Nach § 12 AGG treffen den Arbeitgeber erhebliche Schutz- und Organisationspflichten, um Diskriminierungen bereits präventiv zu verhindern oder auf eingetretene Benachteiligungen zum Schutz des Betroffenen angemessen zu reagieren und diesen zu schützen.
§ 12 Abs. 1 AGG enthält eine allgemeine Aufforderung an den Arbeitgeber, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen wegen Merkmalen nach § 1 AGG zu treffen. Dazu zählen auch vorbeugende Maßnahmen. Diese Vorschrift ist völlig konturlos und birgt bereits deshalb die Gefahr in sich, dass Arbeitgeber auf Schadensersatz wegen Verletzung des § 12 AGG in Anspruch genommen werden.
Das Gesetz bietet dem Arbeitgeber aber einen Ausweg an: Nach § 12 Abs. 2 Satz 2 AGG wird angenommen, dass der Arbeitgeber, der seine Beschäftigten in "geeigneter Weise zum Zwecke der Verhinderung von Benachteiligungen" geschult hat, seine allgemeine Schutzpflicht nach § 12 Abs. 1 AGG erfüllt hat.
Wie eine Schulung in diesem Sinne abzulaufen hat, verrät weder das Gesetz noch die Gesetzesbegründung. Inhaltliche Kriterien dürften dabei sein
- Vermittlung allgemeiner Aspekte der Menschenwürde
- Stellenwert des allgemeinen Gleichheitssatzes
- Umgang mit und Abbau von Vorurteilen hinsichtlich der Merkmale des § 1 AGG
- Darstellung der Folgen von Diskriminierungen für den Betroffenen, für das Unternehmen oder in volkswirtschaftlicher Hinsicht
- Rechtliche Folgen von Benachteiligungen nach dem AGG
- Benachteiligung durch Belästigung durch Mitarbeiter
- Haftung von Mitarbeitern, die diskriminieren
- Umgang mit Diskriminierungen durch externe Dritte
- Umgang mit konkreten Problemfällen
- Hinweis auf innerbetriebliche Beschwerde- und Clearingstellen
Auch der äußere Rahmen solcher Schulungen ist völlig offen. Angesichts des hohen Stellenwerts, den der Gesetzgeber den Schulungen beimisst, sollte diese als gesonderte Veranstaltung stattfinden und nicht als Tagesordnungspunkt auf Betriebsversammlungen "abgehakt" werden. Es bietet sich an, dass diese Schulungen entweder von externen Fachleuten oder von speziell zu dieser Thematik geschulten Mitarbeitern in einem eher kleinen Rahmen durchgeführt werden. Mit Schulungen in diesem Sinne sind allerdings offensichtlich nicht bloße Hinweise im Rahmen der beruflichen Aus- und Fortbildung gemeint. Dies macht bereits der unterschiedliche Wortlaut von § 12 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AGG deutlich. Demzufolge dürfte es auch nicht genügen, Unternehmenshandbücher über Verhaltensrichtlinien aufzulegen oder Selbsttests im Intranet einzustellen.
Die Bedeutung derartiger Schulungen sollte nicht unterschätzt werden. Der Arbeitgeber, der sich dieser Mühe unterzieht, signalisiert auch nach außen hin, dass er es mit der Verhinderung von Diskriminierung ernst meint. Das kann in Schadensersatzprozessen "Pluspunkte" für ihn geben! Daher ist es zu empfehlen, solche Schulungen im eigenen Interesse durchzuführen.
Welche Maßnahmen erforderlich sind, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen und kann je nach Größe des Betriebs unterschiedlich zu beurteilen sein. Bei kleineren Betrieben kann ein geringerer Aufwand betrieben werden.
Ist ein Betriebsrat vorhanden, sollte er unbedingt in die Entwicklung des Schulungskonzepts mit einbezogen werden. Zum einen besteht hier ein Mitbestimmungsrecht nach §§ 96ff. BetrVG, zum anderen vermeidet eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat auch ein Vorgehen des Betriebsrats nach § 17 Abs. 2 AGG gegen den Arbeitgeber.
Daneben soll der Arbeitgeber insgesamt im Rahmen der beruflichen Aus- und Fortbildung auf die Unzulässigkeit von Benachteiligungen i. S. d. AGG hinweisen und darauf hinwirken, dass diese unterbleiben (§ 12 Abs. 2 Satz 1 AGG). Zu denken ist hier insbesondere an Schulungen, bei denen das Thema der Mitarbeiterführung Gegenstand ist.