Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragliches Kündigungsverbot. Auflösungsantrag des Arbeitgebers
Leitsatz (amtlich)
Der Arbeitgeber kann nicht die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG verlangen, wenn eine Kündigung schon wegen Verstoßes gegen ein vertragliches Kündigungsverbot unwirksam ist.
Normenkette
KSchG § 9 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Hamm (Entscheidung vom 28.09.1999; Aktenzeichen 1 Ca 2709/98 L) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 28.09.1999 – 1 Ca 2709/98 L – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses.
Die Beklagte ist ein Zeitungsverlag und vertreibt in L. die Tageszeitung „Der P.”. Sie beschäftigt ca. 100 Arbeitnehmer.
Der am … geborene, verheiratete Kläger ist einem Kind zum Unterhalt verpflichtet.
Der Kläger trat am 01.01.1994 als Verlagsleiter in den Betrieb der Beklagten ein. Grundlage des Arbeitsverhältnisses war der zwischen den Parteien am 02.07.1993 abgeschlossene Arbeitsvertrag (Bl. 35 – 40 d.A.), in dem u.a. Folgendes vereinbart wurde:
§ 1 Aufgabenbereich
Der Verlag überträgt dem Mitarbeiter nach Ablauf der Probezeit die Position des Verlagsleiters. Die Einzelheiten seines Aufgabengebietes ergeben sich aus der beigefügten Stellenbeschreibung, die insoweit Bestandteil dieses Vertrages ist. Er ist weisungsbefugt gegenüber den Mitarbeitern des Verlages und berechtigt, sie nach vorheriger Abstimmung mit der Geschäftsführung einzustellen und zu entlassen.
Der Mitarbeiter ist der Geschäftsführung unmittelbar unterstellt. Die dem Mitarbeiter übertragene Stellung ist mit Prokura ausgestattet. Nach Ausscheiden des jetzigen Geschäftsführers ist vorgesehen, Herrn J. die Geschäftsführung zu übertragen.
§ 2 Bezüge
Als Vergütung für seine Tätigkeit erhält der Mitarbeiter ein festes Jahresgrundgehalt in Höhe von DM 200.000,00, in Worten: zweihunderttausend.
Das Gehalt wird in 13,5 Teilen (12 Monatsgehälter, 1 Gehalt Weihnachtsgeld im November, ½ Gehalt als Urlaubsgeld im Juni) nach Abzug der gesetzlichen Abgaben ausgezahlt. Das Gehalt wird jeweils zum 1. Mai eines Jahres, erstmalig 1994, um die seit der letzten Gehaltsanpassung eingetretenen Tariferhöhung nach dem für den Verlag maßgebenden Tarifvertrag angepaßt. Ausgangspunkt für die Anpassung ist das Grundgehalt gem. § 2 Abs. 1 dieses Anstellungsvertrages. Mit der Zahlung des vereinbarten Gehaltes ist die Leistung gebotener Mehrarbeit als abgegolten anzusehen.
…
§ 10
Der Mitarbeiter tritt mit Wirkung vom 1. Januar 1994 in die Dienste des Verlags. Dieser Vertrag wird zunächst für die Dauer von 5 Jahren abgeschlossen. Der Vertrag verlängert sich um weitere 5 Jahre, wenn er nicht mit einer Frist von 12 Monaten vorher gekündigt wird.
Die ersten sechs Monate des Anstellungsverhältnisses gelten als Probezeit. Während dieser Probezeit ist jede Vertragspartei berechtigt, das Anstellungsverhältnis mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende zu kündigen.
Die Gesellschaft ist berechtigt, den Mitarbeiter nach erfolgter Kündigung unter Fortzahlung seiner Bezüge zu beurlauben.
Ohne dass es einer besondere Kündigung bedarf, endet dieser Vertrag mit Ablauf des Monats, in dem der Mitarbeiter das 65. Lebensjahr vollendet.
In der Stellenbeschreibung (Bl. 13 d.A.) ist Folgendes ausgeführt:
1. Ziel der Stelle
Das Ziel der Stelle besteht in der Absicherung und Weiterentwicklung der Zeitung „Der P.” im Verbreitungsgebiet. Innerhalb des Verlages bezieht sich die Verantwortung auf die Weiterentwicklung der Auflage, auf die Sicherung und Steigerung des Anzeigenumsatzes und auf die Erhaltung und Verbesserung der Produktqualität.
Die Stelle trägt die volle Verantwortung für die Entwicklung der Organisation und des Personals im Bereich der Führungskräfte und der Mitarbeiter.
Im strategischen Bereich ist es die Aufgabe der Stelle, die Position des Titels im Verhältnis zu den Konkurrenzblättern und zu konkurrierenden Medien im Print- und Nicht-Print-Bereich auszubauen und zu verbessern.
2. Funktionale Gliederung
Die Stelle berichtet direkt an die Geschäftsführung. Die Gesellschafter-Geschäftsführer üben ihre Funktion und ihren Einfluß nur im Rahmen regelmäßig stattfindender Gesamtgeschäftsleitungs-Sitzungen aus, sie sind im Tagesgeschäft nicht tätig und nehmen keine direkte Personalführung wahr.
Dem Verlagsleiter sind sämtliche Mitarbeiter der folgenden Bereiche unterstellt: Redaktion, Anzeigenabteilung, Vertrieb und Zeitungsvorstufe.
Die Chefredaktion untersteht disziplinarisch und organisatorisch dem Verlagsleiter. Inhaltlich ist der Chefredakteur jedoch gegenüber den Herausgebern (geschäftsführende Gesellschafter) verantwortlich.
Die V. funktionen des Verlagsbereichs werden durch die L. V. mbH wahrgenommen. Die Zusammenarbeit mit diesem Bereich erfolgt über Abstimmung mit der dortigen Geschäftsführung.
Dem Kläger war Gesamtprokura erteilt, die ihn berechtigte, die Beklagte gemeinsam ...