Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuerkennung eines Übergangszuschlags ersetzt nicht Rentenbewilligungsbescheid. Kostenentscheidung bei unklarer Bescheidfassung
Leitsatz (amtlich)
1. Bescheide des Versicherungsträgers über die Zuerkennung eines Rechts auf Übergangszuschlag nach § 319b SGB 6 ändern oder ersetzen nicht den Bescheid über die Bewilligung der SGB 6-Rente.
2. Zur Kostenentscheidung bei unklarer Fassung von Bescheiden.
Stand: 24. Oktober 2002
Normenkette
SGB VI § 319b; RÜG Art. 2 § 19 Abs. 1; SGG §§ 193, 96
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 14. Dezember 1995 insofern aufgehoben, als die Beklagte dort unter Abänderung entgegenstehender Entscheidungen verurteilt worden ist, „die Altersrente der Klägerin unter Berücksichtigung eines Übergangszuschlages aufgrund der Anrechnung von Zeiten einer versicherungspflichtigen Tätigkeit im Sinne des Rentenüberleitungsgesetzes vom 12. Januar 1955 bis zum 31. März 1960 neu zu berechnen.”
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren zur Hälfte und im Revisionsverfahren vollständig.
Tatbestand
I
Zwischen den Parteien ist zuletzt noch streitig, ob für die Klägerin im Rahmen der Wertermittlung des Übergangszuschlages zu ihrer Altersrente auf der Grundlage von Art 2 § 19 Abs 1 Renten-Überleitungsgesetz (RÜG) eine weitere Zeit der versicherungspflichtigen Tätigkeit vom 12. Januar 1955 bis 31. März 1960 zu berücksichtigen ist.
Die am 12. Januar 1934 geborene Klägerin war nach erfolgreicher Beendigung der Städtischen Haushaltungsschule H. in der Zeit vom 1. September 1950 bis zum 31. März 1960 gegen Kost und Logis in der Landwirtschaft ihres Vaters O. B. und anschließend vom 20. März 1961 bis 31. Januar 1994 in diversen (nach dem jeweiligen Recht des Beitrittsgebiets) beitragspflichtigen Beschäftigungen angestellt.
Am 27. März 1993 stellte die Klägerin Anträge auf „Kontenklärung” sowie auf „Altersrente” und „Rente nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets”. Mit Bescheid vom 8. Dezember 1993 bewilligte die Beklagte daraufhin ab dem 1. Februar 1994 Altersrente für Frauen in Höhe von zunächst 925,47 DM. In der Anlage 10 dieses Bescheides finden sich unter der Rubrik „Ergänzende Begründungen und Hinweise” ua folgende Ausführungen:
„Sie erhalten noch weitere Mitteilung, ob aufgrund einer Vergleichsberechnung ein Rentenzuschlag und/oder Übergangszuschlag zum Monatsbetrag der nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) berechneten Rente geleistet werden kann. Diese Prüfung wird unaufgefordert erfolgen.”
Der hiergegen erhobene Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos und führte zur Bestätigung der Ausgangsentscheidung mit Widerspruchsbescheid vom 28. März 1994. Dieser endet mit der abermaligen Ankündigung einer weiteren Entscheidung:
„Abschließend weist der Widerspruchsausschuß auf den auf der Anlage 10, Seite 2 des Rentenbescheides vom 8. Dezember 1993 aufgenommenen Zusatz hin, nach dem Sie noch weitere Mitteilung erhalten, ob aufgrund einer Vergleichsberechnung ein Rentenzuschlag und/oder Übergangszuschlag zum Monatsbetrag der nach den Vorschriften des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch berechneten Rente geleistet werden kann. In diese noch vorzunehmende Prüfung wird auch der Zeitraum von 1950 bis 1960 einbezogen.”
Die Klägerin hat daraufhin am 1. Juni 1994 sinngemäß Untätigkeitsklage erhoben und im übrigen ihr Begehren auf rentensteigernde Berücksichtigung zusätzlicher Zeiten weiterverfolgt. Im Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht (SG) vom 2. September 1994 ist ua vermerkt:
„Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage gibt die Beklagte folgendes
Teilanerkenntnis
ab:
- Die Beklagte erklärt sich bereit, die von der Klägerin am 2. Juli 1993 beantragte Berechnung einer Rente nach den Vorschriften des Beitrittsgebietes innerhalb einer Frist von 3 Monaten vorzunehmen.
- Die Klägerin nimmt das Teilanerkenntnis an.
- Insoweit ist der Rechtsstreit erledigt.”
Mit Urteil vom selben Tag hat das SG die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, eine zusätzliche Anrechnungszeit „anzuerkennen” und die Klage im übrigen abgewiesen. Im Rahmen des Tatbestandes dieser Entscheidung wird ua ausgeführt:
„In der mündlichen Verhandlung hat sich die Beklagte bereit erklärt, über den Antrag der Klägerin auf Berechnung einer Rente nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets vom 2. Juli 1993 innerhalb von 3 Monaten zu entscheiden. Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerin angenommen.”
Im Laufe des Berufungsverfahrens hat die Beklagte den weiteren „Rentenbescheid” vom 10. März 1995 erlassen und die „monatliche Rente” nunmehr rückwirkend ab 1. Februar 1994 mit zunächst 967,00 DM festgestellt. Unter „Gründe für die Neufeststellung” hat die Beklagte dabei auf die „Anlage 10” zu diesem Bescheid verwiesen, in der Einzelheiten der Anrechnung einer familienhaften Mitarbeit gemäß Art 2 § 19 Abs 2 Nr 14 RÜG für die Zeit vom 1. September 1950 bis 11. Januar 1955 bzw der Ablehnung einer Beitragszeit nach dieser Vorschrift für die Zeit vom 12. Januar 1955 bis 31. März 1960 erläutert werden. Aus der „Berechnung der Monatsrente” in „Anlage 1” ergibt sich nunmehr, daß die „Monatsrente nach dem Übergangsrecht des Beitrittsgebiets” von 967,00 DM um ursprünglich 39,96 DM höher ist als die „monatliche Rente” und sich diese demgemäß „um einen Übergangszuschlag in dieser Höhe” erhöht. Ohne hierauf gesondert einzugehen, hat die Beklagte außerdem im „Versicherungsverlauf” für die Zeit vom 1. bis 31. Januar 1994 statt eines beitragspflichtigen Entgelts von – nach dem Bescheid vom 8. Dezember 1993 – zunächst 3.543,33 DM nunmehr 5.942,56 DM zugrunde gelegt, so daß sich die Summe aller Entgeltpunkte Ost (EP Ost) um 0,0472 EP auf 27,8057 EP und der Bruttobetrag der SGB VI-Rente um 1,57 DM auf 927,04 DM erhöhte.
Das Landessozialgericht (LSG) ist davon ausgegangen, daß der Bescheid vom 10. März 1995 insgesamt Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden sei, da die (geänderte) Berechnung der SGB VI-Rente und des Übergangszuschlages zu einer „einheitlichen Rentenleistung” führe. Mit Urteil vom 14. Dezember 1995 hat es demgemäß folgende Entscheidung getroffen:
„Auf die Berufungen der Klägerin und der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 2. September 1994 wie folgt geändert:
Der Bescheid der Beklagten vom 8. Dezember 1993 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. März 1994 und des Bescheides vom 10. März 1995 wird geändert. Die Beklagte wird verurteilt, die Altersrente der Klägerin unter Berücksichtigung eines Übergangszuschlages aufgrund der Anrechnung einer weiteren Ausbildungszeit im Sinne des Renten-Überleitungsgesetzes vom 16. Juli 1950 bis zum 31. August 1950 sowie aufgrund der Anrechnung von Zeiten einer versicherungspflichtigen Tätigkeit im Sinne des Renten-Überleitungsgesetzes vom 12. Januar 1955 bis zum 31. März 1960 neu zu berechnen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Im übrigen werden die Berufungen der Klägerin und der Beklagten zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin ein Drittel ihrer außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.”
Die Beklagte wendet sich hiergegen insoweit, als sie verurteilt worden ist, die Zeit vom 12. Januar 1955 bis 31. März 1960 bei der Ermittlung des Übergangszuschlages zu berücksichtigen. Der während des Berufungsverfahrens ergangene Bescheid vom 10. März 1995 sei gemäß § 96 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in das Verfahren einzubeziehen gewesen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts fordere der Wortlaut von Art 2 § 19 RÜG, der auf das Vorliegen von „Versicherungspflicht zur Sozialversicherung” abstelle, auch die tatsächliche Zahlung von Pflichtbeiträgen; dies ergebe sich aus mehreren Bestimmungen des RÜG selbst sowie aus dort in Bezug genommenen rentenrechtlichen Bestimmungen der früheren DDR und der dortigen Verwaltungspraxis.
Sie beantragt,
das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 14. Dezember 1995 – L 2 An 267/94 – insoweit aufzuheben, als die Beklagte zur Berücksichtigung von Zeiten einer versicherungspflichtigen Tätigkeit im Sinne von Art 2 § 19 Abs 1 Rentenüberleitungsgesetz vom 12. Januar 1955 bis zum 31. März 1960 bei der Ermittlung des Übergangszuschlages verurteilt worden ist, und in diesem Umfang die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 2. September 1994 – S 4 An 364/94 – zurückzuweisen.
Die Klägerin ist im Revisionsverfahren nicht durch einen zugelassenen Prozeßbevollmächtigten vertreten.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision der Beklagten hat aus prozeßrechtlichen Gründen auch sachlich in vollem Umfang Erfolg. Das LSG hätte sie nicht verurteilen dürfen, „die Altersrente der Klägerin unter Berücksichtigung eines Übergangszuschlages aufgrund der Anrechnung … von Zeiten einer versicherungspflichtigen Tätigkeit im Sinne des Rentenüberleitungsgesetzes vom 12. Januar 1955 bis zum 31. März 1960 neu zu berechnen”. Der weitere „Rentenbescheid” vom 10. März 1995 ist mit seinen den Übergangszuschlag betreffenden Verfügungssätzen nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Da es an den Voraussetzungen einer gesetzlichen Klageerweiterung fehlt, und entgegen dem Tenor der angefochtenen Entscheidung eine Verurteilung der Beklagten auf ihr eigenes Rechtsmittel ohnehin ausscheidet, ist das Urteil des Berufungsgerichts, das diesen Umstand verkennt, im Rahmen des Revisionsantrages insofern aufzuheben (vgl entsprechend zum Fehlen der Klage BSGE 15, 232, 234 mwN). Schon deshalb kann demgegenüber unerörtert bleiben, ob die im Bescheid vom 10. März 1995 getroffenen Regelungen wegen fehlender Bestimmtheit ganz oder teilweise nichtig waren (§ 40 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB X≫). Ebenso bedarf es im vorliegenden Zusammenhang keines abermaligen Hinweises darauf, daß bundesrechtlich nur Rechtsnormen – und keinesfalls eine bloße (Verwaltungs-)Praxis der untergegangenen DDR – und solche nur insofern von Bedeutung sein können, als ihre vorübergehende, nachrangige und lückenfüllende „Fortgeltung” als sekundäres Bundesrecht im Einzelfall bundesgesetzlich angeordnet ist (Art 9 Abs 2, 4 Einigungsvertrag ≪EV≫ iVm Anl II; st Rspr des Senats seit BSGE 72, 50 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1; BSGE 75, 262 = SozR 3-8560 § 26 Nr 2; BSGE 76, 136, 138 = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 1).
Zwar hatte die Klägerin ursprünglich ihre kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage wegen des Werts ihres Rechts auf Altersrente aus dem SGB VI mit der im Wege der Untätigkeitsklage (§ 88 SGG) verfolgten Geltendmachung ihres verfahrensrechtlichen Anspruchs auf Entscheidung über ihr Recht auf Übergangszuschlag und dessen Wert verbunden; indessen hatten die Beteiligten den Rechtsstreit insoweit bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem SG übereinstimmend für erledigt erklärt. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem hierüber gefertigten Protokoll, das allein eine Erklärung der Beklagten ausweist und im übrigen den Beweis für eine hierin liegende Prozeßhandlung nach § 160 Abs 3 Nr 1 Zivilprozeßordnung (ZPO) schon wegen des fehlenden Hinweises auf die Verlesung der insofern getroffenen Feststellung (§§ 122 SGG, 160 Abs 3 Nr 1, 162 Abs 1 Satz 1, 3 ZPO) nicht zu erbringen vermag. Die von den Beteiligten insofern abgegebenen – und zu ihrer Wirksamkeit einer gesonderten Beurkundung nicht bedürftigen (BSG in SozR Nr 3 zu § 101 SGG, 1500 § 101 Nr 6 und 3-1500 § 193 Nr 4; vgl entsprechend zur Klagerücknahme BSG in SozR 1500 § 102 Nr 4) – Erklärungen der Parteien sind jedoch mit hinreichender Deutlichkeit dem Tatbestand der sozialgerichtlichen Entscheidung zu entnehmen (§§ 202 SGG, 314 ZPO). Vor dem Berufungsgericht betraf der Rechtsstreit damit allein noch die Frage, ob die Beklagte in erster Instanz zu Recht verurteilt worden war, den Wert des subjektiven Rechts der Klägerin auf Altersrente nach dem SGB VI unter „Anerkennung” einer zusätzlichen Anrechnungszeit höher festzusetzen. Nicht mehr im Streit war demgegenüber, ob die Beklagte der Klägerin neben ihrem Recht auf Altersrente nach dem Rentenversicherungsrecht des SGB VI auf der Grundlage von § 319b SGB VI auch noch einen Übergangszuschlag hierzu zu gewähren und dessen Wert nach Art 2 § 19 Abs 1 RÜG unter Anrechnung der Zeit vom 12. Januar 1955 bis zum 31. März 1960 als weitere Zeit einer versicherungspflichtigen Tätigkeit feststellen mußte.
Unter diesen Umständen konnte die spätere Entscheidung der Beklagten über einen Zuschlag zur SGB VI-Rente nicht mehr gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens werden; weder war nämlich ein diesbezüglicher Verwaltungsakt bereits angefochten noch vermag sich der mit dem weiteren Bescheid vom 10. März 1995 ua bewilligte und festgesetzte Zuschlag auch nur denkbar auf den allein noch streitigen Wert der SGB VI-Rente auszuwirken, so daß auch eine sog erweiternde oder analoge Anwendung der Norm von vornherein ausscheidet. Zu Unrecht hat das LSG angenommen, es müsse über das Recht auf Übergangszuschlag „kraft Klage”) deshalb entscheiden, weil die Beklagte auch über das Recht der Klägerin auf Übergangszuschlag im äußeren Zusammenhang des „Rentenbescheides” vom 10. März 1995 entschieden und dort den monatlichen Wert dieses Rechts ohne Berücksichtigung des umstrittenen Zeitraums als Zeit einer weiteren versicherungspflichtigen Tätigkeit festgesetzt hatte. Eine gesetzliche Klageänderung nach § 96 SGG war dadurch nämlich deshalb nicht eingetreten, weil die hinsichtlich des genannten Zuschlages getroffenen Regelungen im vorgenannten „Rentenbescheid” ein gegenüber der Rente nach dem SGB VI in vollem Umfang eigenständiges weiteres Recht betreffen und folglich auch nicht geeignet sind, die das Recht auf Altersrente betreffenden Verwaltungsakte des Rentenbescheides vom 8. Dezember 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. März 1994 „abzuändern” oder zu „ersetzen”.
Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung (beginnend mit BSGE 72, 50, 67; 76, 136, 140; 78, 41, 50; zuletzt Urteil vom 31. Juli 1997, 4 RA 35/97) entschieden hat, sind die nach dem Recht der früheren DDR begründeten Rechte, Ansprüche und Anwartschaften seit dem 1. Januar 1992 im Wege (abermaliger) gesetzlicher Novation grundsätzlich durch die entsprechenden Rechte, Ansprüche und Anwartschaften nach dem SGB VI ersetzt worden. Zur Vermeidung einer wirtschaftlichen Schlechterstellung der von der Rentenüberleitung im Beitrittsgebiet erfaßten Rentner und Anwartschaftsberechtigten der Sozialversicherung und der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung sind in Fortführung und Erweiterung des sich aus Art 30 Abs 5 Satz 2 Nr 1 EV ergebenden Vertrauensschutzgedankens im Rentenüberleitungsrecht des 5. Kapitels des SGB VI mit §§ 315a sowie 319a und b SGB VI ua Rechte auf Auffüllbeträge, Rentenzuschläge oder Übergangszuschläge zusätzlich zur SGB VI-Rente ausgestaltet worden. Diese sind von der SGB VI-Rente gleichermaßen begrifflich wie aufgrund ihrer ausdrücklichen Einordnung als „Zusatzleistungen” (vgl die „amtliche”, dh vom Gesetzesbeschluß des Bundestages mitumfaßte, Überschrift zum Sechsten und Siebten Unterabschnitt des Zweiten Abschnitts des Fünften Kapitels) systematisch und ebenso hinsichtlich des Rechtsgrundes unabhängig; mangels anpassungsfähiger Elemente sind sie schließlich auch nicht wie diese dynamisierbar (vgl Löschau, Die neue Rentenanpassung am 1. Januar 1995, BuW 1995, 34; derselbe, Die Rentenanpassung am 1. Juli 1995, BuW 1995, 471; Luckert/Weißenberger, Die Verminderung der Auffüllbeträge und der Rentenzuschläge ab 1. Januar 1996, 594; Albrecht, Die Rentenreform 1992 und die Rentenüberleitung nach dem Renten-Überleitungsgesetz auf die neuen Bundesländer, Nachrichten der LVA Hessen, 1991, 162 ff, 1992, 36 ff, 37; s auch ≪ohne Verfasserangabe≫ Auffüllbeträge und Rentenzuschläge bremsen die Anpassungserhöhung, Kompaß 1995, 687 ff; Glombik, Auffüllbeträge und Rentenzuschläge, rv 1996, 6 ff). Entgegen der Auffassung der Beklagten und dem durch die Fassung ihrer Bescheide erweckten Eindruck sind derartige Zusatzleistungen damit gerade nicht Bestandteil der SGB VI-Rente, sondern vielmehr – sozialpolitisch gesprochen – Leistungen eigener Art (vgl entsprechend bereits zum Rentenzuschlag nach EV Nr 9 Buchst d Urteil des Senats in BSGE 72, 50, 56 sowie zum Sozialzuschlag Urteil des Senats in SozR 3-1200 § 42 Nr 5). Die Frage, ob speziell ein Recht auf einen Übergangszuschlag (§ 319b SGB VI) besteht, und welchen Wert es hat, ist dabei durch einen Vergleich des Werts des Rentenrechts nach dem SGB VI mit dem Wert der fiktiven „Beitrittsgebietsrente” nach Art 2 RÜG zu beantworten; wenn und soweit der Wert der fiktiven „Beitrittsgebietsrente” den Wert der SGB VI-Rente übersteigt, steht ein Recht auf einen Übergangszuschlag zu, der neben das Recht auf die SGB VI-Rente tritt.
Die Beklagte hat dieser Rechtslage zunächst zutreffend in der Weise Rechnung getragen, daß sie die Entscheidung über Grund und Höhe eines Renten- bzw Übergangszuschlages im Rentenbescheid vom 8. Dezember 1993 wie auch im Widerspruchsbescheid vom 28. März 1994 ausdrücklich einem gesonderten Bescheid vorbehalten hatte. Demgegenüber erweckt der nach Umfang, Aufbau und Abstraktionsniveau allenfalls für den über Rechtslage und Sachverhalt umfassend unterrichteten Adressaten nachvollziehbare weitere Bescheid vom 10. März 1995 für den Durchschnittsleser durch seine Überschrift „Rentenbescheid” und den Wortlaut seiner Festsetzungen den mit dem Gesetz unvereinbaren Eindruck, es handle sich entgegen den früheren Hinweisen statt der getrennten Regelungsmaterien „SGB VI-Rente” und „Zuschlag” nunmehr doch um die Festsetzung einer einheitlichen Rente. Dieser Umstand hat offenbar auch das Berufungsgericht veranlaßt, nach entsprechendem Hinweis an die Parteien von einer Einbeziehung nach § 96 SGG auszugehen.
Die Beklagte wird der Klägerin nunmehr entsprechend der dem Bescheid vom 10. März 1995 beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung Gelegenheit zur Nachholung des Widerspruchsverfahrens zu geben und erforderlichenfalls Wiedereinsetzung zu gewähren haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie rechtfertigt sich daraus, daß die Beklagte durch die Fassung des Bescheides vom 10. März 1995 wesentlich die Erstreckung des Berufungsverfahrens auf die Höhe des Zuschlages provoziert und damit auch Anlaß für das – hierauf beschränkte – Revisionsverfahren gegeben hat. Die von den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung als rechtsfähigen Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 29 Abs 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch) unter Wahrung der Schriftform zu treffende abschließende Entscheidung über „einen Anspruch auf Leistungen” (§ 117 SGB VI) verkörpert, wie gleichartige Entscheidungen und Verfügungen in anderen Bereichen, in der Regel eine Mehrheit von Verwaltungsakten iS von § 31 Satz 1 SGB X (§ 35 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz ≪VwVfG≫), die soweit nicht etwas besonderes bestimmt ist, den allgemeinen Regeln des Verwaltungsrechts unterliegen (vgl BVerfGE 76, 256, 309). Jede einzelne in diesem Zusammenhang ergehende Teil-Regelung über die Art des jeweils zuerkannten Rechts, seinen Wert sowie Beginn und Ende unterliegt damit nach § 33 Abs 1 SGB X (§ 37 Abs 1 VwVfG) bereits für sich dem Erfordernis inhaltlicher Bestimmtheit, muß also ihren Sinn, Zweck und Inhalt bei verständiger Würdigung und unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalles (vgl Urteil des Senats vom 21. Juni 1983, 4 RJ 49/82 in VersorgB 1983, 131 = VdKMitt 1983 Nrn 12, 38) so vollständig, klar und unzweideutig erkennen lassen, daß insbesondere der Adressat sein Verhalten danach richten kann und weitere Entscheidungen der zweiten und dritten Gewalt hierauf gestützt werden können (Kopp, Kommentar zum VwVfG, 5. Auflage § 37 Rn 4). Insbesondere muß demgemäß, ohne daß es hierzu weiterer Erklärungen oder Rückfragen bedarf, klar sein, daß es sich bei der in Frage stehenden Verlautbarung um einen Verwaltungsakt handelt, auf welchen Sachverhalt er sich ggf bezieht, und was genau hierdurch wem zuerkannt werden soll (Kopp, aaO Rn 5). Dies gilt erst recht für den Fall der Zusammenfassung von mehreren (Komplexen von) Verfügungssätzen in einem Bescheid auch für das Verhältnis der einzelnen Bereiche und der jeweils zugehörigen Regelungen zueinander.
Gegen diese Grundsätze verstößt der Bescheid der Beklagten vom 10. März 1995 mehrfach und nachhaltig:
An einem als Minimum an Gestaltungsaufwand zu fordernden Bemühen um eine Kennzeichnung der unterschiedlichen Regelungsbereiche, eine – auch räumlich – klare Trennung von Verfügungssätzen und Begründung bzw unzweifelhafte Zuordnung der einzelnen Begründungselemente zu den jeweiligen Regelungen fehlt es demgemäß. Daß mit dem Bescheid vom 10. März 1995 in Wahrheit der Wert des Rentenrechts nach dem SGB VI korrigiert und das Recht auf Übergangszuschlag erstmals zuerkannt wurde, ist unter diesen Umständen allenfalls mit einem so erheblichen Interpretationsaufwand unter
Einbeziehung der gesamten Sach- und Rechtslage erkennbar, daß er jedenfalls von der Klägerin nicht erwartet werden konnte.
Fundstellen
Haufe-Index 1175629 |
ZAP-Ost 1998, 494 |
NZS 1999, 304 |
SozR 3-2600 § 319b, Nr. 1 |
SozSi 1999, 259 |
SozSi 1999, 261 |