Nach Inkrafttreten des AGG sahen sich Arbeitgeber unter anderem auch Klagen von professionellen Diskriminierungsklägern (sog. "AGG-Hoppern") ausgesetzt, d. h. Personen, die systematisch Stellenanzeigen durchgeforstet haben und sich auf solche Anzeigen mit einem diskriminierenden Inhalt beworben haben. Bei diesen Bewerbern stand nicht der Wunsch nach Arbeit im Vordergrund, sondern Zweck und Ziel war es einzig und alleine, Entschädigung i. H. d. 3 Monatsentgelte (§ 15 Abs. 2 AGG) zu kassieren.

Nach Ansicht des BAG kann jedoch nur derjenige in einem Stellenbesetzungsverfahren diskriminiert werden, der objektiv für eine Stelle geeignet ist und sich auch subjektiv ernsthaft beworben hat.[1]

Auch nach Auffassung des EuGH ist eine nicht ernst gemeinte Bewerbung, womit eine Person nur den formalen Status als Bewerber erlangen möchte mit dem alleinigen Ziel, eine Entschädigung geltend zu machen, nicht von den EU-Gleichbehandlungsrahmenrichtlinien (RL 2000/78 und 2006/54) geschützt und damit auch nicht von den Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.[2]

Indizien einer nicht ernsthaften Bewerbung können unter anderem sein: erhebliche Minder- bzw. Überqualifikationen[3], Art der Bewerbung, z. B. ausdrücklicher Hinweis auf ein vorhandenes Diskriminierungsmerkmal etc.

In einem Fall wurde die Klage abgewiesen, da auffallend war, dass die Bewerbung – nicht nur, dass zwischen dem Anforderungsprofil der zu vergebenden Stelle und dem Status des Klägers als Oberamtsrat a. D. ein Missverhältnis bestand- zahlreiche Grammatik- sowie Rechtschreibfehler enthielt; zudem setzte der Kläger sich nur sehr oberflächlich mit der Ausschreibung und dem geforderten Anforderungsprofil auseinander, weitgehend pauschal und schlagwortartig, während auf der anderen Seite Gesichtspunkte, die in Zusammenhang mit seinem Lebensalter standen, breiten Raum einnahmen, und er zudem Ausführungen zu seiner – als Pensionär – zulässigen "Höchstverdienstgrenze" machte. Daneben enthielt das Bewerbungsschreiben auch sonstige für ein solches Schreiben ungewöhnliche Formulierungen und auch im ganzen Bewerbungsverlauf gab es zahlreiche sonstige Ungereimtheiten. Aus diesen Umständen zog das BAG den Schluss, dass der Kläger sich nicht beworben hatte, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern es ihm nur darum ging, den formalen Status als Bewerber i. S. v. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, Ansprüche auf Entschädigung und/oder Schadensersatz geltend zu machen.[4]

Aufgrund dieser Gesichtspunkte wurde auch die Klage eines Bewerbers abgelehnt, der sich auf eine Stellenanzeige für eine "Chefsekretärin/Assistentin" für einen Geschäftsführer bewarb; denn der Bewerber hatte keinerlei sprachliche Qualifikationen, obwohl dies als einer der Hauptpunkte der Stellenausschreibung gefordert war, er somit objektiv für diese Stelle ungeeignet war.[5]

Ebenso wurde eine Klage einer 42-Jährigen abgewiesen, die sich erfolglos auf eine Anzeige beworben hatte, in der eine Stelle als Büromitarbeiter/-in bis 35 Jahren ausgeschrieben war. Hier ergab sich die mangelnde Ernsthaftigkeit aus der Tatsache, dass sich die Klägerin nur auf diese und noch zwei weitere mit ebenfalls altersdiskriminierendem Inhalt beworben hatte.[6]

Allerdings lässt eine Vielzahl erfolgloser Bewerbungen wie auch eine Vielzahl von Entschädigungsklagen allein nicht darauf schließen, der Bewerber sei nicht ernsthaft interessiert. Darin liegt für sich betrachtet kein ausreichendes Indiz für eine nicht ernsthafte Bewerbung.[7] Von einem solchen Ausnahmefall ist nur auszugehen, wenn von vornherein der Wille fehlt, die ausgeschriebene Stelle tatsächlich einzunehmen, also in Wirklichkeit nur eine Entschädigung angestrebt wird. Ein Bewerber ist nicht daran gehindert, aus seiner Sicht bestehende Rechte auszuüben.

 
Hinweis

Das BAG hat nun allerdings in einer neuen Entscheidung eine Kehrtwende vollzogen. Nach dieser Entscheidung soll die "objektive Eignung" keine Voraussetzung für einen Anspruch nach § 15 Abs. 1, 2 AGG mehr sein.[8] Begründet hat dies das BAG damit, dass wenn nur ein "objektiv geeigneter" Bewerber eine Entschädigung nach § 15 Abs. 1 AGG beanspruchen könne, dies dazu führe, dass ihm die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte durch einen zu eng gefassten Vergleichsmaßstab praktisch unmöglich gemacht, jedenfalls aber übermäßig erschwert werde; denn auch Bewerber, welche die auf der zu besetzenden Stelle auszuübenden Tätigkeiten grds. verrichten könnten, ohne aber jede Voraussetzung des Anforderungsprofils zu erfüllen, bedürften des Schutzes vor Diskriminierung, weil gerade Anforderungsprofile in Stellenanzeigen häufig Qualifikationen enthalten, deren Vorhandensein sich der Arbeitgeber im Idealfall zwar wünscht, aber keinesfalls zwingende Voraussetzung für eine erfolgreiche Bewerbung seien.

Des Weiteren urteilte das BAG, dass auch die "subjektive Ernsthaftigkeit" keine Voraussetzung für einen Anspruch nach § 15 Abs. 1, 2 AGG mehr sei. Insbesondere trage...

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