Rz. 63
Bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres können Kinder versichert sein, wenn sie sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden. Hier ist, jedenfalls vom Grundsatz her, die tatsächliche Ausbildung erforderlich, die die Arbeitskraft des Kindes überwiegend in Anspruch nimmt. Eingeschlossen in die Ausbildung sind auch die Zeiten der Schul- oder Semesterferien. Die Ausbildung wird nicht dadurch unterbrochen, dass diese aus nicht zu vertretenden Gründen tatsächlich nicht betrieben wird. Die Ausbildung endet jeweils mit dem Abschluss des Ausbildungsgangs, sei es durch zeitlichen Ablauf oder durch eine Prüfung, deren Dauer noch zur Ausbildungszeit gehört. Kurzzeitige unvermeidbare Unterbrechungen bis zu 3 Monaten zwischen einzelnen Ausbildungsabschnitten sind jedoch unschädlich. Steht jedoch fest, dass der angestrebte nächste Ausbildungsabschnitt nicht begonnen werden kann (z. B. Nichtzulassung zum Studium) liegt keine Berufsausbildung mehr vor und die Familienversicherung endet, sofern das 23. Lebensjahr erreicht ist.
Rz. 64
Schul- und Berufsausbildung setzt voraus, dass es sich um eine organisierte Ausbildung mit einem allgemein anerkannten Ausbildungsziel handelt. Der Erwerb von Kenntnissen, die für eine Berufstätigkeit nützlich sein könnten, außerhalb einer geregelten schulmäßigen Ausbildung auf eine Prüfung vorbereiten (Externen-Prüfung für das Abitur, Aufnahmeprüfung an der Hochschule für Wirtschaft und Politik – HWP) oder im Belieben stehen (z. B. als Gasthörer einer Uni, vgl. BSG, Urteil v. 22.4.1994, 10 RKg 3/93), sind keine Schulausbildung. Schulausbildung ist primär der Besuch allgemeinbildender Schulen zum Erwerb entsprechender Abschlüsse. Dagegen ist der Besuch von Berufsfachschulen (vgl. BSG, Urteil v. 7.11.1995, 12 RK 38/94), Hochschulen und Universitäten der Berufsausbildung zuzuordnen, da diese auf den Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten gerichtet sind, die eine anschließende Berufstätigkeit eröffnen. Schul- und Berufsausbildung lassen sich nicht immer exakt voneinander abgrenzen. Ausgeschlossen ist die Familienversicherung bei einer betrieblichen Berufsausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG), da diese entgeltlich zu erfolgen hat und unabhängig von der Höhe der Vergütung (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) zur Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 7 Abs. 2 SGB IV führt. Die Rechtsprechung zur Schul- und Berufsausbildung im Rentenrecht und frühere Rechtsprechung zum Kindergeldrecht kann unter Beachtung eventuell vorrangiger Krankenversicherungspflicht bei Berufsaus- und Weiterbildung bzw. beruflicher Umschulung herangezogen werden.
Rz. 65
Auf den Begriff der Schul- und Berufsausbildung nach Kindergeldrecht und die Rechtsprechung dazu kann nunmehr nur noch begrenzt zurückgegriffen werden. Die Regelungen des Kindergeldes im Einkommensteuerrecht (§ 32 Abs. 4 EStG) haben den Zweck, die Freistellung des Existenzminimums des Kindes bei den Eltern zu sichern und damit nicht mehr den typisch sozialrechtlichen Bezug (vgl. BFH, Urteile v. 9.6.1999, VI R 33/98, und VI R 92/98).
Rz. 66
Mit Wirkung zum 1.6.2008 ist in § 10 Abs. 2 die Nr. 3 dahingehend geändert worden, dass eine Familienversicherung bis zum 25. Lebensjahr möglich ist, wenn ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr i. S. d. Jugendfreiwilligendienstegesetzes (JFDG) abgeleistet wird. Das freiwillige soziale Jahr ist nunmehr in § 3 JFDG und das freiwillige ökologische Jahr in § 4 JFDG geregelt. Nach wie vor muss es sich um freiwillige Dienste handeln, die ohne Erwerbsabsicht, außerhalb einer Berufsausbildung und vergleichbar einer Vollzeitbeschäftigung geleistet werden, zu denen sich Jugendliche bis zum 27. Lebensjahr, für eine Zeit von mindestens 6 und höchstens 24 Monaten verpflichtet haben und für das sie nur unentgeltliche Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung sowie ein angemessenes Taschengeld oder anstelle von Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung entsprechende Geldersatzleistungen erhalten, wobei ein Taschengeld dann angemessen ist, wenn es 8 % der in der allgemeinen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze (§ 159 SGB VI) nicht übersteigt (§ 2 JFDG).
Rz. 66a
In der Praxis dürfte eine Verlängerung der Familienversicherung allenfalls in den Fällen in Betracht kommen, in denen während eines freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres weder Sachleistungen (Unterkunft und Verpflegung) noch entsprechender Geldersatz und auch kein Taschengeld gewährt wird. Werden dagegen Sachleistungen erbracht und ein Taschengeld gezahlt, führt dies ungeachtet der Höhe dieser Leistungen zur Krankenversicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, was eine Familienversicherung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ausschließt. Eine Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit des Entgelts schließt § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in diesen Fällen ausdrücklich aus.
Rz. 67
Die Familienversicherung verlängert sich über das 25. Lebensjahr hinaus, wenn die Ausbildung durch die Erfüllung einer gesetzlichen Dienstpflicht unterbrochen wird oder si...