Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindung
Leitsatz (amtlich)
Die Annahme eines arbeitgeberseitigen Angebots auf Fortbeschäftigung mit feiner regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 22/40 eines vollbeschäftigten Arbeitnehmers ist unzumutbar im Sinne von § 4 Abs. 5 a) TV SozAbf
Leitsatz (redaktionell)
Hinweise der Geschäftsstelle:
Das Bundesarbeitsgericht bittet, sämtliche Schriftsätze in 7-facher Ausfertigung bei dem Bundesarbeitsgericht einzureichen.
Normenkette
TV SozAbf § 4
Verfahrensgang
ArbG Zwickau (Urteil vom 25.01.2001; Aktenzeichen 3 Ca 2272/00) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Zwickau vom 25.01.2001 – 3 Ca 2272/00 – abgeändert und klarstellend wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.962,80 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01.04.2000 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Abfindung wegen Beendigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses.
Die Klägerin war seit dem 5.9.1989 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin als Angestellte mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt. Sie bezog zuletzt ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von 3481,40 DM. Auf das Arbeitsverhältnis fanden aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10.12.1990 und die diesen ergänzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin mit einem als Änderungskündigung bezeichneten Schreiben vom 30.9.1999 zum 31.3.2000 und bot ihr gleichzeitig die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1.4.2000 im Bereich Rezeption/Sekretariat mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 22 Stunden bei unveränderter Eingruppierung an. Die Klägerin lehnte dieses Angebot ab und schied mit Ablauf des 31.3.2000 aus dem Arbeitsverhältnis aus. Anlaß für die beabsichtigte Änderung der Arbeitsbedingungen war, daß sich der Wohnungsbestand der Beklagten und damit das Arbeitsvolumen – durchschnittlich um 15,71 %, aber in verschiedenen Tätigkeitsbereichen unterschiedlich – reduziert hatte.
Die Klägerin hat von der Beklagten erfolglos die Zahlung einer der Höhe nach unstreitigen Abfindung nach dem Tarifvertrag zur sozialen Absicherung vom 6.7.1992 (TV Soziale Absicherung) in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 2 vom 5.5.1998 verlangt.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr Abfindungsanspruch sei nicht nach § 4 Abs. 5 TV soziale Absicherung (im Folgenden: TV SozAb) ausgeschlossen. Die Annahme des Angebots auf Weiterbeschäftigung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von nur 22 Stunden sei ihr nicht zumutbar gewesen, weil sich dadurch ihr Nettolohn von monatlich 1914,77 DM unzumutbar verringert hätte.
Das ArbG hat die Klage abgeweisen.
Zwar entsprach dieser Teilzeitarbeitsplatz den Kenntnissen und Fähigkeiten der Klägerin, die die gleiche Tätigkeit zuvor mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden ausgeübt hatte. Auch konnte die Klägerin die Ablehnung des Ersatzarbeitsplatzes nicht auf persönliche oder familiäre Gründe stützen (vgl. BAG, Urteile vom 26.10.1995 6 AZR 928/94 – AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: DDR) und vom 18.4.1996 (6 AZR 607/95 – AP Nr. 14 zu § 4 TVG Rationalisierungsschutz).
Weiterhin muß der Ersatzarbeitsplatz im Verhältnis zu dem bisherigen Arbeitsplatz nicht gleichwertig sein. Er kann auch eine Teilzeitbeschäftigung zum Gegenstand haben (BAG, Urteil 30.1.1997, – 6 AZR 859/95 – AP Nr. 18 zu TVG § 4 Rationalisierungsschutz, unter Hinweis auf Urteile vom 1.11.1994 – 6 AZR 571/94 – (nicht veröffentlicht), vom 9.8.1995 – 6 AZR 133/95 – (nicht veröffentlicht) und vom 18.4.1996 – 6 AZR 607/95 – AP Nr. 14 zu § 4 TVG Rationalisierungsschutz; Spohner/Steinherr/Dillinger, MTArb/O, Teil IV 1.2 TV soziale Absicherung MTA-O S. 6). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des Klammerzusatzes „Ablehnung eines anderen angebotenen Arbeitsplatzes” und aus Sinn und Zweck des Tarifvertrags. Die Vorbemerkungen des TV SozAb beinhalten den Grundsatz, dass Beschäftigungsmöglichkeiten eindeutig Vorrang gegenüber Entlassungen haben (BAG, Urteil vom 18.4.1996, a.a.O.)
Ob der angebotene Arbeitsplatz für den Arbeitnehmer zumutbar ist, richtet sich aber nach Treu und Glauben (§ 242 BGB; BAG, Urteil vom 18.4.1996, a.a.O., und Urteil vom 30.1.1997, a.a.O.). Es sind die beiderseitigen berechtigten Interessen zu wahren. Bietet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen nach seinem Arbeitszeitvolumen nicht mehr hinnehmbaren Teilzeitarbeitsplatz an, so kann er sich nicht auf den Ausschlußtatbestand des § 4 Abs. 5 TV soziale Absicherung berufen.
Das Angebot der Beklagten mutete der Klägerin eine Verringerung ihres Arbeitsvolumens von 40 auf 22 Stunden in der Woche und damit um 45 % auf 55 % zu. Die damit einhergehende Reduzierung der monatlichen Verg...