BAG, Urteil vom 31.3.2022, 8 AZR 238/21
Ein Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis wird unmittelbar wegen seines Alters benachteiligt i. S. v. § 3 Abs. 1 AGG, wenn die Bewerbung deshalb keinen Erfolg hat, weil er als „externer” Bewerber das gesetzlich festgelegte Alter zum Erreichen der Regelaltersrente bereits überschritten hat.
Allerdings ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass eine solche unterschiedliche Behandlung durch einen Arbeitgeber, der an die tarifliche Altersgrenze des § 33 TVöD gebunden ist und bei dem auf die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten regelmäßig der TVöD Anwendung findet, nach § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG, Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG zulässig ist.
Sachverhalt
Der zum Zeitpunkt der zweitinstanzlichen Entscheidung 74 jährige Kläger (Oberamtsrat a. D. – Bundespresseamt Bonn) bewarb sich mit E-Mail vom 24.7.2019 bei der Beklagten, der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, auf eine von dieser ausgeschriebene Stelle als "Bürosachbearbeiterin/Bürosachbearbeiter Gemeinsames Geschäftszimmer Abteilungsleiter Einsatz/Abteilungsleiter Einsatzunterstützung".
Auffallend war, dass die Bewerbung – nicht nur, dass zwischen dem Anforderungsprofil der zu vergebenden Stelle und dem Status des Klägers als Oberamtsrat a. D. ein Missverhältnis bestand- zahlreiche Grammatik- sowie Rechtschreibfehler enthielt; zudem setzte der Kläger sich nur sehr oberflächlich mit der Ausschreibung und dem geforderten Anforderungsprofil auseinander, weitgehend pauschal und schlagwortartig, während auf der anderen Seite Gesichtspunkte, die in Zusammenhang mit seinem Lebensalter standen, breiten Raum einnahmen, und er zudem Ausführungen zu seiner – als Pensionär -zulässigen "Höchstverdienstgrenze" machte. Daneben enthielt das Bewerbungsschreiben auch sonstige für ein solches Schreiben ungewöhnliche Formulierungen und auch im ganzen Bewerbungsverlauf gab es zahlreiche sonstige Ungereimtheiten.
Mit E-Mail vom 19.9.2019 teilte die Beklagte dem Kläger schließlich mit, dass die Wahl nicht auf ihn gefallen sei. Man begründete dies mit dem auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden § 33 TVöD, welcher regelt, dass ein Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats endet, mit welchem Beschäftigte das gesetzlich festgelegte Alter zum Erreichen der Regelaltersrente vollendet haben. Zudem habe die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk ergänzend dazu die grundsätzliche Entscheidung getroffen, keine Arbeitsverhältnisse mit externen Personen zu begründen, die bereits die sogenannte Regelaltersgrenze erreicht hätten.
Der Kläger erhob Klage. Er machte die Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen Altendiskrimnierung geltend.
Die Beklagte brachte dagegen vor, dass dem Kläger keine Entschädigung zustehe; denn mit ihrer Entscheidung, keine Arbeitsverhältnisse mit externen Personen zu begründen, die bereits die sog. Regelaltersgrenze erreicht haben, verfolge sie – ebenso wie die Tarifvertragsparteien mit der tariflichen Altersgrenzenregelung in § 33 TVöD – ein legitimes Ziel i. S. v. § 10 Satz 1 AGG, nämlich das Ziel, eine ausgewogene Altersstruktur zu schaffen und die Einstellung jüngerer Menschen zu fördern. Die Regelung in § 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD stehe mit dem Verbot der Altersdiskriminierung in Einklang und sei unionsrechtskonform. Auch wenn nach § 33 Abs. 5 Satz 1 TVöD die Weiterbeschäftigung eines Beschäftigten, dessen Arbeitsverhältnis nach Abs. 1 Buchst. a der Bestimmung geendet habe, möglich sei, bestehe hierauf kein Rechtsanspruch. Der Regelung sei zudem zu entnehmen, dass Arbeitsverhältnisse mit Personen, die das Eintrittsalter für den Bezug einer Regelaltersrente erreicht oder überschritten haben, von den Tarifvertragsparteien grundsätzlich als sozial unerwünscht angesehen würden. Aufgrund diesen von den Tarifvertragsparteien getroffenen Wertungen wäre es nicht vereinbar, wenn es ihr nicht erlaubt sei, externe Stellenbewerber, die das gesetzlich festgelegte Alter für den Bezug einer Regelaltersrente bereits überschritten haben, wegen dieses Umstands abzulehnen.
Die Entscheidung
Vor dem BAG hatte die Klage keinen Erfolg.
Das Gericht entschied zwar, dass der Kläger durch die Zurückweisung seiner Bewerbung unmittelbar i. S. v. § 3 Abs. 1 AGG wegen seines Alters benachteiligt wurde. Diese Diskriminierung sei auch nicht nach § 8 AGG zulässig, da keine Anhaltspunkte vorlagen, dass ein mit dem Grund "Alter" im Zusammenhang stehendes Merkmal wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit als Bürosachbearbeiter/in oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung dargestellt haben könnte.
Die Frage, ob die vorliegende Diskriminierung gem. § 10 AGG gerechtfertigt sei, konnte zwar offen bleiben. Nach Auffassung des BAG sei dies allerdings auch nicht von vornherein ausgeschlossen.
Es führte hierzu aus, dass die Beklagte mit der Ablehnung der Bewerbung des Klägers, der das Eintrittsalter für den Bezug einer Regelaltersrente bereits überschritten hatte, ein legitimes Ziel i. S. v. § 10 S...