Entscheidungsstichwort (Thema)
Ortszuschlagsstufe bei einer dem öffentlichen Dienst gleichzustellenden Ehegattenbeschäftigung. Rückforderung überzahlter Bezüge aus Schadensersatzgesichtspunkten
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist der Ehegatte eines Soldaten bei einer Vereinigung tätig, welche die Träger öffentlich geförderter Krankenhäuser zur Wahrnehmung eines Teils ihrer Aufgaben gegründet haben und finanzieren, und hat er dort in Anwendung der für den öffentlichen Dienst getroffenen oder vergleichbarer Regelungen Anspruch auf den Ortszuschlag der Stufe 2 (für Verheiratete), so steht dem Soldaten der Verheirateten-Bestandteil des Ortszuschlages nur zur Hälfte zu.
2. Der Dienstherr kann die Rückzahlung überzahlter Dienstbezüge als Schadensersatz verlangen, wenn der Soldat die Überzahlung durch pflichtwidrige und schuldhafte Nichtanzeige einer Veränderung des Beschäftigungsverhältnisses seiner Ehefrau verursacht hat (im Anschluß an BVerwGE 39, 307).
Normenkette
SG § 24 Abs. 1 S. 1; BBesG § 40 Abs. 7 Sätze 1, 3, Abs. 5 S. 1
Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 24.05.1989; Aktenzeichen 2 A 27/89) |
VG Neustadt a.d. Weinstraße (Entscheidung vom 15.11.1988; Aktenzeichen 6 K 360/87) |
Tatbestand
Der klagende Soldat wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem die Beklagte von ihm die Rückzahlung von Ortszuschlag verlangt; außerdem begehrt er die Weiterzahlung eines höheren Ortszuschlages über den 1. Mai 1987 hinaus.
Der Kläger steht als Feldwebel (Soldat auf Zeit) im Dienste der Beklagten. Er ist seit September 1985 verheiratet und erhielt seitdem bis einschließlich April 1987 den Ortszuschlag der Stufe 2 in voller Höhe ausbezahlt. In einer Erklärung zum Ortszuschlag vom Oktober 1985 gaben er und seine Ehefrau an, daß seine Ehefrau außerhalb des öffentlichen Dienstes vollbeschäftigt sei. Das vom Kläger unterzeichnete Erklärungsformular enthält folgenden Zusatz: "Mir ist bekannt, daß ich verpflichtet bin, jede in den vorstehend dargelegten Verhältnissen eintretende Änderung meiner vorgesetzten Dienststelle ... sofort anzuzeigen, und daß ich alle Bezüge, die ich infolge unterlassener, verspäteter oder fehlerhafter Meldung zuviel erhalten habe, zurückzahlen muß."
Am 11. August 1986 nahm die Ehefrau des Klägers eine Teilzeitbeschäftigung bei der S. Krankenhausgesellschaft e.V. (im folgenden: SKG) auf. Dabei handelt es sich um eine Vereinigung der Träger von Kranken-, Heil- und Pflegeanstalten und ihrer Spitzenverbände im Saarland, die durch an der Bettenzahl orientierte Mitgliedsbeiträge finanziert wird. Die Aufnahme der neuen Beschäftigung seiner Ehefrau teilte der Kläger dem Wehrbereichsgebührnisamt erst im Februar 1987 mit. Danach forderte dieses eine Vergleichsmitteilung bei der SKG an, die am 23. März 1987 bei ihm einging. Danach erhält die Ehefrau des Klägers bei der SKG den Ortszuschlag der Stufe 2 in voller Höhe. Daraufhin veranlaßte das Wehrbereichsgebührnisamt, daß dem Kläger ab Mai 1987 der ehegattenbezogene Anteil im Ortszuschlag nur noch zur Hälfte ausbezahlt wurde, und bat den Innenminister des Saarlandes um eine Entscheidung nach § 40 Abs. 7 Satz 4 BBesG hinsichtlich der SKG. Dieser teilte mit, daß die SKG zwar keine direkten Mittelzuweisungen der öffentlichen Hand erhalte, jedoch durch Beiträge der ihr angehörenden Krankenhäuser finanziert werde; da diese in der Regel staatliche Fördermittel erhielten, sei die öffentliche Hand an der SKG mittelbar beteiligt, so daß die Voraussetzungen einer Gleichstellung mit dem öffentlichen Dienst erfüllt seien.
Mit dem angegriffenen Bescheid forderte das Wehrbereichsgebührnisamt nach vorheriger Anhörung des Klägers einen Betrag von 588,72 DM an überzahltem Ortszuschlag für den Zeitraum von September 1986 bis April 1987 zurück, weil der Unterschiedsbetrag zwischen den Stufen 1 und 2 des Ortszuschlages dem Kläger ab September 1986 nur noch zur Hälfte zustehe. Der Kläger habe die Überzahlung durch eine schuldhafte Pflichtverletzung verursacht, indem er die Änderung in dem Beschäftigungsverhältnis seiner Ehefrau nicht rechtzeitig mitgeteilt habe. Die Beschwerde des Klägers wies die Wehrbereichsverwaltung zurück.
Die einerseits auf Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 40 Abs. 5 in Verbindung mit Abs. 7 Satz 3 BBesG und andererseits auf Wegfall der Bereicherung gestützte Klage mit dem Antrag,
den Rückforderungsbescheid vom 19. August 1987 in der Gestalt des Beschwerdebescheids vom 12. Oktober 1987 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger den Ortszuschlag der Stufe 2 über den Monat April 1987 hinaus zu zahlen,
hat das Verwaltungsgericht abgewiesen.
Die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen, im wesentlichen aus folgenden Gründen:
Dem Kläger stehe, seit seine Ehefrau im August 1986 in ein Beschäftigungsverhältnis bei der SKG eingetreten sei, der Unterschiedsbetrag zwischen den Stufen 1 und 2 des Ortszuschlages gemäß § 40 Abs. 5 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 7 Satz 3 BBesG nur noch zur Hälfte zu. Die Tätigkeit der Ehefrau im Dienste der SKG stehe einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst gleich. Bei der SKG handele es sich um einen sonstigen Arbeitgeber, der die in den für den öffentlichen Dienst maßgebenden Tarifverträgen oder in den Besoldungsgesetzen über Ortszuschläge oder Sozialzuschläge getroffenen Regelungen oder vergleichbare Regelungen anwende und an dem der Bund oder eine der in § 40 Abs. 7 Satz 1 BBesG bezeichneten Körperschaften oder Verbände durch Zahlung von Beiträgen oder Zuschüssen oder in anderer Weise beteiligt sei.
Dafür, daß die SKG die Regelungen über Ortszuschläge anwende, spreche bereits der Wortlaut ihrer Vergleichsmitteilung an die Beklagte. Das Berufungsgericht gehe - wie näher dargelegt - von der Richtigkeit dieser Annahme aus.
Auch die weitere Voraussetzung des § 40 Abs. 7 Satz 3 BBesG, die (finanzielle) Beteiligung des Bundes oder einer der in § 40 Abs. 7 Satz 1 BBesG bezeichneten Körperschaften oder Verbände an der SKG e.V., sei zur Überzeugung des Berufungsgerichts erfüllt. Die Regelung sei ihrem Wortlaut nach weit gefaßt und auch weit auszulegen. In diesem Sinne stammten die Geldmittel, die die SKG für die Vergütung ihrer Bediensteten und die darin enthaltenen sozialen Komponenten aufwende, zum Teil aus öffentlichen Kassen. Sie würden von den Mitgliedern der SKG aufgebracht, die als Krankenhausträger öffentliche Fördermittel nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz in beträchtlicher Höhe erhielten. Eine Tätigkeit bei einem derart geförderten Krankenhaus stehe daher einer solchen im öffentlichen Dienst gemäß § 40 Abs. 7 Satz 3 BBesG gleich. Diese Gleichstellung müsse sich dann aber auch auf die Tätigkeit bei der von den Krankenhausträgern gegründeten und finanzierten SKG erstrecken.
Die Beklagte verlange vom Kläger auch zu Recht die Zahlung des für den Zeitraum von September 1986 bis April 1987 zuviel erhaltenen Ortszuschlages. Insoweit sei Rechtsgrundlage der angefochtenen Bescheide § 24 Abs. 1 Satz 1 SG, auf den sich der Beschwerdebescheid ausdrücklich stütze. Der Kläger habe schuldhaft seine Pflicht verletzt, jede Änderung sofort anzuzeigen, die in den auf dem Erklärungsformular zum Ortszuschlag dargelegten und abgefragten Verhältnissen eintrete. Ihre Nichtbeachtung sei ursächlich dafür gewesen, daß ihm in der Zeit von September 1986 bis April 1987 zuviel Ortszuschlag ausbezahlt worden sei.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt, mit der er sein ursprüngliches Klagebegehren weiterverfolgt. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts.
Die Beklagte tritt der Revision entgegen und beantragt,
sie zurückzuweisen.
Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Auffassung des Berufungsgerichts, daß die Voraussetzungen der Kürzung des Ortszuschlages nach § 40 Abs. 5, Abs. 7 Satz 3 des Bundesbesoldungsgesetzes - BBesG - erfüllt seien und daß die Beklagte die demnach überzahlten Beträge vom Kläger als Schadensersatz nach § 24 Abs. 1 Satz 1 des Soldatengesetzes - SG - zurückfordern könne, hält der revisionsgerichtlichen Nachprüfung stand.
1. Dem Kläger steht seit September 1986 gemäß § 40 Abs. 5 Satz 1, Abs. 7 Satz 3 BBesG nur die Hälfte des ehegattenbezogenen Anteils im Ortszuschlag (Unterschiedsbetrag der Stufen 1 und 2 des Ortszuschlages) zu, weil seine Ehefrau zwar nicht im öffentlichen Dienst, aber im Dienst eines sonstigen Arbeitgebers tätig ist, der die für den öffentlichen Dienst maßgebenden Regelungen über Ortszuschläge oder vergleichbare Regelungen anwendet und an dem eine der in § 40 Abs. 7 Satz 1 BBesG bezeichneten Körperschaften finanziell beteiligt ist, und seine Ehefrau dort Anspruch auf Ortszuschlag der Stufe 2 hat.
Das Berufungsgericht hat in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß die Saarländische Krankenhausgesellschaft e.V. (SKG), bei der die Ehefrau des Klägers beschäftigt ist, die Regelungen über Ortszuschläge anwendet und hiernach der Ehefrau den Ortszuschlag der Stufe 2 zahlt. Diese tatsächliche Feststellung ist für den Senat mangels dagegen gerichteter durchgreifender Verfahrensrügen bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO).
Das Berufungsgericht hat ferner tatsächlich festgestellt, daß die SKG durch an der Bettenzahl orientierte Mitgliedsbeiträge der ihr angehörenden Krankenhausträger finanziert wird und daß deren Finanzaufkommen wiederum zu einem nicht unerheblichen Teil durch öffentliche Fördermittel nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG - i.d.F. der Bekanntmachung vom 23. Dezember 1985 (BGBl. I 1986 S. 33 mit späteren Änderungen; jetzt i.d.F. der Bekanntmachung vom 10. April 1991, BGBl. I S. 886) in beträchtlicher Höhe bereitgestellt wird. Auch diese tatsächlichen Feststellungen sind für den Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindend. Aus ihnen folgt zunächst, daß das für die Förderung der Investitionskosten der betreffenden Krankenhäuser nach § 4 Satz 1 Nr. 1, §§ 9 ff. KHG zuständige Land an den Krankenhausträgern - soweit diese nicht schon selbst zu den in § 40 Abs. 7 Satz 1 bezeichneten Körperschaften gehören - im Sinne des § 40 Abs. 7 Satz 3 BBesG finanziell beteiligt ist. Daß die Förderung nach dem KHG als Beteiligung im Sinne des § 40 Abs. 7 Satz 3 BBesG in Betracht kommt, verdeutlicht schon § 40 Abs. 7 Satz 1 zweiter Halbsatz BBesG, der unter den kirchlichen Einrichtungen, bei denen die Voraussetzungen des Satzes 3 erfüllt sein können, ausdrücklich auch Krankenhäuser nennt; als mögliche Form der finanziellen Beteiligung fällt hier im wesentlichen die Förderung nach dem KHG ins Gewicht.
Der Anwendbarkeit der Regelung steht auch nicht entgegen, daß die Ehefrau des Klägers nicht unmittelbar bei einem der öffentlich geförderten Krankenhausträger beschäftigt ist, sondern von der - nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts - von diesen zur rationelleren und effizienteren Wahrnehmung eines Teils ihres Aufgaben- oder Interessenbereichs gegründeten und finanzierten SKG. Bei gebotener wirtschaftlicher Betrachtungsweise geht in diesem Falle die Beschäftigung gleichermaßen teilweise zu Lasten der öffentlichen Hand wie bei unmittelbarer Beschäftigung durch die Krankenhausträger. Die Anwendung der Konkurrenzregelung auch auf einen solchen Fall ist geboten, weil sie schon ihrem Wortlaut nach weit gefaßt und auch ihrer Zweckbestimmung nach weit auszulegen ist, so daß weder eine Gewährung gerade personalkostengebundener Mittel noch ein unmittelbarer Zufluß von einer der in § 40 Abs. 7 Satz 1 BBesG bezeichneten Körperschaften erforderlich ist (vgl. Beschluß vom 24. Februar 1983 - BVerwG 2 B 22.83 - ≪ZBR 1983, 184≫; Urteil vom 11. Juni 1985 - BVerwG 2 C 4.82 - ≪Buchholz 235 § 40 Nr. 9 = ZBR 1985, 312≫). Eine uferlose Ausdehnung der Konkurrenzregelung, wie die Revision meint, braucht auch bei weiter Auslegung des Merkmals der finanziellen Beteiligung schon deshalb nicht befürchtet zu werden, weil die Regelung nur die im öffentlichen Dienst vorgesehenen oder vergleichbare familienbezogene Bestandteile der Bezüge betrifft, die z.B. im Bereich der gewerblichen Wirtschaft ohnehin nicht üblich sind.
Die in § 40 Abs. 7 Satz 4 BBesG vorgesehene Entscheidung des für das Besoldungsrecht zuständigen Ministers ist für die Anwendbarkeit der Konkurrenzregelung nicht von konstitutiver Bedeutung (vgl. Urteile vom 11. Juni 1985 - BVerwG 2 C 4.82 - ≪a.a.O.≫ und vom 27. Januar 1987 - BVerwG 2 C 4.85 - ≪Buchholz 240 § 12 Nr. 12 *= ZBR 1987, 281≫).
2. Hinsichtlich der Rückforderung der hiernach in der Vergangenheit überzahlten Ortszuschlagsteile ist das Berufungsgericht ohne revisiblen Rechtsfehler davon ausgegangen, daß diese als Schadensersatzanspruch auf § 24 Abs. 1 Satz 1 SG gestützt werden konnte und auch begründet ist, weil der Kläger dienstlich verpflichtet war, wie in dem von ihm unterzeichneten Erklärungsformular ausdrücklich verlangt, die Änderung des Beschäftigungsverhältnisses seiner Ehefrau der vorgesetzten Dienststelle sofort anzuzeigen, und weil er dies schuldhaft unterlassen und dadurch den durch die Überzahlung eingetretenen Schaden der Beklagten verursacht hat. Daß eine Rückzahlung überzahlter Bezüge auch als Schadensersatz verlangt werden kann, wenn die Überzahlung durch eine schuldhafte Dienstpflichtverletzung verursacht ist, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwGE 17, 286; 29, 114; 39, 307 ≪gerade in bezug auf Soldaten≫; vgl. auch BVerwGE 71, 354 ≪358≫). Für den von der Revision geltend gemachten Einwand des Wegfalls der Bereicherung ist gegenüber dem Schadensersatzanspruch kein Raum.
Fundstellen
Haufe-Index 543776 |
Buchholz 240 § 40 BBesG, Nr 24 (LT) |
DokBer B 1991, 328 (L) |
BWVPr 1992, 164 (L) |
Quelle 1992, Nr 10, 26 (S) |
Quelle 1992, Nr 4, 26 (T) |
USK, 9174 (LT) |
WzS 1992, 280 (K) |
ZBR 1992, 105 |
ZBR 1992, 105-106 (LT) |
ZTR 1992, 43-44 (LT) |
DÖD 1992, 175-177 (LT) |
DVBl 1992, 102-104 (LT) |
PersR 1992, 127-128 (L) |
PersV 1992, 124 (L) |