Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Kündigungsrücknahme des Arbeitgebers als lediglich einseitiger Akt hat keine Rechtswirkungen, da eine Kündigung nach ihrem Zugang nicht mehr einseitig widerrufen oder zurückgenommen werden kann. Rechtswirkungen kann sie erst als Willenserklärung im Rahmen einer auf Beseitigung der Kündigung und deren Folgen gerichteten einverständlichen Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer haben.
2. In der Kündigungsschutzklage und der Durchführung des Kündigungsschutzverfahrens liegt nicht ohne weiteres ein an den Kündigenden gerichtetes Angebot, die Kündigung wieder rückgängig zu machen, das der Kündigende durch Erklärung der Kündigungsrücknahme nur anzunehmen braucht.
3. In Kündigungsschutzklage und -verfahren ist nur eine Aufforderung zum Angebot (invitatio ad offerendum) zu sehen, gerichtet auf vorbehaltlose Beseitigung der Kündigung, der der Kündigende durch eine Kündigungsrücknahme - was dann erst noch der Annahme durch den Gekündigten bedarf - entsprechen kann.
Stellt der Gekündigte einen Auflösungsantrag nach KSchG § 9, so lehnt er damit das Angebot ab.
Führt er dagegen das Kündigungsschutzverfahren lediglich mit dem Feststellungsantrag gem KSchG § 4 fort, so ist dies grundsätzlich als Annahme des Angebots zu werten. Regelmäßig wird dann kein (allgemeines) Rechtsschutzbedürfnis mehr für die Fortsetzung des Kündigungsschutzverfahrens bestehen.
4. Ob nach Erklärung der vorbehaltlosen Kündigungsrücknahme der Auflösungsantrag nur noch innerhalb einer bestimmten Zeitspanne gestellt werden kann, bleibt unentschieden. Zu berücksichtigen wird jedenfalls sein, daß KSchG § 9 Abs 1 (letzter Satz) für die Stellung des Auflösungsantrages einen weiten zeitlichen Rahmen - nämlich bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung - zur Verfügung stellt.
5. Durch Erklärung einer Kündigungsrücknahme gibt der Arbeitgeber in der Regel zu erkennen, daß der Fortführung des Arbeitsverhältnisses letztlich doch keine stichhaltigen Hinderungsgründe weder aus dem Verhalten noch aus der Person des Arbeitnehmers bestehen sowie eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für diesen besteht.
6. Bei Beurteilung der Gründe für einen arbeitnehmerseitigen Auflösungsantrag ist zu berücksichtigen, daß die Beziehungen der Parteien bereits durch die bloße Tatsache der Kündigung selbst schon eine erhebliche Belastung erfahren haben. Deshalb können dann schon auch Umstände, die für sich genommen noch nicht eine Unzumutbarkeit des Arbeitsverhältnisses bedingen würden, von derartigem Gewicht und ausreichend sein, einen Auflösungsantrag zu rechtfertigen.
Normenkette
KSchG §§ 4, 9
Nachgehend
Fundstellen
BB 1981, 122 (L1-6) |
ARST 1980, 159 (L2-3) |