Hier handelt es sich um eine Kann-Leistung des Arbeitgebers. Die Arbeitsbefreiung steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. In die dabei vorzunehmende Interessenabwägung dürfen durchaus auch – obgleich nur in Unterabs. 2 angeführt – dienstliche oder betriebliche Interessen mit einbezogen werden. Die Befreiungsmöglichkeit ist auf 3 Arbeitstage beschränkt. Diese Beschränkung bezieht sich auf den jeweiligen Fall, nicht auf das Kalenderjahr.
Längere Arbeitsbefreiungen sind nur ohne Fortzahlung der Bezüge nach § 52 Abs. 3 Unterabs. 2 BAT und nach § 50 Abs. 1 oder Abs. 2 BAT möglich.
Unter dem Begriff "sonstige dringende Fälle" sind nach dem Verständnis der Tarifvertragsparteien grundsätzlich andere Tatbestände zu verstehen, als die in Abs. 1 und Abs. 2 genannten. Insbesondere scheiden alle Anlässe aus, die dem Tatbestand des § 616 BGB unterfallen, da insoweit § 52 Abs. 1 BAT eine abschließende Regelung enthält. Dies wird auch in der Protokollnotiz zu Abs. 3 Unterabs. 2 zum Ausdruck gebracht, wonach zu den "begründeten Fällen" auch solche Anlässe gehören können, für die nach Abs. 1 kein Anspruch auf Arbeitsbefreiung besteht (z.B. Umzug aus persönlichen Gründen). Damit haben die Tarifvertragsparteien klargestellt, dass abbedungene Fälle des § 616 BGB allenfalls zu unbezahlten kurzfristigen Arbeitsbefreiungen nach § 52 Abs. 3 Unterabs. 2 BAT führen können. Eine bezahlte Arbeitsbefreiung wegen Vorliegens eines "dringenden Falles" scheidet daher aus in all den Fallkonstellationen des § 52 Abs. 2 BAT a.F., die nunmehr aufgrund der Änderung durch den 73. Änderungstarifvertrag nicht mehr von § 52 Abs. 1 BAT erfasst sind. Dies sind:
- Eheschließung des Angestellten (§ 52 Abs. 2 Buchstabe d BAT a.F.)
- Tod von Großeltern, Schwiegereltern, Stiefeltern, Geschwistern (§ 52 Abs. 2 Buchstabe g BAT a.F.)
- Beisetzung von dem Angestellten nahestehenden Personen (§ 52 Abs. 2 Buchstabe h BAT a.F.)
- Einsegnung, Erstkommunion und entsprechende religiöse oder weltanschauliche Feiern und die Eheschließung eines Kindes des Angestellten (§ 52 Abs. 2 Buchstabe i BAT a.F.)
- Silberne Hochzeit des Angestellten (§ 52 Abs. 2 Buchstabe k BAT a.F.)
Bei Ausschöpfung der Freistellungszeiträume des Abs. 1 kommt eine Verlängerung nach Abs. 3 Unterabs. 1 nicht in Betracht.
Das Vorliegen eines "dringenden Falles" kann z.B. bejaht werden bei der Ablegung von beruflichen oder der Berufsfortbildung dienenden Prüfungen, soweit sie im dienstlichen oder betrieblichen Interesse liegen. Der Umstand, dass diese Fallkonstellation in § 52 Abs. 1 Unterabs. 1 Nr. 2 a.F. aufgeführt war, steht dem nicht entgegen, da dieser Verhinderungsgrund nicht dem privaten Lebensbereich des Angestellten zuzurechnen ist und daher nicht dem § 616 BGB unterfällt. Anders ist hingegen die Situation zu beurteilen bei Feuer- oder Hochwassergefahr, die die Habe des Angestellten bedroht (§ 52 Abs. 1 Unterabs. 1 Nr. 2 Buchstabe e BAT a.F.) sowie bei Teilnahme an Blutspendeaktionen als Blutspender (§ 52 Abs. 1 Unterabs. 1 Nr. 2 Buchstabe f BAT a.F.). Diese Verhinderungsgründe liegen im privaten Lebensbereich und unterfallen daher dem § 616 BGB. Für diese Fälle stellt aber § 52 Abs. 1 BAT eine abschließende Regelung dar.