Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten werden das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 5. August 1998 und das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 2. Mai 1996 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin für ihren Gesellschafter-Geschäftsführer Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung an die Beklagte zu entrichten hat.
Die Klägerin wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 6. Juli 1988 mit einem Stammkapital von 100.000,00 DM gegründet. Der alleinige Gesellschafter N. (N.) war zugleich Geschäftsführer. Gesellschaftszweck war die Entwicklung, Erstellung, Betreuung und Beratung sowie der Vertrieb von Hard- und Software. N. übertrug mit zwei Gesellschaftsverträgen vom 8. März 1990 Gesellschaftsanteile in Höhe von 65.000,00 DM an den Assessor K. (K.) sowie in Höhe von 35.000,00 DM an den Diplom-Informatiker und Mathematiker H. (H.), jeweils gegen ein Entgelt von 1,00 DM. Das eingezahlte Stammkapital war zu diesem Zeitpunkt verbraucht gewesen. H. hatte bis dahin eine Einzelfirma betrieben, die die Klägerin mit Software beliefert hatte. Seit der Übertragung der Gesellschaftsanteile war der bisherige Gesellschafter N. nicht mehr Geschäftsführer der Klägerin; alleiniger Geschäftsführer der Klägerin war nunmehr der Gesellschafter H., der mit Eintragung in das Handelsregister vom 26. März 1990 bestellt wurde. Nach dieser Eintragung war er befugt, die Gesellschaft bei der Vornahme von Rechtsgeschäften mit sich selbst oder als Vertreter eines Dritten uneingeschränkt zu vertreten. Nach dem zwischen der Klägerin und H. am 22. Dezember 1990 geschlossenen Geschäftsführer-Vertrag mit Vertragsbeginn am 1. September 1991 war H. von den Regelungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) befreit, erhielt ein festes Jahresgehalt, eine Weihnachtsgratifikation sowie ein Urlaubsgeld. Ferner waren darin ein Zuschuß zur Altersversorgung und Krankenversicherung sowie der Abschluß einer privaten Unfallversicherung, die Möglichkeit der Nebentätigkeit, die Geheimhaltungspflicht und außerdem ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot geregelt. Der Geschäftsführer war nach § 9 des Vertrages nicht an bestimmte Arbeitszeiten gebunden. Als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung war ua das Ausscheiden des Geschäftsführers als Gesellschafter der Gesellschaft vorgesehen.
Im Mai 1990 wurde das Stammkapital der Klägerin auf 210.000,00 DM erhöht, ohne daß dadurch an den Beteiligungsverhältnissen eine Änderung eintrat. Der Gesellschafter K. wurde im Oktober 1991 ebenfalls zum allein vertretungsberechtigten Geschäftsführer mit der Befugnis, die Gesellschaft bei der Vornahme von Rechtsgeschäften mit sich selbst oder als Vertreter eines Dritten uneingeschränkt zu vertreten, bestellt.
Auf der Gesellschafterversammlung vom 10. August 1992 wurde das Stammkapital der Klägerin auf 1 Mio DM erhöht. Vom Erhöhungsbetrag übernahm der Gesellschafter H. Anteile in Höhe von 230.000,00 DM, der Gesellschafter K. Anteile in Höhe von 460.000,00 DM und ein neuer Gesellschafter B. (B.) Anteile in Höhe von 100.000,00 DM. Zugleich wurde die Alleinvertretungsbefugnis des Geschäftsführers H. beschlossen und er vom Selbstkontrahierungsverbot befreit. Nach den Feststellungen des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) hielt auch nach der Kapitalerhöhung der Gesellschafter K. die Hälfte seines Anteils für den früheren Gesellschafter N.
Nach Aussage des Gesellschafters K. habe H. als einziger das „Know-how” für Entwicklung und Ausbau des einzigen branchengebundenen Produktes, das die Klägerin herstellte und vertrieb, gehabt. Deswegen sei es faktisch im Kreis der Gesellschafter zu keinen Mehrheitsbeschlüssen gekommen. Man habe sich vielmehr immer mit H. einig werden müssen, weil ansonsten die Gefahr bestanden hätte, daß sich H. aus der Gesellschaft zurückgezogen und einen Konkurrenzbetrieb aufgebaut hätte. Wenn sich H. mit seinem „Know-how” aus dem Betrieb zurückgezogen hätte, wäre der Bestand der Gesellschaft gefährdet gewesen. Bei der Klägerin seien die Bereiche der Geschäftsführer so verteilt gewesen, daß der Gesellschafter K. für das kaufmännische und den Vertrieb einschließlich der Akquisition und H. für den Softwarebereich zuständig gewesen sei. Im Hintergrund habe auch der Gesellschafter N. im Bereich des Vertriebes gewirkt, indem er seine beruflichen Kontakte in der Versicherungsbranche eingesetzt habe. In der Gesellschafterversammlung habe H. im wesentlichen seine Meinung und seinen Sachverstand bezüglich der Entwicklung und Pflege von Software einbringen können; die übrigen Gesellschafter hätten diese Standpunkte aus technischer Sicht akzeptiert. Umgekehrt hätten die anderen Gesellschafter ihre Meinung und ihren Sachverstand bezüglich der kaufmännischen und der Vertriebsbelange eingebracht. Die Beschlüsse seien immer einstimmig ergangen, auch wenn vorher kontrovers diskutiert worden sei.
Mit Wirkung vom 1. März 1998 ist H. von seinen Verpflichtungen bei der Klägerin freigestellt worden und ab April 1998 sowohl als Geschäftsführer als auch als Gesellschafter ausgeschieden. Seine Gesellschaftsanteile an der Klägerin hat H. an die beiden Mitgesellschafter K. und B. zu jeweils 1,00 DM verkauft. Seit seinem Ausscheiden bei der Klägerin ist H. Gesellschafter und Geschäftsführer einer von ihm selbst gegründeten GmbH.
Zuvor sei es – nach der Aussage des Gesellschafters H. – bei der Klägerin zu Schwierigkeiten gekommen, weil ein großer Folgeauftrag nicht rechtzeitig und zufriedenstellend habe fertiggestellt werden können. In diesem Zusammenhang habe der Auftraggeber die Klägerin vor die Alternative von Schadensersatzforderungen oder einer Ausgliederung und Verselbständigung des technischen Bereichs gestellt. Letzteres sei dann mit der GmbH von H. erfolgt. Dem Rat von H., die übriggebliebenen Projekte mit einer verkleinerten Belegschaft fortzuführen, sei die Klägerin nicht gefolgt.
Bei einer von der Beklagten bei der Klägerin im August 1994 durchgeführten Lohnbuchprüfung wurde festgestellt, daß in den Lohnnachweisen für die Jahre 1991, 1992 und 1993 die Geschäftsführervergütung des Gesellschafters H. nicht bei den Lohnaufwendungen angegeben war. Die Beklagte erließ daraufhin nach Ankündigung am 3. November 1994 entsprechend berichtigte Beitragsbescheide für diese Jahre (Bescheide vom 3. November 1994 idF des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 1995).
Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben (Urteil vom 2. Mai 1996). Der Geschäftsführer H. sei selbständig und nicht abhängig tätig gewesen. Er sei zwar nicht aufgrund seiner Stimmrechtsanteile, jedoch wegen seines „Know-how” und dessen Bedeutung für das Unternehmen tatsächlich in der Lage gewesen, als Geschäftsführer das Unternehmen zu beherrschen und ihm nicht genehme Gesellschaftsentscheidungen zu verhindern.
Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 5. August 1998) und zur Begründung ausgeführt, das SG sei zu Recht davon ausgegangen, daß die von der Klägerin abgegebenen Lohnnachweise ohne die Entgelte für den Geschäftsführer H. richtig gewesen seien. Die Beklagte habe die Beitragsbescheide daher nicht ändern dürfen. Der Geschäftsführer H. sei nicht nach § 539 Abs 1 Nr 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) aufgrund eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses bei der Klägerin beschäftigt gewesen. Danach sei Beschäftigter, wer unselbständig Arbeit leiste, dh von einem Arbeitgeber persönlich abhängig sei. Persönliche Abhängigkeit setze die Eingliederung in den Betrieb und eine Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers voraus. Demgegenüber werde die selbständige Tätigkeit durch das Unternehmerrisiko und durch das Recht und die Möglichkeit gekennzeichnet, über die eigene Arbeitskraft sowie über Arbeitsort und Arbeitszeit frei zu verfügen. Der GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer gehöre nicht zu den in abhängiger Beschäftigung stehenden Personen, wenn er die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit von seinem Arbeitgeber kraft seiner Gesellschafterrechte vermeiden könne, weil er mindestens über die Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft bzw – bei einem geringeren Kapitalanteil – über eine Sperrminorität verfüge und damit ihm nicht genehme Entscheidungen verhindern könne. Diese Voraussetzungen erfülle H. zwar nicht; jedoch sei auch dann eine versicherungspflichtige Beschäftigung des Geschäftsführers zu verneinen, wenn er nach der Gestaltung seiner vertraglichen Beziehungen zur GmbH und der tatsächlichen Durchführung des Vertrages im wesentlichen weisungsfrei sei. Bei Abwägung der dafür maßgeblichen Kriterien sei insbesondere entscheidend, daß H. als einziger das „Know-how” für Entwicklung und Ausbau des einzigen branchengebundenen Produkts besessen habe, das die GmbH hergestellt und vertrieben habe. Deswegen sei es faktisch im Kreis der Gesellschafter zu keinen Mehrheitsbeschlüssen gekommen. Die Gesellschafter hätten sich vielmehr immer mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer H. einigen müssen, da ansonsten die Gefahr bestanden hätte, daß sich dieser aus der Gesellschaft zurückgezogen und einen Konkurrenzbetrieb aufgebaut hätte. Daraus ergebe sich, daß die Gesellschafter nicht in der Lage gewesen seien, ihm nicht genehme Weisungen zu erteilen, und dies auch nicht versucht hätten. Dies reiche für die Annahme der faktischen Weisungsfreiheit aus. § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) gelte auch im Unfallversicherungsrecht. Die sich im Zusammenhang mit geschäftsführenden Gesellschaftern ergebenden Abgrenzungsprobleme fänden sich in allen Zweigen der Sozialversicherung sowie im Recht der Arbeitslosenversicherung. Gründe der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit rechtfertigten keine vom Recht der übrigen Sozialversicherung und Arbeitslosenversicherung abweichende Auslegung des § 7 SGB IV. Der Gesetzgeber habe durch das Renten-Überleitungsgesetz (RÜG) vom 25. Juli 1991 (BGBl I, 1606) für die Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie ein Unternehmer selbständig tätig seien, zwar den freiwilligen Beitritt zur gesetzlichen Unfallversicherung ermöglicht, aber auch für diesen Personenkreis eine von der des § 7 SGB IV abweichende Definition des abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht getroffen.
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision rügt die Beklagte, die angefochtenen Urteile verstießen gegen § 539 Abs 1 Nr 1 und § 725 Abs 1 RVO sowie § 2 Abs 4 SGB IV. Der Geschäftsführer der Klägerin habe entgegen der Auffassung der Vorinstanzen zu dem nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO versicherten Personenkreis gehört. GmbH-Geschäftsführer seien grundsätzlich unfallversichert und daher auch beitragspflichtig, es sei denn, daß der Gesellschaftsvertrag dem Gesellschafter-Geschäftsführer eine die Willensbildung der Gesellschaft beherrschende Stellung nach Kapital- und/oder Stimmrecht gebe, so daß ua ohne seine Zustimmung Beschlüsse in der Gesellschaft nicht getroffen werden könnten. Dies seien der Rechtssicherheit dienende nachvollziehbare Kriterien, die dem Gesellschafter-Geschäftsführer die Gelegenheit böten, ggf seinen Unfallversicherungsschutz durch eine freiwillige Versicherung sicherzustellen. Daß Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführer, soweit keine Sperrminorität gegeben sei, aufgrund Kapitalbeteiligung und Stimmrecht nicht in der Lage seien, ihnen nicht genehme Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung zu verhindern und deshalb zum pflichtversicherten Personenkreis gehörten, ergebe sich im Umkehrschluß aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur unternehmerähnlichen Stellung von Gesellschafter-Geschäftsführern, die aufgrund Kapital- und Stimmrechtsanteilen in der Lage seien, Beschlüsse der Gesellschaft zu verhindern. Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführer gehörten regelmäßig zum Kreis der pflichtversicherten Personen, soweit dem nicht gesellschaftsrechtliche Besonderheiten wie Sperrminorität und dergleichen entgegenstünden. Entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Stellung des Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführers in der gesetzlichen Unfallversicherung habe H. zum Kreis der pflichtversicherten Personen gehört. Sein Dienstverhältnis sei in dem vom BSG geforderten Ausmaß von Weisungsunterworfenheit geprägt gewesen. Nach der Verteilung der Aufgabenbereiche der Geschäftsführer in der GmbH habe H. sogar strikter Weisungsgebundenheit bezüglich wesentlicher Geschäftsbereiche unterlegen. Das LSG habe speziell bezüglich der angeblichen Einflußnahme des H. auf die Klägerin aufgrund seines technischen Sachverstandes wesentliche Aussagen des H. übergangen und die Grenzen der freien Beweiswürdigung verfahrensfehlerhaft nicht eingehalten. Dies zeige, daß schon bei der ersten Konfliktsituation der Gesamtwille der Gesellschaft von einer faktischen Einflußnahme von H. gänzlich unberührt geblieben sei. Die Gesellschaftermehrheit habe das ihr zustehende Direktionsrecht damit tatsächlich ausgeübt, sobald es darauf angekommen sei. Ferner habe das LSG hinsichtlich der vorgebrachten Branchenkenntnisse den tatsächlichen technischen Einfluß des H. rechtserheblich verkannt und die Bedeutung von Branchenkenntnissen für die Beurteilung der persönlichen Abhängigkeit strapaziert.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 5. August 1998 und das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 2. Mai 1996 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist begründet. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen war die Beklagte rechtlich befugt, die Beitragsbescheide für die Jahre 1991 bis 1993 durch die angefochtenen Bescheide nachträglich zu ändern.
Die beitragsrechtlichen Entscheidungen der Beklagten bezüglich der Jahre 1991 bis 1993 richten sich noch nach den Vorschriften der RVO. Am 1. Januar 1997 ist zwar das Siebte Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VII) in Kraft getreten (Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes ≪UVEG≫). Gemäß § 219 Abs 1 Satz 2 SGB VII sind aber die Vorschriften der RVO über die Aufbringung der Mittel für die vor 1997 liegenden Haushaltsjahre weiter anzuwenden.
Gemäß § 749 Nr 3 RVO darf die Berufsgenossenschaft nach Zustellung des Bescheids den Beitrag – abweichend von den §§ 45 und 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) – zuungunsten des Beitragsschuldners ausnahmsweise noch anders feststellen, wenn der Lohnnachweis sich als unrichtig ergibt. Diese Voraussetzungen waren vorliegend für die streitigen Jahre 1991, 1992 und 1993 gegeben. Denn die von der Klägerin für diese Zeiträume abgegebenen Lohnnachweise waren ohne die Entgelte für den Gesellschafter-Geschäftsführer H. unrichtig. Er war im fraglichen Zeitraum nach dem Gesamtbild aufgrund eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses gem § 539 Abs 1 Nr 1 RVO bei der Klägerin beschäftigt. Sie hatte daher für ihn nach den §§ 723 ff RVO Beiträge zu entrichten.
Beschäftigung ist nach der Legaldefinition des § 7 Abs 1 SGB IV, der für sämtliche Bereiche der Sozialversicherung gilt, die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Danach ist Arbeitnehmer, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist (vgl BSG SozR 2100 § 7 Nr 7 mwN). Die persönliche Abhängigkeit stellt das wesentliche, das charakteristische Merkmal des Beschäftigungsverhältnisses dar (Krasney in Schrammel, Versicherungs- und Beitragspflicht in der Sozialversicherung, 1985, S 4). Persönliche Abhängigkeit bedeutet Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers, insbesondere in bezug auf Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsausführung. Das Weisungsrecht kann allerdings besonders bei Diensten höherer Art erheblich eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozeß verfeinert” sein (vgl BSG SozR 2100 § 7 Nr 7 mwN). Es darf aber nicht vollständig entfallen. Kennzeichnend für eine selbständige Tätigkeit ist demgegenüber das eigene Unternehmerrisiko, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die Möglichkeit, frei über Arbeitsort und Arbeitszeit zu verfügen (vgl BSG, Urteil vom 27. Juli 1989 – 11/7 RAr 71/87 –, HV-Info 1989, 2678 mwN). In Zweifelsfällen kommt es darauf an, welche Merkmale überwiegen. Dies richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, wobei die vertragliche Ausgestaltung im Vordergrund steht, die allerdings zurücktritt, wenn die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend davon abweichen (vgl BSG, aaO). Nach diesen Grundsätzen richtet sich auch die Beantwortung der Frage, ob die Tätigkeit des Geschäftsführers einer GmbH, dessen Organstellung allein eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft bzw den Gesellschaftern nicht ausschließt (BSGE 13, 196, 200 = SozR Nr 5 zu § 1 AVG aF; BSG, Urteil vom 27. Juli 1989 – 11/7 RAr 71/87 –, HV-Info 1989, 2678; BSG, Urteil vom 29. Oktober 1986 – 7 RAr 43/85 –, USK 86145), eine abhängige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit darstellt. Ob eine Tätigkeit außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses in einem Beschäftigungsverhältnis ausgeübt wird, richtet sich danach, ob nach dem Gesamtbild eine persönliche Abhängigkeit von der Gesellschaft besteht (vgl Krasney, aaO, S 10). Ist der Geschäftsführer zugleich Gesellschafter der GmbH, hängt die Entscheidung, ob ein abhängiges, die Versicherungspflicht auslösendes Arbeitsverhältnis vorliegt, davon ab, ob er einen bestimmenden Einfluß auf die Entscheidungen der Gesellschaft ausübt (vgl BSGE 13, 196; 194 = SozR aaO; BSGE 38, 53, 57 = SozR 4600 § 56 Nr 1; BSG SozR 2100 § 7 Nr 7; BSG, Urteil vom 25. Oktober 1989 – 2 RU 12/89 –, HV-Info 1990, 112; BSG, Urteil vom 27. Juli 1989 – 11/7 RAr 71/87 –, HV-Info 1989, 2678; BSG, Urteil vom 14. Dezember 1995 – 2 RU 41/94 –, SGb 1996, 487; Krasney, aaO; Schlegel in Schulin, HS-UV § 14 RdNr 38 f; Brackmann/Wiester, Handbuch der Sozialversicherung, SGB VII, 12. Aufl § 2 RdNr 100). Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis liegt dann nicht vor, wenn der Geschäftsführer an der Gesellschaft beteiligt ist und er allein oder jedenfalls mit Hilfe seiner Gesellschafterrechte die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit vermeiden kann.
Schon vom Reichsversicherungsamt (RVA) ist die Frage eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses danach beurteilt worden, ob der Geschäftsführer als Gesellschafter einen maßgeblichen Einfluß auf die Gesellschaft hat (RVA AN 1931, 201 und AN 1938, 384), wobei die Größe des Einflusses nach der Höhe des Geschäftsanteils des Gesellschafters bestimmt wurde. Bei einer Beteiligung von weniger als der Hälfte am Stammkapital wurde regelmäßig ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis angenommen (s Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl, S 470o I). Soweit aus der entsprechenden Beteiligung am Stammkapital und dem hierdurch begründeten, beherrschenden Einfluß auf eine selbständige Tätigkeit des Geschäftsführers geschlossen wurde, ist die Rechtsprechung des BSG dem beigetreten (vgl BSGE 17, 15, 20 = SozR Nr 27 zu § 537 RVO aF). So wurde ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis iS des § 539 Abs 1 Nr 1 RVO bei einem zur Hälfte am Stammkapital einer GmbH beteiligten Geschäftsführer verneint, weil er zumindest jederzeit verhindern kann, daß überhaupt ein Beschluß gefaßt wird (BSGE 23, 83, 84/85 = SozR Nr 41 zu § 537 RVO aF). In diesem Fall unterliegt der Geschäftsführer keinem eine persönliche Abhängigkeit begründenden Weisungsrecht der Gesellschafter. Dies bedeutet, daß die Versicherungspflicht des Geschäftsführers einer GmbH, der zugleich deren Gesellschafter ist, davon abhängt, ob wegen seiner Kapitalbeteiligung noch ein Verhältnis der persönlichen Abhängigkeit vorliegt. Hat ein solcher Geschäftsführer aufgrund seiner Kapitalbeteiligung einen so maßgeblichen Einfluß auf die Entscheidungen der Gesellschaft, daß er jeden ihm nicht genehmen Beschluß verhindern kann, so fehlt die das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis wesentlich kennzeichnende persönliche Abhängigkeit (vgl Brackmann, aaO, S 470q mwN aus Rechtsprechung und Schrifttum). Dies ist der Fall, wenn der Geschäftsführer Mehrheitsgesellschafter ist, er also über die Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft oder mehr verfügt (BSGE 23, 83, 84 = SozR aaO; BSGE; 42, 1, 2 = SozR 2200 § 723 Nr 1; BSG SozR 30 zu § 539 RVO), und zwar auch dann, wenn er von der ihm zustehenden Rechtsmacht tatsächlich keinen Gebrauch macht und die Entscheidung anderen überläßt (BSG SozR 3-4100 § 168 Nrn 5 und 8; BSGE 66, 69, 71 = SozR 4100 § 104 Nr 19). Unter Umständen genügt auch schon ein geringerer Kapitalanteil, insbesondere wenn er über eine Sperrminorität verfügt, die sich ua darauf erstreckt, ihm nicht genehme Weisungen gerade hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort der Tätigkeit zu verhindern (vgl BSG SozR 3-4100 § 104 Nr 8; SozR 3-4100 § 168 Nr 8).
Der Umkehrschluß, daß mangels eines durch die Kapitalbeteiligung hervorgerufenen beherrschenden Einflusses auf die Gesellschaft regelmäßig ein Abhängigkeitsverhältnis des Gesellschafter-Geschäftsführers anzunehmen ist, ist von der Rechtsprechung des BSG nicht gebilligt worden (BSGE 13, 196, 200 = SozR aaO; Brackmann/Wiester, aaO). In solchen Fällen hängt das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nach allgemeinen Grundsätzen wesentlich davon ab, ob der Geschäftsführer nach dem Gesamtbild seiner Tätigkeit einem seine persönliche Abhängigkeit begründenden Weisungsrecht der GmbH unterliegt. Denn auch wenn der geschäftsführende Gesellschafter über keine Mehrheit am Stammkapital und auch nicht über eine Sperrminorität verfügt, kann eine abhängige Beschäftigung weiter dann ausgeschlossen sein, wenn es ihm sein tatsächlicher Einfluß auf die Willensbildung der GmbH gestattet, nicht genehme Weisungen der genannten Art zu verhindern (vgl BSG SozR 2100 § 7 Nr 7; SozR 3-2400 § 7 Nr 4). Dies kann zB der Fall sein, wenn zwar nicht er selbst, jedoch seine Familie über die Kapitalmehrheit verfügt, und ihm von den übrigen Familienmitgliedern freie Hand gelassen wird. Desgleichen, wenn er auch als externer (angestellter) Geschäftsführer in der GmbH „schalten und walten” kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil diese wirtschaftlich von ihm abhängig sind (Schlegel in Schulin, aaO, RdNr 40). Hierbei ist entscheidend, ob nach dem Gesamtbild der Geschäftsführer aufgrund des Gesellschaftsvertrages sowie aufgrund des Geschäftsführer-Vertrages von der Gesellschaft persönlich abhängig ist oder nicht. Diese rechtlichen Voraussetzungen hat das LSG verkannt, indem es entscheidende Gesichtspunkte überhaupt nicht berücksichtigt hat.
Nach den Gesamtumständen war der Geschäftsführer H. entgegen der Ansicht des LSG sowohl aufgrund des Gesellschaftsvertrages als auch aufgrund des Geschäftsführervertrages von der Gesellschaft persönlich abhängig. Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) war der Geschäftsführer H. weder Mehrheitsgesellschafter noch verfügte er über eine Sperrminorität in der GmbH. Hinzu kommt, daß vor allem nach der vertraglichen Ausgestaltung des Geschäftsführervertrages dieser vorherrschend typische Bestandteile von Arbeitsverträgen abhängig beschäftigter Personen aufwies. So erhielt der Geschäftsführer ein festes Jahresgehalt, eine Weihnachtsgratifikation sowie ein Urlaubsgeld; zusätzlich hatte er Anspruch auf einen Zuschuß zur Altersversorgung und Krankenversicherung sowie den Abschluß einer privaten Unfallversicherung. Geregelt waren ferner die Möglichkeit der Nebentätigkeit, die Geheimhaltungspflicht und ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Außerdem enthielt der Anstellungsvertrag eine Kündigungsklausel sowie die Klausel, daß der Geschäftsführer seine Arbeitskraft mit seinen Kenntnissen und Erfahrungen der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen hatte und daß er bei der Bestimmung des Urlaubszeitpunktes den Bedürfnissen der Geschäftsführung Rechnung zu tragen hatte. Ferner fehlen Regelungen darüber, daß sich das Gehalt des Geschäftsführers am Verlust und Gewinn der Klägerin orientiert oder sonstige Bestimmungen über die Zahlung gewinnabhängiger Tantiemen neben dem Festgehalt. Bei diesen Regelungen handelt es sich somit um typische Bestandteile von Arbeits- und Dienstverträgen abhängig Beschäftigter. Das Urteil des LSG enthält keinen Hinweis, daß die vertraglichen Regelungen nicht eingehalten wurden bzw von den tatsächlichen Verhältnissen abwichen. Das LSG hat demgegenüber in der Befreiung von der Bindung an bestimmte Arbeitszeiten im Geschäftsführervertrag, in der Freistellung vom Verbot des Selbstkontrahierens als Geschäftsführer und vor allem in dem Umstand, daß H. als einziger über das „Know-how” für die Entwicklung und den Ausbau des einzigen branchengebundenen Produkts, das die GmbH herstellte und vertrieb, verfügte, als maßgebliche Kriterien für eine faktische Weisungsfreiheit von H. bei seiner Tätigkeit als Geschäftsführer gewertet.
Wenn eine Tätigkeit Merkmale aufweist, die sowohl auf Abhängigkeit als auch Unabhängigkeit der Tätigkeit hinweisen, ist entscheidend, welche Merkmale überwiegen (vgl BSG, Urteil vom 23. Juni 1994 – 12 RK 72/92 –, NJW 1994, 2974, 2975 = USK 9448). Dabei sind alle Umstände des Falles zu berücksichtigen (vgl BSG SozR 2100 § 7 Nr 8; BSG, Urteil vom 23. Juni 1994, aaO). Maßgebend ist dabei das Gesamtbild, ob der Geschäftsführer von der Gesellschaft persönlich abhängig ist (vgl Krasney, aaO, S 11). Dies hat das LSG rechtlich nicht hinreichend beachtet.
Nach diesem Gesamtbild stand H. vor allem aufgrund der vertraglichen Ausgestaltung des Geschäftsführervertrages in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gemäß § 539 Abs 1 Nr 1 RVO zur GmbH. Das LSG hat zwar einige Aspekte aufgezeigt, die für eine selbständige Geschäftsführertätigkeit von H. bei der Klägerin sprechen. Insgesamt aber unterschied sich sein Geschäftsführervertrag hinsichtlich seiner Ausgestaltung kaum von dem eines Geschäftsführers, der nicht zugleich die Stellung eines Gesellschafters innehatte. Bei diesem wäre bei gleichem Vertrag zweifellos das Vorliegen einer Arbeitnehmereigenschaft angenommen worden. Der vom LSG dabei als maßgeblich angesehene Umstand, daß H. als einziger in der Gesellschaft über das besondere „Know-how” bezüglich Entwicklung und Ausbau des einzigen branchengebundenen Produkts der Klägerin verfügte, hat kein derartiges Gewicht, um daraus eine selbständige Tätigkeit abzuleiten. Denn es ist durchaus üblich, daß Geschäftsführer spezielle Fachkenntnisse aufweisen und diese sind vielfach gerade Voraussetzung für die Übertragung dieser Aufgabe. Dagegen kommt die Abhängigkeit der Geschäftsführertätigkeit gerade dadurch zum Ausdruck, daß die Geschäftsführer nach dem Geschäftsführervertrag ihre gesamte Arbeitskraft sowie Kenntnisse und Erfahrungen in den Dienst der Gesellschaft zu stellen haben. Dies war nach den Feststellungen des LSG auch bei H. der Fall. Seine besonderen Fachkenntnisse dienten gerade der Erfüllung seiner Geschäftsführerpflichten. Daß das „Know-how” keine derart entscheidende Bedeutung hatte, zeigt der Umstand, daß die Gesellschafter bei offenbar erstmaligen Schwierigkeiten wegen eines Folgeauftrages gegen H. trotz seines „Know-hows” entschieden, was zu seinem Ausscheiden aus der GmbH führte.
Da die angefochtenen berichtigten Bescheide der Beklagten im übrigen rechtlich nicht zu beanstanden sind und insbesondere auch die Klägerin gegen die darin festgestellte Höhe der Beiträge insoweit keine Einwendungen erhoben hat, waren auf die Revision der Beklagten die angefochtenen Urteile aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 936383 |
NZA 2000, 312 |
Breith. 1999, 1033 |
GK/Bay 2001, 256 |
SozSi 1999, 415 |