Entscheidungsstichwort (Thema)
Übergang von Unternehmen. Richtlinie 2001/23/EG. Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer. Vertreter der Arbeitnehmer. Selbständigkeit der übertragenen Einheit
Beteiligte
Federación de Servicios Públicos de la UGT (UGT-FSP) |
Ayuntamiento de La Línea de la Concepción |
María del Rosario Vecino Uribe |
Tenor
Eine übertragene wirtschaftliche Einheit behält ihre Selbständigkeit im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen, wenn die Befugnisse, die innerhalb der Organisationsstrukturen des Veräußerers den für diese Einheit Verantwortlichen gewährt worden sind – nämlich die Befugnis, die Arbeit innerhalb der genannten Einheit bei der Verfolgung der wirtschaftlichen Tätigkeit, die ihr eigen ist, relativ frei und unabhängig zu organisieren, und insbesondere die Befugnisse, Weisungen und Instruktionen zu erteilen, Aufgaben auf die untergeordneten Arbeitnehmer, die zu der fraglichen Einheit gehören, zu verteilen und über die Verwendung der materiellen Ressourcen, die ihr zur Verfügung stehen, zu entscheiden, und zwar ohne unmittelbares Eingreifen anderer Organisationsstrukturen des Inhabers –, innerhalb der Organisationsstrukturen des Erwerbers im Wesentlichen unverändert bleiben.
Der bloße Austausch der obersten Dienstvorgesetzten kann als solcher der Selbständigkeit der übertragenen Einheit keinen Abbruch tun, es sei denn, die neuen obersten Dienstvorgesetzten verfügen über Befugnisse, die es ihnen ermöglichen, unmittelbar die Tätigkeit der Arbeitnehmer dieser Einheit zu organisieren und somit bei der Entscheidungsfindung innerhalb dieser Einheit an die Stelle der unmittelbaren Vorgesetzten dieser Arbeitnehmer zu treten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Juzgado de lo Social Único de Algeciras (Spanien) mit Entscheidung vom 26. März 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 28. April 2009, in dem Verfahren
Federación de Servicios Públicos de la UGT (UGT-FSP)
gegen
Ayuntamiento de La Línea de la Concepción,
María del Rosario Vecino Uribe,
Ministerio Fiscal
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter G. Arestis, J. Malenovský (Berichterstatter) und D. Šváby,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- des Ministerio Fiscal, vertreten durch J. L. M. Retamino als Bevollmächtigten,
- der spanischen Regierung, vertreten durch B. Plaza Cruz als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Enegren und R. Vidal Puig als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 6. Mai 2010
folgendes
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. L 82, S. 16).
Rz. 2
Dieses Ersuchen erging im Rahmen eines Rechtsstreits, in dem sich die Federación de Servicios Públicos de la UGT (UGT-FSP) auf der einen und der Ayuntamiento de La Línea de la Concepción (im Folgenden: Ayuntamiento [Gemeinderat] de La Línea), Frau del Rosario Vecino Uribe und 19 weitere Beklagte sowie das Ministerio Fiscal auf der anderen Seite wegen der Weigerung des Ayuntamiento de La Línea gegenüberstehen, die Eigenschaft als gesetzlicher Vertreter der Arbeitnehmer Personen zuzuerkennen, die gewählt wurden, um diese Aufgabe in verschiedenen Unternehmen wahrzunehmen, die mit Konzessionen für auf diese Gemeinde übergegangene Gemeinwohldienstleistungen betraut waren.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Die Richtlinie 2001/23 kodifiziert die Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. L 61, S. 26) in der durch die Richtlinie 98/50/EG des Rates vom 29. Juni 1998 (ABl. L 201, S. 88) geänderten Fassung.
Rz. 4
Dem dritten Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/23 zufolge „sind Bestimmungen notwendig, die die Arbeitnehmer bei einem Inhaberwechsel schützen und insbesondere die Wahrung ihrer Ansprüche gewährleisten”.
Rz. 5
In Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie heißt es:
- „Diese Richtlinie ist auf den Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- bzw. Betriebsteilen auf einen anderen Inhaber durch vertragliche Übertragung oder durch Verschmelzung anwendbar.
- Vorbehaltlich Buchstabe a) und der nachstehenden Bestimmungen diese...