Verfahrensgang
ArbG Gera (Beschluss vom 26.01.1996; Aktenzeichen 7 Ca 0317/96) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Aussetzungsbeschluß des Arbeitsgerichts Gera vom 26.01.1996, 7 Ca 0317/96, aufgehoben.
Der Antrag des Klägers auf Aussetzung des Rechtsstreits wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 198,14 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Vorgreiflichkeit eines Änderungsschutzverfahrens über die soziale Rechtfertigung einer Herabgruppierung für das Folgeverfahren auf Zahlung der Vergütungsdifferenzen.
Auf das Arbeitsverhältnis der Beteiligten finden die Tarifverträge für die Metall- und Elektro-Industrie in Thüringen Anwendung. Die Beklagte sprach mit Schreiben vom 25.04.1995 zum 30.06.1995 eine Änderungskündigung zum Zwecke der Abgruppierung von Lohngruppe 6 in Lohngruppe 5 des Lohnrahmentarifvertrages aus. Der Kläger nahm das Änderungsangebot gem. § 2 KSchG unter Vorbehalt an und erhob Änderungsschutzklage beim Arbeitsgericht Gera, die dort unter dem Aktenzeichen 7 Ca 1382/95 gerührt wird. Ab 01.07.1995 erhielt der Kläger Vergütung nach Lohngruppe 5.
Im Ausgangsrechtsstreit erhob der Kläger am 18.01.1996 unter Hinweis auf die zweite Stufe der tariflichen Ausschlußfrist gem. § 27 MTV, die gerichtliche Geltendmachung verlangt, Klage auf Zahlung der Differenzvergütung zwischen Lohngruppe 6 und Lohngruppe 5 für Juli bis November 1995 in Höhe von 990,70 DM brutto. Zugleich beantragte er die Aussetzung des Rechtsstreites bis zum Abschluß des anhängigen Änderungsschutzverfahrens.
Noch vor Zustellung der Klageschrift ordnete der Vorsitzende Erstrichter mit Beschluß vom 26.01.1996 die Aussetzung des Ausgangsrechtsstreits wegen Vorgreiflichkeit des Änderungsschutzverfahrens gem. § 148 ZPO an. Klageschrift und Aussetzungsbeschluß wurden der Beklagten am 01.02.1996 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 13.02.1996, beim Arbeitsgericht eingegangen am 15.02.1996, hat die Beklagte Beschwerde gegen den Aussetzungsbeschluß eingelegt und geltend gemacht, eine Vorgreiflichkeit des Änderungsschutzverfahrens liege deshalb nicht vor, weil die korrigierende Rückgruppierung auch ohne Änderungskündigung habe vorgenommen werden können, diese also lediglich vorsorglich ausgesprochen worden sei.
Das Arbeitsgericht half der Beschwerde nicht ab. Zur Begründung hat es im Nichtabhilfebeschluß vom 29.02.1996 ausgeführt, der Kläger begehre mit der vorliegenden Klage die Bezahlung der tarifgerechten Vergütung. Über seine Eingruppierung werde abschließend im Änderungsschutzverfahren entschieden, das somit vorgreiflich sei.
Das nach Vorlage durch das Arbeitsgericht befaßte Beschwerdegericht hat beide Beteiligten gem. § 139 ZPO darauf hingewiesen, daß der Arbeitnehmer während des laufenden Änderungsschutzverfahrens verpflichtet sei, zunächst zu den geänderten Vertragsbedingungen weiterzuarbeiten. Erst mit rechtskräftiger Feststellung der Unwirksamkeit der Änderungskündigung habe er Anspruch auf Beschäftigung zu den alten Vertragsbedingungen. Da ein Anspruch auf Zahlung der Differenzvergütung zur Zeit nicht bestehe, sei die Zahlungsklage derzeit unbegründet, also abweisungsreif. Eine Aussetzung wegen Vorgreiflichkeit des Änderungsschutzverfahrens scheide damit aus. Die tarifliche Ausschlußfrist zwänge nicht zur Klagerhebung. Habe der Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung der Differenzvergütung erst mit rechtskräftiger Feststellung der Unwirksamkeit der Änderungskündigung, könne der Anspruch nicht vorher verfallen.
In seiner Stellungnahme läßt der Kläger offen, ob er sich der Auffassung des Landesarbeitsgerichtes anschließen will. Er weist auf die gegenteilige Auffassung des Landesarbeitsgerichtes Frankfurt hin (Urteil vom 09.02.1989, 3 Sa 745/88 n. v.).
Entscheidungsgründe
II.
Die statthafte (§§ 78 Abs. 1 ArbGG, 252 ZPO) Beschwerde ist zulässig. Sie wurde formgerecht eingelegt (§ 569 ZPO). Eine Beschwerdefrist war nicht zu beachten.
Die Beschwerde hat auch Erfolg:
1.
Zunächst ist das Verfahren des Arbeitsgerichts zu beanstanden. Zwar kann die Aussetzungsanordnung gem. § 148 ZPO außerhalb der mündlichen Verhandlung ergehen, so daß die funktionelle Zuständigkeit des Vorsitzenden Richters aus § 53 ArbGG folgt (GK-ArbGG/Dörner, Stand 03.07.1994, § 53 Rz 5; Germelmann u. a., ArbGG, 2. Aufl. 1995, § 53 Rz 7). Voraussetzung ist aber ein übereinstimmender Antrag beider Parteien (so: Germelmann u. a., a. a. O., § 55 Rz 22; Gift/Baur, Das Urteilsverfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen, 1993, E Rz 692; Zöller/Greger, ZPO, 19. Aufl. 1995, § 148 Rz 7) zumindest aber die Gewährung rechtlichen Gehöres (so: Thomas/Putzo, ZPO, 19. Aufl. 1995, § 148 Rz 2 in entsprechender Anwendung des § 248 Abs. 2 ZPO). Vorliegend hat das Arbeitsgericht der Beklagten das rechtliche Gehör verweigert. Bei Zustellung der Klage war der Rechtsstreit schon ausgesetzt. Um Stellung nehmen zu können, mußte die Beklagte ins Rechtsmittel gehen.
2.
Abgesehen von diesem Verfahrensmangel...