Entscheidungsstichwort (Thema)
Diskriminierung. Stellenbewerbung. Abgelehnter Stellenbewerber. Auskunftsanspruch. Verpflichtung zur Auskunftserteilung an abgelehnten Bewerber
Leitsatz (redaktionell)
Ein abgelehnter Stellenbewerber hat im Rahmen einer Entschädigungsklage nach § 15 Abs. 2 AGG wegen behaupteter Benachteiligung keinen allgemeinen Anspruch auf Auskunftserteilung.
Normenkette
AGG § 15 Abs. 2, § 7 Abs. 1, §§ 1, 22; ZPO § 292
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 11.04.2007; Aktenzeichen 12 Ca 512/06) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 11. April 2007 – 12 Ca 512/06 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung einer Entschädigung wegen behaupteter Benachteiligung bei einer Stellenbewerbung.
Die Klägerin ist Softwareentwicklerin und hat sich bei der Beklagten am 5. Oktober 2006 aufgrund einer Stellenanzeige beworben. Wegen des Inhaltes der Anzeige wird auf die Klagschrift (Bl. 1 f. d. A.) verwiesen.
Am 11. Oktober 2006 bekam die Klägerin eine Absage von der Beklagten mit folgendem Wortlaut:
„Sehr geehrte Frau M.,
vielen Dank für Ihre Bewerbung und Ihr Interesse. Die Auswahl aufgrund der Vielzahl der Bewerbungen fiel nicht leicht. Leider sind Sie nicht in die engere Auswahl gekommen. Beim nächsten Mal werden Sie bestimmt das kleine Quäntchen mehr Glück haben. Wir drücken Ihnen für Ihre weitere berufliche Neuorientierung ganz fest die Daumen und wünschen Ihnen alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen…”
Auf eine inhaltsgleiche Stellenanzeige im Internet schrieb die Klägerin die Beklagte erneut an. Wegen des Wortlauts dieser erneuten Bewerbung wird auf Seite 4 der Klagschrift verwiesen.
Am 20. Oktober 2006 erhielt die Klägerin eine Absage der Beklagten:
„Sehr geehrte Frau M.,
unsere Absage war weder voreilig noch unüberlegt. Wir haben eine Auswahl an Bewerbern getroffen, die wir zum Vorstellungsgespräch einladen. Aus diesem Kreis werden wir eine Auswahl treffen. Die Stellenanzeige ist von uns nicht wieder veröffentlicht worden. Wir haben eine Laufzeit von drei Monaten eingekauft, als wir diese geschaltet haben.
Vielen Dank nochmals für Ihr Interesse. Wir wünschen Ihnen für Ihre weitere Suche alles Gute und viel Erfolg!
Mit freundlichen Grüßen”
Die Klägerin hat vorgetragen, ihre berufliche Situation werde von der Beklagten völlig falsch als „Neuorientierung” bezeichnet. Das bedeute, dass die Bewerbung von der Beklagten fahrlässig oder bewusst benachteiligend bearbeitet worden sei. Sie entspreche ideal den Anforderungen der Beklagten, es gebe objektiv keine geeigneteren Bewerber. Da die Beklagte dieser Behauptung nicht widerspreche, liege eine Benachteiligung gemäß eines der in § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) genannten Gründe vor. Die Beklagte müsse ihr sechs Monatsgehälter als Entschädigung für diese Benachteiligung zahlen. Ein angemessenes Monatsgehalt für einen Softwareentwickler betrage ca. 3.000,00 EUR. Daher müsse die Entschädigung 18.000,00 EUR betragen.
Weiter hat die Klägerin verlangt, die Beklagte zu verpflichten, ihr und dem Gericht die Bewerbungsunterlagen des von ihr aufgrund der Stellenanzeige im Oktober 2006 als Softwareentwickler eingestellten Bewerbers vorzulegen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 18.000,00 EUR zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit dem der Klägerin am 10. Mai 2007 zugestellten Urteil vom 11. April 2007 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, eine Benachteiligung im Sinne von § 2 AGG sei aufgrund der Ausführungen der Klägerin nicht zu erkennen. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Vorlage der übrigen Bewerbungsunterlagen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 6. Juni 2007 eingelegten und am 9. Juli 2007 begründeten Berufung.
Die Klägerin trägt vor, dass zumindest ein Anspruch auf Vorlage der Bewerbungsunterlagen des an ihrer Stelle ausgewählten Bewerbers bestehe. Sie habe nämlich zahlreiche Indizien benannt, die ihre Benachteiligung im Bewerbungsverfahren zeigten, so dass nunmehr die Beklagte die Beweislast dafür treffe, dass tatsächlich keine Benachteiligung vorgelegen habe. Sie sei bestens für die ausgeschriebene Stelle qualifiziert gewesen. Trotzdem sei sie nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Die Benachteiligung sei besonders offenkundig, weil in ihrer Person drei typische Diskriminierungsmerkmale vereint seien: Sie sei eine Frau, sie sei über 45 Jahre alt und nichtdeutscher Herkunft. Die Vorlage der Bewerbungsunterlagen des ausgewählten Bewerbers hätte veranschaulicht, dass dieser nicht besser qualifiziert sei als sie. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht es unterlassen, den Sachverhalt weiter aufzuklären.
Die Kl...