Entscheidungsstichwort (Thema)
Schulungskosten. Betriebsrat. Ersatzmitglieder
Leitsatz (amtlich)
Werden Ersatzmitglieder über einen längeren Zeitraum hinweg bei ca. 50 % der Betriebsratsitzungen herangezogen und ist damit auch zukünftig zu rechnen, so hat der Arbeitgeber regelmäßig die Schulungskosten für eine Schulung zu ersetzen, welche dem Ersatzmitglied Grundkenntnisse des Betriebsverfassungsrechts vermittelt.
Normenkette
BetrVG § 37 Abs. 6, § 40
Verfahrensgang
ArbG Köln (Aktenzeichen 14 BV 7/99) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 24.06.1999 – 14 BV 7/99 – abgeändert:
Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, dem Antragsteller von der Inanspruchnahme
- der Fa. BuB J. aus deren Rechnungen Nr. 142 und Nr. 143 vom 31.08.1998 in Höhe von jeweils DM 1.484,80 sowie
- das Restaurant „Z.” im vom 09.09.1998 in Höhe von DM 400,00 freizustellen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Arbeitgeberin Schulungs- und Verpflegungskosten für die Ersatzmitglieder des Antragstellers tragen muss.
Der Antragsteller ist der im Betrieb der Antragsgegnerin bestehende, am 24.04.1998 neu gewählte Betriebsrat. Er besteht aus 5 Mitgliedern, 3 Vertretern der gewerblichen Mitarbeiter und 2 Vertretern der kaufmännischen Mitarbeiter, Frau S. L. und Herr I. N. wurden zu Ersatzmitgliedern dieser beiden Gruppen gewählt.
Der Antragsteller informierte mit Schreiben vom 29.07.1198 die Antragsgegnerin darüber, dass er beschlossen habe, die Ersatzmitglieder Frau L. und Herrn N. zur Teilnahme an dem Seminar „Betriebsverfassungsgesetz Teil I” zu entsenden. Diesem Seminar lag folgender Themenplan zugrunde:
- • Aufbau des Betriebsverfassungsgesetzes
- • Die Aufgaben des Betriebsrates
- • Geheimhaltungspflicht
- • Grundsätze und Zusammenarbeit
- • Die Geschäftsführung des Betriebsrates
- • Die Schutz- und Strafvorschriften
- • Mitbestimmung bei Kündigungen
Die Arbeitgeberin lehnte mit Schreiben vom 07.08.1998 die Freistellung und Kostenübernahme ab, der Betriebsrat teilte mit Schreiben vom 26.08.1998 die voraussichtlichen Kosten der Schulung mit und wies in diesem Schreiben darauf hin, dass bisher jede zweite Betriebsratssitzung mit Ersatz-Betriebsratsmitgliedern abgehalten worden sei. Die Arbeitgeberin blieb in ihrem Schreiben vom 08.09.1998 bei der Ablehnung der Kostenübernahme.
Die Ersatzmitglieder L. und N. nahmen sodann in der Zeit vom 07.-11.09.1998 an der Schulung teil.
In dem vorliegenden, beim Arbeitsgericht am 21.01.1999 eingereichten Antrag begehrt der Betriebsrat Freistellung von den Schulungskosten. Gemäß Rechnung der Veranstaltungsfirma B. betragen die Seminarkosten einschließlich Mehrwertsteuer für jedes der geschulten Ersatzmitglieder DM 1.484,80, darüber hinaus hat der Betriebsrat Verzehrrechnungen des Restaurants „Z.” über insgesamt 10 × DM 65,00 „Tagungspauschale” = DM 650,00 vorgelegt. Der Betriebsrat hat geltend gemacht, die Schulung der Ersatzmitglieder sei erforderlich im Sinne der §§ 40, 37 Abs. 6 BetrVG gewesen. Frau L. sei seit ihrer Wahl an folgenden Tagen zur Vertretung in der BR-Sitzung geladen worden:
27. und 28.05.1998, 03., 10. und 17.06.1998, 21. 22, 27. und 29.07.1998, 05.08.1998, 02., 18. und 23.09.1998, 14. und 21.10.1998, 18. und 20.11.1998, 02. Und 16.12.1998, 04.1. und 06.01.1999, 03.03.1999, 07.04.1999, 12. und 27.05.1999.
Herr N. sei zu folgenden BR-Sitzungen aus Anlass des Vertretungsfalles geladen worden:
27. und 28.05.1998, 03., 10. und 22.06.1998, 01. und 08.07.1998, 05., 17. und 19.08.1998, 07. und 28.10.1998, 04.11.1998, 09. und 10.12.1998, 13.01.1999, 17., 22. und 24.02.1999, 03., 10., 17. und 24.03.1999, 14.04.1999, 12. und 27.04.1999.
Die Vertretung sei jeweils aufgrund von Urlaub und Erkrankung eines ordentlichen BR-Mitglieds erforderlich gewesen. Die Unkenntnis der Ersatzmitglieder erschwere die Arbeit des gesamten Gremiums, da es regelmäßig zu langwierigen Erklärungen und Erläuterungen komme, wobei die Abwesenheit von regulären BR-Mitgliedern in einem 5-köpfigen Gremium sich stärker auswirke als in einem Betriebsrat mit eines größeren Anzahl von Mitgliedern.
Der Betriebsrat hat beantragt,
- die Firma BuB J. aus deren Rechnung Nr. 142 und Nr. 143 vom 31.08.1998 in Höhe von jeweils DM 1.484,80 sowie
- das Restaurant „Z.” im vom 09.09.1998 über DM 650,00 freizustellen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Sie hat vorgetragen, sie sei zur Verpflichtung der Kosten von Ersatzmitgliedern des Betriebsrats nicht verpflichtet, es sei nicht erkennbar, aufgrund welcher Umstände die Schulung der Seminarteilnehmer ausnahmsweise erforderlich gewesen sein sollte. Zudem sei die Angabe der Vertretungsfälle für das Jahr 1998 nicht nachvollziehbar. Auch sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt, da das Bildungswerk der Nordrhein-Westfälischen Wirtschaft e. V. identische Seminare kostenlos durchführt. Die Seminarkosten von DM 1.484,80 lägen deutlich im Bereich der teuren...