0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen dem bis zum 31.12.1996 geltenden Recht. Lediglich beim Bezug einer Kinderzulage gilt § 584 Abs. 1 Satz 2 RVO fort (vgl. § 217 Abs. 3). Eine gesonderte Bestimmung über den Zeitpunkt der Wirksamkeit der Kürzung ist entfallen, da die Vorschriften über Beginn, Änderung und Ende der Rente mit dem Inkrafttreten des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes (UVEG) v. 7.8.1996 (BGBl. I S. 1254) am 1.1.1997 in §§ 72 bis 74 zusammengefasst sind. Darüber hinaus ergibt sich eine Änderung in Bezug auf die zu berücksichtigenden Renten. Nunmehr sind nicht nur Dauerrenten zu berücksichtigen, sondern auch Renten als vorläufige Entschädigung (vgl. hierzu Rz. 3).
1 Allgemeines
Rz. 2
Da die Erwerbsfähigkeit des Versicherten bei jedem Unfall mit 100 angenommen wird (vgl. hierzu Komm. zu § 56) und die durch den Versicherungsfall herbeigeführte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in einem Prozentsatz dieses Hundertsatzes ausgedrückt wird, kann es sein, dass ein Versicherter, der für mehrere einzelne Versicherungsfälle Rente bezieht, insgesamt mehr Rente erhält, als ein gleichartiger, noch im Erwerbsleben stehender Versicherter bei voller Arbeitskraft Lohn verdient. Dieses Ergebnis wäre ungerechtfertigt und ist auch sozialpolitisch unerwünscht. Deshalb hat der Gesetzgeber einen Höchstbetrag bei Bezug mehrerer Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung festgelegt.
2 Rechtspraxis
2.1 Mehrere Renten
Rz. 3
Nach dem Wortlaut handelt es sich nur um Renten an den Versicherten selbst, also nicht um Hinterbliebenenrenten (vgl. hierzu § 70) und auch nicht um Renten anderer Sozialleistungsträger. Während nach dem bis zum 31.12.1996 geltenden Recht nur Dauerrenten zu kürzen waren, findet sich jetzt nur noch der Hinweis auf eine Rente. Damit werden nunmehr auch vorläufige Entschädigungen erfasst, da auch diese entsprechend § 62 zu den Renten i. S. d. SGB VII zählen. Für diese Auslegung spricht nicht nur der eindeutige Wortlaut ("Rente" statt "Dauerrente"), sondern auch der systematische Zusammenhang. Denn § 59 Abs. 2 sieht die Berücksichtigung aller Abfindungen wie Renten vor. Die in § 75 geregelte Gesamtvergütung, die anstelle einer Rente als vorläufige Entschädigung gezahlt wird, wird jedoch vom Gesetz ebenfalls als Abfindung bezeichnet. Soll jedoch eine Gesamtvergütung als Abfindung bei der Kürzung berücksichtigt werden, muss dies auch für nicht abgefundene Renten als vorläufige Entschädigung gelten.
2.2 Höhe und Berechnung der Kürzung
Rz. 4
Werden aus verschiedenen Versicherungsfällen zeitgleich mehrere Renten auf unbestimmte Zeit gewährt, sind sie dergestalt zu kürzen, dass sie 2/3 des höchsten der Jahresarbeitsverdienste, die diesen Renten zugrunde liegen, nicht übersteigen dürfen. Hierbei sind zunächst die Jahresbeträge der einzelnen Renten zusammenzurechnen und anschließend der höchste Jahresarbeitsverdienst zu ermitteln. Übersteigen die zusammengerechneten Renten den Betrag von 2/3 des höchsten Jahresarbeitsverdienstes, sind sie anteilmäßig zu kürzen. Der Kürzungstatbestand tritt erst ein, wenn Renten auf unbestimmte Zeit zeitgleich nebeneinander gewährt werden. Es kommt mithin nicht auf den Zahlungszeitpunkt an (z. B. bei Nachzahlungen), sondern auf den abgedeckten Zeitraum.
Rz. 5
Ist eine oder mehrere Renten wegen Schwerverletzteneigenschaft des Versicherten nach § 57 erhöht, ist dieser Anteil jedoch bei der Berechnung des Höchstbetrages außer Acht zu lassen, weil es sich hierbei um eine Leistung zusätzlichen Schadensausgleichs zur Rente handelt.
Rz. 6
Bei der Prüfung des Rentenhöchstbetrages ist es zudem unerheblich, ob der Versicherte Rente nur von einem oder mehreren Unfallversicherungsträgern bezieht.
Rz. 7
Da Kinderzulagen nur noch gewährt werden, wenn der Versicherte vor dem 1.1.1984 einen Anspruch darauf hatte, wurde § 584 Abs. 1 Satz 2 RVO in die Übergangsvorschriften eingestellt. Enthält eine Rente eine Kinderzulage nach § 583 RVO, dürfen die Renten den Betrag von 85 % des höchsten der Jahresarbeitsverdienste zuzüglich des gesetzlichen Kindergeldes nicht übersteigen. Bei Überschreitung dieses Höchstbetrages werden die Renten verhältnismäßig gekürzt.
Rz. 8
Die anteilige Kürzung der Rente erfolgt nach folgender Formel:
Einzelrente × Höchstbetrag |
= gekürzte Einzelrente |
Gesamtbetrag der Renten |
|
Unfall 1 |
Unfall 2 |
Unfall 3 |
MdE |
70 % |
40 % |
20 % |
JAV |
36.000,00 EUR |
42.000,00 EUR |
28.995,00 EUR |
jährliche Rente |
16.800,00 EUR |
11.200,00 EUR |
3.866,00 EUR |
Gesamtbetrag der Renten |
31.866,00 EUR |
Höchstbetrag |
2/3 aus 42.000,00 EUR = 28.000,00 EUR |
gekürzte Rente |
14.761,82 EUR |
9.841,21 EUR |
3.396,97 EUR |
2.3 Rentenansprüche vor dem 1.7.1963
Rz. 9
§ 584 RVO galt nicht für Versicherungsfälle, die vor dem Inkrafttreten des UVNG am 1.1.1963 eingetreten waren (vgl. Art. 4, § 1, § 2 Abs. 1 UVNG). Daher können Renten aus Versicherungsfällen vor dem 1.7.1963 nicht gekürzt werden. Bei der Prüfung jedoch, ob der Höchstbetrag überschritten wird und eine weitere Rente zu kürzen ist, sind sie aber zu berücksichtigen.
2.4 Abgefundene Renten
Rz. 10
Ist die Rente des Versicherten abgefunden worden, ist die Rente rechnerisch mit dem Betrag zu berüc...