Die Abmahnung ist an keine Form gebunden und daher grundsätzlich auch in mündlicher Form möglich, zulässig und wirksam. Aus Gründen der Beweissicherung und zur Vermeidung von Missverständnissen ist die Schriftform jedoch unbedingt empfehlenswert, da der Arbeitgeber im Kündigungsschutzverfahren die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Kündigungsgründe trägt. Vor dem Hintergrund der sog. Emmely-Entscheidung des BAG[1] ist die Schriftform der Abmahnung nunmehr insbesondere mit Blick auf die "Dokumentationsfunktion" der Abmahnung von nicht zu unterschätzender Bedeutung.[2]

Sofern die Abmahnung im Rahmen eines Gesprächs mit dem betroffenen Arbeitnehmer erfolgt, sollte unbedingt der wesentliche Inhalt in einem schriftlichen Vermerk festgehalten und nach Möglichkeit von dem Arbeitnehmer gegengezeichnet werden, damit klargestellt ist, dass über den Inhalt und Verlauf des Gesprächs zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Übereinstimmung besteht. Hierbei ist darauf zu achten, dass sich aus dem Gesprächsvermerk nicht nur die einzelnen Pflichtverstöße ergeben, die dem Arbeitnehmer vorgehalten worden sind, sondern auch der Umstand, dass ihm die Gefährdung seines Arbeitsverhältnisses klargemacht worden ist. Gerade das Erinnerungsvermögen an diesen zentralen Gesichtspunkt der Abmahnung ist im Falle einer späteren Beweisaufnahme im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses oftmals lückenhaft oder gar nicht mehr vorhanden.

Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass die mündliche Abmahnung für den Arbeitgeber keine Vorteile gegenüber der schriftlichen Abmahnung mit sich bringt. Im Gegenteil: Da der Arbeitgeber den Vorgang ohnehin aktenkundig machen muss, um ihn im Bedarfsfall verwenden zu können, sollte er die Abmahnung gleich selbst in schriftlicher Form erteilen. Andernfalls trägt er nämlich das Risiko, im Falle eines Rechtsstreits nicht nur die Beweismittel für den der Abmahnung zugrunde liegenden Sachverhalt beibringen zu müssen, sondern auch den Beweis dafür antreten zu müssen, dass der Arbeitnehmer überhaupt abgemahnt worden ist.

Auch in den Fällen, in denen die Abmahnung nur mit Beteiligung des Personalrats zulässig ist, bringt die mündliche Abmahnung dem Arbeitgeber in den allermeisten Fällen keine Vorteile. Die entsprechenden gesetzlichen Regelungen differenzieren insoweit mit Ausnahme des LPVG Baden-Württemberg nicht (mehr) zwischen mündlicher und schriftlicher Abmahnung (vgl. hierzu Pkt. 9.1).

Die Abmahnung ist eine empfangsbedürftige Erklärung, die erst in dem Zeitpunkt wirksam wird, in dem sie dem Arbeitnehmer zugeht. Zur Wirksamkeit einer Abmahnung ist über ihren Zugang hinaus grundsätzlich auch die Kenntnis des Empfängers von ihrem Inhalt erforderlich.[3] Hierbei können sich insbesondere bei ausländischen Arbeitnehmern Probleme ergeben, wenn sie der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig sind.

Das Verhalten des Arbeitnehmers kann rechtsmissbräuchlich sein, wenn er den Zugang oder die Kenntnisnahme der Abmahnung treuwidrig vereitelt. In entsprechender Anwendung von § 162 BGB sowie nach dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) kann der Arbeitnehmer, wenn er die Annahme eines Abmahnungsschreibens verweigert, durch sein Verhalten nicht verhindern, dass die Abmahnung als zugegangen gilt. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte sich der Arbeitgeber den Zugang der Abmahnung bestätigen lassen, um einen Nachweis für den tatsächlichen Zugang zu haben. Dies ist am ehesten bei persönlicher Aushändigung des Abmahnungsschreibens an den Arbeitnehmer in Gegenwart eines Zeugen gewährleistet.

 

Tipp

Beim Zugang von Abmahnungen ist mit derselben Sorgfalt zu verfahren wie bei Kündigungen.

Der Aushang einer im Einzelfall erteilten Abmahnung am Schwarzen Brett oder die Veröffentlichung einer solchen in einem Rundschreiben an die Belegschaft ist unzulässig. Dem steht das allgemeine Persönlichkeitsrecht des abgemahnten Arbeitnehmers entgegen.

Auch die Erwähnung von Abmahnungen in einem Zeugnis (§ 109 GewO) ist grundsätzlich nicht zulässig. Nach allgemeiner Auffassung dürfen schwerwiegende Pflichtverletzungen – und nur diese – lediglich dann im Zeugnis erwähnt werden, wenn sich hieraus die mangelnde Eignung des Arbeitnehmers für bestimmte Berufe ergibt und mögliche künftige Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran haben, auf diesen Umstand hingewiesen zu werden. Tatbestände, die den Arbeitgeber lediglich zu einer Abmahnung veranlassen, haben im Regelfall ein erheblich geringeres Gewicht.

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