0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 24c trat durch das Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz – PNG) v. 23.10.2012 (BGBl. I S. 2246) nach dem Tag der Verkündigung im Bundesgesetzblatt am 30.10.2012 in Kraft und löste den bis dahin geltenden § 195 RVO ab.
Durch Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz – GVWG) v. 11.7.2021 (BGBl. I S. 2754) wurde die Vorschrift mit Wirkung zum 20.7.2021 geändert. Es wird klargestellt, dass jede Person, die entweder schwanger ist, ein Kind geboren hat oder stillt, Anspruch auf "Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft" hat.
1 Allgemeines
Rz. 2
Nach Art. 6 Abs. 4 GG hat jede Mutter – auch die werdende – Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge durch die Gemeinschaft. Die daraus resultierende Schutzverpflichtung des Staates setzte der Gesetzgeber durch spezifische Regelungen in unterschiedlichen Gesetzen um, und zwar
- im Mutterschutzgesetz (MuSchG) den"arbeitsrechtlichen" Schutz (z.B. arbeitszeitlicher, betrieblicher und ärztlicher Gesundheitsschutz, Kündigungsschutz, wirtschaftliche Sicherung),
- in den §§ 24c bis 24i SGB V den "sozialversicherungsrechtlichen" Schutz, der in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Frauen und
- im Bundeselterngeld- und Elternteilzeitgesetz (BEEG) den "finanziellen und arbeitsrechtlichen Schutz" der Eltern während der Betreuung und Erziehung des Kindes in dessen ersten Lebensjahren.
Die Zuständigkeit für die sozialversicherungsrechtlichen Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft wurden bislang immer bei der Krankenversicherung gesehen. Diese Leistungen zählen jedoch streng genommen nicht zu dem eigentlichen Aufgabenspektrum der Krankenversicherung, weil Schwangerschaft und Mutterschaft natürliche biologische Zustände und damit keine Krankheit sind (vgl. BSG, Urteil v. 28.4.1967, 3 RK 12/65). Als Ausgleich hierfür und für weitere versicherungsfremde Leistungen erhalten die Krankenkassen deshalb vom Bund eine pauschalierte Entschädigung. Diese wird seit 2009 vom Bund in den Gesundheitsfond gezahlt und beträgt seit dem Jahr 2017 14,5 Mrd. EUR jährlich (vgl. § 221).
Rz. 3
Nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 erhalten versicherte Frauen neben Leistungen wegen Krankheit auch Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft. § 24c führt katalogmäßig diejenigen Leistungen auf, die wegen der Schwangerschaft und der Mutterschaft beansprucht werden können. Rechtsansprüche lassen sich allein aus § 24c nicht herleiten; § 24c gilt nämlich nur als Einweisungsvorschrift.
§ 11 Abs. 6 gibt den Krankenkassen seit dem 30.10.2012 (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz – PNG) die Möglichkeit, in ihrer Satzung zu bestimmen, zusätzlich zu den in § 24d aufgeführten "Hebammenleistungen" weitere Hebammenleistungen zu übernehmen. Die Satzung hat hierbei die Art und die Dauer, den Umfang und die Qualitätsanforderungen der Leistungen zu bestimmen. Näheres hierzu vgl. Rz. 14.
Außerdem sind für schwangere Frauen und für junge Mütter Leistungen, die dem Grunde nach nicht vom Leistungskatalog der Krankenversicherung erfasst werden, im Rahmen von Modellvorhaben (§ 63 Abs. 2) möglich. Einzelheiten hierzu vgl. Rz. 15.
Rz. 4
Zum Schutze der Mutter und zur Erhöhung der Geburtenrate in Deutschland werden junge Mütter mit ihren Kindern auf unterschiedliche Weise ergänzend unterstützt. Die unter Rz. 2 aufgeführten Schutzmechanismen werden z. B. ergänzt durch
- das Kindergeld nach dem BKGG,
- Hilfen von der Bundesstiftung "Mutter und Kind – Schutz des ungeborenen Lebens" (hilft schwangeren Frauen in Notlagen, z. B. bei der Erstausstattung für das Kind oder bei der Betreuung des Neugeborenen. Die Unterstützung ist bei einer Schwangerschaftsberatungsstelle am Wohnort der Hilfesuchenden zu beantragen; die Unterstützungsleistungen dürfen nicht auf das Arbeitslosengeld II oder die Sozialhilfe etc. angerechnet werden),
- das Landeserziehungsgeld als finanzielle Unterstützung für einkommensschwache Eltern in Sachsen,
- das Familiengeld als finanzielle Unterstützung für einkommensschwache Eltern in Bayern,
- Hilfen aus Landesstiftungen (nachrangige Hilfen für Mütter, die sich in einer sozialen oder finanziellen Notlage befinden; je nach Bundesland unterschiedliche Voraussetzungen; z. B. Landesstiftung "Hilfe für Mutter und Kind"),
- Hilfen insbesondere von kirchlichen und sonstigen karitativen Stellen für finanziell und sozial in Not geratene Mütter/Familien,
- Kinderbetreuung (es handelt sich hier um eine Gruppenbetreuung von Kindern in entsprechenden Tagesstätten oder in der Tagespflege; § 24 Abs. 2 SGB VIII regelt ausdrücklich, dass seit dem 1.8.2013 jedes Kind ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einen Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege hat).
2 Rechtspraxis
2.1 Leistungsrahmen
Rz. 5
Der in § 24c aufgeführte Leistungskatalog deckt sich inhaltlich mit dem des § 21 Abs. 1 Nr. 3 SGB I. Allerdings ist die Betriebshilfe für landwirtschaftliche Unternehmerinnen bei Schwangerschaft und Mutterschaft nicht in § 24c aufgeführt. Deren Erbringu...