Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenpflegeschüler, Fahrtkostenerstattung für monatliche Familienheimfahrt
Leitsatz (amtlich)
Ansprüche auf Fahrtkostenerstattung für eine monatliche Familienheimfahrt nach § 16 a des Tarifvertrages zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Schülerinnen/Schüler, die nach Maßgabe des Krankenpflegegesetzes oder des Hebammengesetzes ausgebildet werden (i.d.F. v. 17.07.1996):
1. Die Anspruchsvoraussetzung, daß der Wohnort der Eltern so weit vom Ort der Ausbildung entfernt ist, daß die Schülerin/der Schüler nicht täglich zu diesem Wohnort zurückkehren kann und daher außerhalb wohnen muß, ist regelmäßig dann erfüllt, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen für die Gewährung von Trennungsentschädigung beim auswärtigen Verbleiben nach dem örtlich einschlägigen Reisekostenrecht des öffentlichen Dienstes gegeben sind.
2. In NW besteht danach der Anspruch der Krankenpflegeschülerin/des Krankenpflegeschülers regelmäßig insbesondere dann, wenn die benötigte Zeit für das tägliche Zurücklegen der Strecke zwischen Wohnort der Eltern und Ausbildungsstelle und zurück bei Benutzung regelmäßig verkehrender Beförderungsmittel mehr als 3 Stunden beträgt (§§ 3, 22 LRKG NW i.V.m. § 3 TEVO NW).
3. Verfügt die anspruchsberechtigte Person über eine Bahncard, so beschränkt sich die Fahrtkostenerstattung grundsätzlich auf den ermäßigten Fahrpreis. Ein Anspruch auf vollständige oder anteilige Erstattung des Anschaffungspreises der Bahncard besteht nur dann, wenn dies ausdrücklich vereinbart wird oder die jährliche Fahrpreisersparnis bei Einsatz der Bahncard für jährlich 12 Familienheimfahrten größer ist als der Anschaffungspreis der Bahncard.
Normenkette
TV zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Schülerinnen/Schüler, die nach Maßgabe des Krankenpflegegesetzes oder des Hebammengesetzes ausgebildet wurden i.d.F. v. 17.07.1996
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Urteil vom 26.01.1999; Aktenzeichen 5 Ca 2405/98) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 26.01.1999 – 5 Ca 2405/98 – und die Anschlußberufung des Klägers gegen dieses Urteil werden zurückgewiesen.
Der Kläger trägt 2/5, die Beklagte 3/5 der Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Kostenerstattung für jeweils eine monatliche Familienheimfahrt ab November 1997 in Anspruch.
Der Kläger ist am 03.09.1977 geboren und ledig. Seit dem 01.10.1996 absolvierte der Kläger bei der Beklagten eine Ausbildung zum Krankenpfleger. Die monatliche Ausbildungsvergütung beläuft sich auf 1.300.– DM/1.400.– DM. Das Ausbildungsverhältnis endet voraussichtlich im September 1999. Seit Februar 1998 ist der Kläger Mitglied der Jugend- und Auszubildenenvertretung. Zwischen den Parteien ist die Geltung des Tarifvertrages vom 05.03.1991 zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Schülerinnen/Schüler, die nach Maßgabe des Krankenpflegegesetzes oder des Hebammengesetzes ausgebildet werden in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 3 vom 17.07.1996 vereinbart (fortan: MTV/Kopie des Tarifvertrages Bl. 10 – 15 d.A.). In § 16 a MTV ist geregelt:
„§ 16 a
Familienheimfahrten
Für Familienheimfahrten vom Ort der Ausbildungsanstalt zum Wohnort der Eltern, des Erziehungsberechtigten oder des Ehegatten und zurück werden der Schülerin/dem Schüler monatlich einmal die notwendigen Fahrkosten bis zur Höhe der Kosten der Fahrkarte der jeweils niedrigsten Klasse des billigsten regelmäßig verkehrenden Beförderungsmittels (im Eisenbahnverkehr ohne Zuschläge) – für Familienheimfahrten in das Ausland höchstens die entsprechenden Kosten für die Fahrt bis zum inländischen Grenzort – erstattet, wenn der Wohnort der Eltern, des Erziehungsberechtigten oder des Ehegatten so weit vom Ort der Ausbildungsanstalt entfernt ist, daß die Schülerin/der Schüler nicht täglich zu diesem Wohnort zurückkehren kann und daher außerhalb wohnen muß. Möglichkeiten zur Erlangung von Fahrpreisermäßigungen (z.B. Schülerfahrkarten oder Fahrkarten für Berufstätige) sind auszunutzen.”
Die Eltern des Klägers wohnen in O, A. In B hat der Kläger eine Unterkunft im Personalwohnhaus der Beklagten auf dem Krankenhausgelände in B, T Straße. Streitig ist, ob die Wohnung der Eltern so weit vom Ort der Ausbildungsanstalt entfernt ist, daß der Kläger nicht täglich zu diesem Wohnort zurückkehren kann und deshalb in B wohnen muß.
Die Hin- und Rückfahrt von O nach B und von B nach O gestaltet sich bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wie folgt:
Bus O, Elternhaus mit Umsteigen am N zum Bahnhof O, Fahrtdauer 18, 20, 21, 23 oder 24 Minuten je nach Tag und Tageszeit, Fahrpreis 2,20 DM.
Zug O nach B, Fahrtzeit bei direkter Verbindung 61 Minuten oder 63 Minuten, Fahrpreis 2. Klasse Normaltarif 16,20 DM, Twenticket bis einschließlich 25 Jahre 11,60 DM, bei Benutzung einer BahnCard 8,10 DM.
Bus B Bahnhof bis B Krankenhaus, Fahrtzeit 6,7 oder 9 Minuten, Fahrpreis 2,30 DM.
Bus B Krankenhaus bis B Bahnhof, Fahrtzeit und Fahrpreis wie oben. Zug B bis O, siehe oben.
Bus O mit Um...