Bei einer Erkrankung im Ausland bestehen Besonderheiten sowohl bei der Anzeige- und Nachweispflicht als auch hinsichtlich der Beweiskraft einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.
Hinsichtlich der Anzeigepflicht ist der Beschäftigte verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit, deren voraussichtliche Dauer und die Adresse am Aufenthaltsort in der schnellstmöglichen Art der Übermittlung mitzuteilen (§ 5 Abs. 2 EFZG). Im Regelfall dürfte dies die telefonische Mitteilung oder E-Mail sein. Die für die Mitteilung anfallenden Kosten trägt der Arbeitgeber. Die gleiche Mitteilung hat bei gesetzlich Versicherten an die Krankenkasse zu erfolgen. Nach Rückkehr in das Inland ist auch diese dem Arbeitgeber und der Krankenkasse unverzüglich anzuzeigen (§ 5 Abs. 2 Satz 7 EFZG).
Hinsichtlich der Nachweispflicht gilt nichts anderes als bei einer Erkrankung im Inland, jedoch ist der Vermerk des behandelnden Arztes, dass der gesetzlichen Krankenkasse unverzüglich eine Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit mit Angaben über den Befund und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit übersandt wird, nicht erforderlich (§ 5 Abs. 2 Satz 6 EFZG). Da § 5 Abs. 1 EFZG Anwendung findet, muss die Bescheinigung grundsätzlich am vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit dem Arbeitgeber vorliegen.
Gesetzlich versicherten Beschäftigten steht bei Erkrankungen innerhalb der Europäischen Union, aber auch in den Ländern des europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) ein vereinfachtes Verfahren hinsichtlich der Nachweispflicht durch die Verordnungen VO (EG) 883/2004 und 987/2009 zur Verfügung. Der Beschäftigte kann die Nachweispflicht dadurch erfüllen, dass er die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Arztes einer ausländischen Krankenkasse vor Ort vorlegt, statt sie dem Arbeitgeber zuzusenden. Innerhalb von 3 Tagen hat der örtliche Sozialversicherungsträger eine Kontrolluntersuchung zu veranlassen. Die Ausstellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kann auch direkt durch den ausländischen Sozialversicherungsträger erfolgen. Dem zuständigen Träger der sozialen Sicherheit, i. d. R. die Krankenkasse, wird der Bericht über die Kontrolluntersuchung mit Angabe der voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit übermittelt. Er hat dann die Möglichkeit einer Kontrolluntersuchung durch einen Arzt eigener Wahl. Der Arbeitgeber wird dann von der deutschen Krankenversicherung informiert. Das verzögert die Information des Arbeitgebers gegenüber der normalen gesetzlichen Informationspflicht.
Über die Europäische Union hinaus erstreckt sich dieses Verfahren auf Länder, mit denen ein entsprechendes Sozialversicherungsabkommen geschlossen wurde. Dies sind gegenwärtig u. a. Marokko, Rumänien, die Schweiz, Türkei, Tunesien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Slowenien, Montenegro, Mazedonien, Serbien.
Hinsichtlich der Beweiskraft kommt Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aus dem EU-Ausland ein höherer Beweiswert zu als den deutschen. Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) soll der zuständige Träger der sozialen Sicherheit, in der Regel die Krankenkassen, bei Betriebskrankenkassen auch der Arbeitgeber, in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht an die vom Träger des Wohn- oder Aufenthaltsorts des Beschäftigten im Ausland getroffenen ärztlichen Feststellungen über den Eintritt und die Dauer der Arbeitsunfähigkeit gebunden sein, sofern er die betroffene Person nicht durch einen Arzt seiner Wahl untersuchen lässt. Es genügt daher nicht, wenn der Arbeitgeber nur Umstände darlegt und beweist, die zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit Anlass geben. Vielmehr muss der Arbeitgeber Nachweise erbringen, anhand derer das nationale Gericht ggf. feststellen kann, dass der Beschäftigte missbräuchlich eine festgestellte Arbeitsunfähigkeit gemeldet habe.
Die Regeln des deutschen Rechts sind damit erst insoweit anwendbar, als sich der Beschäftigte außerhalb der Europäischen Union im Ausland befindet. Einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die in einem Land außerhalb der EU ausgestellt wurde, kommt im Allgemeinen der gleiche Beweiswert zu wie einer in Deutschland ausgestellten Bescheinigung. Die Bescheinigung muss jedoch erkennen lassen, dass der ausländische Arzt zwischen einer bloßen Erkrankung und einer mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Krankheit unterschieden und damit eine den Begriffen des deutschen Arbeits- und Sozialversicherungsrechts entsprechende Beurteilung vorgenommen hat.
Verstößt der Beschäftigte gegen die Anzeige- und Nachweispflicht gem. § 5 Abs. 2 EFZG, kann der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung so lange verweigern, bis der Beschäftigte diese Pflicht erfüllt hat (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG).