Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung des Betriebsrates
Leitsatz (amtlich)
Die Einführung und Anwendung eines elektronischen Datenerfassungsgeräts zur Vorgabezeitermittlung (§ 5 Ziffer 9 LRTV Eisen-, Metall- und Elektroindustrie des Landes Hessen vom 15.01.1982), bei dem eine Verknüpfung mit dem zentralen Personalinformationssystem des Arbeitgebers möglich ist und bei dem sowohl die Identität der beobachteten als auch der aufnehmenden Arbeitnehmer durch Vergleich der gespeicherten Ablaufnummer mit den ausgedruckten Protokollen und den gemeinsam mit ihnen aufbewahrten Ablaufbögen möglich ist, ist mitbestimmungspflichtig.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Ziff. 6
Verfahrensgang
ArbG Kassel (Beschluss vom 13.12.1990; Aktenzeichen 4 BV 9/90) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Kassel vom 13. Dezember 1990 – 4 BV 9/90 – abgeändert.
Es wird festgestellt, daß die Einführung und die Anwendung des Erfassungs- und Auswertungssystems für Zeitaufnahmen des Typs Unidat/IPAS der Mitbestimmung des Beriebsrates bedarf.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Einführung und Anwendung eines Datenerfassungsgeräts zur Vorgabezeitermittlung mitbestimmungspflichtig ist.
Der antragstellende Betriebsrat ist bei dem Arbeitgeber, einem Unternehmen der Automobilindustrie, gebildet. Im Betrieb sind etwa 3.900 Arbeitnehmer beschäftigt.
Kraft Verbandszugehörigkeit wendet der Arbeitgeber den Lohnrahmentarifvertrag für Arbeiter in der Eisen-Metall- und Elektroindustrie des Landes Hessen vom 15.01.1982 (im folgenden: LRTV) an. Dort heißt es unter § 5 (Akkordarbeit)
„…
9. Vorgabezeitermittlung
a) Die Ermittlung für Vorgabezeiten und Daten erfolgt auf der Grundlage der Normalleistung (Ziffer 3 Buchstabe b) nach Methoden, die auf arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Die Methode ist mit dem Betriebsrat zu vereinbaren. Stück- bzw. Geldakkorde sind ebenfalls auf der Grundlage der Normalleistung zu ermitteln .
Methoden vorbestimmter Zeiten, die zur Vorgabezeitermittlung Anwendung finden sollen, sind zulässig. Die Tarifvertragsparteien sind vor der Einführung rechtzeitig d.h. spätestens bei Beginn der Gespräche zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat, zu unterrichten und beratend einzuschalten; gleichzeitig vereinbaren die Tarifvertragsparteien für solche Vorgabezeiten (analysierte Zeitwerte) den betrieblich anzuwendenden Normalzeitkorrekturfaktor , die über die Einführung von Methoden vorbestimmter Zeiten zur Vorgabezeitermittlung abzuschließende Betriebs Vereinbarung bedarf vor Inkrafttreten der schriftlichen Zustimmung der Tarifvertragsparteien.
Beabsichtigt ein Betrieb andere als die vorgenannten Verfahren (die nicht auf der Normalleistung beruhen oder nicht Systeme vorbestimmter Zeiten sind) anzuwenden, so bedarf dies einer Vereinbarung durch die Tarifvertragsparteien.
b) Die Ermittlung der Vorgabezeiten erfolgt in der Regel durch Zeitaufnahmen. Sie kann z.B. auch durch Rechnen, Schätzen, Vergleichen, Zusammensetzen und Interpolieren erfolgen.
Die Ermittlung der Vorgabezeiten obliegt den von der Werksleitung Beauftragten. Sie müssen die für ihren betrieblichen Einsatzzweck erforderlichen fachlichen Kenntnisse besitzen.
Vor Zeitaufnahmen sollen Arbeitsstudien (Arbeitsablaufstudien, Zeitstudien. Verteilzeitstudien, evtl. erforderliche Erholungszeitermittlung) durchgeführt werden.
Um einen ordnungsgemäßen Ablauf bei Zeitaufnahmen zu gewährleisten, sind folgende Voraussetzungen notwendig:
aa) Festlegung des Arbeitsablaufes und der Arbeitsteilvorgänge.
bb) Beschreibung der Arbeitsumstände einschließlich technischer Bedingungen,
cc) notwendige Arbeitsunterweisung.
Die Vorgabezeitermittlung umfaßt die Festlegung bzw. Bestimmung der Grundzeit, der Rüstzeit, der Verteilzeit und soweit erforderlich der Erholungszeit. In der Grundzeit bzw. Rüstzeit können überwachungs- und arbeitsablaufbedingte Wartezeiten enthalten sein.
Die Zeiten werden im Fortschrittzeitverfahren oder im Einzelzeitverfahren aufgenommen unter Verwendung von Zeitmeßgeräten.
c) vor Zeitaufnahmen ist dem Akkordlohnarbeiter über Art und Absicht rechtzeitig Mitteilung zu machen. Der Betriebsrat ist ebenfalls über Zeitaufnahmen zu informieren. Die Durchführung der Zeitaufnahmen wird davon nicht berührt.
d) Bei Zeitaufnahmen zum Zweck der Vorgabezeitermittlung hat der Zeitstudienmann so vorzugehen, daß das von ihm festgestellte Ergebnis jederzeit nachgeprüft werden kann.
Jeder Aufnahmebogen ist eine Urkunde und darf nicht mit Bleistift ausgefüllt werden.
Die Auswertungsbogen müssen alle notwendigen angaben einschließlich der Nebenberechnungen enthalten. Dazu gehören: Name des Akkordlohnarbeiters und des Arbeitsstudienmannes. Angaben über den Arbeitsplatz, Werkstück, Werkstoffe, z.B. Gewicht, Abmaße, Arbeitsaufgabe, Hilfsmittel, Werkzeuge, Hilfskräfte sowie der Einsatz von Einrichtern.
Die Herkunft von Verteil- und ggf. Erholungsz...