Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtliche Feststellung der Dringlichkeit einer Versetzung mit Umgruppierung im Zustimmungsersetzungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
§ 100 BetrVG findet bei Ein- und Umgruppierungen Anwendung (a. A. BAG 27.01.1987 - 1 ABR 66/85 -).
Leitsatz (redaktionell)
1. § 100 Abs. 1 Satz 1 BetrVG verweist auf "die personelle Maßnahme im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1"; das setzt die Möglichkeit voraus, dass auch eine Umgruppierung dringlich sein kann ("geborene Dringlichkeit").
2. Eine Umgruppierung ist sachlich geboten und dringlich, wenn sich die Arbeitgeberin ohne eine tarifgerechte Bezahlung des versetzten Arbeitnehmers wegen der Verletzung gesetzlicher Pflichten einem "Bestrafungsverfahren" nach § 23 BetrVG aussetzen würde.
Normenkette
BetrVG § 99 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4; BVerfG § 100 Abs. 2 Sätze 1, 3
Verfahrensgang
ArbG Chemnitz (Entscheidung vom 13.02.2014; Aktenzeichen 3 BV 44/13) |
Nachgehend
Tenor
Der Beschluss des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 13.02.2014 - 3 BV 44/13 - wird
a b g e ä n d e r t :
1. Die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung des Arbeitnehmers ... ab dem 01.11.2013 in den Arbeitsbereich Teamleiter Verkauf HFB 01/02/03, verbunden mit der Umgruppierung von der Gehaltsgruppe K 3 im 2. Berufsjahr in die K 4 b im 1. Berufsjahr des Tarifvertrages über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für den Einzel- und Versandhandel im Freistaat Sachsen, in Sachsen-Anhalt und im Freistaat Thüringen, gültig ab 01.06.2011, wird ersetzt.
2. Es wird festgestellt, dass die ab 01.11.2013 vorläufig durchgeführte Maßnahme gem. Nr. 1 aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.
Rechtsbeschwerde ist für den Betriebsrat zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten in dem Beschwerdeverfahren weiter darüber, ob die von dem für die Niederlassung ... der Arbeitgeberin errichteten Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Versetzung des Arbeitnehmers ... ab dem 01.11.2013 in den Arbeitsbereich Teamleiter Verkauf HFB 01/02/03, verbunden mit der Umgruppierung von der Gehaltsgruppe K 3 im 2. Berufsjahr in die K 4 b im 1. Berufsjahr des Tarifvertrages über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für den Einzel- und Versandhandel im Freistaat Sachsen, in Sachsen-Anhalt und im Freistaat Thüringen, gültig ab 01.06.2011, zu ersetzen ist.
Unverändert im Streit ist weiterhin, ob festzustellen ist, dass die vorstehend bezeichnete und ab 01.11.2013 vorläufig durchgeführte Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.
Die Arbeitgeberin betreibt deutschlandweit über 40 Niederlassungen, in denen sie Einrichtungsgegenstände vertreibt. Allein am Standort ... unterhält sie einen Betrieb mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.
Eine Anlage 6 "... Förderprogramm 'Business & Leadership Competence' zur Gesamtbetriebsvereinbarung 'Mitarbeiterbeurteilungen, -gespräche, -entwicklung'" zwischen der Unternehmensleitung der Arbeitgeberin und dem in dem Unternehmen errichteten Gesamtbetriebsrat regelt auszugsweise Folgendes:
"...
1. Hintergrund und Ziel des ...-Förderprogramms
Das ... Förderprogramm 'Business & Leadership Competence' hat zum Ziel, Mitarbeiter zum Teamleiter zu entwickeln. Bestandteil dieser Vereinbarung ist die Stellungnahme von ... vom 4.4.2011 'Entwicklungsprogramm vom TA zum TL und Beschreibung der Entwicklung vom Mitarbeiter zum TA'.
2. Zielgruppe
Potenzielle Teilnehmer sind Mitarbeiter aus den Einrichtungshäusern und anderen ... Einheiten, die sich beruflich weiterentwickeln wollen. Die Teilnahme ist freiwillig.
..."
Die unter Nummer 1 der Anlage 6 der Gesamtbetriebsvereinbarung in Bezug genommene Stellungnahme der dort bezeichneten ... vom 04.04.2011 lautet:
"...
Business & Leadership Competence
Entwicklungsprogramm vom TA zum TL und Beschreibung der Entwicklung vom Mitarbeiter zum TA
1. Fester Bestandteil der Personalstruktur im Einrichtungshaus sind Teamassistenten (TA) und Teamleiter (TL).
2. Die Entwicklung vom Mitarbeiter zum TA erfolgt individuell im EH. Dafür werden im Entwicklungsplan konkrete, individuell auf den Mitarbeiter zugeschnittene Schritte beschrieben.
3. Die Entwicklung vom TA zum TL erfolgt durch das BLC Programm.
Teilnehmer des BLC haben also bereits eine TA Funktion inne.
4. Mitarbeiter mit deutlich erkennbarem TL-Potential für das BLC können sich nur in Ausnahmefällen für das BLC bewerben, wenn die (sic.) den Schritt zum TA nicht machen können (TA Stellen in seinem EH für die nächsten 2-3 Jahre besetzt sind und keine Mobilität außerhalb des EHs).
Normalerweise erfolgt zunächst die Entwicklung vom Mitarbeiter zum TA.
..."
Dem Sprachgebrauch der Beteiligten folgend wird das Förderprogramm "Business & Leadership Competence" fortan mit "BLC" abgekürzt wiedergegeben.
Die Arbeitgeberin plante die Versetzung des Arbeitnehmers ... in eine Abteilung, deren bisherige Teamleiterin Verkauf HFB 01/02/03, die ..., ihr Ausscheiden aus dem Unternehmen zum 30.09.2013 angekündigt hatte.
Bereits im Mai 2013 hatte es Gespräc...