Rz. 64
Mit dem Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, zur Errichtung einer Versorgungsausgleichskasse und anderer Gesetze v. 15.7.2009 (BGBl. I S. 1939) wurden die Entlastungsmöglichkeiten rechtlich eingeschränkt (hierzu Rz. 3). Bis zur Neufassung der Vorschriften war gesetzlich nicht näher bestimmt, auf welche Weise sich der Unternehmer exkulpieren konnte (hierzu LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 18.4.2023, L 9 U 619/22). Mit Wirkung zum 1.10.2009 können sich Generalunternehmer nur noch dann von einer Haftung entlasten, wenn sie entweder präqualifizierte Nachunternehmen einsetzen (§ 28e Abs. 3b Satz 2) oder Unbedenklichkeitsbescheinigungen für den Nachunternehmer vorlegen (§ 28e Abs. 3f Satz 1 und 2). Zudem wurden die Regelungen zur Entlastung des Generalunternehmers auch auf die Unfallversicherung ausgeweitet (§ 150 Abs. 3 SGB VII; hierzu auch LSG Baden-Württemberg, Urteil v 23.6.2022, L 10 U 1400/20).
Rz. 65
Nach der Gesetzesbegründung greift die Haftung nicht, wenn der Hauptunternehmer der Einzugsstelle nachweist, aufgrund sorgfältiger Prüfung ohne eigenes Verschulden davon ausgehen zu können, der Nachunternehmer werde seine Zahlungspflicht erfüllen. Dabei hat er nachzuweisen, bei der Auswahl der Nachunternehmer die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns aufgewandt zu haben (vgl. BT-Drs. 14/8221 S. 15). Hierzu muss er z. B. das Angebot des Nachunternehmers darauf überprüfen, ob Sozialversicherungsbeiträge bei den Lohnkosten zutreffend einkalkuliert sind. Einfluss auf den Umfang der Prüfung kann auch haben, ob der Nachunternehmer eine Freistellungsbescheinigung der Finanzbehörden über die Erfüllung seiner Steuerpflicht nach dem Gesetz zur Eindämmung der illegalen Betätigung im Baugewerbe oder Bescheinigungen der Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag über die Erfüllung seiner Zahlungspflicht vorlegt. Auch wenn es sich um ein kleines Bauunternehmen handeln sollte, hat der Hauptunternehmer der Gesetzesbegründung zufolge grundsätzlich die erforderliche Professionalität aufzuwenden. Er verfügt über ausreichende Informationen über Zuverlässigkeit und finanzielle Leistungsfähigkeit der in Betracht kommenden Nachunternehmer, und er hat die Kenntnis von möglichen Vertragsgestaltungen, um sich vor dem Eintritt der Haftung zu schützen (BT-Drs. 14/8221 S. 15, 16; hierzu auch LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 23.6.2022, L 10 U 1400/20). Bei einfacher leichter Fahrlässigkeit ist im Einzelfall eine Exkulpation anzunehmen (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 23.6.2022, L 10 U 1400/20).
Rz. 66
Die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des Haftungsausschlusses trägt der Hauptunternehmer. Die Einzugsstelle braucht das Vorliegen des Haftungsausschlusses nicht von Amts wegen zu ermitteln, sondern der Hauptunternehmer muss den Nachweis führen (vgl. BT-Drs. 14/8221 S. 15; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 18.4.2023, L 9 U 619/22; Urteil v 23.6.2022, L 10 U 1400/20).