozialgericht (SG) hat sich im Urteil vom 26. Juni 1991 der Auffassung angeschlossen, daß die Rechtsgrundlagen für die von der Beklagten vorgenommene Honorarverteilung mangelhaft seien. Das gelte allerdings nicht für den EBM, der entgegen dem Klagevorbringen ordnungsgemäß zustande gekommen sei und auch inhaltlich mit den gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben in Einklang stehe. Gesetzwidrig sei aber die im HVM bzw im Honorarvertrag vorgesehene Begrenzung des für Laboruntersuchungen zur Verfügung stehenden Honorarvolumens auf eine bestimmte prozentuale Quote der jeweiligen Gesamtvergütung. Eine solche Deckelung führe wegen der unterschiedlichen Mengenentwicklung in den einzelnen Leistungsbereichen zu verschieden hohen Punktwerten und damit zu einer Verfälschung des durch den EBM festgelegten wertmäßigen Verhältnisses der abrechnungsfähigen Leistungen zueinander. Dies verstoße gegen § 368g Abs 4 und § 368m Abs 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) und die dort festgelegte Verbindlichkeit des Bewertungsmaßstabs. Außerdem verletze die beanstandete Regelung den Grundsatz der Verteilungsgerechtigkeit. Laborärzte, die an Untersuchungsaufträge gebunden seien, hätten im Unterschied zu anderen Arztgruppen nicht die Möglichkeit, einen Punktwertrückgang durch Ausweitung der Leistungsmenge auszugleichen, und würden deshalb benachteiligt. Da der Honorarbescheid auf einer unzulässigen Verteilungsregelung basiere, habe er aufgehoben werden müssen. Es sei Sache der Beklagten, die fehlerhaften Bestimmungen zu ersetzen und sodann die Kläger bezüglich ihres Honoraranspruchs neu zu bescheiden.
Gegen dieses Urteil haben die Beklagte und der zu 1) beigeladene Verband der Angestellten-Krankenkassen die vom SG zugelassene Sprungrevision eingelegt.
Die Beklagte rügt Verstöße gegen § 368f Abs 1 und 2, § 368g Abs 2 und 4 und § 368m Abs 2 RVO. Das angefochtene Urteil unterscheide nicht ausreichend zwischen den für die Vereinbarung der Gesamtvergütung einerseits und den für ihre Verteilung andererseits maßgebenden gesetzlichen Regelungen. Eine Bindung an den EBM bestehe über § 368g Abs 2 und 4 und § 368m Abs 2 RVO nur bei der Vereinbarung der Gesamtvergütung, soweit diese nach Einzelleistungen berechnet werde. Bei der Gestaltung des Verteilungsmaßstabes als einer autonomen Rechtsnorm habe die KÄV dagegen weitgehend freie Hand. Das in § 368f Abs 1 Satz 4 RVO enthaltene Gebot, bei der Honorarverteilung Art und Umfang der Leistungen des Kassenarztes zugrunde zu legen, bedeute nicht, daß nicht auch andere Kriterien Berücksichtigung finden und beispielsweise durch eine Sektorisierung Umverteilungen zwischen verschiedenen Arztgruppen und Leistungsbereichen vorgenommen werden dürften. Unzutreffend sei auch die Auffassung des SG, bei der Honorarverteilung müsse danach differenziert werden, ob Laborleistungen im Auftrag oder im Rahmen eigener Behandlungen erfolgten. Beim Anwachsen der Laborleistungen handele es sich um ein generelles Problem, so daß auch eine schematische Begrenzung möglich sein müsse.
Der Beigeladene zu 1) beanstandet die unterbliebene Beiladung des Arbeiter-Ersatzkassen-Verbandes, der als Partner des Honorarvertrages vom 13. März 1987 durch das Verfahren unmittelbar betroffen sei. In der Sache rügt er eine Verletzung des § 368f Abs 1 und 2 iVm § 525c RVO. Nach dem Honorarvertrag würden alle abgerechneten Leistungen mit der im EBM ausgewiesenen Punktzahl in die Berechnung des dem Vertragsarzt zustehenden Honorars eingestellt. Mehr verlange das Gesetz nicht. Daß die Verteilung gleichmäßig, dh mit einem für alle ärztlichen Leistungen einheitlichen Punktwert, zu erfolgen habe, könne dem § 368f Abs 1 RVO nicht entnommen werden; diese Vorschrift lasse vielmehr auch andere als die dort ausdrücklich genannten Regelungszwecke zu. Der Honorarvertrag habe die Absicherung der durch den EBM 1987 eingeführten Bewertungen bezweckt. Durch die Festlegung schwankender Honoraranteile für drei Leistungsbereiche habe ein Durchschlagen überproportionaler Leistungsausweitungen in einem Bereich auf die Vergütung in anderen Bereichen verhindert werden sollen. Die „Topfbildung” stelle ein indirektes Steuerungsmittel und eine notwendige Ergänzung zur Durchsetzung der mit der EBM-Reform verfolgten Ziele dar. Die Abgrenzung des Laborbudgets unter Einbeziehung der von Laborärzten erbrachten Leistungen sei sachgerecht, zumal auch bei Auftragsleistungen Möglichkeiten zur Mengenausweitung gegeben seien.
Die Beklagte und die Beigeladenen zu 1) und 2) beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 26. Juni 1991 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Revisionen zurückzuweisen.
Sie wiederholen ihre Auffassung, der neugefaßte EBM sei nicht ordnungsgemäß zustande gekommen und inhaltlich von der gesetzlichen Ermächtigung in § 368g Abs 4 RVO nicht gedeckt. Im übrigen verweisen sie auf das angefochtene Urteil.
Die Beigeladenen zu 3) bis 6) schließen sich dem Vorbringen der Beklagten an. Die Beigeladene zu 7) hat von einer Stellungnahme abgesehen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revisionen sind unbegründet.
Verfahrensrechtliche Hindernisse stehen einer Entscheidung über das Revisionsbegehren nicht entgegen. Insbesondere ist es unschädlich, daß der Verband der Arbeiter-Ersatzkassen in seiner Eigenschaft als Vertragspartner des umstrittenen Honorarvertrages vom 13. März 1987 nicht zum Verfahren beigeladen worden ist. Der Senat hat mit Urteil vom 8. April 1992 (BSGE 70, 240, 241 f = SozR 3-5533 Allg Nr 1) unter Aufgabe seiner früheren, anderslautenden Rechtsprechung entschieden, daß bei einem Streit über die Gültigkeit einer die kassen- bzw vertragsärztliche Versorgung betreffenden kollektivvertraglichen Regelung mit normativer Wirkung die am Vertragsabschluß beteiligten Körperschaften nicht notwendig iS des § 75 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beizuladen sind. Zwar wirkt diese Änderung der Rechtsprechung aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht für die Vergangenheit, so daß vorher bereits erfolgte Beiladungen ihre Wirksamkeit behalten. Rechtsstaatliche Grundsätze gebieten es aber nicht, eine bisher unterbliebene Beiladung, für die nach der im Entscheidungszeitpunkt maßgebenden Rechtsauffassung keine Notwendigkeit (mehr) besteht, gleichwohl noch vorzunehmen.
In der Sache selbst ist die vorinstanzliche Entscheidung zu bestätigen. Das SG hat im Ergebnis zutreffend angenommen, daß die von der Beklagten der Honorarberechnung zugrunde gelegten Verteilungsregelungen des HVM und des Honorarvertrages mit höherrangigem Recht unvereinbar sind und den angefochtenen Honorarbescheid nicht zu tragen vermögen.
Rechtsfehlerhaft ist allerdings nur der Verteilungsmodus als solcher, nicht auch der dabei angewandte Bewertungsmaßstab. Die von Klägerseite und vereinzelt im Schrifttum geäußerten Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit des ab 1. Oktober 1987 geltenden EBM und der darauf basierenden Vertragsgebührenordnungen (BMÄ und E-GO) werden vom Senat nicht geteilt. Das betrifft einmal den Einwand, der EBM sei nicht ordnungsgemäß zustande gekommen, weil die Vertreter der KÄBV im Bewertungsausschuß nicht demokratisch legitimiert gewesen seien (so insbesondere Ossenbühl, Rechtsgutachten zur Rechtmäßigkeit des neuen Einheitlichen Bewertungsmaßstabs, 1987, S 67 ff). Diese Auffassung läßt außer acht, daß der nach Maßgabe des früheren § 368i Abs 8 RVO (jetzt: § 87 Abs 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB V≫) zu bildende Bewertungsausschuß unbeschadet seiner organisationsrechtlichen Verselbständigung nach dem Gesetz die Stellung und Funktion eines Vertragsorgans hat, durch das die KÄBV, die Bundesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen als Partner der Verträge über die kassen- und vertragsärztliche Versorgung einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen Leistungen „vereinbaren” (§ 368g Abs 4 Satz 1 RVO). Die Zuständigkeitsverlagerung von den Vertragspartnern auf einen zentralen Bewertungsausschuß dient der Schaffung bundeseinheitlicher Vergütungsgrundlagen für sämtliche Kassenarten, ändert aber nichts an der Rechtsnatur des Bewertungsmaßstabes als einer den Partnern der gemeinsamen Selbstverwaltung zuzurechnenden vertraglichen Vereinbarung. Dementsprechend handeln und entscheiden die Mitglieder des Bewertungsausschusses als Vertreter der sie entsendenden Körperschaften, was darin zum Ausdruck kommt, daß sie jederzeit abberufen werden können und – im Gegensatz etwa zu den Mitgliedern der Schiedsämter (§ 368i Abs 2 Satz 7 und Abs 3 Satz 3 RVO), der Bundes- und Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen (§ 368o Abs 4 Satz 1 RVO) oder der Zulassungs- und Berufungsausschüsse (§ 368b Abs 2 Satz 4 und Abs 6 Satz 5 RVO) – keine Weisungsfreiheit genießen. Im Hinblick auf diese besondere Rechtsstellung des Ausschusses und seiner Mitglieder ist es sachgerecht und verfassungsrechtlich unbedenklich, daß die Vertreter der Ärzte im Bewertungsausschuß nicht von der Vertreterversammlung der KÄBV, sondern von dem nach der Satzung für Vertragsabschlüsse zuständigen Vorstand bestellt und hierbei ggf auch Nichtärzte „Verbandsfunktionäre”) herangezogen werden.
In materieller Hinsicht wird dem EBM die Wirksamkeit mit der Begründung abgesprochen, der Bewertungsausschuß habe seine in § 368g Abs 4 RVO festgelegten Befugnisse überschritten, indem er die Reform des Bewertungsmaßstabs zur Herbeiführung grundlegender Strukturveränderungen im Gesundheitswesen und im Kassenarztwesen eingesetzt habe. Dieser Einwand knüpft an die von den Vertragspartnern formulierte Zielsetzung an, im Zuge der Neuordnung des Leistungsverzeichnisses die Bewertungsrelation zwischen medizinisch-technischen Leistungen und zuwendungsintensiven ärztlichen Leistungen zugunsten der letzteren zu verändern (vgl dazu die Empfehlungsvereinbarungen zwischen der KÄBV und den Bundesverbänden der Krankenkassen bzw den Verbänden der Ersatzkassen vom 12. März 1986 ≪DOK 1986, 332; ErsK 1986, 208≫). Indessen wird mit einer derartigen Korrektur im Bewertungsgefüge der vom Gesetz eingeräumte Handlungsspielraum nicht überschritten. Nach § 368g Abs 4 Satz 3 RVO obliegt es dem Bewertungsausschuß, den Bewertungsmaßstab in bestimmten Zeitabständen daraufhin zu überprüfen, ob die Leistungsbeschreibungen und ihre Bewertungen noch dem Stande der medizinisch-technischen Entwicklung sowie dem Erfordernis der Rationalisierung und Wirtschaftlichkeit entsprechen. Nachdem sich bei zahlreichen apparativen Leistungen und speziell bei einem Großteil der Laboruntersuchungen durch Veränderung der Kostenstrukturen im Laufe der Jahre erhebliche Überbewertungen ergeben hatten, während andererseits die Vergütung der ärztlichen Grundleistungen als unzureichend empfunden wurde, war der Bewertungsausschuß aufgerufen, die bestehenden Ungleichgewichte zu beseitigen. Daß darüber hinausgehend mit der EBM-Reform Strukturveränderungen in der ärztlichen Versorgung, etwa ein Zurückdrängen der „Apparatemedizin” oder gar eine Änderung des Verhältnisses zwischen Allgemeinärzten und Fachärzten, beabsichtigt oder bewirkt worden wären, ist nicht ersichtlich.
Was die Honorarverteilung selber anlangt, liegt ein Gesetzesverstoß entgegen dem angefochtenen Urteil nicht schon darin, daß die umstrittenen Regelungen des HVM und des Honorarvertrages eine Aufteilung der Gesamtvergütung in Teilbudgets vorsehen und es damit ermöglichen, daß die kassen- und vertragsärztlichen Leistungen nicht mehr entsprechend dem EBM im selben Verhältnis, sondern, abhängig von der Mengenentwicklung im jeweiligen Leistungsbereich, unterschiedlich hoch vergütet werden. Die hier noch als Prüfungsmaßstab heranzuziehenden früheren kassenarztrechtlichen Bestimmungen der RVO schließen eine solche Gestaltung nicht aus. Soweit das SG darin eine Verfälschung der durch den EBM verbindlich vorgegebenen Bewertungen sieht, verkennt es die Bedeutung, die dem EBM innerhalb des mehrstufigen kassenärztlichen Vergütungssystems zukommt.
Der gemäß § 368g Abs 4 RVO als gesetzlicher Bestandteil des Bundesmantelvertrages (BMV-Ä) und des Arzt-/Ersatzkassenvertrages (EKV-Ärzte) vereinbarte Bewertungsmaßstab bildet zunächst nur die Grundlage für die Leistungsabrechnung der an der kassen- und vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte. Inwieweit er darüber hinaus als Vergütungs- und/oder Verteilungsmaßstab den konkreten Honoraranspruch des Arztes bestimmt, hängt von der Art des für die Berechnung der Gesamtvergütung einerseits und des für ihre Verteilung unter die Kassen- und Vertragsärzte andererseits festgelegten Systems ab. Die gesetzlichen Vorschriften über die Honorarverteilung sehen eine Bindung an den EBM in dem Sinne, daß er als Verteilungsmaßstab übernommen werden müßte, nicht vor. § 368f Abs 1 Satz 4 RVO, der gemäß § 525c Abs 2 Satz 1 RVO für die vertraglichen Honorarvereinbarungen im Ersatzkassenbereich sinngemäß gilt, bestimmt zwar, daß bei der Verteilung der Gesamtvergütung Art und Umfang der Leistungen des Kassenarztes zugrunde zu legen sind, was für den Regelfall eine Verteilung nach Einzelleistungen auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nahelegt. Wie der Senat bereits in früheren Entscheidungen betont hat, ist damit jedoch nicht gesagt, daß Art und Umfang der ärztlichen Leistungen stets das alleinige Verteilungskriterium bilden müssen. Vielmehr kann die KÄV im Rahmen ihrer Satzungsautonomie und können die Partner des Honorarvertrages im Ersatzkassenbereich im Rahmen des ihnen vom Gesetz eingeräumten Handlungsspielraums daneben auch andere Gesichtspunkte und Umstände berücksichtigen, auch wenn dadurch im Ergebnis von den Bewertungen des EBM abgewichen wird (BSG SozR 2200 § 368f Nr 9 S 22 f und Nr 14 S 47; Urteil vom 19. Dezember 1984 – 6 RKa 8/83 – in MedR 1985, 283 = USK 84269). Lediglich ein Verteilungsmodus, der allein auf die Zahl der Behandlungsfälle (Krankenscheine) abstellt, ist nach § 368f Abs 1 Satz 4 Halbs 2 RVO unzulässig. Eine weitergehende Verbindlichkeit des EBM für die Honorarverteilung kann im Gegensatz zur Auffassung des SG auch nicht aus § 368m Abs 2 RVO abgeleitet werden. Die nach dieser Vorschrift über die Satzung herzustellende Bindung der KÄV und ihrer Mitglieder an den BMV-Ä und damit auch den EBM besteht nur in dem Umfang, in dem der BMV-Ä nach dem Gesetz Rechtswirkungen entfaltet. Sie betrifft die KÄV daher nur in ihrer Eigenschaft als Vertragspartner der Verträge über die kassenärztliche Versorgung, nicht aber als Trägerin eigenständiger Regelungsautonomie.
Gegen das gesetzliche Gebot, bei der Verteilung der Gesamtvergütung Art und Umfang der Leistungen des Kassenarztes zugrunde zu legen, verstoßen die Regelungen in § 9 Abs 2 HVM und in Abschnitt III des Honorarvertrages nicht. Zwar begrenzen sie den für Laborleistungen insgesamt zur Verfügung stehenden Honorarbetrag mit der Folge, daß bei steigender Leistungsmenge der Verteilungspunktwert sinkt und die einzelne Leistung geringer honoriert wird. Die dem Arzt zustehende Vergütung wird aber weiterhin unter Zugrundelegung der von ihm nach den Bestimmungen des Bewertungsmaßstabes abgerechneten Punktzahlen und damit auf der Grundlage der konkret erbrachten Leistungen ermittelt. Daß infolge der Kontingentierung Grundleistungen, Laborleistungen und sonstige Leistungen im Ergebnis unterschiedlich vergütet werden, läßt das Gesetz zu. Da § 368f Abs 1 Satz 4 RVO die Verteilungskriterien nicht abschließend festlegt, kann der Bestimmung auch nicht die Forderung entnommen werden, die Leistungen müßten nach ihrer Art und ihrem Umfang stets gleichmäßig, dh mit einem für alle Leistungen einheitlichen Punktwert, vergütet werden (BSG SozR 2200 § 368f Nr 9 S 22; vgl auch Urteil des Senats vom 6. Mai 1988 – 6 RKa 29/87 – in USK 88196, S 990). Wenn die KÄV und die Partner des Honorarvertrages auch nicht befugt sind, das durch den EBM normativ festgelegte wertmäßige Verhältnis der abrechnungsfähigen Leistungen zueinander über Unterschiede in der Honorierung nach ihren abweichenden Vorstellungen von der Wertigkeit der Leistungen zu korrigieren, so ist es ihnen doch unbenommen, bei der Honorarverteilung aus anderen Gründen als denen einer Bewertungskorrektur, beispielsweise wie hier zur Absicherung des durch die EBM-Reform geschaffenen Vergütungsgefüges, Regelungen zu treffen, in deren Gefolge sich eine unterschiedliche Honorierung gleich bewerteter Leistungen ergibt (vgl zum geltenden Recht § 85 Abs 4 Satz 5 SGB V, der eine nach Arztgruppen und Versorgungsgebieten unterschiedliche Verteilung nunmehr ausdrücklich zuläßt).
Derartige Regelungen sind auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen ausgeschlossen. Ihre Zulässigkeit ist insoweit an Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) zu messen, weil Honorarverteilungsmaßnahmen, mit denen die Vergütung für bestimmte Leistungen oder Leistungskomplexe begrenzt werden soll, unabhängig von dem damit verfolgten Zweck objektiv eine berufsregelnde Tendenz entfalten und damit mittelbar in die Berufsausübung der betroffenen Kassen- und Vertragsärzte eingreifen (BVerfGE 33, 171, 182 f; im gleichen Sinne auch schon BSGE 22, 218, 219; allgemein zur Relevanz mittelbarer Eingriffe in die Berufsfreiheit: BVerfGE 46, 120, 137 f; BVerfG SozR 3-2500 § 311 Nr 1 S 3 f). In formeller Hinsicht stellt § 368f Abs 1 RVO eine für die Reglementierung der ärztlichen Berufsausübung durch Honorarverteilungsregelungen ausreichende, dem Gesetzesvorbehalt in Art 12 Abs 1 Satz 2 GG genügende Ermächtigungsgrundlage dar. Voraussetzung ist allerdings eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift, die dem Umstand Rechnung trägt, daß der Übertragung von Rechtssetzungsbefugnissen auf autonome Berufsverbände wegen der damit verbundenen spezifischen Gefahren für die Berufsfreiheit der betroffenen Verbandsmitglieder Grenzen gesetzt sind und der Gesetzgeber die für die Verwirklichung der Grundrechte wesentlichen Entscheidungen selbst treffen muß. Das erfordert namentlich bei empfindlicheren Eingriffen in die Berufsfreiheit, wie sie Vergütungsregelungen darstellen, daß die gesetzliche Ermächtigung hinreichend bestimmt ist und erkennen läßt, mit welcher Tendenz und nach welchen Grundsätzen die zur weiteren Rechtsetzung ermächtigten Selbstverwaltungsorgane die Berufsausübung regeln dürfen (BVerfGE 33, 125, 158 ff; 76, 171, 184 f). Die Ermächtigung zum Erlaß von Honorarverteilungsmaßstäben kann vor diesem Hintergrund nicht dahin verstanden werden, daß die KÄV die Verteilung der Gesamtvergütung auf der Grundlage der gesetzlichen Vorgaben frei nach ihrem Ermessen gestalten könnte. Das Gesetz schreibt vielmehr eine im Grundsatz leistungsproportionale Verteilung vor, die gewährleistet, daß die ärztlichen Leistungen „prinzipiell gleichmäßig” (vgl BVerfGE 33, 171, 184) vergütet werden. Das schließt indessen nicht aus, daß der normsetzenden Körperschaft ein Spielraum für sachlich gerechtfertigte Abweichungen verbleibt. Die Einräumung einer begrenzten Verteilungsautonomie soll es den KÄVen ermöglichen, ihrem Sicherstellungsauftrag und ihren sonstigen gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen gerecht zu werden und auf die vielfältigen Erfordernisse der Praxis, die uU nur vorübergehend oder regional begrenzt auftreten und sich einer vorausschauenden Erfassung durch den Gesetzgeber entziehen, mit dem Mittel der Honorarverteilung angemessen zu reagieren. Da sie keine grundlegende Abkehr vom Prinzip der gleichmäßigen Verteilung erlaubt, werden dadurch die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit der gesetzlichen Ermächtigung nicht verletzt.
Welche anderen Zwecke im einzelnen die KÄV neben dem Ziel einer gleichmäßigen Honorierung der ärztlichen Leistungen mit der Honorarverteilung zulässigerweise verfolgen darf, ist bisher in der Rechtsprechung nicht abschließend entschieden worden. Neben der aus § 368f Abs 1 Satz 5 RVO abgeleiteten Befugnis, durch Honorarbegrenzungsmaßnahmen, wie Kürzungen, Abstaffelungen ua, eine übermäßige Ausdehnung der Tätigkeit des Kassenarztes zu verhüten (vgl zuletzt BSG SozR 2200 § 368f Nr 15 mwN), hat es das Bundessozialgericht (BSG) in mehreren Entscheidungen als zulässig angesehen, die auf gesamtvertraglicher Ebene in den Vergütungsbeziehungen zwischen KÄV und Krankenkassen getroffenen strukturellen Entscheidungen zur Vergütung, insbesondere dort vereinbarte Leistungsmengenbegrenzungen (vgl § 368f Abs 2 Satz 3 RVO), über die Honorarverteilung in geeigneter Weise an die betroffenen Ärzte weiterzugeben (SozR 2200 § 368f Nr 9; Urteil vom 19. Dezember 1984 – 6 RKa 8/83 – aaO). Ob außerdem noch andersgeartete Zielsetzungen, etwa eine Verhinderung überproportionaler Einkommenssteigerungen bei bestimmten Leistungsarten (bejahend BSG USK 88196 S 989 f) oder gar generelle Maßnahmen der Einkommenslenkung mit der Absicht, möglichst vielen Kassenärzten einen angemessenen Anteil an der Gesamtvergütung zu sichern (offengelassen in BSGE 22, 218, 221 = SozR Nr 4 zu § 368f RVO; zurückhaltend insoweit BVerfGE 33, 171, 186), erlaubt sind und wo die Grenze des der KÄV als HVM-Normgeberin zukommenden Gestaltungsermessens zu ziehen ist, bedarf auch im vorliegenden Fall keiner endgültigen Klärung, weil sich die umstrittene Kontingentierung der Laborvergütung im Rahmen der schon bisher in der Rechtsprechung als legitim anerkannten Regelungszwecke hält.
Mit den Begrenzungsregelungen in § 9 Abs 2 HVM und Abschnitt III des Honorarvertrages war eine Absicherung der durch den neuen EBM zum 1. Oktober 1987 eingeführten Bewertungen, insbesondere der geänderten Wertrelationen zwischen zuwendungsintensiven Grundleistungen auf der einen und medizinisch-technischen Leistungen auf der anderen Seite bezweckt. Durch die Festlegung fester bzw in bestimmten Bandbreiten schwankender Honoraranteile für die drei Leistungsbereiche Grund-, Labor- und Sonderleistungen sollte verhindert werden, daß sich überproportionale Mengenausweitungen in einem Leistungsbereich über den damit wegen der Limitierung der Gesamtvergütung verbundenen Rückgang des Punktwertes auf die Vergütung in anderen Leistungsbereichen auswirkten. Ziel der Bildung von „Honorartöpfen” war also im Unterschied zu den bisher von der Rechtsprechung zu beurteilenden Begrenzungsregelungen nicht primär eine Mengenbegrenzung bei den Laborleistungen, sondern ein Schutz der Punktzahlen für Grundleistungen und eine Verminderung des Verteilungsrisikos für Kassenärzte, deren Abrechnungsverhalten mit den Strukturveränderungen im Laborbereich nichts zu tun hatte (vgl insoweit zu der vergleichbaren Regelung im HVM der KÄV Niedersachsen: Boßmann, Niedersächsisches Ärzteblatt 12/1987, S 18, 19 ff). Dies anzustreben, war die KÄV aufgrund der Ermächtigung in § 368f Abs 1 RVO berechtigt. Die ergriffenen Maßnahmen verfolgten in geeigneter Weise den Zweck einer flankierenden Absicherung der Ziele der EBM-Reform als einer auf kollektivvertraglicher Ebene getroffenen strukturellen Entscheidung zur Vergütung. Sie stellten keinen eigenmächtigen Eingriff in das Vergütungsgefüge dar, sondern entsprachen dem Auftrag der Beklagten, den zwischen der KÄBV und den Krankenkassen im Bewertungsausschuß vereinbarten Umstrukturierungen bei der Honorarverteilung Rechnung zu tragen und an deren Durchsetzung mitzuwirken. Es ist auch nicht zu beanstanden, daß die Beklagte sich in diesem Zusammenhang nicht auf eine Festschreibung der bei Inkrafttreten des neuen EBM vorgefundenen Verhältnisse beschränkt, sondern entsprechend den auf Bundesebene erarbeiteten Empfehlungen der beigeladenen KÄBV die für Laboruntersuchungen vorgesehene Honorarquote niedriger als in den Vorquartalen angesetzt hat, um auf diese Weise in den voraufgegangenen Jahren bereits eingetretene Fehlentwicklungen zu korrigieren.
Schließlich genügen die umstrittenen Verteilungsvorschriften im Grundsatz den Anforderungen, die in materieller Hinsicht an eine Berufsausübungsregelung gemäß Art 12 Abs 1 Satz 2 GG zu stellen sind. Das Bestreben, durch ein teilweises Abgehen vom Prinzip der gleichmäßigen (punktwertgleichen) Honorierung sämtlicher ärztlicher Leistungen die Ergebnisse der EBM-Reform abzusichern, entspringt sachgerechten und vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls. Ohne dieses Vorgehen hätte die Gefahr bestanden, daß insbesondere die beabsichtigte honorarmäßige Aufwertung der ärztlichen Grundleistungen und die damit verbundene Sicherung der hausärztlichen Versorgung wegen des zu erwartenden allgemeinen Punktwertrückgangs nicht erreicht worden wäre. Die Regelung war danach zur Verwirklichung des angestrebten Ziels erforderlich und im Hinblick auf die Bedeutung einer ausgewogenen medizinischen Versorgung der Versicherten für die betroffenen Ärzte auch zumutbar.
Erweist sich nach alledem bei einer durch gesamtvertragliche Vereinbarung begrenzten Gesamtvergütung die Aufteilung in leistungsbezogene Teilbudgets als ein im Grundsatz zulässiger und geeigneter Weg zur Durchführung einer sachgerechten Honorarverteilung, so sind die konkret zu beurteilenden Regelungen im HVM der Beklagten und in dem zwischen der KÄBV und den Verbänden der Ersatzkassen geschlossenen Honorarvertrag dennoch rechtlich nicht haltbar, weil sie das aus Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 GG folgende Gebot der Verteilungsgerechtigkeit verletzen.
Berufsausübungsregelungen müssen, auch wenn sie in der gewählten Form prinzipiell zulässig sind, die Unterschiede berücksichtigen, die typischerweise innerhalb der betroffenen Berufsgruppe bestehen. Angesichts der mit der Rechtsetzung durch einen Berufsverband verbundenen Gefahr der Benachteiligung von Minderheiten kommt der Forderung nach Verteilungsgerechtigkeit und ausreichender Differenzierung beim Erlaß von Vergütungsregelungen besonderes Gewicht zu; die den KÄVen eingeräumte Verteilungsautonomie läßt sich im Hinblick auf die Bedeutung des Grundrechts der Berufsfreiheit nur rechtfertigen, wenn damit die Verpflichtung zur strikten Beachtung des Gleichheitsgebots (Art 3 Abs 1 GG) verbunden wird. Dadurch wird den zur Normsetzung befugten Körperschaften freilich nicht verwehrt, im Interesse der Überschaubarkeit und Praktikabilität einer Regelung zu verallgemeinern, zu typisieren und zu pauschalieren. Der Gleichheitssatz läßt dem Normgeber einen weiten Gestaltungsspielraum. Ob er jeweils die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden hat, ist vom Gericht nicht nachzuprüfen. Ein Verfassungsverstoß liegt erst dann vor, wenn die Ungleichheit in dem jeweils in Betracht kommenden Zusammenhang so bedeutsam ist, daß ihre Beachtung nach einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise geboten erscheint (BVerfGE 60, 113, 119; 67, 70, 85 f). Dabei kann es bei komplexen Sachverhalten vertretbar sein, daß dem Normgeber zunächst eine angemessene Zeit zur Sammlung von Erfahrungen eingeräumt wird und er sich in diesem Anfangsstadium auch mit gröberen Typisierungen und Generalisierungen begnügen darf, die unter dem Gesichtspunkt der Praktikabilität namentlich deshalb gerechtfertigt sein können, weil eine Verfeinerung die Gefahr mangelnder Wirksamkeit mit sich bringen kann (BVerfGE 33, 171, 189). Auch unter Berücksichtigung dieser der KÄV und den Partnern des Honorarvertrages eingeräumten weitgehenden Gestaltungsfreiheit sind die hier in Rede stehenden Verteilungsmodalitäten indes nicht verfassungskonform.
Die angegriffenen Regelungen haben zur Folge, daß sämtliche Laborleistungen mit einem einheitlichen, von der Höhe des zur Verfügung stehenden Budgets und der Leistungsmenge abhängigen Punktwert vergütet werden. Sie vernachlässigen damit die Unterschiede, die sich zwischen Laborärzten auf der einen und anderen Laboruntersuchungen ausführenden Ärzten auf der anderen Seite dadurch ergeben, daß erstere ausschließlich Auftragsleistungen erbringen, während letztere ihr Leistungsspektrum und ihren Leistungsumfang im wesentlichen selbst bestimmen können. Das ermöglicht es, daß im Bereich der Labordiagnostik einzelne Ärzte oder Arztgruppen durch eine medizinisch nicht veranlaßte Ausweitung bestimmter, ökonomisch attraktiver Leistungen den eigenen Honoraranteil zu Lasten einer anderen Arztgruppe erhöhen, die diese Möglichkeit nicht hat. Im Hinblick hierauf erscheint die fehlende Differenzierung bei der Vergütung um so problematischer, als die Honorarverteilungsregelungen damit jeden Versuch unterlassen, die Ursachen für den überproportionalen Leistungsanstieg im Laborsektor zu bekämpfen und die Vergütung bei denjenigen Leistungen bzw Leistungserbringern zu begrenzen, die für die Mengenentwicklung verantwortlich sind.
Des weiteren erfassen die beanstandeten Regelungen des HVM und des Honorarvertrages gleichermaßen solche Leistungen (im wesentlichen des Abschnitts O II des EBM), bei denen sich durch die Möglichkeit der Rationalisierung trotz der im Zuge der EBM-Reform erfolgten Punktzahlabsenkungen selbst bei sinkendem Punktwert noch größere Gewinne erzielen lassen, wie auch solche Leistungen (im wesentlichen des Abschnitts O III des EBM), die wegen hoher Kostenanteile und geringerer oder fehlender Rationalisierungsmöglichkeiten nur bei einem bestimmten höheren Mindestpunktwert kostendeckend erbracht werden können (vgl dazu den vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung vorgelegten Forschungsbericht von Ch.Lohfert/P.Lohfert/W.Muschter, Kostenstrukturen und Honorierung von Laborleistungen in der ambulanten ärztlichen Versorgung, Hamburg 1988, S 18 f und S 29). Dies benachteiligt zusätzlich die Gruppe der Laborärzte, darüber hinaus aber auch andere auf Laborleistungen spezialisierte Ärzte, die in ihrer Praxis überwiegend solche Spezialuntersuchungen gemäß Abschnitt O III des EBM ausführen, wobei es für den hier zu erörternden Aspekt der Verteilungsgerechtigkeit nicht darauf ankommt, ob der für das streitbefangene Quartal errechnete Punktwert noch eine kostendeckende Vergütung der genannten Leistungen ermöglicht hat oder nicht. Begünstigt werden demgegenüber die Mitglieder von Laborgemeinschaften, für die wegen der vorteilhaften Kostenstrukturen bei den von ihnen in Auftrag gegebenen allgemeinen Laboruntersuchungen nach Abschnitt O II des EBM und der Möglichkeit, diese Untersuchungen ohne Erbringung einer eigenen ärztlichen Leistung abrechnen zu können, zudem ein erheblicher wirtschaftlicher Anreiz zur Ausweitung der Leistungsmenge besteht (vgl Lohfert/Lohfert/Muschter, aaO, S IX und S 18 f).
Mit dem Gesichtspunkt einer zulässigen Generalisierung und Pauschalierung läßt sich die mangelnde Differenzierung bei der Verteilung der Laborvergütung nicht rechtfertigen, denn sie führt nicht bloß zu Ungerechtigkeiten in einzelnen, besonders gelagerten Fällen, sondern benachteiligt eine Gruppe von Leistungserbringern systematisch, ohne daß dies durch den Zweck der Verteilungsregelung geboten wäre oder als geringfügig vernachlässigt werden könnte. Die strukturellen Unterschiede innerhalb des Bereichs der Labordiagnostik sind vielmehr mit Blick auf die erheblichen finanziellen Auswirkungen der Verteilungsregelung so wesentlich, daß ihre Nichtberücksichtigung als offensichtlich sachwidrig angesehen werden muß. Dagegen läßt sich nicht einwenden, eine Differenzierung zugunsten der Laborärzte sei wegen deren im Vergleich zu anderen Arztgruppen überdurchschnittlich guten Einkommenssituation nicht veranlaßt gewesen. Abgesehen davon, daß diese Erwägung vornehmlich für große Laborarztpraxen mit hohen Umsätzen und entsprechend günstiger Kostenstruktur gilt (zur Abhängigkeit der Laborbetriebskosten von der Zahl der Untersuchungsaufträge vgl Lohfert/Lohfert/Muschter, aaO, S 27 ff), wäre eine Begrenzung des Einkommens der Laborärzte vom Zweck der Verteilungsregelung nicht gedeckt, so daß sich die Prüfung ihrer Zulässigkeit erübrigt.
Die unterschiedslose Vergütung aller Laborleistungen nach einem einheitlichen Punktwert kann, wie das SG mit Recht angenommen hat, auch nicht als „Anfangs-” oder „Erprobungsregelung” aufrechterhalten werden. Zum einen haben die Gesichtspunkte, die eine Differenzierung bei der Laborvergütung erfordern, nichts mit der Reform des EBM und der damit verbundenen Unsicherheit hinsichtlich der zukünftigen Kostenentwicklung zu tun, sondern beruhen auf strukturellen Unterschieden zwischen den verschiedenen Leistungsarten und der Tätigkeit der Laborleistungen erbringenden Ärzte. Zum anderen waren Leistungsmengenbegrenzungen im Laborbereich bereits seit mehreren Jahren gesamtvertraglich vereinbart, so daß über einen längeren Zeitraum hinweg Erfahrungen mit entsprechenden Verteilungsregelungen gesammelt werden konnten.
Schließlich kann der Forderung nach einer differenzierenden Vergütungsregelung nicht mit dem Einwand der mangelnden Praktikabilität oder Effizienz begegnet werden. Verteilungsvorschriften, die eine getrennte Verteilung der für Laborleistungen gezahlten Pauschalbeträge einerseits für allgemeine und andererseits für spezielle Laboruntersuchungen vorsahen, waren bereits früher erprobt worden (vgl etwa die Verteilungsregelung in dem ab 1. Juli 1985 geltenden Honorarvertrag der Ersatzkassen ≪ErsK 1985, 291≫) und haben in anderer Ausgestaltung auch in der hier streitigen Zeit gegolten (vgl zB die differenzierende, dem Verursacherprinzip Rechnung tragende Regelung mit arztgruppenspezifischen Grenzpunktzahlen sowie einer Punktwertgarantie für die von Laborärzten und Internisten mit Speziallabor erbrachten Leistungen bei gleichzeitiger Anrechnung der Auftragsleistungen auf das Punktekontingent des auftraggebenden Arztes in dem ab 1. Oktober 1987 geltenden HVM der KÄV Bayerns).
Da somit die Bestimmungen des HVM und des Honorarvertrages, soweit sie die Vergütung von Laborleistungen betreffen, nicht dem bei Berufsausübungsregelungen zu beachtenden Differenzierungsgebot genügen, ist der darauf beruhende Honorarbescheid rechtswidrig und muß aufgehoben werden. Indessen folgt aus der Mangelhaftigkeit der die Honorarverteilung regelnden Rechtsgrundlagen kein Anspruch auf eine bestimmte höhere Vergütung, etwa, wie in erster Instanz beantragt, darauf, daß alle Laborleistungen oder zumindest die O III-Leistungen mit dem gleichen Punktwert wie Grundleistungen vergütet werden müßten. Der Verstoß gegen den Gleichheitssatz macht nicht die gesamten Vorschriften über die Honorarverteilung unwirksam, sondern ergreift nur den Teil der Regelung, der die Verteilung des für Laborleistungen zur Verfügung stehenden Honorarkontingents betrifft. Insoweit sind die in Rede stehenden Bestimmungen ergänzungsbedürftig und können – auch nachträglich – durch eine verfassungskonforme, differenzierende Regelung ersetzt werden (zur Möglichkeit der nachträglichen Heilung von Verfassungsverstößen in untergesetzlichen Rechtsnormen vgl Ossenbühl, NJW 1986, 2805). Dies zu tun ist nicht Sache des Gerichts, sondern der für die Normsetzung zuständigen Vertreterversammlung der Beklagten bzw im Ersatzkassenbereich der Partner des Honorarvertrages, in deren normativem Ermessen es steht, mit welchen Mitteln und in welcher Weise sie den verfassungswidrigen Zustand beseitigen wollen. Zu Recht hat daher das SG die Beklagte lediglich verurteilt, die Kläger auf der Grundlage einer noch zu schaffenden ergänzenden Honorarverteilungsregelung bezüglich ihres Honoraranspruchs neu zu bescheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat dessen Absatz 4 in der vor dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung angewandt (vgl hierzu Urteil des 3. Senats des BSG vom 30. März 1993 – 3 RK 1/93 –, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Fundstellen
Haufe-Index 517860 |
BSGE, 131 |
AusR 1994, 29 |