22.5.1 Handelsrecht
Die Gesellschaften des privaten Rechts, an denen die Gemeinden beteiligt sind, haben die Vorschriften für die Handels- und Steuerbilanz zu beachten. Die nicht rechtsfähigen Eigenbetriebe bilanzieren gemäß § 8 EigBVO. Danach finden nur die §§ 268 Abs. 1 bis 3, 270 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 sowie § 272 HGB keine Anwendung für die Bilanz der Eigenbetriebe. Alle anderen Vorschriften des HGB, also auch § 249 Abs. 1, sind anzuwenden. Die Unternehmen in Privatrechtsform und die Eigenbetriebe müssen die beschriebenen Rückstellungen deshalb zwingend bilden.
Für die Regiebetriebe gelten die Vorschriften des Haushaltsrechts. In der Regel sehen die Gemeindehaushaltsverordnungen (GemHVO) der Länder keine Sonderabschlüsse und -bilanzen der Regiebetriebe vor. Deshalb muss die Zulässigkeit der Bildung von Rücklagen und Rückstellungen nach der GemHVO beurteilt werden (für Baden-Württemberg im Folgenden: BW). § 20 Abs. 4 GemHVO (BW) verbietet der Gemeinde, Sonderrücklage für Zwecke des Vermögenshaushalts und für die Erhaltung und Erneuerung von Vermögensgegenständen zu bilden. Teilweise werden dann Sonderrücklagen insbesondere für kostenrechnende Einrichtungen erlaubt. Klar ist schon wegen der grundsätzlichen Nachrangigkeit des Haushaltsrechts, dass Rücklagen für Zwecke des Verwaltungshaushalts und Rückstellungen zulässig sind. In Regiebetrieben, die auch kostenrechnende Einrichtungen im Sinne von § 12 Abs. 1 GemHVO (BW) sind, erfordert die richtige Abgrenzung der Aufwendungen und Kosten nach § 14 Abs. 6 GemHVO (BW), ebenso wie in den Eigenbetrieben Rückstellungen zu bilden. Dies gilt auch dann, wenn kein haushaltsrechtlicher Sonderabschluss mit einer Teilbilanz für den Regiebetrieb erstellt wird.
22.5.2 Steuerrecht
Für ihre Betriebe gewerblicher Art müssen die Gemeinden neben den haushaltsrechtlichen auch die steuerrechtlichen Vorschriften beachten. Dazu gehören u.a. die Vorschriften des EStG über den Jahresabschluss (hier insbes. die §§ 5 und 6 EStG). Betriebe gewerblicher Art der Gemeinden sind alle Betriebe im Sinne des § 4 KStG. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Gemeinde einen Betrieb gewerblicher Art in Eigenbetriebsform oder innerhalb des Haushalts organisatorisch unselbständig führt. Zumindest soweit diese Betriebe gewerblicher Art auch körperschaftsteuerlich relevante Gewinne ausweisen, erfordert es der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz des § 77 Abs. 2 GemO, die steuerlichen Vorteile der Rückstellungsbildung auszuschöpfen. Innerhalb des Haushalts ist dazu die Bildung einer Sonderrücklage erforderlich und haushaltsrechtlich zulässig.
Nach dem BMF-Schreiben vom 11.9.2002 richtet sich die Zulässigkeit einer Rücklagenbildung bei rechtlich unselbständigen Betrieben gewerblicher Art (BgA) nach dem Haushaltsrecht. Eine Rücklagenbildung wird nicht anerkannt, soweit der Gewinn des BgA haushaltsrechtlich der Trägerkörperschaft zuzurechnen ist. Wegen der für eine Bildung von Rücklagen und Rückstellungen gleichermaßen erforderlichen Bilanz, kann die Aussage des BMF auch auf die Bildung von Rückstellungen übertragen werden.
Im Hoheitsbereich der Gemeinden besteht keine Pflicht, solche Rückstellungen zu bilden. Es ist aber erlaubt und entspricht § 77 Abs. 1 GemO, wonach die Gemeinde die stetige Aufgabenerfüllung zu sichern hat. Eine vergleichbare Anforderung liegt auch dem kaufmännischen Vorsichtsprinzip zugrunde.