Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Hilfsmittel. Oberschenkelamputation. Oberschenkelprothese. mikroprozessorgesteuertes Kniegelenk. C-Leg. unmittelbarer Behinderungsausgleich. weitestgehender Behinderungsausgleich. Gleichziehen mit einem nicht behinderten Menschen. Ausschöpfbarkeit der Gebrauchsvorteile. Wirtschaftlichkeitsgebot. Grundsätzlicher Anspruch auf Oberschenkelprothese einschließlich mikroprozessorgesteuertem Kniegelenk (C-Leg)
Leitsatz (amtlich)
Beinamputierte Versicherte haben grundsätzlich Anspruch auf Versorgung mit einem C-Leg, sofern sie die Gebrauchsvorteile gegenüber einer konventionellen Prothese ausschöpfen können.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 26. Februar 2008 sowie der Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2006 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten für eine Versorgung des Klägers mit einer Oberschenkelprothese einschließlich C-Leg-Versorgungspaket zu übernehmen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das gesamte Verfahren zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Versorgung mit einer Oberschenkelprothese einschließlich mikroprozessorgesteuertem Kniegelenk (“C-Leg„).
Der im Jahre 1940 geborene Kläger ist seit Juli 2003 linksseitig oberschenkelamputiert. Er ist seitdem und bis heute versorgt mit einer konventionellen Prothese (medipro®OP4; Einachskniegelenk mit hydraulischer Schwungphasensteuerung; Neupreis: 5.616,28 Euro). Am 29. September 2005 verordnete ihm der Facharzt für Allgemeinmedizin H eine neu anzufertigende Oberschenkelprothese. Er reichte die Verordnung sowie einen Kostenvoranschlag des Sanitätshauses D vom 29. September 2005 bei der Beklagten ein. Letzterer bezog sich auf die Herstellung einer Oberschenkelprothese mit C-Leg-Versorgungspaket. Die alte Prothese sei verschlissen. Das C-Leg mit elektronisch gesteuertem Kniegelenk weise deutliche Gebrauchsvorteile gegenüber der bisherigen, mechanisch gesteuerten Prothese auf. Die Gesamtkosten für das C-Leg wurden auf 23.109,71 Euro beziffert.
Mit Bescheid vom 28. Oktober 2005 lehnte die Beklagte eine Versorgung des Klägers mit dem C-Leg ab. Die bisherige Versorgung sei ausreichend. Soweit die bisherige Prothese nicht mehr passgerecht sei, könne sie gegebenenfalls vom Leistungserbringer neu angepasst werden. Die mit dem C-Leg begehrte Zweit- bzw. Wechselversorgung überschreite das Maß des Notwendigen.
Mit seinem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, die bisherige Prothese sei verschlissen und stelle seine Mobilität nicht mehr sicher. Er sei ein aktiver Mensch mit großem Garten und könne daher die Gebrauchsvorteile des C-Leg auch nutzen. Diese bestünden in einer dauerhaften Standphasensicherung, der Begehbarkeit schiefer Ebenen und unebenen Geländes, der Möglichkeit alternierenden Treppensteigens und unterschiedlicher Gehgeschwindigkeiten sowie einer Schonung der Kräfte insgesamt durch höheren Tragekomfort. Auf eine Instandsetzung der vorhandenen Prothese dürfe er nicht verwiesen werden.
Mit Bescheid vom 7. Februar 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Mit seiner bisherigen Prothese sei der Kläger ausreichend und zweckmäßig versorgt. Gegebenenfalls sei eine Änderung auf neue Körpermaße oder eine Instandsetzung vorzunehmen. Zudem sei auch ein C-Leg nicht ausdrücklich ärztlich verordnet, sondern nur eine “Oberschenkelprothese„ allgemein.
Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Seine Testversuche mit einem C-Leg hätten die erheblichen Gebrauchsvorteile belegt. Schon jetzt entwickele sich mit der alten Prothese ein Trendelenburg-Hinken, das zu einer vorzeitigen Coxarthrose führen könne. Vor Ablehnung der Kostenübernahme hätte die Beklagte zumindest eine medizinische Begutachtung vornehmen lassen müssen.
Das Sozialgericht hat einen Befundbericht des behandelnden Arztes H eingeholt sowie den Chirurgen und Sozialmediziner Dr. B mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt, das dieser am 29. September 2006, ergänzt durch eine Stellungnahme vom 18. Mai 2007, erstattet hat. Der Sachverständige hat festgestellt, dass die konventionelle Oberschenkelprothese in ihrer Funktion nicht beeinträchtigt und nicht verschlissen sei. Ausarbeitung, Sitz und Funktion seien regelgerecht. In seinen Grundbedürfnissen sei der Kläger damit nicht eingeschränkt. Er könne vollständig am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Mit dem C-Leg könnten Grundbedürfnisse nicht etwa besser befriedigt werden, selbst wenn das Laufen damit flüssiger sei und auch das Radfahren möglich wäre.
Der Kläger ist dem entgegengetreten und hat auf die erheblichen Gebrauchsvorteile hingewiesen, die sich aus der Nutzung einer mikroprozessorgesteuerten Prothese ergäben.
Das Sozialgericht Cottbus hat die Klage mit Urteil vom 26. Februar 2008 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Ein Anspruch auf Versorgung mit ...