Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitnehmeranwalt. Prozessverhalten. Auflösungsantrag des Arbeitgebers
Leitsatz (redaktionell)
Auch ein nicht vom Arbeitnehmer veranlasstes Verhalten seines Prozessbevollmächtigten kann als Auflösungsgrund herangezogen werden. Die frühere Rechtsprechung gibt die Kammer insoweit auf.
Normenkette
KSchG § 9
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 14.08.2008; Aktenzeichen 2 Ca 438/08) |
Tenor
Der Auflösungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits (Verfahren – 2 Ca 438/08 –, – 3 Sa 643/08 –, – 2 AZR 297/09 – und – 3 Sa 618/10 –) zu tragen.
Der Streitwert wird auf 7500,00 EUR festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der am 06.06.1961 in Nigeria geborene Kläger ist seit dem Jahre 1997 bei den US-Streitkräften beschäftigt. Zuletzt arbeitete der Kläger als Ladengehilfe in dem D.-Supermarkt V. Die D. ist eine Behörde des amerikanischen Verteidigungsministeriums, die weltweit Lebensmittelgeschäfte (Supermärkte) für US-Soldaten und deren Angehörige unterhält. Mit dem Schreiben vom 25.03.2008 wurde dem Kläger außerordentlich gekündigt. Mit dem Schreiben vom 03.04.2008 wurde dem Kläger (vorsorglich) ordentlich zum 30.09.2008 gekündigt. Am 14.08.2008 – 2 Ca 438/08 – fand die erstinstanzliche Kammerverhandlung im Kündigungsschutzprozess statt. Für die Beklagte wurde dieser Termin von dem Zeugen Dr. C. (damals noch Personalreferent des Zivilpersonalbüros der US-Streitkräfte) und von der Zeugin B. (von der A./Lohnstelle ausländische Streitkräfte) wahrgenommen. Die Sitzungsniederschrift des Arbeitsgerichts – 2 Ca 438/08 – über die Kammerverhandlung vom 14.08.2008 befindet sich in Bl. 78 ff. d.A.. Im Urteil vom 14.08.2008 – 2 Ca 438/08 – stellte das Arbeitsgericht fest, dass das Arbeitsverhältnis (des Klägers) weder durch die Kündigung vom 25.03.2008, noch durch die Kündigung vom 03.04.2008 aufgelöst worden ist. Über die Berufung der Beklagten gegen das eben bezeichnete Urteil des Arbeitsgerichts vom 14.08.2008 – 2 Ca 438/08 – entschied das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz im Urteil vom 03.02.2009 – 3 Sa 643/08 –. Hierauf (s. LAG-Urteil Bl. 212 ff. d.A.) wird verwiesen. Das Landesarbeitsgericht wies die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts kostenpflichtig unter Zurückweisung des Auflösungsantrages zurück. Auf die – im LAG-Urteil vom 03.02.2009 – 3 Sa 643/08 – zugelassene – Revision der Beklagten entschied das Bundesarbeitsgericht am 10.06.2010 – 2 AZR 297/09 – wie folgt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 03.02.2009 – 3 Sa 643/08 – aufgehoben, soweit es den Auflösungsantrag der Beklagten zurückgewiesen hat.
In diesem Umfang wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Nach erfolgter Zurückverweisung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers (RA A.) im neuerlichen Berufungsverfahren – 3 Sa 618/10 – folgende Erklärung abgegeben:
Der Kläger distanziert sich von den von der Beklagten behaupteten Äußerungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 14.08.2008 für den Fall, dass diese damals so oder so ähnlich doch getätigt wurden.
(s. dazu S. 2 der Sitzungsniederschrift vom 25.01.2011 – 3 Sa 618/10 – = Bl. 285 d.A.).
Mit Wirkung ab dem 29.06.2009 ist der Kläger im Rahmen einer sogenannten Prozessbeschäftigung als Ladengehilfe in dem D.-Supermarkt V. vorläufig weiterbeschäftigt worden. Nach den Angaben des Klägers wurde er in der Zeit vom 16.12.2010 bis zum 13.02.2011 nicht beschäftigt. Mit dem Schreiben vom 17.12.2009 (Bl. 317 f. d.A.) erteilte die Dienststelle dem Kläger wegen des dort bezeichneten Geschehens vom 01.12.2009 eine Abmahnung. Im Abmahnungsschreiben vom 17.12.2009 heißt es u.a.:
„Die herabwürdigende Äußerung „Mammacita”) zu einer Arbeitskollegin trotz deren ausdrücklicher Bitte, sie nur mit ihrem Namen anzureden sowie Ihr aggressives Verhalten gegen einen Arbeitskollegen (Schulterklaps) können nicht toleriert werden.
In Zukunft erwarte ich von Ihnen, dass Sie solche Verhaltensweisen wie geschildert gegenüber Arbeitskollegen unterlassen.
Hiermit mache ich Sie darauf aufmerksam, dass ich in Zukunft gleiches oder ähnliches Fehlverhalten nicht mehr hinnehmen werde. Sollte sich ein ähnlicher Vorfall wie der oben beschriebene wiederholen, ist Ihr Beschäftigungsverhältnis gefährdet. …”.
Im neuerlichen Berufungsverfahren verfolgt die Beklagte ihren Auflösungsantrag weiter. Zur Begründung des Auflösungsantrages führt die Beklagte (insbesondere im Schriftsatz vom 26.01.2009, Bl. 169 ff. d.A.) u.a. wie folgt aus:
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers, Rechtsanwalt A., habe dem (damals) zuständigen Personalreferenten Dr. C. vorgeworfen, er sei ein „Rassist”. Dies sei im Kammertermin vom 14.08.2008 vor dem Arbeitsgericht geschehen. Rechtsanwalt A. habe damals noch geäußert, dass der Personalreferent unter Zuhilfenahme von fadenscheinigen Gründen Fälle aufbaue, u...