Stefanie Hock, Stefan Seitz
Der TVöD enthält einige wenige Vorgaben für die Einrichtung von Arbeitszeitkonten. Diese sind jedoch keineswegs zwingend notwendig, um die Arbeitszeit der Arbeitsverhältnisse, die unter den TVöD fallen, zu regeln. § 10 Abs. 1 TVöD sieht vor, dass Arbeitszeitkonten eingerichtet werden können und nur für den Fall, dass eine tägliche Rahmenzeit oder ein wöchentlicher Arbeitszeitkorridor vereinbart wird, zwingend einzurichten sind. Dies entspricht dem unter Ziff. 2.4 beschriebenen Ausgleich zwischen dem Bedürfnis des Arbeitgebers nach Arbeitszeitflexibilität einerseits und dem Interesse der Beschäftigten nach Arbeitszeitsouveränität andererseits. Anders ausgedrückt: Nur dann, wenn dem Arbeitgeber eine erhöhte Arbeitszeitflexibilität durch eines der beiden Arbeitszeitmodelle des TVöD Rahmenzeit oder Arbeitszeitkorridor eingeräumt wird, haben die Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, dass ihre Arbeitszeit über Arbeitszeitkonten im Sinne des § 10 TVöD geregelt wird. Dann kann davon ausgegangen werden, dass – stets unter Berücksichtigung der betrieblichen und dienstlichen Belange – die Beschäftigten "souveräner" mit der Lage ihrer Arbeitszeit umgehen können, also ihre privaten Interessen wichtiger genommen werden als dies z. B. bei starren Anfangs- und Endzeiten der Fall wäre.
2.5.1 Einrichtung von Arbeitszeitkonten nach § 10 TVöD durch Betriebs-/Dienstvereinbarung oder Tarifvertrag
Arbeitszeitkonten nach § 10 TVöD können durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung sowie unter bestimmten Voraussetzungen auch durch landesbezirklichen Tarifvertrag (im Bereich eines Mitgliedverbandes der VKA) oder durch einen Tarifvertrag auf Bundesebene (im Bereich des Bundes) eingerichtet werden, § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 TVöD. Diese Regelungen werden in der Praxis bedeuten, dass ein Arbeitgeber in einem Betrieb/einer Verwaltung, für die ein Personalvertretungsgesetz gilt, ein Arbeitszeitkonto i. S. d. § 10 TVöD nicht mehr gegen den Willen der Personalvertretung durchsetzen kann. Lehnt nämlich die Personalvertretung eine entsprechende Dienstvereinbarung ab, so lässt sich diese auch nicht nach einem Einigungsstellenverfahren gegen den Willen des Personalrates durchsetzen. Die Möglichkeit des Abschlusses eines landesbezirklichen Tarifvertrags ist in diesen Fällen wohl eher theoretischer Natur. Die Gewerkschaften werden kaum geneigt sein, die vom Arbeitgeber gewünschte Vereinbarung in einem Tarifvertrag zu regeln. Dem Arbeitgeber steht es in diesen Fällen aber frei, ein Arbeitszeitkonto einzurichten, das nicht den Regeln des § 10 TVöD, sondern eigenen Regeln folgt (hierzu Ziff. 2.5.2).
Der TVöD sieht keinesfalls vor, dass bei Einrichtung von Arbeitszeitkonten die Regeln des § 10 TVöD stets und zur Gänze einzuhalten sind. § 10 TVöD ist zunächst eine reine "Kann-Bestimmung". Nur soweit ein Arbeitszeitkorridor im Sinne von § 6 Abs. 6 TVöD oder eine Rahmenzeit im Sinne von § 6 Abs. 7 TVöD vereinbart wird, muss dazu ein Arbeitszeitkonto nach den Regelungen in § 10 TVöD eingerichtet werden. Das macht auch Sinn: Arbeitszeitkorridor und Rahmenzeit sind Arbeitszeitmodelle zur Vermeidung von Überstunden. Sie wirken zugunsten des Arbeitgebers, der damit seine Arbeitszeitflexibilität erweitert. Allerdings auf Kosten des Arbeitnehmers, der damit ein Stück seiner Arbeitszeitsouveränität verliert. Um eine Balance zwischen beiden Parteiinteressen wiederherzustellen, ist für den betroffenen Arbeitnehmer ein Arbeitszeitkonto nach den arbeitnehmerfreundlichen Regelungen in § 10 TVöD einzurichten. Damit gewinnt der Arbeitnehmer Arbeitszeitsouveränität wieder zurück.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht in Verbindung mit der Protokollerklärung zu § 6 TVöD und der Protokollerklärung zu Abschnitt II TVöD. Diese Tarifnormen haben mit der Arbeitszeitkontenregelung in § 10 TVöD nichts zu tun. Nach der Protokollerklärung zu § 6 TVöD sind Gleitzeitregelungen unter Wahrung der jeweils geltenden Mitbestimmungsrechte unabhängig von den Vorgaben zu Arbeitszeitkorridor und Rahmenzeit (und damit auch unabhängig von den Vorgaben aus § 10 TVöD) möglich. Sie dürfen nur keine Regelungen nach § 6 Abs. 4 TVöD (betriebliche Abweichungen vom Arbeitszeitgesetz) enthalten. Nach der Protokollerklärung zu Abschnitt II TVöD bleiben bei Inkrafttreten des TVöD bestehende Gleitzeitregelungen unberührt. Der TVöD enthält keine Rechtsnormen zu Gleitzeitregelungen, und damit auch keine zu Gleitzeitkonten. Dennoch sind diese Arbeitszeitmodelle weiterhin zulässig unter Berücksichtigung der allgemeinen tariflichen Regelungen zur Arbeitszeit und der gesetzlichen Vorschriften. Gleiches gilt für andere Arbeitszeitmodelle (z. B. Vertrauensarbeitszeit).
Anders als im TVöD ist im TV-L ausdrücklich geregelt, dass in den Gleitzeitregelungen auf Vereinbarungen nach § 10 TV-L verzichtet werden kann (Protokollerklärung zu Abschnitt II TV-L). Es ist kaum anzunehmen, dass die Tarifvertragsparteien des TVöD das Gegenteil gewollt haben.
In der Praxis sollte auf eine möglichst exakte Begriffsbestimmung geachtet werden. Arbeitszeitkorridor und Rahmenzeit sind spezielle Arbeitszeitmodelle, die bestimmten Tarifvorschrif...