Entscheidungsstichwort (Thema)

Provision. Topfvereinbarung. Umgehung Kündigungsschutz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Topfvereinbarung, mit der mehrere Verkäufer und der Arbeitgeber vereinbaren, Provisionen aus einem mit allen erdienten Provisionen gefüllten Topf nach gleichen Teilen an die Verkäufer auszuzahlen, ist wegen Umgehung des Kündigungsschutzes nichtig, wenn die Kündigung der Topfvereinbarung zu einer leistungsunabhängigen Einkommensreduzierung eines Verkäufers von mehr als der Hälfte seines bisherigen Einkommens führen kann.

2. Der Arbeitgeber schuldet dem Arbeitnehmer im Falle der Topfkündigung als übliche Vergütung die bisherige Durchschnittsvergütung.

 

Normenkette

BGB §§ 612, 134; KSchG § 1; BGB §§ 362, 364

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Urteil vom 23.09.1996; Aktenzeichen 19 Ca 12086/93)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 03.06.1998; Aktenzeichen 5 AZR 552/97)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 23.09.1996 abgeündert. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 184.882,ndash; DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit 13.01.1997 zu bezahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche. Der am 25.08.1932 geborene Kläger arbeitet seit 01.05.1968 bei der Beklagten im Betrieb … der Niederlassung … zunächst als Verkäufer für gebrauchte Pkw und seit 1971 als Verkäufer für gebrauchte Nutzfahrzeuge. Sowohl im ursprünglichen Arbeitsvertrag vom 23.04.1968 (ABl. 7–10) wie im späteren vom 01.06.1978/03.07.1978 (ABl. 11–14) vereinbarten die Parteien für die Tätigkeit des Klägers eine provisionsabhängige Vergütung, die zum Teil durch ein Fixum und eine monatliche Mindestprovision garantiert war. Provisionsanspruch und Provisionshöhe bestimmten sich zuletzt nach einer bei der Beklagten bestehenden Gesamtbetriebsvereinbarung. Die 1993 gültige Gesamtbetriebsvereinbarung (ABl. 41) regelt in Ziffer 2.2.1.5:

„Sofern bei abschlußreifer Vorlage des Geschäftes eine von der Firma akzeptierte Topfvereinbarung einer Verkäufergemeinschaft besteht, findet diese Anwendung.”

Ursprünglich auf Veranlassung der Beklagten schlossen die Gebrauchtwagenverkäufer für Pkw und Nutzfahrzeuge der Niederlassung … am 02.07.1963, im Mai 1968, am 24.06.1975, im Juli 1975, am 08.04.1980, am 27.02.1986, am 01.04.1988, am 28.10.1988, am 17.10.1990 und am 20.01.1993 Vereinbarungen, die zum Inhalt hatten, daß alle von den Gebrauchtfahrzeugverkäufern verdienten Provisionen einem gemeinsamen Topf zufallen und dann nach einem bestimmten Schlüssel von der Beklagten an die einzelnen Verkäufer ausgezahlt werden. Bis 1985 bestimmte die Beklagte, wer an der Topfvereinbarung teilnimmt und wie hoch der Anteil des einzelnen Verkäufers am Topf ist. Seit 1985 handelten die Verkäufer ihre Topfanteile untereinander aus. Die Arbeitsanweisung 6.14.9 (ABl. 58 und 59) der Beklagten, gültig ab 01.07.1987, betrifft den Gegenstand Topfvereinbarung und lautet:

Die Topfvereinbarung über die Aufteilung der Topfanteile wird zwischen den Verkäufern vereinbart und muß von der … akzeptiert werden. Sie soll folgenden Text beinhalten:

Die nachstehend genannten Damen und Herren vereinbaren mit der daß alle Provisionen, die zu ihren Gunsten aus Verkaufsgeschäften, die ab dem … abschlußreif vorgelegt werden, anfallen, gemäß dem folgenden Verhältnis von der … mit befreiender Wirkung gezahlt werden ohne Rücksicht darauf, ob eine getrennte oder gemeinsame Bearbeitung der Geschäfte erfolgte.

Frau/Herr …

… %

Frau/Herr …

… %

Frau/Herr …

… %

Für die Abwesenheitsregelung gilt die abgeschlossene Betriebsvereinbarung [1] .

Der Abschluß einer neuen Topfvereinbarung ist erforderlich, wenn sich eine personale Veränderung der Verkäufergemeinschaft ergibt.

Eine Veränderung dieser Vereinbarung kann jeweils nur zum Monatsende erfolgen und bedarf einer erneuten Genehmigung der

Akzeptiert:

…,

Geschäftsleitung

Ort

Datum

Niederlassung

Verkäufer

Verkäufer

Verkäufer

Verkäufer

Topfvereinbarung einer Verkäufergemeinschaft

Die Provisionsbestimmungen für Gebrauchfahrzeug-Verkäufer sehen die Möglichkeit der Topfvereinbarung einer Verkäufergemeinschaft vor.

Provisionstopfvereinbarungen sind grundsätzlich nach folgendem Muster abzuschließen:

Wird erstmals eine Topfvereinbarung einer Verkäufergemeinschaft in einer Niederlassung akzeptiert, ist mit dem Betriebsrat Einvernehmen über die Regelung zu erzielen.

Auf Wunsch des Betriebsrats kann eine Betriebsvereinbarung mit folgendem Text abgeschlossen werden:

Hinsichtlich der von Gebrauchtwagen-Verkäufern praktizierten Topfvereinbarung wird folgendes vereinbart:

  1. Wenn einer oder mehrere der am Topf beteiligten Verkäufer gem. Ziffer 3 bis 6 des Anstellungsvertrages abwesend sind und Ausgleichszahlungen zu beanspruchen haben, fällt der Provisionsanteil des Abwesenden am Topf von 40 % der … zu. Der verbleibende Rest wird im Verhältnis der Anteile der anwesenden Verkäufer auf diese verteilt.
  2. Wird eine glei...

Dieser Inhalt ist unter anderem im TVöD Office Krankenhaus Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge