Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil desArbeitsgerichts Karlsruhe vom27. Jan. 1997 – 9 Ca 765/96 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger für die Dauer seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit vom 4. bis einschließlich 7. Okt. 1996 Anspruch auf 100 %ige oder nur 80 %ige Lohnfortzahlung hat,
Es finden die Tarifverträge im Bereich des Hotel- und Gaststättengewerbes in Baden-Württemberg Anwendung, u.a. der die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall regelnde Manteltarifvertrag vom 24. März 1994, gültig ab dem 1. April 1994 (im folgenden: MTV).
§ 13 Ziff. 4 MTV lautet:
„Nachweis der Arbeitsunfähigkeit
4. Bei nachgewiesener Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit haben alle Arbeitnehmer Anspruch auf Fortzahlung des Gehaltes resp. Lohnes nach den gesetzlichen Bestimmungen (höchstens 6 Wochen = 42 Kalendertage) entsprechend der Feiertagsvergütung gem. § 9 c).
Arbeitnehmer, die ihre Arbeitsunfähigkeit später als drei Tage anzeigen und später als drei weitere Tage nachweisen, begehen im Wiederholungsfall und nach Abmahnung einen Arbeitsvertragsbruch. Bei einer über 6 Wochen hinausgehenden Erkrankung hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber unverzüglich eine Mitteilung über die Fortdauer und das voraussichtliche Ende der Erkrankung zu machen, um die Erstellung des Dienstplanes sicherstellen zu können.”
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben; § 13 Ziff. 4 MTV enthalte eine konstitutive Regelung im Sinne einer 100 %igen Entgeltfortzahlung. Zur näheren Sachdarstellung wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils vom 27. Jan. 1997 Bezug genommen. Mit der vom Arbeitsgericht zugelassenen Berufung macht die Beklagte weiterhin geltend, daß sie lediglich nach Maßgabe der ab dem 1. Okt. 1996 geltenden gesetzlichen Bestimmungen zur Lohnfortzahlung verpflichtet sei.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist begründet.
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EFZG in der ab dem 1. Okt. 1996 geltenden Fassung (Arbeitsrechtliches Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25. Sept. 1996, BGBl. I 1476) hat der Kläger lediglich Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall in Höhe von 80 % des ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehenden Arbeitsentgelts. Diesen Anspruch hat die Beklagte unstreitig erfüllt. Mehr steht dem Kläger nicht zu, insbesondere nicht auf der Grundlage des § 13 Ziff. 4 MTV.
I.
Gemäß § 13 Ziff. 4 MTV haben alle Arbeitnehmer Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts „nach den gesetzlichen Bestimmungen”. Das ist eine Verweisung auf die einschlägigen gesetzlichen Regelungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Tarifvertrages bekanntermaßen die 100 %ige Entgeltfortzahlung vorgesehen haben.
Die Frage, ob die tarifvertragliche Bezugnahme auf die gesetzlichen Bestimmungen die seinerzeitige Gesetzeslage im Sinne einer eigenständigen Normsetzung festschreiben wollte, ist zu verneinen. Vielmehr liegt lediglich eine neutrale (deklaratorische) Verweisung auf die jeweils gültigen gesetzlichen Regelungen vor mit der Folge, daß sich die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall in dem hier vorliegenden tariflichen Bereich nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EFZG n. F. richtet. Das ergibt die nach Auffassung der Berufungskammer gebotene Auslegung der tariflichen Bestimmung.
II.
Wie vom BAG bereits zutreffend im Zusammenhang mit der Untersuchung des Regelungsgehalts tariflicher Kündigungsfristenregelungen festgestellt worden ist, handelt es sich bei Bestimmungen im normativen Bereich eines Tarifvertrages keinesweges stets um eigenständige Regelungen. Bei einer tarifvertraglichen Verweisung auf gesetzliche Normen, darüberhinaus auch im Fall ihrer inhaltlich unveränderten Übernahme, kann es schon am Willen der Tarifvertragsparteien fehlen, hierdurch eine eigene Tarifnorm zu schaffen. Es kann sich um einen bloßen Hinweis auf die einschlägigen gesetzlichen Regelungen handeln. Insbesondere kann Zweck der Verweisung bzw. der Übernahme darin bestehen, einen möglichst vollständigen Überblick über die geltende Rechtslage zu geben und etwaige Mißverständnisse bei der Anwendung des Tarifvertrages zu verhüten, die sich aus einer bruchstückhaften Darstellung der Rechtslage im Tarifvertrag ergeben könnten. Deshalb ist in derartigen Fällen im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob die Tarifvertragsparteien eine selbständige, in ihrer normativen Wirkung von der gesetzlichen Norm unanhängige Regelung treffen wollten oder nicht (vgl. grundlegend BAG, Urteil vom 27. Aug. 1982 – 7 AZR 190/80, AP Nr. 133 zu § 1 TVG Auslegung).
III.
1.
Die Tarifauslegung hat entsprechend den Grundsätzen der Gesetzesauslegung zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen. Dabei ist jedoch über den reinen Wortlaut hinaus der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsic...