Entscheidungsstichwort (Thema)
Intensivzulage. Stationsleitungszulage. Pflegekraft. Zulagen für Stationsleitung und Pflege im Wachsaal einer Frauenklinik. unbegründeter Feststellungsantrag zur Zahlung einer Intensivzulage bei fehlender Einheit für Intensivmedizin
Leitsatz (amtlich)
1. Einheiten der Intensivmedizin nach Satz 1 der Protokollerklärung Nr. 3 zu Abschn. A der Anlage 1b BAT sind nur Stationen, denen sowohl die Aufgaben der Intensivbehandlung als auch der Intensivüberwachung zugewiesen sind. Für die Auslegung der Begriffe "Einheit der Intensivmedizin", "Intensivbehandlung", "Intensivüberwachung" und "Wachstation" kann auf die Richtlinien für die Organisation der Intensivmedizin in den Krankenhäusern - Empfehlung der Deutschen Krankenhausgesellschaft vom 09. September 1974 zurückgegriffen werden (vgl. BAG vom 26.09.2001 - 10 AZR 526/00; vom 10.06.1996- 4 AZR 134/95).
2. Eine Wachstation im Sinne des Satzes 2 der Protokollerklärung Nr. 3 zu Abschn. A der Anlage 1b BAT muss für Intensivbehandlung und für Intensivüberwachung eingerichtet sein. Eingerichtet sein bedeutet, dass die Wachstation technisch und personell entsprechend der o.g. Richtlinien ausgestattet ist und dort nach dem vom Arbeitgeber verfolgten Zweck sowohl Intensivüberwachung als auch Intensivbehandlung erbracht werden soll.
3. Der Kreis der nach § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 TV-L (Stationsleitungszulage) Berechtigten rekrutiert sich nicht nur aus den in der Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 1 oder 1a zu Abschn. A der Anlage 1b zum BAT/BAT-O genannten Personen, sondern aus allen Pflegepersonen iSd. Abschn. A der Anlage 1b zum BAT/BAT-O, denen die Leitung einer Station übertragen ist und die unter den Anwendungsbereich des § 43 TV-L fallen. Eine einschränkende Interpretation ergibt sich weder aus dem tariflichen Wortlaut noch aus dem Sinnzusammenhang.
Normenkette
TV-L § 43 Nr. 8; BGB § 611 Abs. 1; BAT § 22 Abs. 1; BAT Anlage 1b Abschn. A Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 1 a; TV-L § 43 Nr. 8 Abs. 1, 2 S. 1; ZPO § 256 Abs. 1, § 533 Nr. 1
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 19.01.2010; Aktenzeichen 14 Ca 4084/09) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 19.01.2010 - 14 Ca 4084/09 - teilweise abgeändert.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger seit 01.02.2009 eine Zulage in Höhe von 45,-- € brutto monatlich gem. § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 TV-L zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
5. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Zulage nach § 43 Nr. 8 Abs. 1 TV-L i. V. m. der Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 1 a zu Abschnitt A der Anlage 1 b des BAT/BAT-O in Höhe von 90,-- € brutto monatlich (künftig: Intensivzulage), hilfsweise um die Zahlung einer Zulage gem. § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 TV-L in Höhe von 45,-- € brutto monatlich (künftig: Stationsleitungszulage).
Der am 23.04.1966 geborene Kläger ist zunächst ab 01.10.1993 befristet und ab 01.09.1994 unbefristet bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger als Pfleger beschäftigt. Jedenfalls seit 01.11.2006 hat er die Stationsleitung der gynäkologischen Überwachungsstation (Wachsaal der Frauenklinik, künftig: Wachsaal) inne. Die Pflegetätigkeit überwiegt jedoch.
Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst der Länder Anwendung. Der Kläger ist mit Wirkung zum 01.11.2006 aus der Vergütungsgruppe Kr. VII Abschnitt A (Pflegepersonal) der Anlage 1 b zum BAT übergeleitet worden.
§ 43 TV-L lautet auszugsweise:
"Sonderregelungen für die nichtärztlichen Beschäftigten in Universitätskliniken und Krankenhäusern
Nr. 1
Zu § 1 - Geltungsbereich -
Diese Sonderregelungen gelten für Beschäftigte (mit Ausnahme der Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte, die unter § 41 oder § 42 fallen), wenn sie in Universitätskliniken, Krankenhäusern oder sonstigen Einrichtungen und Heimen, in denen die betreuten Personen in ärztlicher Behandlung stehen, beschäftigt werden.
...
Nr. 8
Regelungen zur Anwendung der Anlage 1 b zum BAT/BAT-O
(1) Der Betrag nach der Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 1 und Abs. 1 a zu Abschnitt A der Anlage 1 b zum BAT/BAT-O wird von 46,02 € auf 90,-- € erhöht. Die Zulage steht auch bei Erfüllung mehrerer Tatbestände nur einmal zu.
(2) Pflegepersonen im Sinne des Abschnitts A der Anlage 1 b zum BAT/BAT-O, denen die Leitung einer Station übertragen ist, erhalten für die Dauer dieser Tätigkeit eine monatliche Zulage von 45,-- €, soweit diesen Beschäftigten in demselben Zeitraum keine Zulage nach der Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 1 oder Abs. 1 a zu Abschnitt A der Anlage 1 b zum BAT/BAT-O gezahlt wird. Dasselbe gilt für Beschäftigte in der Funktionsdiagnostik, in der Endoskopie, im Operationsdienst und im Anästhesiedienst."
Abschnitt A der Anlage 1 b zum BAT/BAT-O enthä...