1 Einleitung

Der Arbeitgeber schuldet dem Beschäftigten das Entgelt als Gegenleistung für die vom Beschäftigten zu erbringenden Dienste. Erbringt der Beschäftigte seine Dienste nicht, verliert er grundsätzlich den Anspruch auf die Gegenleistung (Grundsatz des "do ut des"). Das Arbeitsrecht kennt jedoch eine Reihe von gesetzlich geregelten Fallgestaltungen, in denen der Arbeitgeber zur Zahlung des Entgelts oder einer Ersatzleistung verpflichtet ist, obwohl der Beschäftigte nicht arbeitet oder arbeiten kann. Dazu gehört u. a. die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 3 EFZG) oder die Zahlung eines Urlaubsgeldes (§ 11 BUrlG). In diesen Fällen kann nicht nochmals zusätzlich ein Anspruch auf Entgelt aus anderen Gründen entstehen.[1]

Neben diesen tatbestandsmäßig eng umgrenzten Fällen enthält das Recht noch weitere Auffangregelungen für Situationen, in denen der Arbeitgeber ausnahmsweise verpflichtet ist, das Entgelt fortzuzahlen, obwohl die Arbeitsleistung nicht erbracht wird. Dazu gehören:

Das Wegerisiko zählt dabei grundsätzlich zu den Risiken, die der Beschäftigte selbst zu vertreten hat und daher im Regelfall auch keinen Entgeltfortzahlungsanspruch besteht. Aber auch dabei sind Konstellationen denkbar, in denen der Arbeitgeber die ausgefallene Zeit entgelten muss.

2 Arbeitsverhältnis

Voraussetzung für die Anwendung der Entgeltfortzahlungstatbestände ist das Bestehen eines wirksamen Dienstvertrags in Form eines Arbeitsverhältnisses. Zwar werden auch andere Dienstverhältnisse z. B. vom § 615 BGB erfasst, die Risikoverteilung nach Satz 3 bezieht sich jedoch speziell nur auf Arbeitsverhältnisse.

2.1 Bestehende Arbeitspflicht

Der Entgeltfortzahlungsanspruch gilt für alle Formen des Arbeitsverhältnisses ohne jede Einschränkung (Teilzeit, Befristung, geringfügige Beschäftigung etc.). Auch auf Berufsausbildungsverhältnisse finden die Regelungen bis zum Bestehen bzw. endgültigen Nichtbestehen Anwendung.[1] Der Arbeitgeber muss berechtigt sein, die Arbeitsleistung vom Beschäftigten uneingeschränkt verlangen zu können. Der Rahmen wird durch Arbeitsschutzgesetze, Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag vorgegeben und durch die Weisung konkretisiert.

Allerdings gibt es auch innerhalb eines Arbeitsverhältnisses Zeiten, in denen die Pflicht zur Arbeitsleistung suspendiert ist. So ist eine Entgeltfortzahlung ausgeschlossen, wenn sich der Beschäftigte im Urlaub befindet, Zeitausgleich nimmt oder arbeitsunfähig ist.[2] In diesem Zeitraum wird dem Beschäftigten die Arbeitsleistung vorübergehend unmöglich bzw. der Arbeitgeber kann sie nicht fordern, was nach § 297 BGB einen Entgeltanspruch des Beschäftigten ausschließt. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber den Urlaub anordnet, ohne dass ein entgegenstehender Urlaubswunsch des Arbeitnehmers besteht.[3] Ein Beschäftigter kann sich also nicht dadurch seinen Urlaubsanspruch oder sein Guthaben auf einem Arbeitskonto erhalten, indem er während eines Arbeitsausfalls von dem Urlaub oder von dem Zeitausgleich zurücktritt und etwa den Annahmeverzugslohn beansprucht.

Ein Entgeltfortzahlungsanspruch ist ebenfalls ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber den Beschäftigten von der Arbeitsleistung, etwa im Zuge einer Kündigung, unwiderruflich oder aufgrund einer Vereinbarung freigestellt hat. Im Gegenzug behält der Beschäftigte seinen Entgeltanspruch und muss sich dann auch nicht das in diesem Zeitraum anderweitig verdiente Entgelt entsprechend § 615 Satz 2 BGB anrechnen lassen.[4] Dies wird bei einseitigen widerruflichen Freistellungen anders gesehen. In diesen Fällen wird aber auf das Angebot der Arbeitsleistung durch den Beschäftigten verzichtet (siehe Punkt 4).[5]

Rechtlich besteht die Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis rückwirkend zu begründen oder zu beenden. Diese rechtliche Fiktion der zeitlich nachgelagerten rechtlichen Veränderung hat auch Auswirkungen auf die Arbeitsverpflichtung. Bei einem rückwirkend begründeten Arbeitsverhältnis ist es dem Arbeitgeber unmöglich, für die Vergangenheit den Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers zu erfüllen, daher kommt die Anwendung des § 615 BGB nicht infrage, da dieser ein erfüllbares Arbeitsverhältnis voraussetzt.[6] Ein Entgeltanspruch könnte jedoch bei Verschulden entstehen (§ 326 BGB). Gleichfalls problematisch ist die rückwirkende Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Hier wird fingiert, dass für die Zeit nach dem festgelegten Ende des Arbeitsverhältnisses kein Arbeitsvertrag mehr bestanden hat, obwohl der Beschäftigte in dieser Zeit eine Beschäftigung hätte aufnehmen können. Da jedoch ein wirksames Arbeitsverhältnis Voraussetzung ist, kann auch hier kein Entgelt ab dem festgelegten Vertragsende beansprucht werden. Dies gilt zumindest für den Beendigungsgrund des § 9 KSchG.[7] Allerdings kann die Begründung auch eine rückwirkende Beendigungsvereinbarung der Parteien tragen, da auch in diesen ...

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